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16. April 2024

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Vom Schafhirten bis zum Forscher

Vom Schafhirten bis zum Forscher© piqs.de/priem

In Alpbach wurde diskutiert, wie man Flüchtlinge ins tertiäre Bildungssystem holen könnte.

Die Bandbreite der Qualifikationen von Flüchtlingen ist enorm – es kommen Analphabeten und Forscher. Nach Ansicht von AMS-Vorstand Johannes Kopf gibt es darunter „hochinteressante Leute“ für den Arbeitsmarkt. Gleichzeitig sei es aber für Flüchtlinge wichtiger, zunächst andere Bedürfnisse zu befriedigen, erklärte er im Rahmen der Alpbacher Hochschulgespräche. Das Interesse von Flüchtlingen an tertiärer Ausbildung sei grundsätzlich da – der Lebensunterhalt und eine Wohnung hätten aber Vorrang.
Bei einer ersten Erhebung des AMS im Jänner hatte sich eine enorme Bandbreite der Qualifikationen gezeigt. 25 Prozent der Syrer und 40 Prozent der Iraner hatten eine tertiäre Ausbildung, aber nur sieben Prozent der Afghanen. Gleichzeitig hätte ein Viertel der Afghanen überhaupt nie eine Schule besucht. „Wir wissen auch nicht, was wir mit jemandem machen, der 30 Jahre ist und zeit seines Lebens Soldat oder Schafhirte war.“

Anerkennungsprobleme
Der Rektor der Fachhochschule Joanneum, Karl Peter Pfeiffer, bestätigte Kopfs Skepsis zum Teil. Viele der Flüchtlinge seien in der Peripherie untergebracht und wüssten gar nicht, wo die nächste Hochschule sei. Erst nach und nach hätten sich Personen gemeldet. Die hatten zumeist bereits Deutschkurse besucht und verfügten über einen hohen Bildungsstand – vor allem männliche Syrer. Erschwerend wirken oft Anerkennungsprobleme mit Zeugnissen.
Isabella Buber-Ennser vom Institut für Demographie der Akademie der Wissenschaften (ÖAW) plädierte für ein Umdenken in der Flüchtlingsdebatte: „Wir sollten weggehen von der Frage: ‚Wie viele sind gekommen‘ und hin zur Frage: ‚Wer ist gekommen‘.“ Es müsse der Spracherwerb gefördert und eventuell Englisch als Unterrichtssprache forciert werden – dies vor allem an den Fachhochschulen, die noch stärker internationale Studierende anziehen könnten.

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Apa-Science/red/stem, Economy Ausgabe Webartikel, 27.09.2016