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29. März 2024

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Relevanz, Veränderung oder Elfenbeinturm

Relevanz, Veränderung oder Elfenbeinturm© piqs.de/kevin dooley

Die Rolle der Wissenschaft und ihr Verhältnis zur Gesellschaft wird intensiver diskutiert.

Für eine Erneuerung der Werte der Aufklärung hat Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner zuletzt beim Forum Alpbach plädiert. Zu klären gelte es, „ob die Hochschulen Orte seien, wo relevante Fragen diskutiert werden, Veränderungen angetrieben würden oder Elfenbeintürme“, so Mitterlehner. Gleichzeitig müsse die Gratwanderung zwischen Zweckorientierung und Freiheit der Wissenschaft bewältigt werden.
Der Wissenschaftsminister verwies auf die Geschichte: „Vor 300 Jahren waren die Universitäten keine Treiber der Aufklärung. Relevante Fragen wurden nicht gestellt, weil man an althergebrachten Fächern festgehalten hat. Die wirklich wichtigen neuen Fragen wurden in den Kaffeehäusern, Salons und den neugegründeten Akademien gestellt.“ Voltaire habe letztere sogar gewarnt, Universitätsmitglieder aufzunehmen.
Die Beziehung zwischen Wissenschaft und Gesellschaft wurde in der Vergangenheit von einigen Turbulenzen erschüttert. Als Beispiele nannte Alan Leshner, ehemaliger Chef der US-Wissenschaftsvereinigung AAAS (American Association for the Advancement of Science, Fälschungsskandale, Tierversuche, Interessenskonflikte und nicht reproduzierbare Studien. „Auch wenn sie selten vorkommen, nimmt jeder dieser Fälle der Wissenschaft nach und nach etwas von ihrem Glanz.“

Vertrauensmangel
Spannungen in der Beziehung zwischen Wissenschaft und Gesellschaft entstehen nach Ansicht Leshners durch einen Mangel an Verständnis und Vertrauen, sowie bei Konflikten mit Grundwerten der Gesellschaft – etwa bei der embryonalen Stammzellforschung. In solchen Konflikten verliere die Wissenschaft. Denn nur die Wissenschafter müssten sich den Zwängen und Erkenntnissen der Wissenschaft unterwerfen, der Rest der Gesellschaft könne diese ignorieren.
Als Rezept dagegen empfiehlt Leshner: „Es geht darum, die Gesellschaft zu beeindrucken, die Wissenschafter müssen ihre Begeisterung für ihr Tun teilen.“ Besonders müsse man sich dabei um die wissenschafts-skeptischen Teile der Gesellschaft kümmern.
Eine mögliche Strategie dafür sieht Leshner in der Einbindung der Bevölkerung: „Statt Monolog – Dialog.“ Das Problem dabei sei, dass "Wissenschafter keine guten Zuhörer sind". Es sei aber wichtig, auf die Bedenken der Menschen zu hören, diese seien genauso wichtig wie jene der Wissenschafter.

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Apa-Science/red/stem, Economy Ausgabe Webartikel, 29.09.2016