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26. Juli 2024

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Straßenbahnlose Stadt ohne Seele

Straßenbahnlose Stadt ohne Seele

Man sagt, es liege an den fehlenden Gehsteigen, dass viele Städte in den USA seelenlos wirken.

Aber das stimmt nicht ganz. Denn auch vorhandene Gehsteige erinnern oft in etwa an einen Freizeitpark ohne Wasserrutsche. Man spaziert einmal darauf herum und kommt nicht mehr wieder. Belebt wirken Gehsteige erst durch eine zusammenrückende Stadt und ein dichtes Netz aus öffentlichem Verkehr, das sie verbindet. Erst dann wird auch die Isolation deutlich, die tägliche Autofahrten zu Arbeit und Einkauf bedeuten: vom Frühstückstisch in die Bürotiefgarage, hermetisch abgeriegelt von fremden Menschen. „Ich war in New York“, sagen hier viele begeistert, „und bin die ganze Zeit nicht Auto gefahren.“ Auf den Straßen und in der U-Bahn streifen unzählige Menschen an einem vorüber. Genau diese anonyme Nähe ist ein fundamentales Merkmal von Stadt. Die gemeinsame Beförderung zur Arbeit, schwitzende Achseln, grantig gerunzelte Stirnen sind allesamt Qualitäten, die man zugegebenermaßen erst einmal missen muss, um sie zu schätzen.
Zahlreiche US-Städte, die ihren öffentlichen Verkehr erst jetzt aufbauen, sehen sich mit teils recht verwunderlichen 
Bedenken ihrer Bürger konfrontiert. Einiges daran erinnert in Grundzügen an die Stimmung, die Peter Rosegger beschrieb, als die Eisenbahn Einzug in die Waldheimat hielt. Würden nicht dadurch fragwürdige Leute noch schneller und unauffälliger in untadelige Gegenden vordringen? Und würden nicht dadurch die Freiheiten der Bürger geringer, der Staat größer und die Steuern höher? Die darauffolgende Einsicht ist meist ähnlich kindlich: wenn die Leute zum ersten Mal mit der Straßenbahn fahren, selig die Nase ans Fenster drücken und ihre Stadt ganz neu entdecken

Economy Ausgabe 66-11-2008, 01.11.2008

Kostenproblem Familienauto

Kostenproblem Familienauto

Kinder kosten Geld. Wie wahr. Das be-ginnt beim Verdienstentgang zumindest eines Elternteils, weil ja der werte Nachwuchs betreut werden muss.

Weitere Kostenpunkte im Detail aufzuzählen erspare ich Ihnen jetzt. Kommen wir zur Mobilität: Singles können ohne viel nachzudenken das Auto ihrer Träume erstehen. Kleinstwagen wie Fiat Panda oder Renault Twingo sind bereits um rund 12.000 Euro zu haben. Größere Autos kosten mehr Geld. Familien mit drei oder mehr Kindern bleibt gar keine Wahl: Sie kommen an einem Van nicht vorbei und müssen mit rund 35.000 Euro rechnen. Nun gibt es zwar eine Landesförderung für die Anschaffung eines Familienautos – allerdings erst für Familien mit vier oder mehr Kindern. Stellt sich die Frage, warum Familien mit drei Kindern durch den Rost fallen?
Außerdem muss für jedes Kind ein Kindersitz angeschafft werden. Gute Sitze kosten um die 150 Euro aufwärts. Auch kein Klacks. Dann noch die Kosten für den Betrieb des Autos gerechnet: Die Steuer fällt für einen Van natürlich erheblich höher aus als für ein Kleinstauto. Die Treibstoffpreise sind auch nicht ohne. An Benzin oder Diesel kommt man nicht vorbei, denn ein Hybrid- oder Elektroauto ist für den Typ Van noch lange nicht in Sicht. Über kurz oder lang kommt die Einsicht: Der Betrieb eines Familienautos geht ordentlich ins Geld. Die Frage ist, ob das in Zukunft noch leistbar sein wird?
Die Alternative wäre in der Stadt der Umstieg auf den öffentlichen Verkehr – das ist einigermaßen denkbar. Schwieriger wird’s auf dem Land, wo der Aktionsradius ohne Auto stark eingeschränkt ist. Zu überlegen ist Car-Sharing oder ein Mietauto für Ausflüge, Urlaub oder Transportfahrten. Eine neue Marktchance für findige Autovermieter tut sich damit auf.

Economy Ausgabe 66-11-2008, 01.11.2008

Elektrisierende Sportflitzer

Elektrisierende Sportflitzer

Kleine Automanufakturen entdecken die Segnungen der Akkuzelle.

Während die Autoindustrie heute fieberhaft an Konzepten bastelt, wie der Übergang von reinen Benzinmotoren zu mehr Energie sparenden Alternativantrieben vonstatten gehen soll, haben kleine Autoschmieden und Veredler offenbar den Dreh raus: Sie entwickeln Hochleistungssportwagen mit Elektroantrieb, die Vereinbarung von Fahrspaß und Umweltgewissen.
Eine ganz neue Generation von Sportflitzern mit batterie-betriebenen Motoren kommt derzeit auf den Markt. Begonnen hat die britische Firma Tesla mit ihrem Tesla Roadster, der in der alten Lotus-Fabrik in Hethel, England, zusammengebaut wird. Der Tesla Roadster ist ein vollständig elektrisch betriebener, zweisitziger Sportwagen, der auf der Basis von knapp 7000 zusammengeschalteten, handelsüblichen Lithium-Ionen-Akkus, wie sie auch für Laptops verwendet werden, eine Leistung von 252 PS und eine Höchstgeschwindigkeit von mehr als 200 km/h erreicht. Der Hersteller verspricht eine Reichweite von 350 Kilometern, und das Aufladen der Akkus soll in dreieinhalb Stunden erledigt sein.

Sport-Hybrid
Nach Tesla kam der kalifornische Hersteller Fisker mit seinem Fisker Karma. Dabei handelt es sich um einen Sportwagen mit Hybridantrieb, der zusätzlich über ein Solarpanel am Dach mit Elektroenergie versorgt wird. Die Batterien alleine ermöglichen laut Hersteller eine Reichweite von 80 Kilometern, im Hybridmodus reicht die Bremsenergie, um die Batterien wiederaufzuladen. Die Höchstgeschwindigkeit des Fisker Karma liegt ebenfalls jenseits der 200 km/h.
Dritter im Bunde ist die britische Lightning Car Company, die nach ihrem benzingetriebenen Lightning GT nun ein hundertprozentiges Elektromobil gleichen Namens anbietet. Dieses verfügt über vier aus Lithium-Titanat-Akkus gespeiste Elektromotoren, die ihre Einzelleistung von 175 PS an je ein Rad weitergeben. Das ergibt eine summierte Leistung von 700 PS. An einer Starkstromleitung lassen sich die Akkus in vier Stunden aufladen. An der normalen Steckdose dauert es etwa doppelt so lange. Die Reichweite des Lightning GT beträgt etwa 400 Kilometer.

Economy Ausgabe 66-11-2008, 01.11.2008

Warenkorb

• Aludose. Apple hat seine Lektion gelernt und achtet nun genau auf die Umweltfreundlichkeit seiner Produkte. Diese steht bei den neuen Alu-Macbooks im Mittelpunkt. Das 13-Zoll-Macbook startet bei 1200 Euro, das Alu-High-End krönt das 15 Zoll-Pro um 2250 Euro.

• Handy in Reinkultur. Es gibt sie noch: die Handys, die einfach nur Handy sein wollen. Samsung nennt das beim Modell Soul B „Bartype-Perfektionismus“. Die gebürstete Metall-oberfläche des 9,9 Millimeter dünnen Teils beeindruckt das Auge, die Funktionalitäten und die 3-Megapixel-Kamera nicht weniger. Preis: 269 Euro.

• Schlank und rank. Sony Ericsson will mit dem T700 in die Fußstapfen des legendären T610 treten. 3,2-Megapixel-Kamera für Schnappschüsse oder Stereo-Lautsprecher für Alleinunterhalter sind Standard. Es ist zehn Millimeter dünn, kostet ungestützt 299 Euro und wird wohl ein „Massenschlager“.

• Wechselhaft. Die Lumix DMC-G1 soll die Vorteile von Wechselobjektiven und Kompaktkameras in sich vereinen. Sie ist wie eine herkömmliche Spiegelreflexkamera aufgebaut, hat aber keinen Spiegel und optischen Sucher, dafür jedoch ein 3-Zoll-Display. Preis mit Objektiv: 450 Euro. Fotos: Hersteller

Economy Ausgabe 66-11-2008, 01.11.2008

Buchtipp

BuchtippHarald Braun

Autos brauchen Liebe

Fakten, Fakten, Fakten über das Auto, süffisant und salopp kommentiert. In der Auto-Bibel geht es um Wesen, Tücken und die Psychologie eines polarisierenden Fortbewegungsmittels. Wer einen Opel fährt und warum ein Datsun/Mitsubishi/Nissan gar nicht geht, was den Porsche- von einem BMW-Fahrer unterscheidet und warum ein Cabrio-Chauffeur schon allein durch sein Auftauchen eine Provoka-tion für jeden anständigen Kraftfahrer darstellt.
Die Frage, ob Frauen wirklich nicht einparken können, wird ein letztes Mal beantwortet – und beiläufig die These argumentativ untermauert, dass Frauen in Wahrheit die besseren Autofahrer sind. Schließlich darf auch ein lexikalischer Teil nicht fehlen: Prägnant und spritzig werden dort die wichtigsten Begriffe aus dem bunten Auto--Universum abgehandelt.
Das schmale Büchlein ist ein Sammelsurium von Wissenswertem, aber auch Unnötigem rund ums Thema Auto und Autofahren. Dabei wird die Geschichte des Automobils zusammen mit eigenartigen statistischen Zahlen durchwegs interessant präsentiert. Auch prominente Autofahrer, die nicht alle Rennfahrer sind, werden dem Leser vorgestellt.
Witzige Passagen wie zum Beispiel über Autospitznamen, Werbeslogans oder Automarken, die „kein Schwein“ kennt, wechseln einander mit allerlei Belanglosigkeiten, die dennoch interessant sind, ab. Auch ein paar nette Geschichten wie jene über die Frau, die nicht umkehren wollte oder über einen „allerliebsten“ Samstagnachmittag auf dem Weg zu Ikea tragen zur Unterhaltung bei.
Prinzipiell hat das Buch seine Highlights, aber auch ein paar Schwächen. Alles in allem gesehen ist es jedoch – für etwas mehr als fünf Euro – ein sehr nettes, preiswertes Mitbringsel für Autofreaks oder auch Autohasser.
Harald Braun:
Die Auto-Bibel
dtv, 2008, 5,10 Euro
ISBN: 978-3-423-21066-9

Economy Ausgabe 66-11-2008, 01.11.2008

Geldvernichtungs-Maschine Kraftfahrzeug

Geldvernichtungs-Maschine KraftfahrzeugBilderbox.com

Benzinpreise bewegen sich an der Schmerzgrenze, Versicherungsprämien und andere Erhaltungskosten steigen – für die „Melkkühe der Nation“ ist kein Ende der Belastungen in Sichtweite.

Die großen Autokonzerne se-hen angesichts aktueller Absatzzahlen und einer durch die Finanzkrise drohenden weiteren Konsumflaute ungemütlichen Zeiten entgegen. So klagen vor allem prominente deutsche Hersteller wie BMW (erneuter starker Umsatzverlust im September), Daimler oder Opel laut über ein schlechtes Geschäft. Sogar die Worte „veritable Krise“ werden nun verschämt ausgesprochen.
Die Daten des europäischen Herstellerverbandes ACEA (Association des Constructeurs Européens d’Automobiles) sind ernüchternd, und viele in der EU beheimatete Konzerne reagieren bereits mit Produktionskürzungen und Personalfreisetzungen – von den USA ganz zu schweigen. So blieben auch hinter den Kulissen der kürzlich stattgefundenen Pariser Motor Show die Mienen von Vertretern von General Motors und Co ernst. Warum bleiben zahlreiche neue Modelle im Schauraum oder Werk? Ist wirklich die schwache Konjunktur oder die steigende Angst vor einer weltweiten Rezession daran schuld? Was ist mit den Konsumenten, die lieber auf alles andere als auf das eigene Auto verzichten, los?
Werfen wir einen Blick in die Brieftasche jener begehrten Zielgruppe, die ihr Geld tunlichst in die Kassen der Automobilhersteller rund um den Globus einzahlen soll. Nicht auf große Firmenfuhrparks und gut situierte Einzelpersonen oder die neuen Millionäre in Russland, Indien oder China, sondern auf die Durchschnittsfamilie und die Masse der Bevölkerung vor Ort. Unbestritten ist dieses Jahr für viele Schichten mit niedrigem oder mittlerem Einkommen das Autofahren spürbar teurer geworden. Die Schmerzgrenze im Hinblick auf die eigene Mobilität ist in 
einigen Fällen fast erreicht.

Dauerpreissteigerungen
Eine aktuelle Studie des deutschen Autofahrerclubs ADAC beziffert etwa den Anstieg der Kosten für den Kauf, Erhalt und Betrieb eines privaten Kfz seit 2000 mit 25,2 Prozent, während im gleichen Vergleichszeitraum sich die Verbraucherpreise „lediglich“ um 15,6 Prozent erhöht haben. In Zahlen für 2008 umgelegt, beläuft sich der dortige Anstieg auf 4,3 Prozent, während die Inflationsrate um 2,9 Prozent wuchs. Ähnliche Zahlen sind auch bei uns Realität.
Natürlich haben sich in allen vergleichbaren Statistiken vor allem die stark erhöhten Spritpreise niedergeschlagen. Das ist und bleibt leider auch mittel- bis langfristig ein schwerer Schlag für jeden Autobesitzer, den es finanziell zu tragen gilt. Doch eben dieser Preis an der Zapfsäule zwingt neuerdings so manchen dazu, den Sparstift nun auch rigoros beim über alles geliebten Automobil anzusetzen und die Notwendigkeit des Einsatzes oder der Anschaffung des Kfz zu überdenken.
Auch die Preise für den Ankauf eines Autos allein sind trotz vieler Werbezuckerl und Aktionen der Hersteller in den letzten Jahren merklich gestiegen. Gleichzeitig wachsen die allgemein notwendigen Ausgaben für jeden Autofahrer an. Steigende Versicherungsprämien, stetige Verteuerung bei Reparaturen und Service, erhöhte Steuerbelastungen und dergleichen mehr drücken spürbar auf die Geldbörse. Beim Konsumenten machen sich beim Kauf eines Autos auch die neuen „Strafgebühren“ der EU-Staaten wie etwa jene in Form einer Verteuerung durch das heimische NoVA-Bonus-Malus-System für CO2-Emission bemerkbar. Die Finanz- und Bankenkrise macht es zudem vor allem jenen schwer, die ihr Auto nur auf Basis von Fremdfinanzierungen wie Kleinkrediten oder Leasing erwerben können oder müssen. Überdies haben viele Hersteller verabsäumt, neue Modelle im Hinblick auf den wachsenden Trend zur Ökologie und zur Verbrauchsersparnis zu konzipieren. Das Resultat sind Karren, die das Budget auch nach dem Erwerb noch lange schwer belasten. Da klingt die treuherzige Aussage, „man trage mit der Angebots-palette dem allgemeinen Kundenwunsch Rechnung“, lachhaft. Sicher sind sparsame Kleinwagen noch nicht flächendeckend en vogue; dass die Entwicklung verschlafen wurde, ist aber unleugbar.

Im Sinne des Wirtschaftszweigs will man nun staatlich gegensteuern, um die „Melkkühe der Nation“ bei der Stange zu halten. So wurden Belohnungen à la Förderung „grüner“ Neuwagen ebenso angedacht wie zum Beispiel eine steuerliche Entlastung für Pendler. Dem Konsum helfen derartige Notaktionen kaum. Ein Ende der Kostenspirale für leidgeprüfte Autobesitzer ist noch längst nicht in Sicht, und für manche wird Autofahren zum Luxus werden.

Economy Ausgabe 66-11-2008, 01.11.2008

Das ideale Auto für Großfamilien

Das ideale Auto für GroßfamilienPhotos.com

Der Markt für siebensitzige, große Vans ist klein: 2007 wurden nur 12.000 Stück verkauft.

Laut einer Öamtc-Aussendung gibt es einen Trend zu Klein- und Kleinstwägen. Aber ein VW Golf oder Rabbit kommt für Familien einfach nicht in Frage. Mit zwei Kindern reicht noch ein beliebiger Kombi. Ab drei Kindern bleibt keine Wahl mehr: Eine echte „Familienkutsche“, in der Branche als Van bezeichnet, muss her. Nur so lassen sich drei Kindersitze in einer Reihe unterbringen.
Die Auswahl der verschiedenen Hersteller lässt sich se-hen. Fast alle namhaften Automarken haben einen Van im Programm – allerdings passiert zurzeit wenig Neues. Denn der Automarkt und insbesondere der Van-Markt stagniert und ist leicht rückläufig.

Qual der Wahl
Hinzu kommt eine Image-Verschlechterung. In den USA sind Vans bereits out und haben als „Mom’s Car“ ein eher negativ-hausbackenes Image. Fest steht aber: Eine Großfamilie kommt an einem Van nicht vorbei – vorausgesetzt, man möchte gemeinsam in einem Auto fahren. Die Frage ist nur: Welcher Van soll es sein? Bei den Sieben-sitzern gibt es Ford Galaxy, VW Sharan, Seat Alhambra, Renault Espace, Chrysler Voyager, Peugeot 807, Citroen Grand C4 Picasso, Mercedes Viano, Kia Carnival oder ganz neu etwa den Nissan Quashqai+2. Dazu noch einige Mini-Vans wie etwa Opel Zafira, VW Touran oder Toyota Corolla Verso.
Vorweg: Vom Design allein sollte nicht die Entscheidung abhängig gemacht werden. Wichtiger ist für Familien allemal die Kostenfrage. Neben dem Verkaufspreis sollten auch der laufende Betrieb und vor allem der Verbrauch vorab hinterfragt werden. Da gibt es enorme Unterschiede, je nach Typ und Modell. Auch der Basis-„Ab-Preis“ ist meist nicht relevant, sofern man einen bestimmten Komfort und Ausstattungsdetails nicht missen möchte. Rund 35.000 Euro sind daher locker für einen Neu-Van zu veranschlagen.
Vans werden nur in der Diesel- oder Benzin-Variante angeboten, ein Elektro- oder Hybrid-Van ist weit und breit bei keinem Hersteller in Sicht. Einzige ökologische Ausnahme-erscheinung ist der Opel Zafira, der erfolgreichste Mini-Van 2007 (mehr als 4600 Stück verkauft), der auch als Erdgas-Auto erhältlich ist (Modell 1.6 CNG Ecoflex). Der Erdgas-Zafira hat einen CO2-Ausstoß von 138 g/km. Das ist die niedrigste CO2-Emission aller Siebensitzer. Er belegt den ersten Platz seiner Kategorie in der Auto-Umweltliste des Verkehrsclubs Deutschland (VCD). Der Basispreis beträgt 24.750 Euro, mit Sonderausstattung steigen die Kosten auf rund 30.000 Euro. 2007 wurden aber vom Erdgas-Zafira nur 38 Stück verkauft.
Gegenüber einem vergleichbaren Dieselfahrzeug lassen sich rund 40 Prozent der Betriebskosten einsparen, gegenüber einem Benziner sogar über 50 Prozent, heißt es bei Opel. Die Reichweite im reinen Erdgasbetrieb beträgt bis zu 420 Kilometer. Der zusätzlich eingebaute 14-Liter-Benzintank sichert eine weitere Reichweite von 150 Kilometern.

Spitzenreiter Ford Galaxy
Der erfolgreichste große Siebensitzer-Van ist der Ford Galaxy, 2007 wurden 3301 Stück in Österreich verkauft (Gesamt-Pkw-Verkauf und Neuzulassung 2007: knapp 300.000). Damit wird die zweite Generation des Ford-Vans belohnt: Aus dem ehemaligen Langweiler ist ein eleganter Van mit beeindruckendem Innenraum geschaffen worden. Auch in der zweiten Sitzreihe lässt es sich bequem und entspannt reisen – und zwar ebenso für große Teenager oder Erwachsene. Eng wird es nur in der dritten Sitzreihe. Das ist wiederum generell bei fast allen Vans der Fall. Fein bei den Siebensitzern ist die Variabilität. Grundsätzlich lassen sich die zweite und dritte Sitzreihe in eine Ladefläche verwandeln. Beim Galaxy geht das einfach und rasch, und die Ladefläche ist wirklich riesig. Damit ist der Galaxy auch als Transporter sehr gut einsetzbar. Das meistverkaufte Modell Galaxy Ghia mit 140 PS ist derzeit um 36.900 Euro zu haben.

VW Sharan setzt auf Diesel
Volkswagen hat 2007 2859 Sharans verkauft und setzt jetzt neue Maßstäbe. Soeben wurde ein umweltfreundliches, aber leistungsfähiges Diesel-Fahrzeug vorgestellt: Der neue 2.0 TDI Bluemotion (140 PS, Dieselpartikelfilter) soll im Schnitt nur sechs Liter Diesel auf 100 Kilometern verbrauchen. Die CO2-Emissionen betragen 159 g/km. Wermutstropfen ist aber der stolze Preis. Der neue Sharan ist ab 38.444 Euro erhältlich. Als Zuckerl bietet VW bis 31. Dezember einen Investbonus von 5000 Euro für jeden neu gekauften Sharan. Weitaus günstiger kommt der Seat Alhambra, der über die gleiche Technik wie der VW Sharan verfügt und im gleichen „Stall“, im portugiesischen Palmera, produziert wird. Das meistgewählte Modell, der Alhambra Family, ist ab 27.990 Euro erhältlich.

Platz drei für Renault Espace
Der Renault Espace liegt auf Platz drei in der Gunst der Österreicher, 2007 wurden 2050 Stück verkauft. Etwas abgeschlagen rangieren der Peugeot 807 (praktische Schiebetüren) sowie der weniger bekannte Citroen Grand C4 Picasso, der wiederum durch seinen Preis besticht: Er ist ab 20.998 Euro erhältlich.
Wer es nobel mag, ist mit einem Chrysler Voyager oder einem Mercedes Viano gut beraten. Kantig und eher unkonventionell rollt der Kia Carnival heran. Hohe Erwartungen ruhen nun auf dem brandneuen Nissan Qashqai+2. Nissan versucht damit, den Erfolg des Qashqai weiter auszubauen.
Wer nun auf den Geschmack gekommen ist: Alle Hersteller schicken gerne umfangreiche Broschüren zu den genannten Autos zu, die sich via Internet einfach anfordern lassen. Dann heißt es nur noch probefahren (ruhig mit den Kindern) und eine Entscheidung fällen. Tipps für den Autokauf sowie Tests bietet auch der Öamtc.

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Economy Ausgabe 66-11-2008, 01.11.2008

Straße frei für Fußgänger und Radfahrer

Straße frei für Fußgänger und RadfahrerTU Wien / Institut für Verkehrsplanung und Verkehrstechnik

Alle Autos sollten in Garagen parken, fordert Verkehrsexperte Hermann Knoflacher. Die Straße ist zu wertvoll für parkende Autos. Wenn der Weg zur Garage gleich lang ist wie zur Straßenbahn, steigt man eher in die Tram.

Das gängige Rezept gegen Verkehrs-über-lastung ist, mehr Stra-ßen zu bauen. Dagegen hat Hermann Knoflacher, Professor für Verkehrsplanung an der Technischen Universität Wien, jahrzehntelang gekämpft. Seine wissenschaftlich untermauerte These: Die für Mobilität aufgewendete Zeit bleibt im Wesentlichen gleich, nur die gefahrenen Strecken werden länger.

economy: Sie sind Österreichs prononciertester Verkehrs-experte. Werden Sie aber auch ernst genommen?
Hermann Knoflacher: Ich habe viel umgesetzt, in Österreich und im Ausland. Also nehmen mich doch einige ernst.

Sie haben die Fußgängerzone in der Kärntner Straße in Wien erfunden. Was noch?
Ich habe in Wien den Radwegeverkehr und die Parkraumbewirtschaftung entwickelt und den öffentlichen Verkehr beschleunigt. In Innsbruck und Wels habe ich Fußgängerzonen gestaltet, in Linz die Straßenbahnen in den Bahnhof integriert – nur als Beispiel, wo man mich ernst genommen hat. Ich arbeite viel in Deutschland und Südtirol. In der Wissenschaft habe ich einen Paradigmenwechsel vollzogen, auch wenn viele es noch nicht begreifen.

Sie sagen seit Jahren, dass Autobahnbau Verkehrsprobleme nicht verringert, sondern im Gegenteil zu noch größerem Verkehrswachstum führt. Dennoch werden fleißig Autobahnen gebaut.
Vor 30 Jahren habe ich gelitten, wenn meine Erkenntnisse zu keiner Veränderung führten. Dann habe ich mich mit der Wissenschaftsgeschichte getröstet. Otto Hahn hat gesagt: „Falsche Theorien sterben nicht aus, indem sie widerlegt und durch andere ersetzt werden, sondern erst, wenn ihre Vertreter aussterben.“ Es ist eine Generationenfrage, bis sich neue Erkenntnisse durchsetzen.

Das dauert aber lange.
Es ist Ihr Problem, wenn Sie es so sehen. Man braucht Geduld, gute Nerven und eine gute Taktik. Als die Stadt Wien von Radwegen nichts hören wollte, wandte ich mich an einen Bekannten vom Arbö und sagte ihm, dass der Arbö in seinen Anfängen ein Radfahrerklub war. „Stimmt“, sagte er und gab mir einen kleinen Auftrag. Mit dem Geld habe ich mit meinem Assistenten das Radwegekonzept für Wien entwickelt. Mein wichtigstes Lebenswerk ist, dass ich gute Leute ausgebildet habe, die nun in den Verwaltungen sitzen und die Dinge verändern.

Für den Klimaschutz müssen wir radikal CO2-Emissionen reduzieren. Walter Boltz, Chef der E-Control, schlägt vor, dass öffentliche Verkehrsmittel gratis sein sollten, um Autofahrern einen Anreiz zum Umstieg zu geben. Sind Sie dafür?
Nein. Alle Nutzer von Verkehrsmitteln sollen zahlen, was es kostet. Für ein auf der Straße parkendes Auto müsste man monatlich 300 Euro zahlen, wenn man den Wert des Grundstücks berechnet. Autos sollten in Garagen abgestellt sein, damit die Straßen für Fußgänger und Radfahrer frei sind. Ist der Weg zur Garage genauso weit wie zur nächsten Haltestelle, wird es attraktiv, in die Straßenbahn einzusteigen. Unter solchen Bedingungen wird das Fahrzeug, das 100 Leute mit einem Fahrer befördert, das günstigste. Heute aber hat jenes System, das energetisch, flächenmäßig und sozial am ineffizientesten ist – der motorisierte Individualverkehr – die geringsten Kosten. Die wirklichen Kosten zahlt die Gesellschaft.

Mit einem Tempolimit von 80 km/h auf Landstraßen und 110 km/h auf Autobahnen würde man die CO2-Emissionen um zehn bis 15 Prozent verringern.
Das sage ich seit 40 Jahren.

Das ist aber bei Autofahrern so unpopulär, dass man auch jetzt nicht damit durchkommt.
Ist ja nicht wahr. Wäre ich Minister, würde ich es innerhalb eines Vierteljahres durchsetzen. In Tirol führten wir 1990 Tempo 80 auf Landstraßen ein. Wir wiesen eine große Reduktion von Verkehrsunfällen nach.

Glauben Sie, dass der Unfalltod von Jörg Haider die Raser bremsen wird?
Nein. Was sicher negativ gewirkt hat, war der Vorschlag des früheren BZÖ-Verkehrsministers Gorbach, Tempo 160 auf Autobahnen zuzulassen. Als einziger Landeshauptmann bewillig-te Haider eine Teststrecke auf der Tauernautobahn. Daran sind wohl einige Leute gestorben.

Economy Ausgabe 66-11-2008, 01.11.2008

Bewegungsmangel im globalen Dorf

Bewegungsmangel im globalen Dorf

Zwischen chronischer Zeitknappheit und Statusdruck lässt sich Mobilität nur bedingt als Freiheit genießen.

Globalisierung begann mit Dschingis Khan. Mehrere Jahrzehnte lang sei die Welt damals im Mongolischen Reich vereint gewesen, schreiben Jürgen Osterhammel und Niels Petersson im Buch Globalization. Was damals begann, scheint heute wohl bekannt: „Die Welt wird merkbar kleiner, weil ferne Länder immer enger verbunden werden“, so die Autoren.
Carl Malamud musste für sein Buch Exploring the Internet sieben Jahrhunderte später dennoch dreimal um die Welt reisen. Das Internet, schreibt er rückblickend auf den Begin der 1990er Jahre, „war kurz davor zu explodieren.“ Vor Fehleinschätzungen feite ihn seine ausgiebige Recherche nicht. Als er den Informatiker Tim Berners-Lee traf und dieser ihm seine noch unveröffentlichte Erfindung, das World Wide Web, zeigte, dachte sich Malamud: „Interessantes kleines Programm, aber nicht besonders relevant“, und er verzichtete auf eine Erwähnung in seinem Buch.
Knapp 20 Jahre später haben Internet und Web mehr zur Wahrnehmung der Welt als globales Dorf beigetragen, als dies davor Massenmedien und Verkehr gemeinsam vermochten. Chats, soziale Netzwerke und Video-telefonie sind Fenster in die Welt. Irakische Blogger berichten an den Medien vorbei, wie es in den Straßen von Bagdad zugeht. Doch ist uns die weite Welt damit näher? Der eigene Standort sei „im System fliegender Informationen irrelevant“, schreibt Soziologe Heinrich Popitz im Jahr 1989 und damit noch vor dem Durchbruch des Internets: „Der Raum als Distanz, als Weite (verkommt, Anm. d. Red.) zu einer altmodischen Kategorie.“
Unklar ist, wie sich die virtuellen Ausflüge auf unser tatsächliches Mobilitätsverhalten und Verständnis für die Vorgänge rund um den Globus auswirken. Es ließe sich beispielsweise argumentieren, dass sich durch die Möglichkeit von Telearbeit das Verkehrsaufkommen verringern könnte. Doch die soziale Vereinsamung durch Heimarbeit und ihr offenbar niedrigerer Status verhindern die Massentauglichkeit des Modells. Videokonferenzsysteme wiederum sorgen in der Geschäftswelt für verringertes Reiseaufkommen. Ein Ersatz fürs Händeschütteln sind diese dennoch nicht.

Virtuelle Mobilität
Während uns das Internet die eine oder andere Reise abnehmen kann, wird die sogenannte zirkuläre Mobilität größer: Pendler und Urlaubsreisende legen weitere Strecken zurück. „Mobilität ist Teil und damit Symbol eines Lebensstils“, stellen Peter Zoche und seine Mitautoren in Virtuelle Mobilität fest. Bestimmte Mobilitätsformen signalisieren die Zugehörigkeit zu einer Gruppe und sind ein Statussymbol. Die Grenze zwischen Freiheit und Getriebenheit ist dabei fließend. Die viel zitierte Mobilität der US-Amerikaner, die für einen Job kurzerhand mit Sack und Pack von New York nach Houston ziehen, ist von knappen Urlaubstagen und kurzen Kündigungsfristen eingeschränkt.
Doch Mobilität ist auch Beweglichkeit im Kopf. Unklar ist, wie beim ausführlichen Studium von zwei Dutzend Nachrichten-Websites noch Zeit bleiben soll, das Gelesene in geistige Mobilität umzusetzen. Und Umsetzung muss sein. Immerhin wird Mobilität nicht nur als Fähigkeit zur Bewegung definiert, sondern auch als deren Vollzug. Überhaupt scheint es in der Praxis von Mobilität nur beschränkt um Freiheit und Abenteuer zu gehen. Laut der Psychologin Britta Schmitz findet vor einer Mobilitätsentscheidung eine Abwägung zwischen Privatheit, Selbstbestimmung, neuer Erkenntnis und Kontrolle statt. Wer sich anders verhält, tut sich mit Systemdenken schwer oder bemerkt schlicht die Folgen seines eigenen Verhaltens nicht. Wie das Internet da hineinspielt, ist weitgehend offen. Auch Technologe Malamud beschränkt sich auf vorsichtige Deutungen: „Wir versuchen alle, die Auswirkungen des Internets zu verstehen, und jeder, der Antworten hat, stellt einfach die falschen Fragen.“

Economy Ausgabe 66-11-2008, 01.11.2008

Verkehr ohne Reue

Verkehr ohne ReueEPA

Mit dem Hybridauto begann das Umdenken. Heute sind neue, sinnvolle Systeme gefragt, um Fortbewegung ressourcenschonender und zugleich effizienter zu bewerkstelligen. Denn sparsame Autos alleine sind zu wenig.

Man schrieb das Jahr 2000, als Toyota Flugzeugladungen von europäischen Journalisten nach Brüssel einlud, um dort ein für unsere Begriffe damals völlig neuartiges Auto vorzustellen: den Toyota Prius, das erste serienreife Fahrzeug mit Hybridantrieb, das heißt einer Kombination aus Otto- und Elektromotor und einem komplexen Motor-Management, das das Umschalten zwischen diesen Antriebsarten zum Zwecke der Benzinersparnis ermöglicht.
Damals war die erste Reaktion der Presse ein ungläubiges Schmunzeln über so viel Öko-Hightech-Getue. PS-verwöhnte Motorjournalisten gaben dem Prius keine großen Marktchancen in Europa, ließ er doch alles vermissen, was ein schnittiges Auto ausmacht. Das Design sei langweilig, der Wagen wirke extrem verbaut, der Motor sei schwach und fad und der Elektroantrieb verkörpere reine Gewissens-entlastung für Grünbewegte, hieß es bei den nachfolgenden Diskussionen.
Was keiner der vorgeblichen Auto-Insider aber ahnte, war, dass man hier einem nachgerade historischen Ereignis beiwohnte. Der Toyota Prius läutete ein neues Zeitalter des umweltbewussten Fahrzeugbaus ein. In den darauffolgenden Jahren, als die Benzinpreise in ungeahnte Höhen schnellten, die Welt sich Gedanken über eine nahende Klimakatastrophe zu machen begann, Kyoto-Ziele formuliert wurden und die Mode-Ära der großen Sport Utility Vehicles zu Ende ging, war der Prius plötzlich sehr, sehr ernst zu nehmen.
Hämische Kommentare der deutschen Autoindustrie gegenüber dem neuartigen japanischen Hybridantrieb verstummten. Plötzlich fingen die Ingenieure bei Mercedes, BMW, VW und Opel an nachzudenken. Plötzlich war ein um 30 Prozent geringerer Benzinverbrauch als zugkräftiges Verkaufsargument auch Marketing-Strategen klar.
Das, was deutsche Hersteller beim Hybridantrieb verschlafen hatten, versuchten sie nun mit sparsamen Hightech-Dieseln nachzuholen. Es dämmerte vielen, dass die belächelte Prius-Premiere in Brüssel einen Wendepunkt dargestellt hatte.

Verkaufsschlager
Mit Ende April 2008 konnte Toyota eine Mio. verkaufter Prius für sich verbuchen. Seit der Markteinführung, die in Japan bereits 1997 erfolgte, seien somit rund 4,5 Mio. Tonnen CO2 weniger emittiert worden, erklärte der Hersteller. In Europa wurden seit dem Jahr 2000 rund 100.000 Prius verkauft, der Löwenanteil davon in den letzten zwölf Monaten.
Toyota-Österreich-Sprecher Walter Wendt verweist auf einen zügigen Ausbau der Hybrid-Palette bei den Konzernmodellen, vor allem bei Lexus. Dort sind bereits drei Fahrzeuge (GS450h, RX400h und LS 600h) mit Hybridantrieb ausgestattet.
Ansonsten kann man derzeit in Österreich noch einen Honda Civic Hybrid bekommen, dann ist mit der Auswahl aber Schluss. Bis Volkswagen wie angekündigt mit Hybridmodellen auf den Markt kommt, wird es noch bis 2010 dauern. Der Golf-Diesel-Hybrid wurde allerdings schon heuer beim Genfer Automobilsalon präsentiert – als „Prius-Killer“ natürlich.
Wettbewerb zwischen „sauberen Autos“ hilft Probleme anzugehen, denen sich die Menschheit hinsichtlich der Mobilität der Zukunft gegenübersieht. Da bislang alle Initiativen, die Mobilität der Bevölkerung völlig vom Auto zu entkoppeln, zum Scheitern verurteilt waren, kann sich die Industrie nur bemühen, der Zunahme des Individualverkehrs mit umweltfreundlicheren Autos zu begegnen.
Zur Zukunft der Mobilität gibt es indessen ganze Bibliotheken an Studien. Der gemeinsame Nenner der meisten dieser Untersuchungen lautet, dass eine weitere Zunahme des motorisierten Individualverkehrs unvermeidbar ist, jedoch dürfte sich dieser zumindest in jenen Städten und Ballungsräumen der Industrieländer reduzieren, die in der Lage sind, neue „Mobilitätsnetzwerke“ anzubieten, die die Abhängigkeit vom Auto verringern. Dazu gehört laut dem Münchner Verkehrs-experten Frederic Vester, einem der führenden Vordenker im Hinblick auf dieses Thema, ein „Mobilitätsmix“ von verschiedenen Fortbewegungsmitteln, die das Auto miteinschließen können, wenn es nur genügend Schnittstellen zu Netzwerken öffentlicher Verkehrsmittel oder Angeboten wie Öko-Leihauto-Systemen, Fahrgemeinschaften, Autoreisezügen und dergleichen gäbe. Diese Logistik sollte vor allem dem Ziel der Ressourcenschonung folgen. Das althergebrachte Argument, individuelle Mobilität sei gleichzusetzen mit Fortschritt, gelte in der modernen Welt nicht mehr, so Vester.
Genau diese Ideen sind es auch, die die EU in ihrem Grünbuch zur städtischen Mobilität thematisiert. Für mehr Ökologie, weniger Staus, mehr Effizienz im Ballungsraumverkehr gebe es zwar „kein Patentrezept“, heißt es dort. Doch müsse sich eine jede Stadtverwaltung überlegen, wie sie sich den künftigen Herausforderungen der Mobilität stellt.
Lösungsansätze sind neben den Dauerbrennern – besserer öffentlicher Verkehr, Park-and-Ride-Anlagen, Car-Sharing und Car-Pooling vor allem auch radikale Maßnahmen wie die Einführung einer City-Maut oder schmerzhafte Steuern für großvolumige, benzinfressende Fahrzeuge. Man ist sich aber einig, dass es vor allem auf die Verkehrsschnittstellen ankommt, also den Anreiz für den individuellen Autofahrer, von seinem Auto auf öffentliche Nahverkehrssysteme umzusteigen, je dichter er in Ballungsräume kommt.
Teilkomponenten für eine solche Lösung liegen im Verkehrsmanagement selbst, in der Nutzung von Telematik, intelligenten Gebührensystemen und einer effizienten Auslastung der Infrastruktur. Benzinsparende Fahrzeuge wären ein Teil dieser Lösung und würden das Gesamtbild eines ökologischen Mobilitätssystems abrunden, meint die EU.

Kultur der Mobilität
Nicht zuletzt sei es wichtig, eine neue „Kultur der Mobilität“ zu schaffen, also die Akzeptanz alternativer Mobilitätslösungen in der Bevölkerung an sich zu steigern. Wie schwer dieses Umdenken allerdings zu bewerkstelligen ist, zeigt sich vor allem am Scheitern der europäischen Grün-Parteien an diesem Problem.
Laut Reinhard Rack, österreichischer EU-Abgeordneter und Berichterstatter zum Grünbuch zur städtischen Mobilität, befinden sich die Städte „in einer sehr schwierigen Situa-tion“, diese Herausforderungen zu meistern. Einerseits seien die Behörden gezwungen, die Überlastung der Verkehrswege durch ständigen Bau neuer Infrastruktur zu lindern, um die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes zu sichern; andererseits werde aber von vielen Bürgern eine Ökologisierung der Verkehrslösungen erwartet, die einen weiteren Verbau der Lebensumwelt mit Straßen und Verkehrswegen ausschließt.
Die EU, so Rack, könne in diesem Zusammenhang nur anregend wirken, da die Zuständigkeit für Verkehrsinfrastruktur und Mobilität bei den Staaten beziehungsweise deren Kommunen selbst liege. Man müsse allerdings davon wegkommen, sich überwiegend auf den Personenverkehr und auf Privatautos zu konzentrieren, da ein Großteil der Verkehrsprobleme auch vom Güter- und Lastentransportverkehr mitverur-sacht wird. Für den städtischen Bereich böten sich hier ebenfalls verbesserte Schnittstellenlösungen und neuartige Ideen an: etwa die in Wien bereits angedachte Lösung einer Lastenstraßenbahn, die die Zustellung von Gütern in der Stadt übernehmen und damit den innerstädtischen Lkw-Verkehr eindämmen könnte. Auch die in Wien genutzten Erdgasbusse kämen für solche Anwendungen in Frage. Laut Rack haben sich die Kommunen ebenso wenig wie die EU-Kommission ausreichend mit den Problemen des Frachtverkehrs auseinandergesetzt.

Mächtige Lobbys
Man darf natürlich nicht vergessen, dass sich die Politik dabei im Würgegriff der Lobbys befindet, sei es jene der gro-ßen europäischen Autohersteller oder jene der großen Frächter.
Michael Cramer und Eva Lichtenberger, verkehrspolitische Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament, kritisieren, dass die EU eine wichtige Chance verpasst, einen konkreten und hilfreichen Rahmen für Ballungsräume zu schaffen. „Im Kontext des Klimawandels spielen die Städte eine zentrale Rolle“, betonen die beiden Grünen. Der Verkehr sei dort für rund 40 Prozent aller CO2-Emissionen und 70 Prozent aller Treibhausgase verantwortlich. Es werde der EU nicht gelingen, die eigenen Klimaschutzziele zu erreichen, wenn Verkehr nicht verringert und vom Auto auf Bahn, Bus, Radfahren und Zu-Fuß-Gehen umgestiegen werde.
Bisher werden 60 Prozent der EU-Gelder im Verkehrsbereich für Straßenprojekte eingesetzt, nur 20 Prozent gehen in den öffentlichen Nahverkehr und die Schiene, argumentieren Cramer und Lichtenberger. Wichtig wäre es, Gelder aus Brüssel verbindlich nur dann zu gewähren, wenn Städte einen nachhaltigen Mobilitätsplan vorlegen können.
Man sieht also, dass es alleine mit der Verbreitung von Hybridautos, Ethanol- oder Bio-gas-Kraftstoff oder in Zukunft vielleicht von Wasserstoff-autos nicht getan ist. Verkehr in Ballungsräumen ist darüber hinaus auch ein soziologisches Problem und nicht nur eines, dem man ausschließlich mit Grün-Konzepten begegnen sollte. Für viele Erwerbstätige ist die Nutzung eines Autos essenziell und ihr Mobilitätsverhalten den Lebensbedingungen angepasst. Für zahlreiche dieser Menschen hat ein ökologisches Auto nicht unmittelbare Priorität, oder sie werden kaum einen Teil ihrer Lebenszeit der längeren Transportdauer in öffentlichen Verkehrsmitteln opfern wollen – der Umwelt zuliebe.
Andererseits könnte die Politik deutlicher mit Lenkungseffekten eingreifen, wenn sie nicht so sehr auf ihr Wählerpotenzial Rücksicht nehmen müsste. So ist es kein großes Geheimnis, dass der gut verdienende Mittelstand, der in Wien arbeitet, aber in den sogenannten „Speckgürteln“ rund um die Stadt schmucke Eigenheime besitzt, ein wesentlicher Nutznießer der Pendlerpauschale ist – was die Verwendung eines Autos umso mehr fördert. Diesen Leuten könnte man die Nutzung eines Öko-Autos schmackhaft machen, indem man die Pendlerzuschläge damit verknüpft. 
Einige Fantasie hinsichtlich Steuererleichterungen und/oder Förderungen für Alternativ-antriebe wäre also durchaus angebracht.

Economy Ausgabe 66-11-2008, 01.11.2008

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