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18. April 2024

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Überraschende Einsichten und optische Täuschungen

Überraschende Einsichten und optische Täuschungen

Economy-Herausgeber Christian Czaak im Horizont-Interview mit Thomas Loser

Am Freitag, den 15. Dezember 2005, erschien die erste Nullnummer von economy. Christian Czaak erkannte in dem Spannungsfeld Wirtschaft, Forschung und Technologie eine Marktlücke und besetzte diese mit economy. Am 13. Jänner 2006 erschien der Kauftitel dann offiziell.

Horizont: Herr Czaak, welche Meilensteine passierten Sie mit economy in dessen junger Geschichte?

Czaak: Mit Sicherheit war die wichtigste Wegmarke bis dato das Finden und Umsetzen des redaktionellen Konzepts. Es galt ja zu klären wo economy journalistisch und inhaltlich anzusiedeln sei, um die von mir anvisierte Nische zwischen Tageszeitung und Magazin zu finden und die adäquat zum Blatt-Format umzusetzen. Meine Idee für das Konzept drehte sich immer um längere Geschichten zu unkonventionellen Themen mit darin enthaltener wohldosierter Information. Wir wollen primär Lesevergnügen bieten. Das hat für mich doch ein wenig überraschend lang gedauert.

Horizont: Was war der Grund dafür?

Czaak: Dass es bis August dieses Jahres dauerte, bis dieses Blattkonzept in der kompletten Zeitung Stimmigkeit bekam, hatte mit der Konstellation im Redaktionsteam zu tun. Das Umschwenken und Umdenken der mehrheitlich von Tageszeitungen kommenden Redakteure auf die economy-Blattlinie erfolgte erst so nach und nach. Ich begann mich ab Sommer mehr mit dem redaktionellen Konzept auseinanderzusetzen und übernahm aus diesem Grund auch die Herausgeberschaft. Dadurch und durch Optimierungen in der Redaktion ging die Vorstellung von meinem Konzept dann doch recht schnell auf. Das war aus jetziger Sicht eine schwierige Entwicklung und eine der prägendsten bisherigen Erfahrungen für mich als Medienmacher.

Horizont: Sie hatten ja mittlerweile auch deutlich erkennbare Optimierungen an der Zeitung vorgenommen!

Czaak: Ja, absolut. Der Wechsel der Papierfarbe und die Aufgabe der Eule als Bildelement im Titel sind der zweite Meilenstein in der jungen economy-Geschichte. Mit der Eule wollte ich, nach umfangreichen Recherchen, eine starke Wort-Bild-Marke schaffen. Die Eule hätte dazu auflockern sollen, ein Lächeln erzeugen. Diesen Effekt erzeugte sie aber nur in jungen Zielgruppen und interessanterweise auch bei Lesern die aus anderen Ländern kommen. In den Kernleserschichten in Österreich hat sie zwar polarisiert, aber im Endeffekt die Ernsthaftigkeit der Wahrnehmung negativ beeinträchtigt. Und dieser bedauerliche Effekt hat sich auch nicht unbedingt förderlich auf die Werbewirtschaft ausgewirkt. Deshalb ist die Eule verschwunden.

Horizont: Und was hat mit der Farbe nicht funktioniert?

Czaak: Die Idee hinter der Farbe war, den Innovationscharakter von economy zu unterstreichen. Ich zog Blau, Lachrosa und ein schmutziges Weiß in Betracht. Blau wäre erste Wahl gewesen, aber aus drucktechnischen Gründen auszuschließen. Die Entscheidung für Lachsrosa fiel dann auch aus der Intention heraus, ein Qualitätsniveau, wie die Financial Times oder Der Standard aufweisen, zu vermitteln. Ergebnis war, dass die Farbe für Irritationen sorgte und economy im Markt zuerst als Supplement vom Standard wahrgenommen wurde. Dazu kam, dass sich auch Lachsrosa als drucktechnisch schwierig herausstellte. Es wurde klar, dass die Farbe nicht ganz so hohe Qualität zulassen würde. Der Qualitätsunterschied wird jetzt nach dem Wechsel auf Weiß auch ganz deutlich. Das grafische Konzept mit der färbigen Ressort-Führung, den Illustrationen und die gesamte Bildsprache kommen viel besser zur Geltung. Die Entscheidung economy auf weißem Papier war richtig und das Feedback aus dem Markt ist auch durchgehend gut.

Horizont: Wie hat sich Ihr Vertriebskonzept umsetzen lassen?

Czaak: Das auf Abonnenten aufbauende Konzept brachte auch einige überraschende Erfahrungen mit sich. So besteht interessanterweise auch in der economy-Zielgruppe eine bestimmte Erwartungshaltung, die es schwierig macht zu vermitteln, dass die Zeitung auch etwas kostet, Qualität bietet und in einem bestimmten Preis-Leistung-Verhältnis zu sehen ist. Die Gratis-Bekomm-Denke ist in diesem Land auch in einkommensstarken Segmenten sehr verbreitet und dazu von den Special-Interest-Fachmedien gut gelernt. Neue Gratis-Zeitungen oder Gratis-Rest-Zeitungen verstärken diesen Trend.

Aber wir lernen, worauf wir bei der Generierung von Abos über Probe-Abos achten müssen und welcher Ressourcen-Einsatz damit verbunden ist. Auch im Einzelhandel stehen Optimierungen und Entscheidungen an, die Übermittlung der Daten für notwendige Adaptierungen bei Stückzahl und Gebiet dauert hier momentan viel zu lange. Unterm Strich bin ich aber für das erste Jahr zufrieden, wir erreichen mit den Abonnenten, der Verteilung über die Selbstbedienungstaschen und in den Trafiken eine verbreitet Auflage von 30.000 Stück. Flächendeckend im urbanen Raum gleichmäßig verteilt auf ganz Österreich mit einer 95%-igen Ausschöpfung der Druckauflage.

Horizont: Wie nimmt die Werbewirtschaft economy zum Ende des ersten Jahres an?

Czaak: Werbungstreibende Unternehmen aus der Informations- und Kommunikationstechnologie-Branche erkannten die Chance, die wir bieten sehr schnell. Die Werbebranche insgesamt kam erst nach der ersten ÖAK-Ausweisung (Öst. Auflagenkontrolle) in Bewegung und seit Sommer, nach dem zweiten ÖAK-Quartal, wird es für economy immer besser. An der Kampagnen betreffenden Breite und der Attraktivität für unterschiedliche Branche arbeiten wir und dies wird sich im kommenden Jahr sicher verbessern. Unser Eintritt in die LAE (Leser-Analyse Entscheidungsträger) und die weitere Messung durch die ÖAK wirkt sich positiv aus, die Buchungslage für 2007 ist vielversprechend angelaufen.

Ich stelle auch fest, dass wir zunehmend öfter gebucht werden als etwa branchenspezifische Fachmedien. Die Imagekomponente erfährt in vielen Bereichen eine neue Wertigkeit und über Fachmedien erreiche ich die nicht. Daraus resultieren für mich für das kommende Jahr zwei Ziele: economy soll mit der entsprechenden Imagekomponente als Publikumsmedium in der Werbewirtschaft noch besser verankert werden und dazu noch stärker als Kaufzeitung positioniert werden.

Horizont: Wir danken für das Gespräch.

Das Interview mit Christian Czaak führte HORIZONT-Redakteur Thomas Loser. Wir danken dem HORIZONT für die Genehmigung zur Veröffentlichung des Interviews. (red)

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04.01.2009