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© SPRIND_aevoloop_Team

Vom Kin­der­schnul­ler zum Autositz

Deut­sches Start-Up aevo­loop will Her­stel­lung und Recy­cling von Plas­tik neu den­ken und das ohne Abstri­che an Per­for­mance und Funk­tio­na­li­tät. Vom deut­schen Vor­zeige-Inku­ba­tor SPRIND erhielt das Jung­un­ter­neh­men nun eine Mil­lion Euro als Anschubfinanzierung.

Anfang 2021 fei­erte Manuel Häuß­ler den bis dato größ­ten Mei­len­stein sei­ner wis­sen­schaft­li­chen Lauf­bahn : eine Publi­ka­tion im inter­na­tio­nal renom­mier­ten Fach­ma­ga­zin Nature über kom­plett recy­cle­bare Kunst­stoffe, die Nach­hal­tig­keit und Per­for­mance auf nicht gekann­tem Niveau ver­ei­nen. Um das Inter­esse der Indus­trie zu wecken, war es aus der Sicht von Häuß­ler zu früh und so machte er sich selb­stän­dig und setzte auf Förderungen.

Recy­cling war kein Thema und immense Plas­tik­flut war nicht absehbar
Dann folgte ein Tref­fen mit dem erfah­re­nen Grün­der Phil­ipp Kess­ler und nach der Bewil­li­gung von eini­gen För­der­an­trä­gen taten sich die bei­den zusam­men, um Häuß­lers Ent­wick­lung markt­fä­hig zu machen. „Wir möch­ten keine nega­tive Story zu Kunst­stof­fen erzäh­len, son­dern viel­mehr die posi­ti­ven Aspekte bei­be­hal­ten und sie zusätz­lich nach­hal­tig machen“, schil­dert Phil­ipp Kess­ler. „Kunst­stoffe wur­den in den 1950er Jah­ren erfun­den, aber seit­dem nie wie­der grund­le­gend mole­ku­lar ver­än­dert. Sie wur­den ein­fach nicht für heu­tige Pro­bleme ent­wi­ckelt, Recy­cling war kein Thema und auch diese immense Plas­tik­flut war nicht abseh­bar“, so die Jungunternehmer.

Mit bestehen­den Mate­ria­lien sei diese Plas­tik­flut nicht mehr ein­zu­däm­men, da beim her­kömm­li­chen Recy­cling längst Mate­ri­al­li­mits erreicht wer­den. Das woll­ten die bei­den Grün­der nun anpa­cken, grün­de­ten 2024 das Unter­neh­men aevo­loop (Anm. unend­li­che Kreis­läufe), um sodann soge­nannte pla­net-proof pla­s­tics her­zu­stel­len. Häuß­ler und Kess­ler fokus­sier­ten sich auf die Enabler-Tech­no­lo­gie, um die ursprüng­lich erforsch­ten Kunst­stoffe güns­tig her­stel­len zu kön­nen und mit die­sem Kon­zept sind die Jung­un­ter­neh­mer dann auch 2023 beim deut­schen Vor­zeige-Inku­ba­tor SPRIND mit einem Vali­die­rungs­auf­trag gestartet. 

Viel­sei­tige und kon­kur­renz­fä­hige Performance
„Wir machen alten Plas­tik­ab­fall wert­voll, indem wir durch eine Oxi­da­ti­ons­re­ak­tion die Kunst­stoff­ket­ten gezielt auf­bre­chen und dadurch wert­volle mole­ku­lare Bruch­stü­cke ent­ste­hen. Dann ket­ten wir die neuen Bruch­stü­cke wie­der anein­an­der zu unse­ren neuen nach­hal­ti­gen Mate­ria­lien und bauen in die neuen Poly­mer­mo­le­küle gezielt Soll­bruch­stel­len ein“. Und : „Diese stö­ren in der Anwen­dung nicht, kön­nen jedoch in einem che­mi­schen Recy­cling­ver­fah­ren gezielt wie­der geöff­net wer­den. Die klei­nen Bau­steine sind somit desi­gned for recy­cling und las­sen sich immer wie­der ver­wen­den“, erklä­ren Häuß­ler und Kess­ler ihre inno­va­tive Entwicklung.

Dass sich aevo­loops Kunst­stoffe mit her­kömm­li­chem Plas­tik wie Poly­ethy­len und Poly­pro­py­len mes­sen kön­nen, davon ist ihr Erfin­der abso­lut über­zeugt. Ent­schei­dend sei zum einen die viel­sei­tige und kon­kur­renz­fä­hige Per­for­mance und zudem set­zen sie auf geschlos­sene Mate­ri­al­kreis­läufe und auf die bio­lo­gi­sche Abbau­bar­keit der Kunst­stoffe, um schäd­li­ches Mikro­plas­tik zu ver­mei­den. Und durch das eigent­li­che Mar­ken­zei­chen, die Soll­bruch­stel­len auf mole­ku­la­rer Ebene, gäbe es zudem keine Qua­li­täts­ver­luste für immer neue Anwendungen.

Wei­tere Mög­lich­kei­ten für Poly­mer­mi­schun­gen und Recycling
„Man könnte einen Schnul­ler aus unse­ren Kunst­stof­fen machen und zum 18. Geburts­tag wird ein Auto­sitz dar­aus – und die mole­ku­la­ren Bau­steine wären immer noch im glei­chen Kreis­lauf“, so Manuel Häuß­ler. Die als „pla­ne­ten­si­cher“ bezeich­ne­ten Kunst­stoffe von aevo­loop sind schon in vie­len Pro­to­ty­pen für poten­ti­elle Mas­sen­märkte erprobt, etwa bei Spritz­guss, Tex­ti­lien oder im 3D-Druck. Durch die Ver­träg­lich­keit mit kon­ven­tio­nel­len Kunst­stof­fen erge­ben sich dar­über hin­aus noch wei­tere Mög­lich­kei­ten für die Ver­wen­dung in Poly­mer­mi­schun­gen sowie für das Recycling. 

Auch für die Bruch­stü­cke selbst, die als wei­ßes Pul­ver aus der Oxi­da­ti­ons­re­ak­tion gewon­nen wer­den, gibt es zahl­rei­che Anwen­dun­gen wie Rei­ni­gungs­mit­tel, Beschich­tun­gen oder Addi­tive. Dafür ver­kauft aevo­loop diese als Aus­gangs­stoff ver­kauft. „Wir sind zudem in der Lage, neue Ver­pa­ckungs­ideen mit kom­pos­tier­ba­ren Mate­ria­lien zu rea­li­sie­ren, wobei wir kei­ner­lei Kom­pro­misse in der Per­for­mance machen – im Gegen­satz zu her­kömm­li­chem Bio­plas­tik“, berich­tet CEO Kessler. 

Nächste Aus­bau­stufe mit Bau einer Pilotanlage
Tech­no­lo­gisch stra­te­gisch steht das Start-Up aktu­ell kurz vor der nächs­ten Ska­lie­rungs­phase, wofür unter ande­rem der Bau einer Pilot­an­lage auf dem Pro­gramm steht. Erste Kun­den hat aevo­loop bereits und Anga­ben zufolge bah­nen sich dazu immer mehr Pilot­pro­jekte an. Finan­zi­ell ist das Start-Up eines der ers­ten Pro­jekte, das die neue Anschub­fi­nan­zie­rung von SPRIND in Höhe von einer knap­pen Mil­lion Euro erhal­ten hat. 

In Kürze steht eine soge­nannte Seed-Runde an, um bald ganz auf eige­nen Bei­nen zu ste­hen. Im Früh­jahr 2025 ist das Start-Up, das auf der Manage­ment­ebene inzwi­schen von Timo Witt und Carl War­ken­tin kom­plet­tiert wird und ins­ge­samt 14 Mit­ar­bei­ter zählt, von Kon­stanz nach Leip­zig umge­zo­gen – unter ande­rem wegen der Nähe zum neu ent­ste­hen­den Cen­ter for the Trans­for­ma­tion of Che­mis­try in Delitzsch und Merseburg.

Gro­ßes Lob für Betreu­ung und Unter­stüt­zung von SPRIND
Für die Betreu­ung und Unter­stüt­zung von Sprind gibt es gro­ßes Lob : „Ohne SPRIND wären wir heute nicht da, wo wir sind. Wir haben neben der Vali­die­rung Ende 2023 auch an der ers­ten Stufe der Cir­cu­lar Bio­ma­nu­fac­tu­ring Chall­enge teil­ge­nom­men und sind immer noch in akti­vem Kon­takt zu den Men­to­ren. Außer­dem erhal­ten wir tolle Kon­takte zu mög­li­chen Inves­to­ren und Kun­den“, erzählt Kessler. 

Der mehr­fa­che Grün­der ist stolz auf die bis­he­rige Ent­wick­lung von aevo­loop und meint, dass in den Uni­ver­si­tä­ten noch viel mehr große Schätze schlum­mern. „So viel Wis­sen und Tech­no­lo­gie, so viele Patente lie­gen dort unge­nutzt. Ich würde jedem emp­feh­len, an den Unis zu suchen, wenn sie sich nach einer guten Idee umse­hen“ betont Phil­ipp Kess­ler. „Es ist für Gesell­schaft wie Wirt­schaft extrem schade, dass vie­les nicht den Weg aus der Wis­sen­schaft in die Anwen­dung fin­det“, unter­streicht der aeve­loop Man­ger und Gründungsexperte.

Autor: red/czaak
16.05.2025

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