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28. März 2024

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Bahnbrechende Innovation für Luftfahrtindustrie

Bahnbrechende Innovation für Luftfahrtindustrie© Bilderbox.com

Ein Dissertant der TU-Wien entwickelt neues System zur massiven Reduktion von Flugturbolenzen. Basis ist IoT-Anwendung mit Sensoren und intelligenter Regeltechnik. TU-Wien zeigt patentiertes Konzept und weitere industrienahe Entwicklungen bei weltweit wichtiger Luftfahrtmesse in Paris.

(red/czaak) Flugturbulenzen erschüttern sogar große und entsprechend schwere Flugzeuge, sie sind für alle Fluggäste unangenehm und besonders für Menschen, die unter Flugangst leiden. Die Erfindung eines Dissertanten an der TU Wien soll dieses Problem nun deutlich verringern. Fluggeräte werden mit speziellen Sensoren ausgestattet und sobald eine Turbulenz erkannt wird, kann mit Hilfe einer ausgeklügelten Regelungstechnik gegengesteuert werden.

Simulationen und Flugexperimente zeigen, dass die Stabilität der Flugbahn und letztlich auch Komfort und Sicherheitsgefühl der Passagiere erheblich verbessert werden kann. Eine weitere Entwicklung für noch bessere Ergebnisse setzt bei neuen Flügelkonstruktionen an. Ähnlich wie Vögel kann die Geometrie verändert und an Turbulenzen angepasst werden. Die neue Steuerungstechnik zur Lösung von Turbulenzproblemen wird nun auf dem Pariser Aérosalon (17. bis 23. Juni) erstmals öffentlich präsentiert.

Über 80 Prozent reduzierte Turbulenzen machbar
„Zunächst werden in Fühlern vor dem Flugzeug Sensoren eingebaut, die den Luftdruck messen und dadurch Turbulenzen registrieren“, erklärt András Gálffy, Erfinder und nunmehr Assistent am Institut für Automatisierungs- und Regelungstechnik der TU Wien. „Sekundenbruchteile später, wenn die Flügel in diese Luftregion gelangen, kann man mittels der an unserem Institut entwickelten intelligenten Ansteuerung der Aktorik bereits gegensteuern“, ergänzt Georg Schitter, Leiter der Forschungsgruppe für intelligente mechatronische Systeme an der TU-Wien. Um den Auftrieb zu variieren und damit die Schwingungen des Flugzeugs deutlich zu dämpfen, genügen dabei bereits kleine und genau der Turbulenz entgegenwirkende Schwingungsbewegungen der Flügelklappen.

Durch Simulationsrechnungen und unbemannte Testflüge konnte das TU-Team zeigen, dass sich die störenden Turbulenzen mittels der neuen Technik um über 80 Prozent verringern lassen. Die neue Methode wurde bereits zum Patent angemeldet. Nun soll durch Tests an bemannten Flugzeugen gezeigt werden, dass sich die Ergebnisse auf die kommerzielle Luftfahrt übertragen lassen. Besonders interessant ist die Technik auch für senkrecht startende Fluggeräte. Hier wirken der vertikale Schub und die neue Auftriebsregelung in dieselbe Richtung, sodass sich eine besonders gute Dämpfung ergibt.

Morphing Wings als weitere Innovation
Die Auswirkung von Turbulenzen könnte sogar noch besser abgefedert werden, wenn massiver in die Steuerung der Aerodynamik der Flügel eingegriffen wird. Mittels Einbau speziell adaptiver Elemente in die Flügel soll das bei neuen Flugzeugtypen gelingen. „Wenn man auf einer kurzen Zeitskala nicht nur die Flügelklappen anspricht, sondern sogar die Geometrie des Flügels verändern könnte, wäre unsere Methode noch einmal deutlich wirkungsvoller“, betont András Gálffy. „Das streben wir nun mit adaptiven Flügeln an, mit sogenannten Morphing Wings, die Vogelflügeln nachempfunden sind.“

Diese Flugzeug-Steuerungstechnik wird nun erstmals bei der SIAE Airshow in Paris vom 17. bis 23. Juni präsentiert (Anm. Halle 4, Stand G17). Neben Know-how des TU-Wien-Institutes für Automatisierungs- und Regelungstechnik werden der internationalen Luftfahrtindustrie auch Innovationen aus weiteren Instituten und Fakultäten der TU Wien sowie Serviceangebote der Technischen Versuchs- und Forschungsanstalt, die gemeinsam von TU Wien und dem TÜV Austria betrieben wird, vorgestellt.

Vielfältige Einsatzgebiete in Luftfahrtindustrie
Dazu gehören etwa: Getriebe Know-how und ein neuartiger Antrieb für Drehflügler mit variablen Rotordrehzahlen (konform mit Sicherheitsvorschriften von EASA und FAA), weiters Innovationen bei qualitativen Bearbeitungsprozessen in der Luftfahrt, wie verbesserte vibrationsunterstützte Bearbeitung (VAM), deterministisches Oberflächenhämmern (MHP) oder hochqualitative Bearbeitung von CFK-Bauteilen (Anm. Stacks und Inconel) sowie aktive Turbulenzunterdrückung mit um bis zu 10 Prozent reduzierte Werte von Kraftstoffverbrauch und CO2-Emissionen bei gleichzeitig verbesserter Sicherheit und Reisekomfort.

Ebenso gezeigt wird multiphysikalische Simulationssoftware (Anm. NGSolve) für komplexe Geometrien und Effekte in der Luftfahrttechnik, die leicht in den bestehenden Workflow integrierbar ist und zudem noch Hochleistungspolymere, die bis 650 °C hochstabil sind, auf umweltfreundlich hergestellten Polyimiden basieren und besonders geringes Gewicht aufweisen – was wiederum (und ebenso) vielfältige Einsatzvarianten in der Luft- und Raumfahrt bedeutet.

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red/czaak, Economy Ausgabe Webartikel, 14.06.2019