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19. März 2024

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Einsparung auf Kosten der Anonymität

Einsparung auf Kosten der Anonymität© piqs.de/damian morys

Der heimische Versicherungsriese Uniqa will für Autofahrer, die nur wenig mit ihrem Fahrzeug unterwegs sind und dabei auch weniger unfallträchtige Straßen benutzen, eine spezielle, wesentlich günstigere Versicherung auf den Markt bringen.

Hier sind Ersparnisse von bis zu 30 Prozent vorstellbar. Uniqa selbst geht von Einsparungen im zweistelligen Prozentbereich aus, nennt aber keine konkreten Zahlen. Wermutstropfen für potenzielle Kunden: Autofahrer, die sich für dieses Versicherungsprojekt entscheiden, werden dadurch komplett gläsern: Durch die im Auto eingebaute Datenbox kann das betreffende Fahrzeug genau lokalisiert werden. Und ohne diese Daten ist die präzise Abrechnung nicht möglich. Sie erfolgt über die schwarze Box in der Größe eines Modems, die die Daten über Satelliten mittels GPS übermittelt. Die Mehrkosten für die Dox schätzt Uniqa auf 100 Euro, die sich aber auf vier bis fünf Jahre verteilen würden. Messen lässt sich die Autonutzung durch die Kombination von Satellitennavigation, Handy und IT. Daneben soll die Datenbox auch als Notfall-System sowie als Diebstahl-Wiederauffi ndung fungieren. Technischer Partner beim Projekt ist der Computerkonzern IBM.

Sorgen um Datenschutz
Allerdings, räumt man bei der Versicherung ein, gebe es bei den befragten Kunden Datenschutz- Vorbehalte. „Jeder Dritte sagt, dass er ein Problem mit dem gläsernen Auto habe, was ihn davon abhalten würde, auf das vor dem Roll-out stehende Produkt umzusteigen“, sagt Andreas Kößl, Uniqa-Bereichsleiter Kfz-Versicherungen. Ungeachtet dessen sei eines klar: Ein solches Versicherungsprodukt sei technisch machbar, verweist er auf einen Langzeittest. In wenigen Wochen wird Uniqa höchstwahrscheinlich mit einer Erprobung bei mehreren hundert Testfahrern beginnen. „Wir reden schon mit Kooperationspartnern und auch schon mit Lieferanten“, sagt Kößl. Dennoch kann er nicht ausschließen, dass der Vorstand das Projekt doch noch stoppt. Das Interesse und damit die Akzeptanz der Kunden sei sehr hoch, sagt Kößl unter Berufung auf eine Befragung der Uniqa-Versicherungskunden. Er schätzt das Potenzial für das in der Pipeline befi ndliche neue Versicherungsprodukt auf 200.000 bis 250.000 heimische Autofahrer. Besonders Zweitwagenbesitzer hofft man, anwerben zu können. „Das sind oft teurere Autos, bei denen auch eine höhere Prämie fällig wird, die aber viele Monate in der Garage stehen“, sagt Kößl im Gespräch mit economy. Bei Zweitwagen liege die durchschnittliche Fahrleistung zwischen 3.000 und 4.000 Kilometern, im Österreichschnitt sind es 13.500 Kilometer pro Jahr. Die Höhe des Uniqa- Wenigfahrertarifs hängt von der gefahrenen Strecke ab und davon, wie viele Kilometer man zu welcher Tageszeit auf welcher Straße zurücklegt. Grundlage für die Preisgestaltung sind Unfallstatistiken, aus denen sich laut Uniqa ergibt, dass auf der Autobahn gefahrene Kilometer sicherer sind als jene auf Landstraßen. Das größte Unfallrisiko bestehe im Ortsgebiet, ebenso sei es in der Nacht signifi kant höher als am Tag. Das heißt: Am billigsten käme das neue Produkt für jene, die zwar tagsüber, aber außerhalb der Stoßzeit auf den Highways unterwegs sind. Ziemlich klar ist schon, wie die Rechnung ausschauen dürfte: Die Autolenker bekommen eine monatliche Abrechnung: Neben einer Grundgebühr zahlen die Versicherten ähnlich wie bei ihrem Mobiltelefon nach Kilometern, Straße und Tageszeit unterschiedlich gestaffelte Tarife. Norwich Union, das größte Versicherungsunternehmen in Großbritannien, bietet seit 2005 das kostengünstige Produkt „Pay as you drive“ an: Die Tarife hängen davon ab, wie viele Kilometer man zu welcher Tageszeit auf welchen Straßen zurücklegt. In Italien sind laut Uniqa neun Versicherer mit ähnlichen Produkten durchgestartet.

Ausgewählter Artikel aus Printausgabe 03/2006

Clemens Rosenkranz, Economy Ausgabe 03-02-2006, 23.02.2017