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© pexels/cottonbro

Wenn Flut­ka­ta­stro­phen bes­ser vor­her­sag­bar werden

Vor­her­sa­gen von Über­flu­tun­gen auf Basis loka­ler Daten ist eine Vari­ante. Eine neue Methode auf Basis inter­na­tio­na­ler Daten hydro­lo­gisch ähn­li­cher Gebiete kann die Pro­gno­sen nun deut­lich verbessern.

Womit ist im schlimms­ten Fall zu rech­nen und wel­che Schutz­maß­nah­men sind nötig ? In Regio­nen, in denen es manch­mal zu Über­flu­tun­gen kommt, sind das wich­tige Fra­gen. Oft wirft man dafür ein­fach einen Blick in die Geschichte : Man nimmt die schlimms­ten Hoch­was­ser­er­eig­nisse der ver­gan­ge­nen Jahr­zehnte oder Jahr­hun­derte und betrach­tet sie als rea­lis­ti­sche Ober­grenze für das, was in Zukunft zu erwar­ten ist.

Das kann aber irre­füh­rend sein. Immer wie­der kommt es zu extre­men Hoch­was­ser­er­eig­nis­sen, die auf Basis loka­ler Daten nicht für mög­lich gehal­ten wur­den. Ein For­schungs­pro­jekt unter Lei­tung der TU Wien konnte nun zei­gen : Ist der ganze euro­päi­sche Kon­ti­nent im Blick, dann sind diese loka­len Über­ra­schun­gen über­haupt nicht mehr über­ra­schend. Lässt man Daten über andere Regio­nen mit ähn­li­chen hydro­lo­gi­schen Bedin­gun­gen mit ein­flie­ßen, wird das Aus­maß die­ser „Mega-Flu­ten“ plötz­lich vor­her­sag­bar. Das hat große Aus­wir­kun­gen auf die Art, wie Hoch­was­ser­schutz dimen­sio­niert wer­den muss. 

Die simple Extra­po­la­tion von Wahrscheinlichkeiten
2021 kam es zu einer ver­hee­ren­den Flut­ka­ta­stro­phe in Deutsch­land und Bel­gien, bei der über 220 Men­schen star­ben. Mit einem Ereig­nis die­ser Grö­ßen­ord­nung hatte man nicht gerech­net. „Das Aus­maß sol­cher Mega-Flu­ten vor­her­zu­sa­gen, ist sehr schwer“, sagt Gün­ter Blöschl vom Insti­tut für Was­ser­bau und Inge­nieur­hy­dro­lo­gie der TU Wien, der das Pro­jekt lei­tete. Bis­her war die übli­che Stra­te­gie, bis­he­rige Hoch­was­ser­er­eig­nisse der Region sta­tis­tisch zu unter­su­chen : Es gibt eine hohe Wahr­schein­lich­keit für kleine Über­schwem­mun­gen, eine nied­ri­gere Wahr­schein­lich­keit für große Über­schwem­mun­gen. Dar­aus kann man ver­su­chen, die Wahr­schein­lich­keit für noch grö­ßere Über­schwem­mun­gen zu extrapolieren.

Wie sich nun zeigte, gibt es bes­sere Stra­te­gien : In einem auf­wän­di­gen For­schungs­pro­jekt wur­den Daten von mehr als 8000 Mess­sta­tio­nen in ganz Europa aus­ge­wer­tet, aus den Jah­ren 1810 bis 2021. „Der ent­schei­dende Schritt war, für die Ana­lyse bestimm­ter Fluss­ge­biete auch Daten aus ande­ren, ähn­li­chen Fluss­ge­bie­ten mit ein­flie­ßen zu las­sen“, erklärt Miriam Ber­tola vom Insti­tut für Was­ser­bau und Inge­nieur­hy­dro­lo­gie der TU Wien. „Jedem hydro­lo­gi­schen Ein­zugs­ge­biet las­sen sich andere Ein­zugs­ge­biete zuord­nen, die kli­ma­tisch und hydro­lo­gisch ähn­li­che Para­me­ter auf­wei­sen“, so Bertola.

Inter­na­tio­na­ler Blick für bes­sere Hochwasservorsorge
Wer­den sodann die his­to­ri­schen Hoch­was­ser­da­ten all die­ser Gebiete gleich­zei­tig betrach­tet, dann wird eine Struk­tur sicht­bar und dar­aus kann dann eine Ober­grenze bestimmt wer­den, die das Maxi­mum der Hoch­was­ser­er­eig­nisse angibt. Selbst soge­nannte „Mega-Flu­ten“ lie­gen unter oder knapp an die­ser Ober­grenze. Durch die Ver­wen­dung einer grö­ße­ren Daten­menge wird somit aus einem sta­tis­ti­schen Aus­rei­ßer etwas Erwart­ba­res. Das For­schungs­team konnte zei­gen, dass auf diese Weise auch Flut­ka­ta­stro­phen wie jene im Jahr 2021 im Rhein­ge­biet vor­her­sag­bar gewe­sen wäre, so die TU Wien in einer Aussendung

„Wich­tig ist, dass dabei nicht unbe­dingt nur geo­gra­phisch benach­barte Gebiete berück­sich­tigt wer­den, son­dern auch Gebiete mit ähn­li­chen Bedin­gun­gen und die kön­nen auch wei­ter ent­fernt lie­gen“, betont Gün­ter Blöschl. „Es ist daher von ent­schei­den­der Bedeu­tung, über die natio­nale Bewer­tung des Hoch­was­ser­ri­si­kos hin­aus­zu­ge­hen und Infor­ma­tio­nen über Mega-Flu­ten län­der- und kon­ti­nen­tüber­grei­fend aus­zu­tau­schen“, so Experte Blöschl von der TU Wien.

Autor: red/cc
09.11.2023

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