Der V8 – ein Requiem
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Der amerikanische V8-Motor alias Detroit Iron hat eine fast hundertjährige Geschichte auf dem Buckel. Doch die Tage des Brot-und-Butter-Aggregats des US-Motorenbaus sind gezählt.
Ein klassischer V8-Motor guter, alter amerikanischer Bauart hat nicht viele Spezifikationen: Er ist entweder ein Small Block oder ein Big Block, je nach Cubic Inch (cui, Hubraum). Horse-power ist Nebensache. Das technische Layout ist denkbar einfach und basiert auf einer 90-Grad-V-Anordnung zweier Vierzylinder-Blöcke mit zentraler Nockenwelle und einer mächtigen Kurbelwelle darunter.
Der V8 ist ein legendäres Stück aus der Geschichte des Motorenbaus – erstmals eingesetzt 1914 –, aber die derzeit erratischen Zustände der Auto-industrie lassen eines sicher erscheinen: Seine Tage sind gezählt. Heutzutage gelten weniger Cubic Inches als Miles per Gallon (mpg, amerikanische Verbrauchsangabe). Die Realität holt die Ikone ein.
Die Zeit ist also reif für einen Rückblick auf den Blubbermotor. Den klassischen Small-Block-V8, wie er millionenfach in ikonischen Gefährten wie dem Chevy Caprice, Corvette
oder Pontiac Trans Am, in Fords, Cadillacs, Oldsmobiles, Dodges und Buicks eingesetzt wurde, gab es in Größen von 265 cui (4,3 Liter) bis 327 cui (5,7 Liter). Ein Big Block wiederum ist alles, was mehr als 360 cui (5,9 Liter) hat, und hier reichte die Palette bis zu enormen Monstern wie dem 500 cui (8,2 Liter), den man in den 1970er Jahren in Serien-Cadillacs vorfand, und zu Mega-Versionen wie dem 572 cui (9,4 Liter) V8 von General Motors, der als Tauschmotor für alle Autos angeboten wurde, „die genug Platz unter der Haube haben“, wie es noch im Jahr 2002 hieß.
Viele dieser Motoren, vor allem die Brot-und-Butter-Small-Blocks für die weit verbreiteten Fullsize-Limousinen, wurden jahrzehntelang fast unverändert, mit nur geringfügigen Modernisierungen, hergestellt. Die Vorteile eines V8 waren lange unschlagbar: ein behutsamer Kraftaufbau beim Wegfahren, eine Laufruhe ideal für lange Highway-Fahrten, genug Kraft und Drehmoment für Anhängelasten, lange Lebensdauer und einfache Reparatur. Fans addieren hierzu noch den V8-Blubbersound, brachiale Gewaltentfaltung beim beherzten Gaspedaldruck und letztlich das entspannte Cruisen.
Blubb, blubb, blubb
Aber: Ein V8 hat aus heutiger Sicht auch eine Menge Nachteile. Ein BMW-Techniker führte in einem Gespräch kürzlich den „verheerenden Wirkungsgrad“ der amerikanischen V8-Motoren ins Treffen, der alten sowieso, aber auch der neuen Achtzylinder, mögen sie nun Vortec oder Northstar oder wie auch immer heißen. Im Vergleich mit einem Hightech-V8-Turbodiesel von BMW mögen die Detroit Irons durchaus sprichwörtlich ein wenig abstinken, aber wer hat behauptet, dass BMW-V8 jemals das Zeug zu einer Ikone haben werden?
Nun ja, zu den Nachteilen. Der größte ist sicherlich der enorme Benzindurst der riesigen Triebwerke, der seinen Höhepunkt im Stadtverkehr bei Stop and Go erreicht, auf der Autobahn aber so schlimm auch wieder nicht sein muss. Ein weiterer Nachteil ist der langsame Beschleunigungsaufbau beim Überholen. Und andere sind sicherlich auch der imposante Ölverbrauch und so manche Probleme beim Kaltstart.
Demgegenüber sind amerikanische V8-Motoren leicht zu reparieren, nahezu unverwüstlich und auf Laufleistungen jenseits der 300.000 Kilometer angelegt. Der Auto dieser Zeilen durfte folgende V8-Autos vorübergehend sein Eigen nennen und aus vollen Zügen genießen: Chevy Caprice 1984, Pontiac Trans Am 1976, Chevrolet Chevelle 1972 und Dodge Charger 1974. Die imposanten Limousinen boten Fahrerlebnisse, die man nicht missen möchte. Abgesehen von den Tankstopps. Besonders die Caprice mit dem 100-Liter-Tank zeigte sich hier unbarmherzig.