
Die Sorgenbranchen Handel und Produktion und Bau
Privatpersonen geben trotz guter Lohnabschlüsse nach wie vor wenig Geld aus. Was neben Miete und Energie übrig bleibt, geht in teuren Lebensmittelhandel, teure Gastronomie und das ebenso teure Reisen.
Wie aus der letzten Analyse des Kreditschutzverbandes KSV1870 hervorgeht (Umfrage/Studiensample 1.200 Unternehmen ; economy berichtete), geben Privatpersonen nach wie vor weniger Geld aus als noch vor zwei Jahren. Infolgedessen schließen laut eigener Aussage lediglich 54 Prozent der Unternehmen das aktuelle Geschäftsjahr mit Gewinn ab. Weitere 25 Prozent dürften eine „Schwarze Null“ erzielen und elf Prozent der Betriebe erwarten einen Verlust am Jahresende. Bei den restlichen zehn Prozent ist der Ausgang offen.
„Insbesondere jene Unternehmen, die mit Ach und Krach die ‚Schwarze Null‘ schaffen, bereiten uns große Sorgen. Denn bei ihnen ist der finanzielle Spielraum ausgeschöpft“, sagt Ricardo-José Vybiral, CEO der KSV1870 Holding AG. „So könnten etwa zusätzliche Kosten oder vermehrte Zahlungsausfälle dazu führen, dass in diesen Betrieben der letzte Vorhang fällt“, so Vybiral. Besonders betroffen sind Produktionsbetriebe, Handel oder Bauwirtschaft und im Vergleich Betriebe aus dem Burgenland, Oberösterreich und Niederösterreich.
Zahlungsverhalten größtenteils unverändert, aber mehr Komplettausfälle
Das Zahlungsverhalten bleibt jedoch mehrheitlich auf gutem Niveau. So sprechen quer über alle Kundengruppen 73 Prozent der Unternehmen von einem unverändert guten oder sogar verbesserten Zahlungsverhalten. Nur 17 Prozent bzw. jede sechste Rechnung werden zu spät bezahlt. Dieses Ergebnis entspricht dem Vorjahreswert.
“Im Bereich verspäteter Zahlungen stehen aktuell mehr Komplettausfälle zu Buche als noch vor einem Jahr“, erklärt Walter Koch, Geschäftsführer der KSV1870 Forderungsmanagement GmbH. Auch deshalb buchen 29 Prozent der Unternehmen – bezogen auf ihre Privatkunden – offene Forderungen infolge vollständiger Zahlungsausfälle schneller aus, als sie das in der Vergangenheit getan haben. Die Chancen auf Einbringlichkeit sind geringer geworden.
Später zahlen aufgrund steigender Kosten
Seitens der Privatkunden werden 87 Prozent der Rechnungen pünktlich bezahlt, laut KSV ein Top-Wert. „Gleichzeitig sehen wir im Tagesgeschäft, das Unternehmen einen hohen Aufwand betreiben müssen, um zu ihrem Geld zu kommen. Angesichts eines anhaltend hohen Kostenniveaus werden Zahlungsziele von Privatpersonen vermehrt ausgereizt“, so Koch.
Diese Erfahrungen werden durch die aktuelle KSV-Erhebung gestützt : Denn erstmals seit dem Jahr 2020 hat sich die tatsächliche Zahlungsdauer der Privaten erhöht – und zwar um zwei Tage auf insgesamt 15 Tage. Bei einem gleichbleibenden Zahlungsziel (12 Tage) bedeutet das einen Zahlungsverzug von drei Tagen – dieser lag im Vorjahr bei einem Tag.
Bund und Gemeinden brauchen länger
Im öffentlichen Bereich hat sich die durchschnittliche Zahlungsdauer punktuell verändert. Gegenüber dem Vorjahr blieb sowohl jene der Firmenkunden (25 Tage), als auch jene der Länder (31 Tage) unverändert. Demgegenüber stehen hingegen der Bund und die Gemeinden, die im Jahresvergleich aktuell etwas schlechter abschneiden.
So hat sich die durchschnittliche Zahlungsdauer beim Bund auf 36 Tage und jene der Gemeinden auf 26 Tage erhöht. „Trotz geringer Verschlechterung bleibt festzuhalten, dass der Bund dringend Aufholbedarf hat. 36 Tage sind entschieden zu lange. Gerade in Zeiten von Sparprogrammen sollte der Bund mit gutem Beispiel vorangehen“, so Koch.
2026 befürchten Leitbranchen weitere Verschlechterung
Wie der Austrian Business Check des KSV weiters ausweist, befürchten im kommenden Jahr 32 Prozent der befragten Unternehmen eine Verschlechterung der derzeitigen Zahlungsmoral. Insbesondere der Handel, die Herstellung von Waren und die Bauwirtschaft zeigen sich pessimistisch.
„Dass ausgerechnet jene Branchen, die für die Wertschöpfung im Land eine wesentliche Rolle spielen, in puncto Zahlungsverhalten eher skeptisch in die Zukunft blicken, ist besorgniserregend. Insbesondere im Hinblick auf deren wirtschaftliche Stabilität und den langfristigen Erhalt von Arbeitsplätzen“, so Koch. Auf Bundeslandebene blicken vor allem Betriebe aus Niederösterreich, Kärnten und Oberösterreich mit Skepsis ins nächste Jahr. (red/czaak)