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28. März 2024

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Digitale Innovation bei Krebsbehandlung

Digitale Innovation bei Krebsbehandlung@ Pexels.com

MedUni Wien nutzt cloudbasiertes Artficial Intelligence für neue Diagnosewege bei Krebskrankheiten. Verbesserung der Lebensqualität von Patienten sowie raschere und genauere Klassifizierung von Tumorzellen als primäre Zielsetzung. Technologiepartner ist Microsoft.

(red/czaak) Die aktuellen Erkenntnisse eines medizinischen Forscherteams der Medizinischen Universität Wien belegen, dass die Fortschritte in der Charakterisierung von Tumorzellen weit hinter anderen Fachgebieten zurückbleiben. Während etwa die radiologische Forschung von Methoden des maschinellen Lernens bei CT- und MRT-Technologien profitiert, stützt sich die Tumorforschung weiterhin auf vergleichsweise ältere Verfahren und das beinhaltet dann (weiterhin) langwierige und oftmals schmerzhafte Behandlungen.

Kooperativer Forschungsansatz
Um nun auch verbesserte Ansätze für die Tumorklassifizierung zu entwickeln, arbeitet die MedUni Wien mit Microsoft als Technologiepartner. Schwerpunkt sind dabei die Themen AI und Cloud Computing mittels der Microsoft-Plattform Azure. Primäre Zielsetzung ist eine korrekte Klassifizierung von Tumorzellen möglichst ohne die Entnahme von Gewebe, sogenannte Biopsien. Die aktuellen Forschungsprojekte basieren auf einer Kooperation von Forscherteams des Zentrums für Medizinische Physik und Biomedizinische Technik, vertreten durch Thomas Beyer und den Doktoranden Laszlo Papp sowie der Klinischen Abteilung für Nuklearmedizin, vertreten durch den Leiter Marcus Hacker.

„Wir wollen Prognosemodelle entwickeln, die auf hybrider, anato-metabolischer Bildgebung basieren und ohne eine Entnahme von Gewebeproben auskommen. Derartige Biopsien sind weder angenehm noch sonderlich präzise“, erklärt Laszlo Papp. „Durch hybride Bildgebungsverfahren, etwa mittels Positronen-Emissions-Tomographien, können wir uns nun eine 3D-Ansicht vom Tumor verschaffen und hieraus ziehen wir dann wesentliche Informationen über die biologischen Eigenschaften“, so Papp.

Qualitätsverbesserung durch AI und Cloud
Die onkologische Routinediagnostik erfolgt üblicherweise durch eine invasive Biopsie. Hierbei spielt auch die bildgebende Diagnostik eine Rolle - um Läsionen zu erkennen, visuell auszuwerten und die Gewebeentnahme korrekt durchzuführen. Da jedoch jede Krebsart individuell ist, handelt es sich hierbei um ein komplexes, laborintensives und nicht immer vollkommen akkurates Verfahren. Entsprechend sinnvoll sind neue Ansätze.

Technologisch kann das Forscherteam nun mittels Microsoft Azure IaaS (Anm. Infrastructure-as-a-Service) sowie Microsoft Azure Cognitive Services auf künstliche Intelligenz bei den genutzten hybriden Bildgebungsverfahren zurückgreifen. „Als wir unsere Ideen und Erfordernisse zur Durchführung des Projekts schilderten, war sich Microsoft sofort seiner Bedeutung bewusst und entsprechend intensiv bei der Sache“, erläutert Papp vom Zentrum für Medizinische Physik & Biomedizinische Technik an der MedUni Wien.

„Wir verstehen damit nun Tumore noch besser“, betont auch Marcus Hacker, Leiter der Klinischen Abteilung für Nuklearmedizin. „Wir arbeiten parallel an mehreren Projekten und konzentrieren uns aktuell auf Tumorzellen, die unter anderem im Rahmen von Gebärmutterhals-, Prostata- oder Brustkrebs entstehen“, so Hacker zu den jetzigen Schwerpunkten des Gemeinschaftsprojektes mit Microsoft.

Exakte Prognosemodelle sparen wertvolle Lebenszeit
Mit den aktuellen Standardverfahren liegt das Ergebnis einer Biopsie erst nach bis zu zwei Wochen vor – das ist wertvolle Zeit, in der schnell wachsende Tumore erheblichen Schaden verursachen können. Zudem durchlaufen die PatientInnen einen entsprechend unangenehmen Warteprozess. „Anstatt sich einer schmerzhaften, ungenauen Biopsie und einer langwierigen Therapie auszusetzen, kann die künstliche Intelligenz eine detaillierte Analyse der CT-Bilder erstellen – und zwar direkt mit Abschluss des bildgebenden Verfahrens“, unterstreicht Papp die neuen Möglichkeiten. „Das Ergebnis wird rasch an die behandelnden Ärzte übermittelt und damit kann schnellstmöglich ein individuell abgestimmter Therapieplan entwickelt werden“, ergänzt der Mediziner.

Alle drei Experten bekräftigen, dass ihr Konzept für eine optimierte Diagnostik die Behandlung für PatientInnen deutlich angenehmer gestalten und langfristig erhebliche Kostensenkungen mit sich bringen dürfte. Parallel wurde dem Forscherteam bewusst, dass die Erhebung der erforderlichen extremen Datenmengen eine enorme Herausforderung darstellen würde. Diese Daten sind jedoch notwendig, um computergestützte Prognosemodelle darauf zu trainieren, Muster bei der hybriden Bildgebung effektiv zu antizipieren. „Für einen derart anspruchsvollen Rechenprozess sind normalerweise enorme technische Ressourcen nötig und dies ist an einer Universität einfach nicht vorhanden“, sagt Papp.

Bei der Microsoft Azure-Plattform handelt es sich entsprechend um eine sehr vielfältig einsetzbare Cloudlösung, die enorme Datenmengen speichern kann. Durch die Zusammenarbeit mit dem IT-Dienstleister können die Mediziner Beyer, Hacker und Papp nun die komplexen Dimensionen der Tumorklassifizierung weiter ergründen – mit dem Ziel, den Weg von Diagnose bis Behandlung erheblich verkürzen. „Wir glauben, dass das Zusammenspiel aus AI und hybrider Bildgebung in der Krebstherapie die Überlebenschancen und schlussendlich auch die Lebensqualität unserer Patientinnen maßgeblich steigern wird“, betonen die Forscher übereinstimmend.

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red/czaak, Economy Ausgabe Webartikel, 17.01.2020