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Leben im Speckgürtel

Die Umland­ge­mein­den um die Städte wer­den immer attrak­ti­ver für Wohl­ha­bende. Neun der zehn Gemein­den mit der höchs­ten Kauf­kraft Öster­reichs befin­den sich in Nie­der­ös­ter­reich vor den Toren Wiens. Nur Lech in Vor­arl­berg ist eben­falls unter den Top Ten.

Unter­su­chun­gen zu den regio­na­len Kauf­kraft­un­ter­schie­den in Öster­reich kom­men mit gro­ßer Regel­mä­ßig­keit zu dem Ergeb­nis, dass beson­ders die Umland­be­zirke um Wien stark von der Abwan­de­rung der Rei­chen aus der Stadt pro­fi­tie­ren : Brunn am Gebirge, Brei­ten­furt bei Wien, Bisam­berg, Kor­neu­burg und Perch­tolds­dorf sind die fünf Gemein­den mit den reichs­ten Ein­woh­nern Öster­reichs. Ledig­lich der Vor­arl­ber­ger Ort Lech, im Kauf­kraft­ver­gleich auf dem sie­ben­ten Platz, bricht in die nie­der­ös­ter­rei­chi­sche Pha­lanx ein.
Die­ser Trend ist nicht nur um Wien fest­stell­bar ; auch in Graz-Umge­bung und Linz-Land ent­ste­hen immer rei­chere Gemein­den. Mit einer Pro-Kopf-Kauf­kraft von rund 17.000 Euro befin­den sich die Öster­rei­cher im euro­pa­wei­ten Ver­gleich in einer Spit­zen­po­si­tion. Im Ran­king aller euro­päi­schen Län­der liegt Öster­reich auf Rang sieben.

Der Speck­gür­tel wandert
Der Bezirk Möd­ling zählt seit Jah­ren zu den belieb­tes­ten und zugleich teu­ers­ten Wohn­ge­gen­den. Des­halb wird er auch als „Speck­gür­tel“ von Wien bezeich­net. 16,6 Pro­zent der Anfra­gen bezüg­lich Wohn­im­mo­bi­lien ent­fal­len auf die­sen Bezirk. Wer dort vor einem Jahr ein Grund­stück für 263 Euro pro Qua­drat­me­ter gekauft hat, müsste jetzt bereits um vier Pro­zent mehr bezah­len. Künf­tig soll sich der Speck­gür­tel aber Rich­tung Nor­den verschieben.
Klos­ter­neu­burg ist das teu­erste Pflas­ter in Nie­der­ös­ter­reich. Die Ver­schie­bung des Speck­gür­tels ist ein Ergeb­nis einer Stu­die der Raiff­ei­sen Immo­bi­li­en­ver­mitt­lung. Immo­bi­lien nörd­lich von Wien wer­den immer gefrag­ter. Vor allem Klos­ter­neu­burg sowie die Bezirke Kor­neu­burg, wo ein Qua­drat­me­ter Bau­land 177 Euro kos­tet, und Tulln, mit Bau­land­prei­sen von 70 Euro pro Qua­drat­me­ter, pro­fi­tie­ren der Stu­die zufolge von die­sem Trend. Mit einem Ein­fa­mi­li­en­haus-Qua­drat­me­ter­preis von bis zu 2500 Euro gilt Klos­ter­neu­burg schon jetzt als teu­ers­tes Pflas­ter in Nie­der­ös­ter­reich. Häu­ser im Wald­vier­tel sind hin­ge­gen mit einem Preis um 450 bis 550 Euro pro Qua­drat­me­ter ver­gleichs­weise billig.
Nach wie vor ist die Nach­frage nach Immo­bi­lien in den Bezir­ken Baden und Möd­ling zwar sehr groß. Doch das Ange­bot hinkt der Nach­frage weit hin­ter­her. Daher wird der Zuzug in diese Region künf­tig vor­aus­sicht­lich sta­gnie­ren. Ein Geheim­tipp sind Häu­ser und Grund­stü­cke in Orten ent­lang der West­bahn­stre­cke wie etwa Neu­leng­bach. Denn hier wer­den in den nächs­ten Jah­ren deut­li­che Wert­stei­ge­run­gen erwar­tet. Die Sub­ur­ba­ni­sie­rung – also der stän­dig dicker wer­dende Speck­gür­tel um Wien – wird zum zuneh­men­den Pro­blem für die Stadt. Was Raum­pla­nungs­exper­ten schon lange kri­ti­sie­ren, ist auch für die Kom­mu­nal­po­li­tik zum Thema geworden. 

Kein Exodus aus der Stadt
Blickt man aber auf die Zuwachs­zah­len der Speck­gür­tel-Gemein­den, stellt man alles andere als einen Exodus fest. So stieg die Bevöl­ke­rungs­zahl Möd­lings vom Jahr 2000 bis 2010 um ledig­lich 1573 Ein­woh­ner ; in Kor­neu­burg im glei­chen Zeit­raum um 954, in Neu­leng­bach im Laufe der letz­ten Dekade um 923 Per­so­nen. Im begehr­ten Klos­ter­neu­burg hin­ge­gen sank die Zahl der Ein­woh­ner von 2000 bis 2010 sogar um 866 Ein­woh­ner. Ein Wider­spruch ? Nur halb. Gen­tri­fi­ca­tion, die Ver­drän­gung ange­stamm­ter Bewoh­ner durch den Zuzug neuer, wohl­ha­ben­der Bür­ger, muss man also weder in Wien noch im Speck­gür­tel fürch­ten. Mitt­ler­weile ist der Speck­gür­tel selbst vie­len zu teuer oder uner­schwing­lich gewor­den. Junge Fami­lien, die sich den Traum vom Haus mit Gar­ten erfül­len möch­ten, las­sen sich nicht im Speck­gür­tel, son­dern am Rande nie­der – und ver­teu­ern so wie­der die Grundstückspreise.
Der Trend zur Miet­woh­nung in Nie­der­ös­ter­reich wird sich fort­set­zen. In der Stadt wird nach güns­ti­gen Woh­nun­gen gesucht, im Speck­gür­tel nach Häu­sern im Grü­nen. Tabel­len von Wan­de­rungs­bi­lan­zen kann man ent­neh­men, dass gegen­über Nie­der­ös­ter­reich und Bur­gen­land in den Jah­ren 2002 bis 2009 in der Alters­gruppe der jün­ge­ren erwerbs­fä­hi­gen Bevöl­ke­rung sowie der bil­dungs­spe­zi­fi­schen Alters­ko­hor­ten (15 bis 25-Jäh­rige) Wan­de­rungs­ge­winne zu ver­zeich­nen waren. In allen ande­ren Alters­be­rei­chen machen sich Wan­de­rungs­ver­luste bemerk­bar. Bei der älte­ren Bevöl­ke­rung redu­zie­ren sich die Bin­nen­wan­de­rungs­ver­luste jedoch erheblich.

Autor:
25.06.2010

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