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25. April 2024

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The first modern borders

The first modern borders© piqs.de/marmike

The Habsburgs were the first to systematically control migration.

(Vienna/english/german)
The Habsburgs had border controls in the modern sense. In the 18th century, the Austrian authorities monitored and controlled the mobility of Ottoman migrants in particular.

The Habsburg population policy is currently under scientific study. Historian Josef Ehmer of the University of Vienna, along with his colleague Jovan Pešalj, studied the development of the first measures by the Habsburg Empire in a project of the Austrian Science Fund FWF.
Ehmer emphasises the trailblazer status of the Habsburg monarchy: “Border security and the mobility control of migrants was shifted from the regional level to the central government and systematised. These steps pre-dated 19th-century nation-state practices such as those taken by France.
“Why did these first modern borders come into being in just this economically peripheral area?”, asked the researchers. They found the answer in the overlap of military, medical and economic factors. The Treaty of Belgrad between Vienna and Istanbul in 1739 brought about, with the settlement of territorial claims, a modification of the military frontier as well as the creation of a permanent cordon sanitaire.

Strict border controls
“The establishment of a permanent cordon sanitaire included strict border controls of the fortified military frontier”, explains Ehmer. “In addition to continuously manned watchtowers, which maintained visual contact with one another, border crossing points were set up with quarantine stations. Records were kept of all who entered and left”.
A medium-sized quarantine station such as Mehadia in Banat recorded 516 persons per year on average and consisted of 26 building units, including quarantine residences, offices, stores, stables and an inn. The border crossing system was strict: Travellers were held for a minimum of two to three weeks, longer in case of plague risk. The clothing, goods and any personal items they brought with them were washed and fumigated to rid them of toxic vapours (miasmas, which were believed to carry plague. In addition to disease control, the border stations also served to collect customs duties.

No uniform passports
The development of travel documents such as passports and identification papers can be seen as the first modern forms of mobility control, however in the 18th century they were still far from uniform. In addition to names, information on origin, profession and ethnic or religious affiliations were generally logged at the border points with the Ottoman Empire. Border officials issued passports, which travellers were to carry with them at all times.
The research team also studied the naturalisation regulations.”The population policies were geared strongly to growth. Immigrants were thus principally seen as an asset, but at the same time the relationship with immigrants was ambivalent”, so Ehmer. Doubts as to the loyalty to the emperor had to be dispelled as far as possible.

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Die erste moderne Grenze

Die Habsburger waren die ersten, die systematisch Migration steuerten.
Schon die Habsburger kannten Grenzkontrollen im modernen Sinn. Im 18. Jahrhundert beobachten und steuerten die österreichischen Behörden die Mobilität osmanischer Migranten gezielt. Die habsburgische Bevölkerungspolitik wurde nun wissenschaftlich untersucht. Der Historiker Josef Ehmer von der Universität Wien untersuchte mit seinem Mitarbeiter Jovan Pešalj in einem Projekt des Wissenschaftsfonds FWF die Entwicklung erster Maßnahmen des Habsburgerreichs.
Ehmer betont die Vorreiterstellung der Habsburger Monarchie: „Die Grenzsicherung und Mobilitätskontrolle von Migranten wurden von der regionalen Ebene auf die staatlichen Zentralen verlagert und systematisiert. Diese Schritte nahmen nationalstaatliche Praktiken des 19. Jahrhunderts wie jene Frankreichs vorweg.“
„Warum entstand diese erste moderne Grenze gerade in diesem wirtschaftlich peripheren Raum?“, fragten sich die Forscher. Die Erklärung fanden sie in der Überlagerung militärischer, medizinischer und ökonomischer Faktoren. Der Belgrader Frieden zwischen Wien und Istanbul brachte 1739 mit der Klärung von Territorialansprüchen eine Modifikation der Militärgrenze sowie die Errichtung eines permanenten Pestkordons.

Strenge Grenzkontrollen
„Die Einrichtung eines permanenten Pestkordons schloss strikte Grenzkontrollen der befestigten Militärgrenze ein“, erläutert Ehmer. „Neben ständig besetzten Wachtürmen, die untereinander Blickkontakt hielten, wurden Grenzübertrittsstellen mit Quarantänestationen errichtet. Über Ein- und Ausreisende wurden Protokolle geführt.“
Eine mittelgroße Quarantänestation wie Mehadia im Banat nahm jährlich durchschnittlich 516 Personen auf und bestand aus 26 Gebäudeeinheiten inklusive Quarantäne-Wohnungen, Büros, Lager, Stallungen und einem Wirtshaus. Das Grenzübertrittssystem war streng: „Reisende wurden mindestens zwei bis drei Wochen, bei Pestgefährdung mehrere Wochen, festgehalten. Die Kleidung, mitgeführte Waren und Gegenstände wurden gewaschen und geräuchert, um giftige Ausdünstungen (Miasmen) zu beseitigen, in denen man Pesterreger vermutete. Neben der Seuchenkontrolle dienten die Grenzstationen auch der Einhebung von Zöllen.

Uneinheitliche Pässe
Die Entwicklung von Reisedokumenten wie Pässen und Identifizierungsmethoden lassen erste moderne Formen der Mobilitätskontrolle erkennen, sie waren im 18. Jahrhundert aber noch sehr uneinheitlich. An den Grenzstellen zum Osmanischen Reich wurden neben dem Namen in der Regel Angaben zur Herkunft, zum Beruf und zur ethnischen oder religiösen Zugehörigkeit erfasst. Es wurden von den Grenzbehörden Pässe ausgestellt, die fortan ständig mitzuführen waren.
Das Forschungsteam untersuchte auch die Einbürgerungsregulierungen. „Die damalige Bevölkerungspolitik war stark auf Wachstum ausgerichtet, Immigranten wurden also prinzipiell als Bereicherung verstanden, aber zugleich war das Verhältnis zu Zuwanderern ambivalent“, erklärt Ehmer. Zweifel an der Loyalität gegenüber dem Kaiser mussten so weit wie möglich ausgeräumt werden.

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red/stem, Economy Ausgabe Webartikel, 27.09.2016