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Eman­zi­pa­tion mit Hindernissen

Der Erfolg der Kom­pe­tenz­zen­tren in Öster­reich treibt die For­schungs­po­li­tik in den Bun­des­län­dern an. Wäh­rend der Bund das neue Pro­gramm nahezu alleine rea­li­siert, set­zen die Län­der ihren eige­nen Kopf durch. Über die frisch gewon­nene Eigen­stän­dig­keit, kom­plexe Eva­lu­ie­run­gen und den Ehr­geiz, Vor­zei­ge­re­gion zu werden.

Dass sich die Ver­hand­lun­gen für die neue Kom­pe­tenz­zen­trums­för­de­rung so kom­pli­ziert gestal­ten, ist für Eva Czer­no­hor­szky, Lei­te­rin des Bereichs Kom­pe­tenz­zen­tren im Zen­trum für Inno­va­tion und Tech­no­lo­gie (ZIT), Aus­druck einer sehr posi­ti­ven Ent­wick­lung : Die Län­der eman­zi­pie­ren sich in ihrer For­schungs­po­li­tik von den einst star­ren Vor­ga­ben des Bun­des. Die­ser will unter­des­sen K‑neu – so der vor­läu­fige Name für die Zukunfts­stra­te­gie der Kom­pe­tenz­zen­tren – in Eigen­re­gie über die Bühne brin­gen. Vor­ge­ge­ben soll nur noch ein Rah­men wer­den, inner­halb des­sen die Län­der Akzente set­zen, Lücken schlie­ßen und für die Region Rele­van­tes vor­an­trei­ben. Drei Stu­fen der Zusam­men­ar­beit könn­ten dabei zur Aus­wahl ste­hen : Einer­seits eine ähn­lich enge Koope­ra­tion wie bis­her, ande­rer­seits eine lose Ver­bin­dung inklu­sive eige­ner Eva­lu­ie­rung oder die völ­lige Ent­kop­pe­lung der För­de­rungs­leis­tun­gen mit der Kon­zen­tra­tion auf eigene Stoß­rich­tun­gen. Ob schließ­lich Wis­sen­schaft­li­cher Rat und Finanz­mi­nis­te­rium in den posi­ti­ven Grund tenor über die Eman­zi­pa­tion der Län­der ein­stim­men, bleibt indes noch dahin­ge­stellt. Anno 1998 war noch alles ganz anders : Aus der Pla­nung für die Struk­tur­för­de­rung K‑plus wur­den die Län­der her­aus­ge­hal­ten, den finan­zi­el­len Bei­trag hat­ten sie den­noch zu leis­ten. Der poli­ti­sche Druck, mit­zu­ma­chen, war groß, ein Nein keine Option. Auch konnte man dem Bund nur wenig Exper­tise ent­ge­gen­set­zen, die For­schungs­för­de­rung steckte noch in den Kin­der­schu­hen, abge­se­hen von der finan­zi­el­len Unter­stüt­zung von Ein­zel­pro­jek­ten wurde kaum etwas unternommen.

Getrennte Wege
Doch K‑plus und seine Abwand­lun­gen K‑ind und K‑net wur­den zum Erfolg, die Län­der ver­such­ten sich an einer For­schungs­po­li­tik. Heute wird von eigens dazu abge­stell­ten Agen­tu­ren ein zum Teil aus­ge­klü­gel­tes För­de­rungs­port­fo­lio ver­wal­tet. „K‑plus hat eine Ver­viel­fa­chung der Mit­tel bewirkt“, resü­miert Harald Gohm, Geschäfs­füh­rer der Tiro­ler Zukunfts­stif­tung. Dass Bund und Län­der bei den Kom­pe­tenz­zen­tren hin­künf­tig getrennte Wege gehen, ist vor allem auf den Wider­stand Wiens zurück­zu­füh­ren. „Es gab immer grö­ßere Pro­bleme, die Tren­nung war die ein­zige logi­sche Kon­se­quenz“, so Czer­no­hor­szky. Die bis­her bereits schwie­rige bud­ge­täre Kal­ku­lier­bar­keit würde mit den soge­nann­ten K2-Zen­tren – For­schungs­ein­rich­tun­gen mit bis zu 200 Mit­ar­bei­tern und einem För­der­bud­get von bis zu zehn Mio. Euro – einen Grenz­wert errei­chen. Bud­gets in die­ser Grö­ßen­ord­nung könne man nicht ein­fach so reser­vie­ren, heißt es beim ZIT. Gleich­zei­tig gestal­te­ten sich trotz zum Teil über­re­gio­na­ler Stra­te­gien die finan­zi­el­len Ver­hand­lun­gen zuneh­mend als „klein­lich und müh­sam“. Auf der ande­ren Seite muss­ten sich die Län­der trotz finan­zi­el­ler Betei­li­gung bei den Eva­lu­ie­run­gen auf das Urteils­ver­mö­gen des Bun­des ver­las­sen. Ein dop­pel­tes Revie­w­ing schien von Sei­ten der For­schungs­in­sti­tute mehr zeit­rau­bend als ziel­füh­rend : „Es ist kaum sinn­voll, wenn jeder seine eigene Eva­lu­ie­rung macht“, erklärt Mar­kus Kom­menda, Geschäfts­füh­rer des K‑plus-Zen­trums For­schungs­zen­trum Tele­kom­mu­ni­ka­tion Wien (FTW). Eine wei­tere trei­bende Kraft bei den „Unab­hän­gig­keits­be­stre­bun­gen“ war Ober­ös­ter­reich. Auch wenn Ger­linde Pöch­ha­cker, Geschäfts­füh­re­rin der Ober­ös­ter­rei­chi­schen Tech­no­lo­gie- und Mar­ke­ting­ge­sell­schaft (TMG), die künf­tige Zusam­men­ar­beit mit dem Bund unver­än­dert als eine „ganz enge“ beschreibt. Das bis dato ein­zige Land, das auch wei­ter­hin sein Geld ohne Mascherl in den För­der­topf leert, ist die Stei­er­mark. „Die Stei­rer wol­len die Auf­tei­lun­gen in Bun­desund Lan­des­in­ter­es­sen nicht“, weiß Rupert Pich­ler, Lei­ter der Abtei­lung für For­schungs- und Tech­no­lo­gie­för­de­rung im Bun­des­mi­nis­te­rium für Ver­kehr, Inno­va­tion und Tech­no­lo­gie. Da sich der Anwen­dungs­for­schung in der Stei­er­mark ohne­hin bereits die Joan­neum Rese­arch annimmt, sei man wohl mit der Grund­la­gen­aus­rich­tung der Kom­pe­tenz­zen­tren zufrie­den, keine große Ver­än­de­rung täte Not, ver­mu­tet Pich­ler. Gleich­zei­tig sei jedoch unklar, warum das Bun­des­land bei finan­zi­el­len Leis­tun­gen für inzwi­schen elf Kom­pe­tenz­zen­tren auf eine grö­ßere Bewe­gungs­frei­heit ver­zich­ten will. Um wei­tere Kom­ple­xi­tät zu ver­hin­dern, sind die Stand­ort­ge­mein­den nicht zu den Ver­hand­lun­gen ein­ge­la­den. Graz etwa, das sich an der För­de­rung der ers­ten Kom­pe­tenz­zen­tren betei­ligt, kommt dies wohl nicht unge­le­gen : Die Finanz­pro­bleme der stei­ri­schen Lan­des­haupt­stadt wür­den sich durch wei­tere Pro­jekte nur noch verschärfen.

Füh­rungs­an­spruch in der EU
Ehr­gei­zige Pläne wer­den unter­des­sen in Ober­ös­ter­reich geschmie­det : Die Initia­tive „Inno­va­ti­ves OÖ 2010“ defi­niert 18 Stra­te­gien und 43 Maß­nah­men, die das Bun­des­land in vier Jah­ren zur „füh­ren­den inno­va­ti­ven Region“ in Europa machen sol­len. 600 Mio. Euro wer­den zu die­sem Zweck bis zum Ende des Jahr­zehnts inves­tiert, Schwer­punkte sind Mecha­tro­nik, Infor­ma­ti­ons- und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­tech­no­lo­gie (IKT), Life Sci­en­ces, Leicht­bau und inno­va­tive Werk­stoffe sowie Logistik.

Öff­nung zur EU
Wien kon­zen­triert sich neben der wett­be­werbs­recht­lich kniff­li­gen Co- und Anbah­nungs­fi­nan­zie­rung für EU-Pro­jekte auf die Vienna Spots of Excel­lence (VSOE). Als Ergän­zung zu den Kom­pe­tenz­zen­tren sol­len mehr­jäh­rige Part­ner­schaf­ten zwi­schen Unter­neh­men und wis­sen­schaft­li­chen Ein­rich­tun­gen ent­ste­hen. Für die Fir­men gilt es dabei, ihr Inter­esse durch einen Anteil an Bar­leis­tun­gen an die Gemein­schaft zu bele­gen, die Pro­zent­sätze ori­en­tie­ren sich an der Unter­neh­mens­größe : KMU zah­len 25 Pro­zent, für grö­ßere Betriebe muss die Quote 50 Pro­zent über­stei­gen. Die VSOE-The­men lie­gen nä- her an der wirt­schaft­li­chen Ver­wert­bar­keit, als dies bei den Kom­pe­tenz­zen­tren der Fall ist, über­dies wer­den weni­ger breit auf­ge­stellte Kon­sor­tien ver­langt. Die For­schungs­er­geb­nisse sind schließ­lich den Part­nern gemein­sam zu über­las­sen. So kann es schon vor­kom­men, dass aus einer Erkennt­nis ein Groß­un­ter­neh­men und drei KMU ihren Nut­zen zie­hen. Eben­falls denk­bar ist für die Bun­des­haupt­stadt eine non-mone­täre Unter­stüt­zung : So könnte der Zugang zu poli­ti­schen Kon­tak­ten das eine oder andere Pro­jekt nach sich ziehen. 

Aus­ge­wähl­ter Arti­kel aus Print­aus­gabe 04/2006

Autor: Alexandra Riegler
Economy Ausgabe: 04-02-2006
07.03.2017

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