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23. April 2024

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Ein zunehmender Kulturkampf zwischen Ost und West

Ein zunehmender Kulturkampf zwischen Ost und West© piqs.de/david goehring

Die Auseinandersetzung um kulturelle Werte und nationale Identität zwischen Amerika und Russland in den Medien wird auf dem Rücken von Minderheiten ausgetragen.

Ist Homosexualität in Russland verboten? Wer sich nicht sicher ist, tippt vermutlich eher auf ja. Die Antwort ist falsch. Richtig ist, dass das russische Parlament 2013 ein umstrittenes Gesetz erlassen hat, das Propagieren von Homosexualität gegenüber Minderjährigen verbietet. "Die Betonung sogenannter traditioneller Werte durch russische Staatsträger sowie die Konjunktur der Russischen Orthodoxie einerseits und die stark von der Regierung Obama geförderte Gleichstellung andererseits sind in den US-amerikanischen Medien stark gegeneinander ausgespielt worden", erklärt Katharina Wiedlack von der Universität Wien.

Wiederkehrende Schablonen
Im Rahmen eines FWF-Projektes hat die Amerikanistin und Genderforscherin in den vergangenen Jahren den medialen Diskurs über Russland beobachtet. Als die feministische Protestgruppe "Pussy Riot" im Zuge der Amtsübernahme von Wladimir Putin 2012 aktiv wurde, gab es zahlreiche solidarische Bekundungen aus den USA. "Diese Solidarität im Westen ist natürlich begründet", betont Wiedlack.
In ihren Analysen von Medienberichten der vergangenen zehn Jahre zeigen sich aber wiederkehrende Schablonen: Hier der liberale Westen, dort der rückständige Osten. "Da werden die immer gleichen Bilder transportiert, ohne zu nuancieren", betont Wiedlack. So werde unreflektiert in ein und derselben Ausgabe etwa über die Ermordung einer amerikanischen Transgenderfrau und kritisch über die homophobe Propaganda in Russland berichten, ohne Parallelen zwischen den Fällen zu sehen. – Ersteres werde als die Tat eines Einzeltäters dargestellt, in Russland sei es die Kultur. Das FWF-Projekt "Der Blick gen Osten: US-Identität, westliche Werte und russische verletzliche Körper" läuft noch bis Ende 2018.

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red/stem/czaak, Economy Ausgabe Webartikel, 16.01.2017