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28. April 2024

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Die verbesserte Verzögerung von Schienenfahrzeugen

Die verbesserte Verzögerung von Schienenfahrzeugen© pexels/daniel frese

Schienenfahrzeuge möglichst rasch abzubremsen ist technisch eine schwierige Aufgabe. Ein neues Christian Doppler Labor an der TU Wien forscht nun gemeinsam mit dem Industriepartner Knorr-Bremsen an neuen Anwendungen.

(red/mich) Schienenfahrzeuge haben einen großen Vorteil gegenüber Fahrzeugen mit Gummireifen. Der Rollwiderstand ist gering, man verliert kaum Energie durch Reibung und genau das macht den Schienenverkehr so effizient und umweltschonend. Bei raschen Verzögerungen und Bremsvorgängen wird genau dieser Vorteil zum Nachteil, denn dann ist möglichst hohe Reibung gefragt.

Ein neues CD-Labor an der TU Wien soll die Bremstechnologie von Schienenfahrzeugen nun genauer untersuchen und verbessern. Industriepartner ist das Unternehmen Knorr-Bremse. Das Labor wird wieder durch eine Programmlinie des BM für Arbeit und Wirtschaft ermöglicht. „Exzellente Forschung, wie in diesem CD-Labor, ist das Fundament für zukünftige Innovationen des Schienenverkehrs. Davon profitieren sowohl Reisende und PendlerInnen wie auch der Standort Österreich und die Umwelt“, sagt Martin Kocher, Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft.

Sand und Magnete
„Der Bremsweg ist bei Schienenfahrzeugen normalerweise viel länger als man das vom Auto kennt und Faktoren wie Nässe können das noch verstärken“, sagt Johannes Edelmann, Leiter des neues CD-Labors. Es gibt unterschiedliche Techniken, die Bremswirkung bei Straßenbahnen oder Eisenbahnzügen zu erhöhen. Eine Möglichkeit sind sogenannte Sandungssysteme. Dabei wird im Zug Sand mittransportiert, der dann bei der Bremsung direkt vor den Rädern auf den Schienen verstreut werden kann. Das sorgt für stärkere Reibung.

Außerdem sind in Schienenfahrzeugen oft Magnetschienenbremsen eingebaut. „Dabei handelt es sich um einen Metallrahmen mit Elektromagneten, der im Fahrwerk des Schienenfahrzeugs angebracht ist“, erklärt Edelmann. „Beim Bremsen werden die Elektromagnete an die Schiene gezogen und schleifen auf der Schiene.“ Der Kontakt zwischen Schiene und Rädern spielt in diesem Fall gar keine Rolle – selbst wenn die Räder aufgrund schlechter Bedingungen rutschen, kann die Anhaltung immer noch mit den Magnetschienenbremsen erfolgen.

Bessere Bremsleistung mit weniger Verschleiß und Energieaufwand
Genau herauszufinden, wie solche Bremssysteme optimiert werden können, ist wissenschaftlich kompliziert: „Man muss etwa das dynamische Verhalten während des Bremsprozesses genau verstehen. Die einzelnen Komponenten können schwingen und das kann die Bremswirkung beeinträchtigen“, erläutert Johannes Edelmann. Besonders bei Schienenkreuzungen und Weichen oder auch bei verschmutzten Schienen ist die Interaktion zwischen dem Bremssystem und der Schiene überaus komplex.

Hier greifen dann mehrere Forschungsdisziplinen ineinander: Die Mechanik zur Beschreibung von Bewegung und Berechnung von Reibungskräften, die Elektrodynamik zur Analyse des elektromagnetischen Verhaltens der Magnetschienenbremse und die Tribologie, die sich mit Abnützung und Verschleiß von gegeneinander reibenden Materialien beschäftigt. Im neuen CD-Labor sollen nun mathematische Modelle und komplexe Computersimulationen dazu entstehen. Und für spezifische Messungen wird an der TU Wien ein neuer Prüfstand errichtet.

Erfolgreiche Programmlinie der Christian Doppler Labors
„Es geht darum, gleich mehrere Ziele gleichzeitig zu erreichen“, sagt Johannes Edelmann. „Wir möchten eine gute Bremsleistung, besonders auch bei schwierigen Bedingungen. Außerdem soll durch bessere Bremssysteme der Verschleiß minimiert und die Infrastruktur geschont werden. Und zusätzlich möchten wir auch noch das Gewicht der Bremssysteme minimieren, um Energie zu sparen“, so der Leiter des neuen CD-Labors.

Grundsätzlich wird in den Christian Doppler Labors anwendungsorientierte Grundlagenforschung in Zusammenarbeit mit innovativen Unternehmen aus Industrie und Mittelstand betrieben. Dieses kooperative Modell gilt auch international als Best-Practice-Beispiel. Die Christian Doppler Labors werden von der öffentlichen Hand und den beteiligten Unternehmen gemeinsam finanziert. Wichtigster öffentlicher Fördergeber ist das Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft (BMAW).

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red/mich, Economy Ausgabe Webartikel, 13.06.2023