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26. April 2024

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AIDS-Viren verstecken sich gerne

AIDS-Viren verstecken sich gerne© piqs.de/jon rawlinson

Forscher der Boku Wien rücken dem AIDS-Virus in seinem Lieblingsversteck zu Leibe.

HIV-Infektionen sind dank moderner Therapien kontrollierbar geworden – heilen können diese Behandlungen aber nicht. Denn das HI-Virus ist ein Meister im Tarnen und Täuschen. Es nutzt körpereigene Immunzellen als Versteck, wo es für Medikamente unerreichbar bleibt. In einem vom Wissenschaftsfonds FWF geförderten Projekt auf der Universität für Bodenkultur Wien kommt man dem Virus aber jetzt auch unter seiner Tarnkappe auf die Schliche.
Ein bekanntes Versteck des Virus sind spezielle, Makrophagen genannte Immunzellen. In diesen kann es jahrelang unentdeckt überdauern. Wie es dabei die Zellen auch noch so manipuliert, dass diese stress-resistenter und damit langlebiger werden, hat ein Team um Regina Grillari vom Department für Biotechnologie der Boku Wien herausgefunden. Das Hauptaugenmerk des Projekts lag dabei auf dem Enzym Telomerase, das bei der Zellteilung aktiv ist und Verkürzungen an Chromosomen verhindert.

HI-Virus verlängert das Leben seines Zellverstecks
Über die Aktivität der Telomerase in Zellen, die, wie Makrophagen, sich nicht teilen, ist bisher wenig bekannt gewesen. Umso mehr erstaunten die Ergebnisse von Grillari, wie diese erläutert: "Wir konnten zeigen, dass das HI-Virus die Aktivität der Telomerase auch in den sich nicht teilenden Makrophagen initiiert.
Ein anderes Experiment lieferte dann klare Hinweise auf die Rolle, die die vom HI-Virus aktivierte Telomerase in infizierten Zellen spielt. Es zeigte sich, dass infizierte Zellen so genannten „oxidativen Stress“ viel besser verkraften als nicht infizierte. Dazu Grillari: "Es scheint, dass die versteckten Viren durch die Aktivierung der Telomerase ihre Wirtszellen stressresistenter machen und sie damit zu einem idealen, langlebigen Viren-Reservoir umprogrammieren."

Elite-Forschung
In einem anderen Teil des Projekts wurden sogenannte Elite PatientInnen untersucht, deren Körper es ohne Medikamente schafft, die Virusvermehrung so stark einzuschränken, dass siejahrelang symptomfrei leben können. Wie das passiert, ist nicht bekannt, doch gibt es Hinweise, dass spezielle RNAs (miRNAs) dabei eine Rolle spielen. Grillari und ihr Team konnten schließlich drei verschiedene Typen identifizieren, die bei Elite Betroffenen in deutlich anderer Konzentration im Plasma vorkamen als bei Normal- oder Nicht-Infizierten.
Grillari meint dazu: "Zukünftig könnte man diese als Biomarker nutzen, um festzustellen, ob Infizierte zu den Elite Betroffenen zählen oder nicht, und somit eine Therapie auf ihren speziellen Status maßschneidern." Darüber hinaus konnte auch gezeigt werden, dass zwei der miRNAs die Vermehrung des Virus unter Laborbedingungen einschränken – und somit für neue Therapieansätze durchaus interessant sein können.

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red/cc, Economy Ausgabe Webartikel, 17.10.2016