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25. Juli 2024

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Wenn die Uni aus dem Internet kommt

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Geht es nach Verfechtern der Open-Course-Ware-Idee, könnten Kurse an Universitäten in Zukunft frei abrufbar sein. Bereits über 200 Hochschulen bieten ihre Materialien kostenlos im Internet an.

Es sind nur ein paar Klicks, und die Inhalte einer Lehrveranstaltung des Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cam-bridge (USA) öffnen sich auf dem Computer-Bildschirm in Österreich. Kursaufbau, Skript, Leseliste und Videomitschnitt können angesehen werden. Nichts Außergewöhnliches eigentlich. Besonders wird diese Tatsache jedoch dadurch, dass die Materialien anders als beim E-Learning frei, also ohne Registrierung, zugänglich sind.
Open Course Ware nennt sich die Idee, universitäre Unterrichtsmaterialien der weltweiten Internet-Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Bezahlt wird dafür nichts. Die Unterlagen dienen lediglich der Information, Prüfungen können keine abgelegt werden. Das MIT in Cambridge ist Vorreiter dieser Entwicklung. 1800 Kurse finden sich auf der Open-CourseWare-Website der Eliteuniversität (http://ocw.mit.edu). Was vor acht Jahren als Pilotprojekt begann, hat sich mittlerweile zu einem eigenen, nicht kommerziell ausgerichteten Unternehmen entwickelt. Aus 500 abrufbaren Kursen wurden 1800. Die Lehrmaterialien können genutzt, verändert und weiterverbreitet werden. Eine Creative-Commons-Lizenz macht die Inhalte frei zugänglich, ohne dass Urheber dabei ihr geistiges Eigentum verlieren.

Initiative von Studierenden
„Je mehr Wissen offen zugänglich ist, desto mehr Menschen können sich damit befassen und die Richtigkeit überprüfen“, schreiben Rebecca Kampl und Barbara Hofmann in ihrem Beitrag zu Open Course Ware in dem Band Freie Netze. Freies Wissen. Das vor zwei Jahren anlässlich der Kulturhauptstadt Linz erschienene Buch hat an der Linzer Johannes Kepler Universität zur Weiterbeschäftigung angeregt – vorerst wird das Projekt allerdings nur von Studierenden betrieben.
50 Skripten werden dort auf der Website der Österreichischen Hochschülerschaft (ÖH) angeboten. „Wir wollen einen freien Zugang zu Wissen und Bildung schaffen“, sagt Denise Rudel, Sozialwirtschaft-Studentin und Open-Course-Ware-Sachbearbeiterin. In einem nächsten Schritt sollen die Skripten durch MP3-Audiodateien ergänzt werden.
Derzeit steckt die Open-Course-Ware-Initiative an der Kepler Universität allerdings noch in ihren Anfängen. In ein bis zwei Jahren wollen die Projektverantwortlichen neben Skripten auch Videomitschnitte von Seminaren und Vorlesungen auf die Website laden. Momentan gilt es aber vor allem, Professoren und Lektoren davon zu überzeugen, ihre Materialien zur Verfügung zu stellen. „Wir arbeiten beständig daran. Die häufigsten Argumente gegen das Projekt sind Skepsis am Schutz des geistigen Eigentums und die Tatsache, dass die Lehrbeauftragten bereits bei einem Verlag unter Vertrag sind“, erklärt Denise Rudel.

Vorreiter Klagenfurt und Linz

Dass nicht ein Großteil der Kursunterlagen auf der Open-Course-Ware-Plattform direkt von den Lehrenden kommt, ist ein Punkt, in dem sich das Linzer Projekt von seinen Vorgängern wie dem des MIT unterscheidet. „Ich schätze das Engagement der Kollegen in Linz sehr, aber derzeit ist das Projekt noch mehr ein Ansatz zu Open Educational Resources. Open Course Ware bedeutet, einen ganzen Kurs als geschlossene Sache abzuhandeln und nicht nur die Skripten davon zu veröffentlichen“, sagt Thomas Pfeffer, Soziologe und Open-Course-Ware-Verantwortlicher an der Alpen Adria Universität Klagenfurt.
Die Universität in Klagenfurt war die erste Hochschule im deutschen Sprachraum, die sich der Idee der Open Course Ware angenommen hat. Bislang ist sie auch die Einzige geblieben, die im internationalen Open-Course-Ware-Konsortium vertreten ist. Über 200 Universitäten sind darin weltweit verzeichnet. Kriterium für die Aufnahme ist neben der Veröffentlichung von mindestens zehn Online-Kursen ein institutionelles Bekenntnis zur Open Course Ware. Ein Punkt, bei dem sich die ÖH der Linzer Kepler Universität noch schwertut. Derzeit wird das Open-Course-Ware-Projekt ohne offizielle Unterstützung der Hochschule von den Studierenden betrieben.
Thomas Pfeffer von der Klagenfurter Universität bezeichnet diese Tatsache als großes Manko der Universitäten: „Die Hochschulen bieten das Lehrmaterial nicht selbst an, und die Studierenden springen dann für sie in die Bresche. Das ist sehr löblich, aber sie machen dadurch den Job, den die Unis oder die Lehrenden erledigen sollten.“ Gemeint ist damit auch die Veröffentlichung von Skripten, die von Studenten in Foren und auf diversen Websites online gestellt werden, sowie kommentierte Vorlesungsverzeichnisse, die nicht von institutioneller Seite, sondern direkt von der Studierendenvertretung kommen.
In Klagenfurt wird seit 2005 an der Entwicklung von Open Course Ware gearbeitet. Die Inhalte sind dort über das E-Learning-Angebot Moodle abrufbar. Eine Lösung, mit der Thomas Pfeffer noch nicht hundertprozentig zufrieden ist. „Optimal wäre die Weiterentwicklung zu semitransparenten Kursen, von denen nur bestimmte Teile wie Abläufe, Leselisten oder Powerpoints veröffentlicht werden“, sagt er.

Chance für Lehrende
Neben der Möglichkeit für Studierende, sich schon vorab Einblick in ein Studium und in Kurse verschiedenster Fachrichtungen zu verschaffen, stecke in der Idee der Open Course Ware auch eine große Möglichkeit für die Lehrenden an den Unis selbst, so Pfeffer. Eine verstärkte Transparenz der universitären Lehre und eine Förderung des wissenschaftlichen Austauschs werden dadurch bedingt, dass die Open-Course-Ware-Materialien völlig frei zugänglich sind.
„Wenn ich heute sehen möchte, was ein Kollege macht, müsste ich mich in der Regel für seinen Kurs anmelden. Deswegen findet da auch sehr wenig Austausch statt“, erklärt der Open-Course-Ware-Verantwortliche. Dass die Zukunft der Universitäten in der Veröffentlichung von Lehrmaterialien im Internet liegt, ist sich Pfeffer sicher: „Aber auch beim Buchdruck hat es einige Zeit gedauert, bis sich dieser durchgesetzt hat.“

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Anna Weidenholzer, Economy Ausgabe 70-02-2009, 27.02.2009

Glückspillen für Traurige

Glückspillen für TraurigeFotolia.com

Antidepressiva bereits auf Platz zwei hinter Krebspräparaten.

Immer mehr Menschen in Österreich nehmen Psychopharmaka, beklagt der Hauptverband der Sozialversicherungen. Der Umkehrschluss: Offenbar leiden immer mehr Österreicher unter Depressionen, und/oder die Ärzte gehen mit den Verschreibungen immer leichtfertiger um.
Beides trifft zu. Erich Laminger, noch bis vor Kurzem Direktor des Hauptverbandes, ortete in den letzten Jahren anlässlich der Präsentation der Verbandsbilanzen noch jedes Mal eine signifikante Zunahme in diesem Bereich, so auch für 2008. Bemerkensweit sei, so Laminger, dass vor allem die Verschreibungen für Kinder zugenommen hätten, was ein weiterer Beleg für den „weit verbreiteten, erstaunlich unbedachten Einsatz von Psychopharmaka“ sei. Für den Hauptverband und seinen neuen Chef Hans-Jörg Schelling ist dies signifikant, da der Großteil der überstrapazierten Verbandsausgaben in den Medikamentenbereich fließt.
In Österreich leiden laut Daten der Weltgesundheits-organisation rund 800.000 Menschen unter Depressionen, das sind immerhin fast zehn Prozent der Bevölkerung. Allein in Wien sollen es 200.000 sein, für die die Gebietskrankenkasse gemäß deren letzten Daten von 2007 rund eine Mio. Packungen Antidepressiva im Jahr finanzierte. Das Problem dabei: Viele der Präparate, vor allem missbrauchsanfällige Tranquilizer, werden von psychiatrisch nicht erfahrenen Hausärzten verschrieben. Damit werden zwar die Symptome der Patienten gelindert, die depressive Erkrankung als Ursache für den Medikamentenbedarf bleibe aber bestehen, sagen Psychiater.
Kein Wunder also, dass der österreichweite Umsatz mit Arzneimitteln gegen psychische Krankheiten und Beschwerden dem Trend in den westlichen Industrieländern folgt und weiterhin steigt: Psychopharmaka stehen bereits an zweiter Stelle hinter Krebspräparaten, erhob der Medizin-Datendienst IMS Health. Antipsychotika und Antidepressiva erreichten laut IMS-Health-Zahlen 2007 einen weltweiten Umsatz von 40,4 Mrd. Dollar.
Die populärsten Pillen sind Zyprexa, Risperdal und Seroquel. Allein mit Seroquel setzte Hersteller Astra-Zeneca 2007 4.6 Mrd. Dollar um. Und die Generikafirma Gergot von Österreichs Ex-Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (ÖVP) hat eine Patentklage am Hals, weil sie mit dem Seroquel-Wirkstoff zu früh Kasse machen wollte.

Economy Ausgabe 70-02-2009, 27.02.2009

Zwischen Theorie und Praxis

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Visiten mit mobiler Technik am Krankenbett zählen nicht zum Spitalsalltag. Ein Erfahrungsbericht.

Vor rund zehn Jahren entwickelte der Informatiker Christian Hinz aus Jena einen Prototyp eines mobilen Klinikcomputers. Dieser ermöglichte den Ärzten, ihre Visite am Krankenbett mit Laptops zu absolvieren und so die Vitalwerte der Patienten unmittelbar zu erfassen. Vorbei waren die Zeiten des Verschwindens einzelner Patientenakten oder der mehrfachen Datenaufnahme, die durchaus auch fehlerhafte Übertragungen gestattete. Bereits damals waren sich die Experten einig, dass die zentrale Verwaltung den Alltag erleichtere und die Zugriffsmöglichkeit aller – Ärzte, Pflege- und Verwaltungspersonal – die Betreuung optimiere.
Seither wurden die medizinischen Informationssysteme gezielt weiterentwickelt. Neben Befunden wie Röntgenbildern und umfassenden Krankheitsvorgeschichten, die mittlerweile auch systemüberschreitend von anderen Anstalten angefordert werden können, werden sämtliche Termine im Haus innerhalb des IT-Intranets 
koordiniert.

Ausfälle eingeplant
Aber auch im Bereich der Pflege werden die einzelnen Ziele und Leistungen lückenlos dokumentiert, während die betriebswirtschaftlichen Abteilungen bei der Ressourcenplanung, beispielsweise die Spitalsküche im Einkauf, profitieren. Da soll auch ein kleiner Virusbefall, der rund 3000 Rechner der Landeskrankenanstalt in Klagenfurt sowie der Krankenhäuser in Hermagor und Wolfsberg im Jänner dieses Jahres heimsuchte, nicht weiter stören. Schließlich kann eine Patientenversorgung ohne EDV-Unterstützung kurzfristig problemlos bewerkstelligt werden.
Der Spitalsalltag vor allem in Wiener Krankenhäusern sieht freilich anders aus, wie der folgende Fall belegt, der sich im Oktober 2008 ereignete. Obwohl wenige Tage vor dem festgesetzten Operationstermin in der Präoperationsambulanz sämtliche Befunde kopiert wurden, steht der Patient bei der morgendlichen Anmeldung wie ein Novize da. Nochmals werden die Befunde fotokopiert, nochmals die Patientendaten aufgenommen. Wenige Minuten später kümmert sich das Pflegepersonal auf der Station fürsorglich, allerdings erst, nachdem die Befunde ein weiteres Mal – fürs Fotokopieren – vorgelegt und auch das Patientenblatt ausgefüllt wurden. All jene, die hier keine Originale vorweisen können, müssen mit Verzögerungen rechnen, schlimmstenfalls wird der geplante Operationstermin für diesen Tag abgesagt und verschoben.
Wer meint, dies wäre ein Einzelfall, irrt. Auch in anderen Wiener Spitälern zählen Patientendaten auf Papier noch zum Alltag. Und so kümmern sich die diplomierten Pfleger nicht nur um die Leiden einzelner Kranker, sondern ebenso um Kugelschreiber und Papierkram. Und Ärzte am Krankenbett mit Laptop? Keinen gesehen!

Economy Ausgabe 70-02-2009, 26.02.2009

Wenn Arbeit krank macht

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Eine Studie zeigt die unerwünschten Nebenwirkungen des Broterwerbs und potenzielle Folgekosten.

Alexandra U. arbeitet seit 19 Jahren im Krankenpflegedienst. Durch das häufige Heben von zum Teil doch eher schwergewichtigen Patientinnen und Patienten sind ihr Rücken und auch die Schultergelenke zwischenzeitlich schwer in Mitleidenschaft gezogen. Kreuzschmerzen sind ihr ständiger Begleiter. Dazu kommen familienfeindliche Arbeitszeiten, massiver Stress, wenig kooperative Patienten und mobbende Kollegen. Eine unbedachte Bewegung hätte ihr zu ihrem 38. Geburtstag im vergangenen Herbst beinahe einen Bandscheibenvorfall beschert. Seither ist sie in Physiotherapie und absolviert darüber hinaus ihr tägliches Rückentraining.
Schicksale wie das von Alexandra U. füllen die Ordner der arbeitsmedizinischen Zentren. Dort weiß man auch, dass Frau U. als diplomierte Krankenschwester quasi noch glimpflich davongekommen ist, denn weiter unten in der Rangordnung der Pflegeberufe herrschen oftmals ganz andere Arbeitsbedingungen. Vor allem Heimhelfer leiden unter massiven gesundheitlichen Schäden. Welche Haltungen und Techniken beim Heben von Patienten anzuwenden sind, wurde ihnen während ihrer Ausbildung oftmals nur ungenau erklärt, technische Hilfsgeräte wie Pflegebetten oder Hebe- und Aufstehhilfen sind in privaten Haushalten Mangelware.

2,8 Milliarden Euro Schaden
Wie krank Arbeit mitunter machen kann und welche finanziellen Schäden das volkswirtschaftlich bedeutet, hat das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung (Wifo) im Auftrag der Arbeiterkammer Österreich (AK) erhoben. Beachtliche 2,8 Mrd. Euro, so heißt es in der Studie, fallen hierzulande Jahr für Jahr einzig und alleine deshalb an, weil Menschen in einem mitunter schwer gesundheitsschädigenden Klima ihrem Broterwerb nachkommen müssen. Durch eine spezielle Methodik der Studie ist es nun erstmals für Österreich möglich, jene Anteile am Krankenstandsgeschehen zu identifizieren, die mit ganz bestimmten Arbeitsbedingungen in Zusammenhang stehen. Dadurch kann auch aufgezeigt werden, welche Kosten eingespart oder zumindest reduziert werden könnten, wenn auf betrieblicher Ebene entsprechende Maßnahmen in Sachen Arbeitnehmerschutz konsequent umgesetzt werden würden. „Gesundbleiben bei der Arbeit ist ein Recht der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und gehört daher geschützt. Maßnahmen zur Prävention sind oft einfach und kosten nicht die Welt“, plädierte AK-Präsident Herbert Tumpel anlässlich der Präsentation der Studie an das Verantwortungsbewusstsein von Unternehmen und Politik, um hier entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen.
Bereits in seinem Fehlzeitenreport 2008 berechnete das Wifo für alle Krankenstände 12,7 Mrd. Euro an direkten und indirekten betriebswirtschaftlichen Kosten und Gesundheitsausgaben pro Jahr. In der aktuellen Studie ging man einen Schritt weiter und wies nach, dass alleine sechs körperliche Arbeitsbelastungen – nämlich schwere körperliche Arbeit, die Einwirkungen von Vibrationen, die Arbeit mit gefährlichen Stoffen, die Gefahr von Arbeitsunfällen, erzwungene Körperhaltungen bei der Arbeit und die Belastung, die das Tragen von Schutzausrüstungen darstellt – 
rund 23 Prozent aller Krankenstandskosten ausmachen. Und nachdem bekanntlich ein Unglück selten allein kommt, ist ein großer Teil der Arbeitnehmer gleich mehreren dieser physischen Faktoren ausgesetzt. Im Klartext: In rund 20 Prozent der Krankenstände liegen mindestens zwei der sechs Faktoren vor, in über 14 Prozent sogar mindestens vier. Psychische Arbeitsbelastungen sind hierbei noch nicht einmal berücksichtigt.
Fazit der Studie: Gezielte Maßnahmen zur Reduktion der gesundheitlichen Beeinträchtigungen im Arbeitsalltag sind ein Gebot der Stunde. Schließlich liegt in der Prävention eine Voraussetzung dafür begründet, dass die voranschreitende Alterung der Erwerbsbevölkerung nicht zu einer Beeinträchtigung der Arbeitsproduktivität und Wirtschaftskraft einerseits und zu einer überproportionalen gesundheitlichen Beeinträchtigung der älteren Menschen andererseits führt. Beides nämlich ist der Volkswirtschaft nicht 
bekömmlich.

Economy Ausgabe 70-02-2009, 26.02.2009

Keine Transparenz durch die E-Card

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Die gespeicherten Daten auf der E-Card der Sozialversicherung sind sicherer, als Datenschützer befürchten.

Herr Leivslund aus Kopenhagen hat wie jeder Bürger Dänemarks mit der CPR-Karte (Personennummernbürgerkarte) längst „alles auf einem Chip“. Parkt Leivslund falsch, wird ihm der Strafbetrag direkt vom Bankkonto abgebucht, ehe er protestieren kann, denn sowohl Zulassung als auch Bankverbindung sind über CPR-Datenbank sofort abrufbar. Übergibt er die Karte einem amtlichen Organ, flimmern etliche persönliche Daten von Blutgruppe bis Leumundsdaten über den Bildschirm, denn vieles ist entweder direkt gespeichert oder mittels Chipschlüssel leicht aufrufbar.
Österreich ist davon weit entfernt. Unsere Sozialversicherungskarte oder die erweiterte Version der „Bürgerkarte“ ist in Sachen Technik und auf Chip verzeichneter Information minimalisiert. „Die E-Card ist nur ein zentraler Schlüssel zu Leistungen des Gesundheitswesens, unterstützt mit moderner Technik Verwaltungsabläufe und gibt Auskunft über den aktuellen Versicherungsstatus“, so die Diktion der Sozialversicherung. „Der Chip ist fälschungssicher, systemweit einzigartig und vor unerlaubtem Zugriff geschützt. Der Speicherplatz auf dem Chip ist zudem sehr gering.“
Das stimmt im Prinzip, denn sicherheitsbedingt sind lediglich Name, akademischer Titel, Geschlecht und Geburtsdatum sowie Sozialversicherungsnummer und alle auf der E-Card aufgedruckten Daten (Serviceline-Nummer, Web-Adresse der Versicherung) teilweise mit diakritischen Zeichen auf dem Chip gespeichert. Alle anderen Daten sind lediglich in der Betriebszentrale des E-Card-Systems gespeichert und können nur nach Einlesen der Karte von dort aufgerufen werden. Um sie als „Bürgerkarte“ zu verwenden, enthält der Chip zudem eine „schlummernde“ Signaturfunktion, die man aber erst nach Erwerb eines entsprechenden Zertifikats verwenden kann.
Ein bisschen Platz ist allerdings für erweiterbare Funktionen vorgesehen. So werkt der Hauptverband österreichischer Sozialversicherungsträger gerade an der Einführung eines elektronischen Impfpasses, und auch das Arzneimittel-Bewilligungsservice (ABS), mit dem Krankenanstalten direkt chefärztliche Genehmigungen einholen können, wird derzeit in Kooperation mit der Technologiefirma X-Tention im kleinen regionalen Pilotbetrieb 
erprobt.

Gemischte Zukunftsgefühle
Dennoch haben manche Leute Bedenken, durch die E-Card zum „transparenten Patienten/Bürger“ zu werden. Arge-Daten-Vorstandsmitglied Hans Zeger hat gemischte Gefühle: „Natürlich ist die Karte nur ein Schlüssel zu einem System. Doch es gibt einige Kritikpunkte. Zum einen schafft eine geplante Speicherung aller jemals erstellten Befunde (ein paar 100 Mio. pro Jahr) im System zusätzliche Arbeit, Kosten und Chaos, denn durch die Fehlerquote bei Diagnosen und Therapien müssen Ärzte erst recht neue Befunde erstellen. Zudem soll die Karte zum Zugang zu anderen Systemen ausgebaut werden, die mit der ärztlichen Betreuung nichts zu tun haben. Da die Karte als ‚elekronischer Krankenschein‘ extrem teuer war, braucht es auch Zusatzfunktionen, um die hohen Kosten zu rechtfertigen. So stehen die Verwendungen als Pensionistenausweis oder als Patientenverfügung im Raum. Auch ist die Implementierung des Fingerabdrucks derzeit ein Lieblingsprojekt des Sozialversicherungsverbandes. Das ist bedenklich, denn kranke Menschen fühlen sich zusätzlich zu Schmerzen oder Demenz dann wie Kriminelle. Der Datenschutzrat wird dies in diesen Wochen heftig diskutieren.“
Fingerabdruck? Herr Leivslund atmet auf, denn so weit ist man in Dänemark noch nicht.

Economy Ausgabe 70-2009, 26.02.2009

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