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28. März 2024

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Angewandte Innovation beim Thema Kunststoffrecycling

Angewandte Innovation beim Thema Kunststoffrecycling© SCCH Pexels MagdAehlers

Künstliche Intelligenz soll das Recycling von Kunststoffen verbessern. Unternehmen Erema und SCCH Hagenberg forschen an verbesserter Kreislaufwirtschaft mit Digitalisierung und KI im Fokus.

(red/mich) Jährlich fallen weltweit Millionen Tonnen an Plastikabfällen an. Von 6.300 Millionen Tonnen sollen Analysen zufolge nur 570 Millionen Tonnen recycelt werden. Dieses Recycling von Kunststoffen gilt jedoch als wesentlicher Teil der Kreislaufwirtschaft (Circular Economy). Dabei soll der Wert von Produkten, Stoffen und Ressourcen innerhalb der Wirtschaft so lange wie möglich erhalten bleiben bzw. möglichst wenig Abfall erzeugt werden.

Durch intelligentes Produktdesign, mehr Recycling und Wiederverwendung soll dieser Kreislauf der Produktlebenszyklen zunehmend geschlossen und eine wirksamere Wertschöpfung und Nutzung aller Rohstoffe, Produkte und Abfälle erreicht werden. Das Unternehmen Engineering Recycling Maschinen und Anlagen (Erema) und das Software Competence Center Hagenberg (SCCH) forschen nun gemeinsam, wie digitale Technologie und Künstliche Intelligenz die Recyclingquote erhöhen können.

Flexible Anpassung der Recyclingprozesse auf veränderliche Stoffströme
„Beim Kunststoffrecycling ist die Herausforderung, dass der zugeführte Stoffstrom in seiner Zusammensetzung (z.B. Form oder Verschmutzungsgrad) sehr heterogen ist, aber am Ende die Rezyklate eine gleichbleibend hohe Qualität haben müssen, um sie wiederverwenden zu können“ erklärt Sophie Pachner von Erema. „Für ein hochqualitatives Rezyklat bedarf es neben einer präzisen Abfallsortierung auch einer flexiblen Anpassung der Recyclingprozesse auf veränderliche Stoffströme“, so Pachner.

Bei Erema sind Angaben zufolge aktuell rund 7.000 Maschinen im Einsatz, pro Jahr werden über 14 Millionen Tonnen hochwertiges Granulat produziert. Das Ausgangsmaterial wird sortiert, zerkleinert, gewaschen vorbereitet, extrudiert, entgast, gefiltert und zu Reranulat verarbeitet. In Zukunft sollen nun Assistenzsysteme eine konstante Produktqualität sichern, Muster in Daten erkennen, bei Anomalien warnen und entsprechende Prognosemodelle entwickeln.

Die Digitalisierung von Wertschöpfungsketten
„Wir bringen hier unsere Expertise in den Bereichen Datenintegration, Wissensextraktion und Prozessoptimierung ein“ erklärt Bernhard Freudenthaler, COO am Software Competence Center Hagenberg (SCCH). Entlang der Wertschöpfungskette arbeiten verschiedene Unternehmen zusammen. Wertstoffsammelstellen, Unternehmen, die den Müll kaufen, die Sortierung vornehmen und dann die Unternehmen, die die Rezyklate herstellen.

Eine besondere Herausforderung beim Datenmanagement stellt die Nachverfolgbarkeit der Stoffströme entlang der Wertschöpfungskette dar. „Bei einer unternehmensübergreifenden Datenanalyse wollen die beteiligten Unternehmen oft die Daten nicht preisgeben. Hier entwickeln wir privatsphärenerhaltende Methoden zur Datensammlung, um in Zukunft einen ganzheitlichen Blick auf Wertschöpfungsketten zu bekommen“, so Freudenthaler.

Erklärbare Künstliche Intelligenz
Zur Visualisierung und Analyse der Prozessdaten hat das SCCH ein Dashboard entwickelt. „Hier bringen wir im Bereich Data Science unsere Expertise von automatisierter Mustererkennung und Analyse von komplexen Zusammenhängen ein und dazu die langjährige Erfahrung von Machine Learning Methoden für die Analyse von Prozessdaten“, ergänzt Freudenthaler. „Geht es aber um komplexe Vorgänge wie beim Kunststoff Recyclingprozess, braucht es auch komplexe, nichtlineare Modelle und um diese verständlich und nachvollziehbar zu machen, verwenden wir Explainable AI, also erklärbare Künstliche Intelligenz“, erläutert Freudenthaler.

Erema und das SCCH sind Projektpartner im Leitprojekt circPLAST-mr, welches sich mit dem mechanischen Recycling von Kunststoffen beschäftigt und im Projekt CHASE, bei dem es um die chemische Prozessindustrie geht. Das Software Competence Center Hagenberg (SCCH) wurde im Jahr 1999 als Spin-off durch die Johannes Kepler Uni Linz (JKU) gegründet und zählt heute 120 MitarbeiterInnen. Die EREMA Engineering Recycling Maschinen und Anlagen GmbH wurde 1983 in Ansfelden bei Linz gegründet und ist Weltmarktführer in der Entwicklung und Herstellung von Kunststoffrecycling-Anlagen und -komponenten. Rund 7.000 EREMA Recycling-Systeme sind derzeit weltweit im Einsatz.

Links

red/mich, Economy Ausgabe Webartikel, 11.04.2023