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© Berger Max Planck Institut

Der besie­delte Verdauungstrakt

Archaeen als Urbak­te­rien besie­deln extreme Lebens­räume und so auch den Ver­dau­ungs­trakt von Wir­bel­tie­ren und Men­schen. TU-Wien und Max-Planck-Insti­tut erfor­schen diese Besie­de­lung und ent­de­cken neue Stämme. 

Archaeen als ein­zellige Lebe­we­sen ste­hen am Anfang der Ent­wick­lungs­ge­schichte und exis­tie­ren bereits seit Mil­li­ar­den Jah­ren. Wis­sen­schaft­ler ent­de­cken trotz­dem erst jetzt neue Stämme, dar­un­ter auch jene im Ver­dau­ungs­trakt des Men­schen und ande­rer Wir­bel­tiere. Einen Über­blick über die art­spe­zi­fi­sche Besied­lung mit Archaeen lie­fert nun eine aktu­elle Stu­die von TU Wien und Max-Planck-Insti­tut für Ent­wick­lungs­bio­lo­gie. Die Arbeit wurde am 26. Okto­ber in Nature Micro­bio­logy veröffentlicht. 

Trink­was­ser­for­schung und Mikrobiologie
Georg Rei­scher ist Mole­ku­lar­bio­loge der TU Wien sowie dem ICC Water & Health. Er befasst sich mit Mes­sung und Zuord­nung von Ver­schmut­zun­gen im Was­ser. Diese Ver­un­rei­ni­gun­gen ent­ste­hen mit­un­ter durch mensch­li­che Abwäs­ser, aber auch durch Nutz- oder Wild­tiere. „Wenn wir fäkale Ver­un­rei­ni­gun­gen fin­den, gilt es die Ursa­che dafür zu fin­den. Das gelingt uns zum Bei­spiel über Mikro­or­ga­nis­men, die spe­zi­fisch im Ver­dau­ungs­trakt einer bestimm­ten Spe­zies vor­kom­men“, erklärt Rei­scher. Die­ses Ver­fah­ren wird als Micro­bial Source Track­ing bezeichnet.

Da die Zuord­nung zu einem Ver­ur­sa­cher oft schwie­rig ist, haben sich die For­scher auf die Suche nach neuen, spe­zi­fi­schen Mar­kern gemacht und eine Koope­ra­tion von TU Wien und dem Max-Planck-Insti­tut für Ent­wick­lungs­bio­lo­gie gestar­tet. Eine zen­trale Hypo­these ihrer Arbeit ist, dass es im Ver­dau­ungs­trakt lebende Archaeen gibt, die fest mit ihrem Wirt ver­ge­mein­schaf­tet sind – und sich somit für die Ver­ur­sa­cher­iden­ti­fi­ka­tion eignen. 

Ein umfang­rei­ches Datenset
Stu­dien, die sich mit dem Vor­kom­men von Archaeen im Ver­dau­ungs­trakt befas­sen, nut­zen meist von Men­schen oder Nutz­tie­ren stam­mende Pro­ben sowie soge­nannte Pri­mer, die unspe­zi­fisch für ver­schie­dene Archaeen sind. Der Erkennt­nis­ge­winn ist dadurch stark limi­tiert. „Drei Vier­tel der von uns unter­such­ten Pro­ben, stam­men dage­gen von Säu­ge­tie­ren, Vögeln, Rep­ti­lien, Amphi­bien und Fischen und das lie­fert uns ein umfas­sen­des Bild“, sagt Rei­scher. Die Samm­lung der viel­fäl­ti­gen Pro­ben erfolgte mit der Unter­stüt­zung von Gabri­elle Stal­der von der Vete­ri­när­me­di­zi­ni­schen Uni­ver­si­tät Wien.

Ent­deckt wurde nun, dass in Wir­bel­tie­ren bis­lang unent­deckte Archaeen leben und diese konn­ten jetzt erst­mals klas­si­fi­ziert sowie schein­bar mit ein­zel­nen Tier­ar­ten asso­zi­iert wer­den. Die Zuord­nung der Archaeen hat zwei Gründe : Die Ernäh­rung und den Ver­wandt­schafts­grad. „Je näher zwei Arten mit­ein­an­der ver­wandt sind, desto ähn­li­cher ist auch ihr Mikro­biom, inklu­sive Archaeen“, erklärt Andreas Farn­leit­ner von der TU Wien.

Ver­kürzte Spurensuche
„Eine beson­dere Ent­de­ckung ist das Archaeon Metha­no­ther­mo­bac­ter“, sagt Nicho­las Young­blut vom Max-Planck-Insti­tut für Ent­wick­lungs­bio­lo­gie, der die Gen­ab­schnitte der Archaeen ent­schlüs­selt hat. Metha­no­ther­mo­bac­ter kommt gehäuft in Vögeln vor, eine Erklä­rung dafür könnte die Ange­passt­heit der Archaeen sein. Einige Arten die­ser Ein­zeller bevor­zu­gen hohe Tem­pe­ra­tu­ren, andere leben in sehr sau­ren Umgebungen.

„Mit bis zu 42 Grad Cel­sius haben Vögel eine ver­gleichs­weise hohe Kör­per­tem­pe­ra­tur und das scheint hier von Vor­teil zu sein“, sagt Georg Rei­scher. Erkennt­nisse wie diese kön­nen in Zukunft für die Ver­ur­sa­cher­iden­ti­fi­ka­tion genutzt wer­den, denn wirt­as­so­zi­ierte Archaeen sind weit­aus spe­zi­fi­scher als her­kömm­li­che Marker. 

Autor: red/mich
02.11.2021

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