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Feed­back von der Leitstute

Die Semi­nar­welt ist aufs Pferd gekom­men. Man­ger müs­sen in die Kop­pel, um zu lernen.

Erfolg­rei­che Kom­mu­ni­ka­tion hängt sel­ten vom Inhalt einer Bot­schaft ab. Wesent­li­cher sind empa­thi­sche Kör­per­spra­che und das Ver­mö­gen, Bezie­hun­gen zu gestal­ten. Unmit­tel­ba­res Feed­back gibt in Zei­ten inno­va­ti­ver Füh­rungs­kräf­te­trai­nings ein mäch­ti­ger Gegen­part ohne jedes Ver­ständ­nis für ange­lernte Ell­bo­gen­tech­nik. Mana­ger müs­sen in die Kop­pel. Sie tref­fen auf gezähmte oder unge­zähmte Pferde, die auf Insi­gnien der Macht mit gelang­weil­ter Gleich­gül­tig­keit antworten.

Spiel­re­geln aus der Natur
Mit den eige­nen Mit­ar­bei­tern im Semi­nar zu sit­zen, ist bestimmt leich­ter, als Gid­ran­hengste oder Würt­tem­ber­ger aus­zu­trick­sen. Ohne um Ver­zei­hung zu bit­ten, wei­chen die vier­bei­ni­gen Warm- und Kalt­blü­ter zurück, galop­pie­ren davon oder tre­ten ihr Gegen­ü­ber. Leit­hengste im Nadel­streif und Leit­stu­ten im Kos­tüm ste­hen damit vor Her­aus­for­de­run­gen, die die Natur vor­gibt und nicht die Unter­neh­mens­kul­tur fest­schreibt. Die Natur ist es auch, die die Lei­tung der Stute über­ant­wor­tet und nicht, wie der Sprach­ge­brauch mei­nen lässt, dem Hengst. Dazu ein Pfer­de­flüs­te­rer : „Das ist so wie im rich­ti­gen Leben. Die Frau gibt dem Mann das Gefühl, dass er bestimmt. Aber es ist von jeher die Stute, die der Herde die Rich­tung vor­gibt.“ Unge­ach­tet die­ser matri­ar­cha­li­schen Struk­tu­ren im Tier­reich, sol­len Frauen ebenso wie Män­ner in die­sen Kom­mu­ni­ka­ti­ons­trai­nings ler­nen, wor­auf es im Mit­ein­an­der ankommt. Natür­lich las­sen die Semi­nar­an­bie­ter ihre Schütz­linge nicht mit unge­brems­ten tie­ri­schen Reak­tio­nen allein. Nicht jeder hält die Wucht einer Pfer­de­stärke so ohne wei­te­res aus. „Unsere Teil­neh­mer ste­hen vor einer kom­plett neuen Her­aus­for­de­rung, denn die meis­ten hat­ten nie zuvor etwas mit Pfer­den zu tun“, sagt Eli­sa­beth Proksch von Proksch Consult.
Im Auf­trag der Gesell­schaft für Per­so­nal­ent­wick­lung (GfP) und gemein­sam mit der Gesund­heits­psy­cho­lo­gin Irene Sta­rin­ger hält sie offene Semi­nare ab. Fir­men­in­terne Trai­nings schnei­det sie auf Unter­neh­men zu. So kann der Chef mit sei­ner Crew im Stall antan­zen oder ein Manage­ment Team unter sich blei­ben. Proksch und Sta­rin­ger arbei­ten mit vier bis fünf Pfer­den unter­schied­li­chen Cha­rak­ters. „Was beim einen Tier zum Ziel führt, inter­es­siert das andere über­haupt nicht“, weiß die Unter­neh­mens­be­ra­te­rin. „Mana­ger ler­nen damit, ihre Füh­rungs­me­tho­den krea­tiv an die jewei­lige Situa­tion anzupassen.“
Mit­ar­bei­ter wür­den weit weni­ger schnell zurück­mel­den, was ihnen nicht gefällt. Empa­thie und Kon­se­quenz spie­geln Pferde ebenso direkt wider wie den Ärger und die Frus­tra­tion, die ein Teil­neh­mer spürt, wenn sein Gegen­ü­ber eben nicht tut, was er will. Für Rein­hard Man­t­ler vom Natu­ral Hor­sem­an­ship Team sind „Pferde die bes­ten Leh­rer“. Geduld ken­nen sie keine. Anbie­de­rung und Mob­bing sind ihnen fremd. „Pferde wol­len uns nicht gefal­len“, so Proksch. Sie zei­gen unmiss­ver­ständ­lich „Du reizt mich nicht, du schon“. Trotz ihrer Statt­lich­keit ver­fü­gen die Vier­bei­ner über kei­ner­lei Takt­ge­fühl. Und sie haben Natur gemäß einen guten Rie­cher. Sie suchen Lei­tung, unter­schei­den aber sehr klar, wen sie als Füh­rungs­per­son aner­ken­nen und wen nicht. Chris­toph Ester­mann von MIB (Mensch in Bewe­gung) betont, Füh­rung müsse ver­lie­hen wer­den. Wenn die Hier­ar­chie geklärt sei, gehe es um Ver­trau­ens­bil­dung. „Wer die Tiere über­for­dert oder unver­ständ­lich hart reagiert, dem ent­zie­hen sie unwi­der­ruf­lich ihr Ver­trauen“, sagt er. Was dies für die Damen und Her­ren in den Chef­eta­gen bedeu­tet, die arro­gant von ihrem hohen Ross run­ter­bli­cken ? Ganz ein­fach : Die Haf­lin­ger, Gidrans und Würt­tem­ber­ger las­sen sie fallen. 

Aus­ge­wähl­ter Arti­kel aus Print­aus­gabe 02/2006

Autor: Rita Michlits
Economy Ausgabe: 02-01-2006
15.02.2017

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