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Anti-Wer­bung für Finanzplatz

Die Mil­li­ar­den­ver­luste der Gewerk­schafts­bank Bawag und die um ein Drit­tel gerin­ge­ren der Hypo Alpe-Adria haben den Finanz­platz Öster­reich inter­na­tio­nal ins Gerede gebracht. Den­noch domi­niert die Hoff­nung, dass kein lang­fris­ti­ger Scha­den bleibt und der Bawag-Ver­kauf erfol­gen kann. Als ein Fix­star­ter dabei gilt die Deut­sche Postbank.

„Geschei­terte Wäh­rungs­spe­ku­la­ti­ons­deals in der Kari­bik zwin­gen zum Ver­kauf der öster­rei­chi­schen Bank“, steht im Jamaica Ober­ser­ver zu lesen. „Flöttl steht loka­lem Han­dels­im­pe­rium vor“, schreibt The Royal Gazette auf den Ber­mu­das. Dass sich die Medien in der Kari­bik so aus­führ­lich mit der hei­mi­schen Gewerk­schafts­bank Bawag beschäf­ti­gen, ist noch recht ver­ständ­lich. Schließ­lich ist dem viert­größ­ten hei­mi­schen Finanz insti­tut durch Spe­ku­la­ti­ons­ge­schäfte unter ande­rem über die kari­bi­sche Steu­er­oase Anti­gua ein Ver­lust von einer Mrd. Euro ent­stan­den. Auch der Inves­tor Wolf­gang Flöttl, Sohn des lang­jäh­ri­gen Bawag-Chefs Wal­ter Flöttl, ist im Zuge der Affäre ins mediale Ram­pen­licht gerückt.
Zugleich wurde der Finanz­platz Wien durch die Bawag- Affäre und die Mil­lio­nen­ver­luste der Hypo Alpe-Adria (im gerin­ge­ren Aus­maß) weit über die Gren­zen der Repu­blik hin­aus bekannt. Ange­sichts die­ser Publi­zi­tät wäre es den für den Kapi­tal­markt Ver­ant­wort­li­chen wohl lie­ber gewe­sen, wenn der Finanz­platz Öster­reich nicht auch noch in Län­dern wie China oder Malay­sia zumin­dest medial in aller Munde gewe­sen wäre. „Das hat dem Image des Finanz­plat­zes tem­po­rär sicher nicht gut getan, aber wenn nichts Nach­hal­ti­ges mehr zutage tritt, beru­higt sich die Lage rasch wie­der“, hofft der Kapi­tal­markt­be­auf­tragte Richard Schenz auf das Kurz­zeit­ge­dächt­nis der Investoren. 

Unken­rufe
Hin­ter vor­ge­hal­te­ner Hand zeich­nen Bran­chen­ken­ner ein etwas weni­ger rosi­ges Bild. Im schlimms­ten Fall könnte die Causa Bawag den Kun­den höhere Zin­sen besche­ren. Denn wenn im Aus­land der Ein­druck ent­stünde, dass die öster­rei­chi­schen Insti­tute gene­rell und unab­hän­gig von ihrer Per­for­mance als eher risi­ko­be­haf­tet gel­ten, könnte das ihre Refi nan­zie­rungs­kos­ten ver­teu­ern. Eine Kon­se­quenz dürfte die Affäre jeden­falls haben : Prü­fer und Auf­sichts­be­hör­den wer­den die Bücher und die Geschäfte genauer unter die Lupe neh­men. Seit der Ankün­di­gung des ÖGB, die viert­größte hei­mi­sche Bank ver­kau­fen zu wol­len, haben sämt­li­che grö­ßere Finanz­in­sti­tute ihr Inter­esse an der Bawag bekun­det. Denn orga­nisch kön­nen sie in Öster­reich keine gro­ßen Wachs­tums­sprünge mehr machen. Aber alle kauf­be­gie­ri­gen hei­mi­schen Groß­ban­ken, die das Geld hät­ten, um sich ein­zu­kau­fen, bekä­men kar­tell­recht­li­che Pro­bleme, mei­nen Ken­ner der Ver­hält­nisse. Ein gro­ßes Insti­tut, das für die Bawag bie­tet, muss die Trans­ak­tion bei der EU zur Wett­be­werbs­prü­fung anmel­den, ein klei­ne­rer Bie­ter zumin­dest in Öster­reich, meint die hei­mi­sche Bun­des­wett­be­werbs­be­hörde. Dies gilt auch für das Duo Wie­ner Städ­ti­sche und Erste Bank, wobei der hei­mi­sche Ver­si­che­rungs­riese im Ver­si­che­rungs­ver­trieb über einen mehr­jäh­ri­gen Ver­trag an die Erste Bank gebun­den ist. Wenn es ein Ange­bot gibt, wer­den es Erste und Städ­ti­sche gemein­sam legen, so die Über­zeu­gung in Wie­ner Finanz­krei­sen. Ein Offert würde die Bezie­hun­gen zur BA-CA nicht berüh­ren, beide haben gemein­same Versicherungsbeteiligungen. 

Zwei­ter Anlauf
Auch die Öster­rei­chi­sche Volks­ban­ken AG (Övag) ist an der Bawag inter­es­siert, sie will offen­bar im zwei­ten Anlauf doch noch zum Zuge kom­men : Im Jahr 2000 hatte die Övag bei der Pri­va­ti­sie­rung der PSK mit­ge­bo­ten und war nur knapp der Bawag unter­le­gen. Mit dabei war die deut­sche Ergo-Ver­si­che­rung, die bei der im Som­mer anste­hen­den Bawag-Pri­va­ti­sie­rung wohl wie­der gemein­sam antre­ten wird. Eines ist klar : In einem so frü­hen Ver­kaufs­sta­dium ist es Usance, dass poten­zi­elle öster­rei­chi­sche Käu­fer grund­sätz­lich Inter­esse bekun­den, zumin­dest so lange, bis keine Ver­kaufs­de­tails auf dem Tisch liegen.
Viel stil­ler ver­hal­ten sich dage­gen vor­erst mög­li­che Akqui­si­teure im Aus­land. Hin­ter vor­ge­hal­te­ner Hand wird in Ban­ken­krei­sen als ein­zi­ger Fix­star­ter die Deut­sche Post­bank genannt, die ja sehr gut zur Bawag-PSK-Gruppe pas­sen würde. „Das bör­se­no­tierte Unter­neh­men ist der ein­zige Fix­star­ter“, hören Ban­ker schon das Gras wach­sen. „Da dürfte es aber Sor­gen geben, dass die Deut­schen mit der preu­ßi­schen Pickel­haube in Öster­reich Ein­zug hal­ten.“ Auch der ita­lie­ni­schen Unicre­dito, die gerade die HVB, die Mut­ter der BACA, über­nom­men hat, könnte die Bawag gut zu Gesicht ste­hen. Im Gespräch sind wei­ters die deut­sche Com­merz­bank, der nie­der­län­di­sche Finanz­kon­zern ING oder die GE Money, Toch­ter des US-Kon­zerns GE Capi­tal. Einen Bör­sen­gang der Bawag kann sich nie­mand vor­stel­len. Da fehlt die Story für Inves­to­ren, heißt es mit Hin­weis dar­auf, dass im Falle Bawag wenig Ost­fan­ta­sie vor­han­den ist, weil die Bank dort viel weni­ger stark ist als die hei­mi­sche Finanz­kon­kur­renz. Die Bawag ist nur in Tsche­chien, der Slo­wa­kei, Ungarn und Slo­we­nien ver­tre­ten. Gro­ßer Vor­teil für die Bewer­ber aus dem Aus­land : Ihnen blei­ben anders als hei­mi­schen Groß­ban­ken, die zwar das Geld hät­ten, um sich ein­zu­kau­fen, kar­tell­recht­li­che Pro­bleme erspart.

Aus­ge­spielt
Wer auch immer bei der Gewerk­schafts­bank zum Zug kommt, wird kaum umhin­kön­nen, den Groß­teil der bank­frem­den Betei­li­gun­gen zu barer Münze zu machen. Das Filet­stück dabei ist die Glücks­spiel­be­tei­li­gung der Bawag. Das Unter­neh­men ist mit 36,2 Pro­zent der größte Gesell­schaf­ter der Öster­rei­chi­schen Lot­te­rien. Als weni­ger gutes Fleisch gel­ten die Betei­li­gun­gen an der Öster­rei­chi­schen Natio­nal­bank. Glei­ches gilt für die Schuh­han­dels­kette Stie­fel­kö­nig, die die Bank nach fi nan­zi­el­len Tur­bu­len­zen 2003 über­nom­men hatte, die tra­di­ti­ons­rei­che Kla­vier­fa­brik Bösen­dor­fer oder die Elek­tro­han­dels­kette Köck Cos­mos. Für diese Betei­li­gun­gen wur­den ebenso wie für den TV-Sen­der ATV+ schon vor dem Bekannt­wer­den der Ver­kaufs­pläne durch den ÖGB Inter­es­sen­ten gesucht. 

Aus­ge­wähl­ter Arti­kel aus dem Jahr 2006 

Autor:
30.03.2015

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