Unabhängiges Magazin für Wirtschaft und Bildung

24. April 2024

Search form

Search form

Das Totholz und der Klimawandel

Das Totholz und der Klimawandel© piqs.de/schnubbli

Forschungen an totem Holz ergaben überraschendes und für den Klimawandel relevantes.

In toter Umgebung stößt man auf vielfältiges Leben. Dass Mikroorganismen im Boden höchst zahlreich vertreten sind, ist hinlänglich bekannt. Bei abgestorbenem Holz aber, welches in den Wäldern liegt und langsam vor sich hin morscht und modert, ging die Forschung bis dato in erster Linie von Pilzen als den Treibern der Zersetzung aus.
Eine internationale Forschergruppe wurde eines Besseren belehrt: "Die Fülle an Mikroorganismen im Totholz war überraschend", sagt Mikrobiologin Judith Ascher-Jenull. Das Projekts "Klimagesteuerte Abbaudynamik von Totholz auf alpinen Böden" ergab ein synergistisches Zusammenspiel zwischen Pilzen, Bakterien und auch Archaeen. "Uns geht es darum, das System zu verstehen", erklärt Projektleiter Heribert Insam vom Institut für Mikrobiologie der Universität Innsbruck. "Wälder zählen zu den globalen Pools von Kohlenstoff. Die Frage, die sich nun stellt, ist, wie beeinflusst das sich ändernde Klima den Abbau?"
Um dem auf den Grund zu gehen, haben die Innsbrucker im Rahmen des internationalen DecAlp-Projekts im Val di Rabbi gearbeitet. Dort, im italienischen Trentino, auf zehn Forschungsflächen zwischen 1.200 und 2.400 Metern Seehöhe und sowohl nord- wie südexponierten Hängen, wurden entlang ausgewählter Klimasequenzen Struktur und Funktion mikrobieller Gemeinschaften untersucht.

Überraschendes Ergebnis
Es konnte nachgewiesen werden, dass stickstofffixierende Bakterien im Totholz aktiv sind und den Pilzen Stickstoff zuführen. Es sind die Bakterien, die die Pilze gleichsam zu Spitzenleistungen antreiben. "Wir konnten auch feststellen", erklärt Insam, "dass der Abbau auf nordexponierten Hängen schneller vor sich geht als bei südexponierten." Ein durchaus überraschendes Ergebnis, das die Bedeutung der Feuchtigkeit über die der Temperatur hervorhebt.
Und was bedeutet das im Zusammenhang mit dem Klimawandel? Führen höhere Temperaturen mit der verbundenen schlechteren Wasserverfügbarkeit "per se" zu einem langsameren Abbau, zu weniger Kohlenstoffspeicherung im Boden? "Unsere Studie ist ein Puzzlestein von vielen", schränkt Insam ein. Die Versuchsanordnung wird nun auch im Apennin angewandt, mit anderen Bäumen, Buchen statt Lärchen, in einem anderen Klima. Schlüsse globalerer Natur werde erst eine Metastudie erlauben, in welche die Ergebnisse mehrerer Forschungsprojekte einfließen werden.

Links

red/stem, Economy Ausgabe Webartikel, 14.04.2017