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26. April 2024

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Brechende Hänge

Brechende Hänge© piqs.de/josef f stuefer

Im alpinen Raum sind Muren eine latente Bedrohung. Dank neuer Forschungsergebnisse können sie nun eher vorausgesagt werden.

Werden Böschungen instabil, kann es zu Muren und Hangrutschungen kommen. In einem Projekt des Wissenschaftsfonds FWF gelang die Entwicklung eines neuen Modells, mit dem erstmals möglich ist, komplexe physikalische Faktoren der Hangstabilität zu kalkulieren.
Erdrutsche und Murenabgänge sind trotz intensiver Forschungen noch immer nicht vorhersehbar. Nun konnten grundlegende physikalische Vorgänge, die die Böschungsstabilität beeinflussen, numerisch erfasst werden. Damit können sie in Simulationen und Modellberechnungen berücksichtigt werden. Ein Meilenstein auf dem Weg, Erdrutsche und Murenabgänge vorherzusagen – geleistet von einem Team rund um Wei Wu vom Institut für Geotechnik der Universität für Bodenkultur Wien.
„Mit zunehmender Wassersättigung eines Bodens steigt der Wasserdruck in dessen Poren. Gleichzeitig nehmen dabei die sogenannten Kapillarkräfte ab, die über die Oberflächenspannung des Wassers den Boden stabilisieren“, erklärt Wu. Diese Prozesse werden durch die Struktur eines Bodens noch komplexer. Denn ein Boden ist ein Drei-Phasen-System aus Bodenkörnern, Luft und Wasser und für jede Phase gelten andere Berechnungsgrundlagen.

Vernetzung
Wu gelang es nun, dank seiner internationalen Vernetzung, einen speziellen Computer-Code zu erhalten, der an der Stanford University in Kalifornien entwickelt wurde. Durch eine Weiterentwicklung des Codes konnte berechnet werden, wie sich räumlich voneinander getrennte Bereiche unterschiedlicher Wassersättigung auf das Entstehen einer Bruchkante in Böschungen auswirken.
Dem folgten umfassende experimentelle Modellversuche. Dafür griff Wus Team auf eine spezielle Zentrifugentechnologie in einer Klimakammer zurück. Dort wurde ein Miniaturmodell einer Böschung aufgebaut und so eine Untersuchung der tatsächlichen Untergrundverhältnisse ermöglicht.
„Wir lernten sehr viel über den Mechanismus, der zum eigentlichen Bruch im Hanggefüge führt. Es gelang uns, die dabei mobilisierte Energie zu berechnen und somit auch das Entstehen und Wachstum von instabilen Gleitfugen“, sagt Wu. Ein wesentliches Ergebnis der Arbeit war dabei auch, dass bereits kleine Änderungen der sogenannten Wasserspannung einen signifikanten Einfluss auf die Stabilität des Bodens haben können. Das kann in Zukunft helfen, potenziell gefährliche Böschungen zu identifizieren und sie effizienter zu überwachen. Weiters kann die Stabilität von Böschungen zuverlässig berechnet werden.

Links

red/stem, Economy Ausgabe Webartikel, 24.05.2016