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© pexels/pavel daniyuk

Der Com­pu­ter über­trifft den Menschen

Künst­li­che Intel­li­genz in der Inten­siv­me­di­zin. TU Wien und Med Uni Wien ent­wi­ckeln Anwen­dung im Bereich Bild­ge­bung und Dia­gnos­tik. Im Fokus steht Kate­go­ri­sie­rung im Kon­text mit krank­haf­ten Veränderungen.

Künst­li­che Intel­li­genz (KI) wird in der Medi­zin in Zukunft eine wich­tige Rolle spie­len. Erfolg­rei­che Tests gibt es etwa bereits in der Dia­gnos­tik : Der Com­pu­ter kann zum Bei­spiel ler­nen, mit gro­ßer Treff­si­cher­heit Bil­der danach zu kate­go­ri­sie­ren, ob sie krank­hafte Ver­än­de­run­gen zei­gen oder nicht. Schwie­ri­ger ist es, eine KI dar­auf zu trai­nie­ren, den zeit­lich ver­än­der­li­chen Zustand von Men­schen zu unter­su­chen und Behand­lungs­vor­schläge zu berech­nen. Das gelang nun der TU Wien in Zusam­men­ar­beit mit der Medi­zi­ni­schen Uni­ver­si­tät Wien.

Die opti­male Nut­zung der vor­han­de­nen Daten
Mit Hilfe umfang­rei­cher Daten aus Inten­siv­sta­tio­nen unter­schied­li­cher Kran­ken­häu­ser wurde eine künst­li­che Intel­li­genz (KI) ent­wi­ckelt, die Vor­schläge für die Behand­lung von Men­schen lie­fert, die wegen einer Sep­sis inten­siv­me­di­zi­ni­sche Betreu­ung brau­chen. Ana­ly­sen zei­gen, dass die künst­li­che Intel­li­genz die Qua­li­tät mensch­li­cher Ent­schei­dun­gen bereits über­trifft. Wich­tig ist nun aber auch eine Dis­kus­sion über die recht­li­chen Aspekte sol­cher Methoden.

„Auf einer Inten­siv­sta­tion wer­den rund um die Uhr viele ver­schie­dene Daten erho­ben. Die Pati­en­tIn­nen wer­den lau­fend medi­zi­nisch über­wacht. Wir woll­ten unter­su­chen, ob sich diese Daten viel­leicht noch bes­ser nut­zen las­sen als bis­her“, sagt Cle­mens Heit­zin­ger vom Insti­tut für Ana­ly­sis und Sci­en­ti­fic Com­pu­ting der TU Wien. Heit­zin­ger ist zudem Co-Direk­tor des fakul­täts­über­grei­fen­den „Cen­ter for Arti­fi­cial Intel­li­gence and Machine Lear­ning“ (CAIML) der TU Wien.

Maschi­nel­les Ler­nen als soge­nann­tes Rein­force­ment Learning
Grund­sätz­lich ein­mal trifft das ärzt­li­che Per­so­nal seine Ent­schei­dun­gen auf Basis gut begrün­de­ter Regeln. Meis­tens ist exakt bekannt, wel­che Para­me­ter zu beach­ten sind, um die beste Kran­ken­ver­sor­gung zu gewähr­leis­ten. Der Com­pu­ter kann aber pro­blem­los auch noch viele andere Para­me­ter berück­sich­ti­gen, die ein Mensch viel­leicht igno­rie­ren würde und das kann dann in man­chen Fäl­len zu noch bes­se­ren Ent­schei­dun­gen führen.

„Wir setz­ten in unse­rem Pro­jekt eine Form von maschi­nel­lem Ler­nen ein, die als Rein­force­ment Lear­ning oder bestär­ken­des Ler­nen bezeich­net wird“, erläu­tert Cle­mens Heit­zin­ger. „Dabei geht es nicht nur um ein­fa­che Kate­go­ri­sie­rung von Bil­dern in sol­che mit und ohne Tumore, son­dern um einen zeit­lich varia­blen Ver­lauf, um die Ent­wick­lung, die eine ganz bestimmte Per­son im Kran­ken­bett vor­aus­sicht­lich durch­ma­chen wird“, so Heitzinger.

Die Fähig­kei­ten der KI über­tref­fen bereits den Menschen
„Sep­sis ist eine der häu­figs­ten Todes­ur­sa­chen in der Inten­siv­me­di­zin und stellt eine enorme Her­aus­for­de­rung für Ärzte und Kran­ken­häu­ser dar. Früh­zei­tige Erken­nung und Behand­lung ist ent­schei­dend für das Über­le­ben der Pati­en­ten“, sagt Oli­ver Kim­ber­ger von der Uni­kli­nik für Anäs­the­sie, All­ge­meine Inten­siv­me­di­zin und Schmerz­the­ra­pie der Med Uni Wien. „Durch den Ein­satz von KI-Tech­no­lo­gien besteht die Mög­lich­keit, die Dia­gnose und Behand­lung von Sep­sis zu ver­bes­sern und so letzt­end­lich die Über­le­bens­chan­cen der Pati­en­ten zu erhö­hen“, unter­streicht Kimberger.

Ana­ly­sen zei­gen, dass die Fähig­kei­ten der künst­li­chen Intel­li­genz den Men­schen bereits über­tref­fen : „Die Hei­lungs­quote ist mit der KI-Stra­te­gie mitt­ler­weile höher als mit rein mensch­li­chen Ent­schei­dun­gen. In einer unse­rer Unter­su­chun­gen konnte die Hei­lungs­quote in Bezug auf die 90-Tage-Mor­ta­li­tät um rund 3 Pro­zent auf 88 Pro­zent gestei­gert wer­den“, ergänzt Cle­mens Heitzinger.

Not­wen­dige Dis­kus­sion über juris­ti­sche Fragen
Diese neuen Ent­wick­lun­gen wer­fen auch juris­ti­sche Fra­gen auf. „Wer wird für even­tu­elle Feh­ler der künst­li­chen Intel­li­genz haft­bar gemacht ? Aber auch umge­kehrt : Was ist, wenn die KI die rich­tige Ent­schei­dung getrof­fen hätte, der Mensch sich aber anders ent­schie­den hat, und der Pati­ent des­halb Scha­den erlei­det?“, so Heit­zin­ger. Setz­ten sich die Ärzte dann dem Vor­wurf aus, man hätte doch der KI ver­trauen sol­len ? Oder muss es zu jedem Zeit­punkt das Recht des Men­schen sein, die Rat­schläge des Com­pu­ters zu ignorieren ?

„Das For­schungs­pro­jekt zeigt : Bereits mit heu­ti­gem Stand der Tech­nik lässt sich künst­li­che Intel­li­genz (KI) mit Erfolg in der kli­ni­schen Pra­xis ein­set­zen. Par­al­lel nötig sind eine gesell­schaft­li­che Dis­kus­sion über die Rah­men­be­din­gun­gen dafür und über klare juris­ti­sche Regeln“, resü­miert Cle­mens Heit­zin­ger vom Insti­tut für Ana­ly­sis und Sci­en­ti­fic Com­pu­ting der TU Wien. 

Autor: red/czaak
16.05.2023

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