Unabhängiges Magazin für Wirtschaft und Bildung

24. April 2024

Search form

Search form

Verpasste Chance

Verpasste Chance© piqs.de/tanzania

Unzeitgemäßes Urheberrecht, so beurteilt die deutsche eco den EU-Entwurf der EU-Kommission.

Das europäische Urheberrecht ist angesichts der rasanten technologischen Entwicklungen nicht mehr zeitgemäß. Eine Novellierung böte die Chance, den rechtlichen Rahmen neu zu definieren und dabei nicht nur an die gegenwärtige Realität anzupassen, sondern die Regelungen zukunftstauglich zu machen.
Doch mit dem heute von der Europäischen Kommission veröffentlichten Entwurf zur Urheberrechts-Richtlinie scheint diese große Chance vertan. „Das neue Urheberrecht verfehlt seinen Sinn und Zweck. Es soll Schutzlücken schließen, die nicht existieren und Probleme lösen, die Rechteinhaber durch ihre träge Reaktion auf die digitale Revolution selbst verursacht haben“, sagt Oliver Süme, eco-Vorstand Politik und Recht.

Massive Rechtsunsicherheit
Mit der neuen Urheberrechts-Richtlinie soll unter anderem ein neues verwandtes Schutzrecht auf europäischer Ebene, ähnlich dem Leistungsschutzrecht für Presseverleger in Deutschland, eingeführt werden. Damit wird Verlagen 20 Jahre lang das exklusive Nutzungsrecht an Online-Nachrichten eingeräumt. Eine ähnliche Regelung gibt es in Deutschland bereits – wenn auch nicht mit einer derartig langen Nutzungssperre. Die neuen Vorgaben sollen dabei nicht nur die Betreiber von Suchmaschinen treffen, sondern alle Unternehmen, die Nachrichten im Internet verbreiten.
Dazu Süme: „Es ist unbegreiflich, dass nach der deutschen Bundesregierung nun auch die Europäische Kommission diesen Irrweg beschreiten möchte. Es ist noch untertrieben zu sagen, das Leistungsschutzrecht für Presseverleger habe sich in den vergangenen drei Jahren in Deutschland nicht bewährt – warum die Regelungen trotz dieser Erfahrung nun in ganz Europa übernommen werden soll, bleibt undurchsichtig. „Ein Leistungsschutzrecht auf europäischer Ebene wird sich langfristig als Hemmschuh für die gesamte Informationsgesellschaft und Digitalisierung entpuppen. Damit droht allen Akteuren eine dauerhafte massive Rechtsunsicherheit.“

Neue Auflagen
Darüber hinaus sieht die Richtlinie der Kommission vor, Host Provider zu verpflichten, eine Software zu installieren, die Inhalte automatisch erkennt und so illegal hochgeladene Werke ausfiltern kann. Sie sollen zudem verpflichtet werden, Lizensierungsvereinbarungen mit Rechteinhabern abzuschließen. Diese Überlegungen zum sogenannten „Value Gap“ sind aus Sicht der Internetwirtschaft hochproblematisch. „Die Pläne der EU-Kommission sind ein herber Rückschritt für die Verwirklichung des digitalen Binnenmarkts“, erklärt Süme.

Links

red/stem, Economy Ausgabe Webartikel, 13.10.2016