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20. April 2024

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Horrorzahlen bezüglich Jobverlusten durch Digitalisierung falsch

Horrorzahlen bezüglich Jobverlusten durch Digitalisierung falsch© piqs.de/alex

Eine Studie des IHS relativiert die Bedrohung durch die digitale Transformation. Weit weniger Jobs als befürchtet sind gefährdet.

Rund 9 Prozent aller Arbeitsplätze – das sind rund 360.000 – sind mittelfristig in Gefahr durch die Digitalisierung wegzufallen. Wesentlich weniger also, als die in einer US-Studie aus 2013 behaupteten 40 oder 50 Prozent. Woran der Unterschied liegt, erklärt IHS-Direktor Martin Kocher wie folgt: „Wir wissen selbstverständlich nicht, was in 100 Jahren passieren wird, aber für die nächsten 10-20 Jahre sind die Schätzungen der US-Studie maßlos übertrieben.“
Im Auftrag des Sozialministeriums hat das Institut für Höhere Studien (IHS) erstmals eine detaillierte Schätzung über mögliche Folgen der fortschreitenden Digitalisierung für den heimischen Arbeitsmarkt erstellt. Das IHS hat zunächst die Bewertung des Automatisierungspotentials der einzelnen US-Berufe der Originalstudie herangezogen. Danach wurde der Anteil der Tätigkeitsstruktur, der durch Maschinen oder Algorithmen substituierbar ist, für alle Beschäftigten in Österreich sowie auf Ebene der neun Berufshauptgruppen und der detaillierteren 43 Berufsgruppen berechnet.

Bildung ist Schutz
Im Unterschied zu der Originalstudie wird in der IHS-Studie nicht unterstellt, dass alle Beschäftigen im gleichen Beruf auch die gleichen Tätigkeiten ausüben, sondern es wurden die individuellen Tätigkeitsstrukturen der Erwerbstätigen anhand von Tätigkeitsbeschreibungen berücksichtigt. Können mehr als 70 Prozent der Aufgaben eines Jobs durch maschinelle Prozesse übernommen werden, gilt dieser Arbeitsplatz mittelfristig als gefährdet.
Sieht man sich die einzelnen Berufsgruppen und die vorhandenen Beschäftigungsstrukturen im Detail an, zeigt sich, dass Arbeitnehmer, die lediglich über einen Pflichtschulabschluss verfügen, am stärksten vom potentiellen Verlust ihrer Stelle durch Digitalisierung betroffen sind: Hilfsarbeiter und Handwerker machen gemeinsam über 50 Prozent der insgesamt gefährdeten Stellen aus. „Aus Sicht des IHS sind Investitionen in möglichst treffsichere Qualifikationsprogramme und ein, die Digitalisierung antizipierendes, Bildungssystem der Schlüssel dazu, dass per Saldo durch die Digitalisierung in Österreich sogar Jobs geschaffen werden.“, sagt Kocher.

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red/stem/cc, Economy Ausgabe Webartikel, 24.04.2017