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29. März 2024

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Rüttel mich und schüttel mich – nicht.

Rüttel mich und schüttel mich – nicht.© piqs.de/grafiker andi

Über Wackelkontakte hat sich wohl jeder schon geärgert. Schlechte Steckverbindungen sind häufig die Ursache für ein Versagen elektronischer Geräte.

In einem österreichisch-deutschen Forschungsprojekt erzeugt man nun zur Erhöhung der Ausfallssicherheit mikroskopische Strukturen auf elektrischen Steckern mit Lasertechnik. Gerade in der Automobilindustrie mit immer mehr Elektronik spielt die Qualität von Steckkontakten eine wichtige Rolle. Spezielle Strukturen, die sich mit Hilfe neuer Lasertechniken rasch und kostengünstig herstellen lassen, sollen nun für mehr Ausfallssicherheit sorgen.

Die zerstörende Wirkung von Rumpelpisten
Seit Jahren wächst die Anzahl von Sensoren und Prozessoren, die in Autos verbaut werden, und dieser Trend wird sich durch den Siegeszug der Elektroautos wohl noch weiter fortsetzen. „Wenn man mit einem Auto über eine rumpelige Buckelpiste fährt, ist das eigentlich das Schlechteste, was den Steckkontakten passieren kann“, sagt Carsten Gachot vom Institut für Konstruktionswissenschaften und Technische Logistik der TU Wien.
Die Stecker beginnen ein kleines Stückchen hin und her zu wackeln, man spricht von „Fretting“. Diese minimalen Bewegungen genügen für verstärkten Verschleiß bis zum Versagen des Kontaktes. „In einem modernen Auto gehobener Kategorie sind mehrere Kilometer Kabel verbaut, mit tausenden Steckkontakten“, so Gachot. So ist es nicht überraschend, dass nach Angaben von Automobilclubs Elektronik-Ausfälle Pannenursache Nummer eins sind.

Mikro- und Nanostrukturen für besseren Halt
Bekämpfen lässt sich das Problem mit neuen Erkenntnissen aus der Tribologie – der Wissenschaftsdisziplin, die sich mit Reibung und Verschleiß auseinandersetzt. „Das Problem ist, dass wir zwei schwer vereinbare Anforderungen gleichzeitig erfüllen müssen“, erläutert Gachot. „Einerseits sollen die Kontakte halten und auch durch Vibrationen nicht gelockert werden, andererseits soll es möglich sein, mit relativ geringem Kraftaufwand die Stecker ein- und wieder auszustecken.“
Die Lösung sei nun, die Stecker mit einer feinen Struktur zu versehen: „Verschiedene Muster auf mikroskopischer Skala, die dem Material aufgeprägt werden, können das Reibe- und Verschleißverhalten drastisch beeinflussen“, sagt Gachot. Um diese Strukturen nun rasch und kostengünstig herstellen zu können, arbeitet der Forscher mit Expertengruppen der Universität des Saarlandes in Saarbrücken und von der TU Dresden zusammen.

Laserlicht zur Herstellung der feinen Strukturen
Genützt werden dabei die Welleneigenschaften des Lichts: So wie sich in einem Teich komplizierte Wellenmuster ergeben, wenn man zwei Steine hineinwirft, so lässt sich die Materialoberfläche mit einem komplizierten Wellenmuster beleuchten wenn man einen Laserstrahl in zwei Teile aufspaltet und beide dann auf der Oberfläche überlagert. Das entstehende Lichtmuster verdampft das Material an bestimmten Stellen, an anderen Orten aber bleibt die Oberfläche unversehrt. So können, je nachdem, wie man die Strahlen miteinander überlagert, in kurzer Zeit unterschiedliche Mikro- und Nanostrukturen erzeugt werden.
„Die entscheidende neue Idee ist, Laserlicht zur Herstellung der feinen Strukturen zu verwenden“, sagt Gacho. Und: „Mit bisherigen Methoden wäre es nicht wirtschaftlich gewesen, Steckkontakte mit solchen Strukturen zu versehen, aber mit dieser Lasermethode kann man innerhalb von 40 Sekunden die Strukturierung für alle Steckkontakte eines ganzen Autos durchführen – für Zusatzkosten von 21 Cent pro Auto.“ Zudem sei die Entwicklung von Mikro- und Nanostrukturen für Steckverbindungen nicht nur für die Automobilindustrie interessant, die neuen Erkenntnisse lassen sich auf eine Vielzahl technischer Bereiche anwenden, von Alltagsgeräten bis zu Flugzeugturbinen, so die Forscher.

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red/cc, Economy Ausgabe Webartikel, 24.11.2017