Fokussieren Sie Ihre Energie, und legen Sie los
Skirennläufer visualisieren die Rennstrecke. Und stellen sich genau vor, wie es ist, zu siegen. Mit Affirmationen und Visualisierungen kann jeder Mensch Blockaden überwinden und Ziele erreichen.
„Sie sind zu hundert Prozent für Ihr Leben verantwortlich.“ Dieser Satz ist schockierend. Und so ungerecht. Denn die anderen sind doch mitschuldig am eigenen Elend. Die Eltern, die einen nie ermutigt haben, die Kollegin, die einen ausgestochen hat, die Chinesen, die das Land mit Billigprodukten überschwemmen, weswegen der Chef die Löhne drückt.
„Sie sind zu hundert Prozent für Ihr Leben verantwortlich.“ Der Satz steht in vielen Lebenshilfebüchern, die man anhäuft, um den inneren Schweinehund zu besiegen, magisch zu entrümpeln oder das Wichtigste immer zuerst zu machen.
Bei politisch denkenden Menschen erregt der Satz sofortigen Widerspruch: Die Opfer von Kriegen, Hungersnöten und Überflutungen sind nicht verantwortlich für das Elend, das die Natur oder menschliche Mächte ihnen aufbürden. Doch davon abgesehen: Wer die hundertprozentige Verantwortung für das eigene Leben ohne Wenn und Aber akzeptiert und aufhört, anderen Menschen eine Co-Verantwortung für die eigene Misere zuzuschieben, erlebt diese Verantwortung nicht als Bürde, sondern als befreiend. Als Beginn eines selbstbestimmten Handelns. Wenn man einmal diese inneren Einstellungen geändert hat, kann die Arbeit zur Änderung des Lebens beginnen. Dazu gibt es Mentaltechniken wie Affirmationen und Visualisierungen.
Selbstmanipulation
Affirmationen sind Sätze, mit denen man negative Aussagen und Erwartungen in positive verwandelt. Wer der inneren Unlust entsprechend denkt: „Ich sollte laufen gehen“, sendet sich selber das Signal: „Ich sollte zwar laufen gehen, aber es freut mich gar nicht.“ Die Wahrscheinlichkeit, dass man dann zu Hause hocken bleibt, ist groß. Wenn man den Satz jedoch umformuliert, etwa auf „Ich gehe voller Freude laufen“, fällt der Schritt hinaus ins Freie leichter. Natürlich ist das Selbstmanipulation. Doch wer das konsequent macht, kommt zum gewünschten Resultat.
Noch wirksamer sind Visualisierungen. Dabei stellt man sich vor, dass die Wünsche und Ziele bereits realisiert sind. In dieser Vision joggt man entspannt und schlank und durchtrainiert im Wald. Oder am Sandstrand, wenn es einen dorthin zieht. Zusammen mit der Affirmation „Ich gehe voller Freude laufen“ bietet die Visualisierung einen Anreiz, das Laufen ins Leben zu integrieren.
Doch was tun, wenn man sich zwar als entspannte Läuferin vor dem geistigen Auge sieht und auch gerne durchtrainiert wäre, aber dennoch nicht oft genug laufen geht? Dann war die Visualisierung nicht stark genug. Auch Mentaltraining muss gelernt werden.
Mit dem Brennspiegel
„Man muss die Energie richtig fokussieren“, sagt die Therapeutin Waltraud Paminger. „So wie man mit einer Lupe oder einem Brennspiegel die Sonnenstrahlen einfängt und sie auf einen einzelnen Punkt fokussiert, mit dem man Papier zum Brennen bringen kann.“
Es sei sinnvoll, so die Therapeutin, nicht drei wichtige Ziele gleichzeitig im Auge zu haben. Wenn sich der Inhalt der Wünsche von Tag zu Tag ändert, kann im Unterbewusstsein nicht genügend Kraft entwickelt werden, die Veränderungen durchzuziehen. „Je präziser das Bild ist, desto wirksamer ist es.“
Für die Visualisierung des Wunschbildes sollte man sich täglich eine Viertelstunde Zeit nehmen. Wer sich nicht auf das Bild konzentrieren kann, weil die Gedanken alle zehn Sekunden abschweifen, sollte begleitende Konzentrationsübungen machen. Etwa ein paar Minuten lang einen Gegenstand fixieren und ihn aus allen Blickwinkeln betrachten.
Die Wirksamkeit dieser mentalen Techniken ist im Spitzensport erprobt. Skirennläufer fahren die Abfahrtsstrecke oder den Slalomkurs Dutzende Male vor dem geistigen Auge ab, bevor sie sich real auf Eis und Schnee stürzen. Auch bei banalen Dingen soll die Methode funktionieren. „Wenn ich einen Parkplatz suche, konzentriere ich mich darauf, ihn genau dort zu finden, wo ich ihn haben will. Das gelingt erstaunlich oft“, lacht Paminger.