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Die Natur in der Künst­li­chen Intelligenz

For­schungs­ar­bei­ten zei­gen ver­blüf­fende Ähn­lich­kei­ten zwi­schen KI-gestütz­ten Bild­me­tho­den und natür­li­chen Seh­sys­te­men. In einem Pro­jekt forscht TU Wien zum Thema ler­nende Objekt­er­ken­nung von Maschinen.

Kön­nen Maschi­nen so sehen wie wir — oder wie bringt man einer Maschine bei, Objekte auf Bil­dern zu erken­nen ? In den letz­ten Jah­ren sind bei die­sen The­men enorme Fort­schritte gelun­gen. Mit­tels neu­ro­na­ler Netze las­sen sich etwa Bil­der von Tie­ren mit sehr hoher Tref­fer­quote der jewei­li­gen Tier­art zuord­nen. Dafür nötig ist das Trai­nie­ren eines neu­ro­na­len Net­zes mit Hilfe vie­ler Bei­spiel­bil­der und dabei wird das Netz Schritt für Schritt so ange­passt, dass es am Ende mög­lichst prä­zise die rich­ti­gen Ant­wor­ten liefert.

Meh­rere Schich­ten von Neuronen
Die gebil­de­ten Struk­tu­ren oder Mecha­nis­men, die sich dabei im neu­ro­na­len Netz ent­wi­ckeln und final zum Ziel füh­ren, bleibt dabei meist im Dunk­len. Ein gemein­sa­mes Team von TU Wien und MIT (USA) unter Lei­tung von Radu Grosu (TU) und Daniela Rus (MIT) ging nun die­sen Fra­gen nach – und kam zu einem über­ra­schen­den Ergeb­nis : Im künst­li­chen neu­ro­na­len Netz bil­den sich Struk­tu­ren, die eine ver­blüf­fende Ähn­lich­keit mit den Struk­tu­ren der Ner­ven­sys­teme von Tie­ren oder Men­schen haben.

„Wir arbei­ten mit soge­nann­ten Con­vo­lu­tio­nal Neu­ral Net­works – das sind künst­li­che neu­ro­nale Netze, die häu­fig zur Ver­ar­bei­tung von Bild­da­ten ver­wen­det wer­den“, sagt Zahra Bab­aiee vom mit­ar­bei­ten­den Insti­tut für Com­pu­ter Engi­nee­ring der TU Wien. Inspi­riert wurde das Design die­ser Netz­werke von den Ner­ven­zel­len-Netz­wer­ken im mensch­li­chen Auge und Gehirn. Hier wer­den visu­elle Ein­drü­cke durch meh­rere Schich­ten von Neu­ro­nen ver­ar­bei­tet. Der akti­vie­rende Impuls erfolgt durch Licht­si­gnale im Auge und dann wer­den Signale an die Neu­ro­nen der dahin­ter­lie­gen­den Schicht weitergeleitet.

Ver­blüf­fende Ähn­lich­keit mit bio­lo­gi­schen neu­ro­na­len Netzen
Bei künst­li­chen neu­ro­na­len Net­zen wird die­ses Prin­zip am Com­pu­ter digi­tal nach­ge­ahmt : Der gewünschte Input – zum Bei­spiel ein digi­ta­les Bild – wird Pixel für Pixel der ers­ten Schicht künst­li­cher neu­ro­na­ler Netze über­ge­ben. Aus den dar­aus resul­tie­ren­den Akti­vi­täts-Wer­ten der Neu­ro­nen in der ers­ten Schicht ergibt sich die Akti­vi­tät der Neu­ro­nen aus der nächs­ten Schicht und jedes der Neu­ro­nen der nach­fol­gen­den Schicht ver­knüpft die Signale der ers­ten Schicht nach einem bestimm­ten indi­vi­du­el­len Mus­ter bzw. einer Art For­mel. Und aus die­sem Wert ergibt sich dann die Akti­vi­tät des Neu­rons aus der nächs­ten Schicht.

„Wäh­rend man das Netz­werk mit vie­len tau­send Bil­dern trai­niert, wer­den diese Fil­ter und andere Para­me­ter lau­fend ange­passt. Der Algo­rith­mus pro­biert aus, wel­che Gewich­tung der Neu­ro­nen aus der vor­an­ge­gan­ge­nen Schicht zum bes­ten Ergeb­nis führt – und das so lange, bis die Bil­der mit mög­lichst hoher Zuver­läs­sig­keit der rich­ti­gen Kate­go­rie zuge­ord­net wer­den“, erklärt Zahra Bab­aiee. „Das macht der Algo­rith­mus auto­ma­tisch, wir haben kei­nen direk­ten Ein­fluss darauf.“

Evo­lu­tion bringt glei­che Fil­ter-Funk­tio­nen wie bei auto­ma­ti­sier­ten Machine-Learning-Prozessen 
Am Ende des Trai­nings wird ana­ly­siert, wel­che Fil­ter sich auf diese Weise ent­wi­ckelt haben, und dabei zei­gen sich inter­es­sante Mus­ter. Die Fil­ter neh­men nicht etwa völ­lig zufäl­lige For­men an, son­dern sie fal­len in meh­rere Kate­go­rien. Fil­ter sehen dann kreuz­för­mig aus, oder sie zei­gen zwei ent­ge­gen­ge­setzte Berei­che – einen, des­sen Neu­ro­nen das Neu­ron der nächs­ten Schicht stark posi­tiv beein­flus­sen, und einen ande­ren, des­sen Neu­ro­nen das Neu­tron der nächs­ten Schicht stark nega­tiv beeinflussen.„Das Ver­blüf­fende ist, dass genau diese Mus­ter bereits auch in bio­lo­gi­schen Ner­ven­sys­te­men beob­ach­tet wur­den, etwa bei Affen oder Kat­zen“, sagt Zahra Babaiee. 

Beim Men­schen dürfte die Ver­ar­bei­tung visu­el­ler Daten genauso funk­tio­nie­ren. Dass die Evo­lu­tion die­sel­ben Fil­ter-Funk­tio­nen her­vor­ge­bracht hat, wie sie auch in einem auto­ma­ti­sier­ten Machine-Lear­ning-Pro­zess ent­ste­hen, ist wohl kein Zufall. „Wenn man weiß, dass sich genau diese Struk­tu­ren beim visu­el­len Ler­nen immer wie­der bil­den, dann kann man das im Trai­nings­pro­zess bereits berück­sich­ti­gen und Machine-Lear­ning-Algo­rith­men ent­wi­ckeln, die viel schnel­ler zum gewünsch­ten Ergeb­nis kom­men als bis­her“, hofft Zahra Babaiee. 

Autor: red/czaak
07.06.2024

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