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25. April 2024

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Freiheitskampf

Freiheitskampf© vcq.quantum.at

ÖAW-Chef Zeilinger stellt sich gegen den Einfluss des Zeitgeistes auf die Wissenschaft, denn: Wirklich Neues kennt seinen Zweck noch nicht.

Die Freiheit der Wissenschaft ist für Anton Zeilinger, Präsident der Akademie der Wissenschaften (ÖAW) „ein ständiger Kampf gegen politischen Einfluss und ökonomische Interessen.“ Kürzlich widmete sich ein Symposium an der ÖAW der „Freiheit der Wissenschaft im Angesicht von politischen und gesellschaftlichen Ansprüchen“.

Die wirklich großen Dinge
Anlass für das Symposium war die Generalversammlung des Verbands europäischer Wissenschaftsakademien ALLEA, die erstmals in Wien stattfand. ALLEA ist ein Zusammenschluss von 57 Wissenschaftsakademien aus mehr als 40 Ländern Europas. Es wurden die Chancen und Risiken einer stärkeren Einbindung von Gesellschaft und Politik in die Wissenschaft diskutiert. Für den Präsidenten des Europäischen Forschungsrats (ERC), Jean-Pierre Bourguignon, ist es wichtig, dass sowohl Gesellschaft als auch Politik „verstehen, wie die Wissenschaft arbeitet.“
Für Zeilinger wird Wissenschaft „zu eng, wenn sie zu zielorientiert und an gesellschaftlichen Zugängen aufgesetzt wird, und kann dann die wirklich großen neuen Dinge nicht schaffen“. Das würden tausende Beispiele aus der Geschichte zeigen. So habe man bei der Entdeckung der Radiowellen durch Heinrich Hertz 1888 eine praktische Anwendung ausgeschlossen.

Andere Zeitskalen
Laut Bourguignon muss man auch den „etwas anderen Zeitrahmen in der Wissenschaft“ berücksichtigen. So seien die DNA-Abschnitte der Gen-Schere CRISPR/Cas bereits 1987 von japanischen Forschern entdeckt worden, aber erst 2012 hätten die Arbeiten von Emmanuelle Charpentier und Jennifer Doudna die fantastischen Möglichkeiten etwa im Medizinbereich aufgezeigt.
Für Zeilinger sollten Gesellschaft und Politik durchaus fordern, dass Wissenschaft auf höchster Qualität gemacht wird, und es sei auch wichtig, die Gesellschaft über die Forschungsaktivitäten zu informieren. „Aber ich halte es für gefährlich, wenn die Inhalte gesellschaftlich definiert werden, weil dann macht man zeitgeistige Dinge.“
Es sei auch ein Fehler, „dass man heute bei Forschungsanträgen immer wieder dazu schreiben muss, wozu das gut sein soll“. Die wirklich neuen Dinge würden so durchfallen, „weil sich diese niemand vorstellen kann, auch die Wissenschafter nicht“. Die Abhängigkeit der Wissenschaft von Drittmitteln der Wirtschaft sollte für Zeilinger nicht zu groß sein: „Das darf vom Budget nicht größer als ein Drittel sein, weil sonst die Qualität verloren geht.“

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APA-Science/red/stem, Economy Ausgabe Webartikel, 13.05.2016