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19. April 2024

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Erhöhte Missbrauchsgefahr bei Privatinsolvenzen

Erhöhte Missbrauchsgefahr bei Privatinsolvenzen© piqs.de/onchi

WKÖ und KSV1870 rechnen wegen der Privatinsolvenz-Novelle 2017 mit mehr Missbräuchen.

Mit einer Gesetzesänderung sollen nun die Regeln für Privatinsolvenzen geändert werden. Kernpunkte der Gesetzesnovelle sind die Verkürzung der Abschöpfungsfrist von derzeit sieben Jahren auf drei Jahre sowie der Entfall der Mindestquote von derzeit 10 Prozent. Dieser Ansatz zerstöre ein erfolgreiches System und lasse berechtigte Interessen der Gläubiger außer Acht, so Christoph Leitl, Präsident der Wirtschaftskammer Österreich, und Ricardo-José Vybiral, Vorstand der KSV1870 Holding AG.

Kompromissbereit
Leitl spricht sich daher für einen vernünftigen und fairen Kompromiss aus: Für Schuldennachlässe könnte etwa der Ermessensspielraum des zuständigen Richters erweitert werden. Damit könnten, so der WKÖ-Präsident, „redliche Schuldner schneller als derzeit entlastet werden, ohne dass die Gefahr besteht, dass es Leute gibt, die mit Schuldenbefreiungen systematisch spekulieren und Gläubiger massiv schädigen.“ Tatsache ist, dass es in etwa 92 Prozent aller Privatinsolvenzfälle schon jetzt zu einer Restschuldbefreiung kommt. Auch im internationalen Vergleich stellt dieser Umstand einen Spitzenwert dar.
Derzeit muss ein Schuldner selbst tätig werden, während des Verfahrens einen Teil seiner Schulden begleichen und sodann eine Restschuldbefreiung zu erhalten. Damit werden jährlich 180 bis 200 Millionen Euro an die Gläubiger zurückgezahlt. „Da diese Voraussetzung wegfallen soll, ist eine erhöhte Gefahr von Missbrauch gegeben“, so Vybiral. Die Wirtschaft hat sich in den vergangenen Jahren immer kompromissbereit ge-zeigt, wenn die Mindestvoraussetzungen nicht erfüllten werden können, wie etwa bei Personen, die von einer Mindestpension leben. „Wir treten dafür ein, dass das bestehende funktionierende System maßvoll reformiert wird, anstatt es vollkommen unausgewogen umzugestalten“, so Leitl und Vybiral abschließend.

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red/cc, Economy Ausgabe Webartikel, 21.03.2017