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26. Juli 2024

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Einschreiben via E-Mail

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Duale Zustellung sorgt für enorme Kosten- und Zeitersparnis und garantiert ein Maximum an Sicherheit.

Seit Mitte Oktober ist es amtlich: Behördenbriefe kommen, wenn der Empfänger möchte, in Zukunft elektronisch und müssen nicht mehr von der Post abgeholt werden. Zu verdanken ist das einem Abkommen, das zwischen dem Bundeskanzleramt (BKA) und Raiffeisen Informatik geschlossen und dieser Tage der Öffentlichkeit präsentiert wurde.
Wilfried Pruschak, Geschäftsführer von Raffeisen Informatik: „Wir sind sehr stolz auf unser neues Service. Damit können Dokumente jederzeit und überall in Sekundenschnelle sicher übermittelt und garantiert an den wirklichen Adressaten zugestellt werden. Das ist nicht nur ein einfaches Mail, sondern beinhaltet alle rechtssicheren Zustellarten wie zum Beispiel RSa- und RSb-Briefe.“

Prompt und sicher
Jahr für Jahr werden in Österreich über 60 Mio. Einschreibebriefe versendet. Die elektronische Zustellung bietet aufgrund enormer Kosten- und Zeitersparnisse Behörden und Unternehmen nunmehr die Möglichkeit zu mehr Ökonomie und Effizienz. Kostet ein eingeschriebener Brief derzeit bis zu 6,85 Euro, kommt ein Einschreiben bei elektronischer Zustellung auf lediglich 95 Cent. Zustellkosten können durch die elektronische Zustellung um bis zu 90 Prozent reduziert werden. Darüber hinaus entfallen Produktions- und Transportwege, was wiederum der Umwelt 
zugutekommt.
Das elektronische Zustellservice erleichtert aber auch zahlreiche und mehrheitlich zeit-intensive Amtswege. „Mit der elektronischen Zustellung ist es möglich, E-Government-Anwendungen durchgängig online durchzuführen. Behördenverfahren können von der Antragstellung bis zur Zustellung vollständig im Internet abgewickelt werden. Damit unterstützen wir auch Österreichs Vorreiterrolle im E-Government“, zeigt sich Pruschak erfreut.
Und so funktionieren die nunmehr zwei Wege der Zustellung: Bei der dualen Zustellung wird jedes Dokument an eine sogenannte Sendestation übergeben. Ist der Empfänger auf elektronischem Wege erreichbar, wird er über den Erhalt der Sendung informiert und kann das Dokument innerhalb eines bestimmten Zeitraums vom Hochsicherheitsserver abholen. Der Versender erhält eine elektronische Abholbestätigung, wenn das Dokument vom Zustellserver abgeholt wurde. Sollte der Empfänger über keinen elektronischen Briefkasten verfügen, wird das Dokument im Raiff-eisen-Output-Center gedruckt, kuvertiert und per Post zugestellt. Absender und Empfänger sind durch Registrierung und Authentifizierung eindeutig identifizierbar. Der Empfang des Schreibens ist nur mittels „qualifizierter Signatur“ möglich, und auch die Abholbestätigung muss elektronisch signiert werden. Das System der dualen Zustellung wurde vom BKA durch das E-Government-Inno-vationszentrum grundlegend geprüft – bei Implementierung und Betrieb wurde auf höchstmögliche Sicherheit geachtet. Die elektronische Zustellung der behördlichen Einschreiben erfolgt nach Paragraf 37 des Zustellgesetzes und ist damit auch rechtsverbindlich.

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Economy Ausgabe 66-11-2008, 01.11.2008

Fairer Preis für gute Informationen

Fairer Preis für gute Informationen

Die Recherche in Online-Medienarchiven ist zwar kostenlos, für den Content muss aber bezahlt werden.

Die Recherche in Medien- und Nachrichtenarchiven war früher ausgewiesenen Experten vorbehalten; heute steht sie auf vielen Plattformen im Internet jedem registrierten Benutzer offen. Die meisten Suchmaschinen bieten komfortable Benutzeroberflächen, die eine rasche Eingrenzung der Treffer nach inhaltlichen Kriterien erlauben. Die Suche ist kostenlos, für den Download von Content muss jedoch bezahlt werden.
In Österreich betreibt APA-Defacto eine Mediensuchmaschine im Internet, die fast ausschließlich Paid Content anbietet. Da allgemeine Suchmaschinen im Internet als kostenlose Dienste angeboten werden, stellt sich die Frage, warum für bestimmte Informationen bezahlt werden muss. Waltraud Wiedermann, Geschäftsführerin von APA-Defacto, erklärt: „Paid Content ist nur im Geschäftsbereich ein Thema. Dort, wo aufgrund von Informationen Entscheidungen getroffen werden, sind die Verlässlichkeit und die Rechtssicherheit ebendieser Informationen von größter Wichtigkeit. Außerdem stimmt das Preis-Leistungs-Verhältnis, denn der Kunde bezahlt nur für wirklich relevante Treffer.“

Bezahlschnittstelle
Mit dem Relaunch der Suchmaschine und der Integration in die APA-Defacto-Wissenswelt im Jahr 2007 wurde erstmals auch eine echte Online-Bezahlschnittstelle angeboten, die über den Payment Service Provider Qenta sämtliche Online-Bezahlformen an die APA-Defacto-Services andockt. Heute können Kreditkarten, EPS-Online-Banking oder auch die Paysafecard eingesetzt werden, um die gewünschte Information sofort herunterladen zu können. Für Waltraud Wiedermann ist das der richtige Weg: „Mit der Einführung der Online-Bezahlschnittstelle hat sich der Gesamtumsatz deutlich erhöht, und unsere Umsätze steigen weiter kontinuierlich. Geschäftsleute wollen ihre Kosten absehbar kalkulieren. Transparente Abrechnungen und ein seriöser Partner schaffen auch im Internet Vertrauen.“
Das Archiv von APA-Defacto umfasst mehr als 90 Mio. Dokumente, und täglich kommen 9000 Einträge dazu. Sämtliche österreichischen Tages- und Wochenzeitungen, relevante Medien aus dem deutschsprachigen Raum, Fach- und Firmendatenbanken sowie Abschriften von Radio- und Fernsehsendungen sind tagesaktuell und historisch abrufbar.

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Economy Ausgabe 66-11-2008, 01.11.2008

Freiheit beim Bezahlen

Freiheit beim Bezahlen

Aufladbare Kreditkarte bewährt sich beim Onlineshopping.

Mit der neuen Mastercard Red vervollständigt Pay Life Bank nun die Angebotspalette des Unternehmens im Sektor Prepaid-Karten. Denn damit liegt nun eine wiederbeladbare Prepaid-Kreditkarte vor, die beliebig oft mit bis zu 5000 Euro vorgeladen werden kann. Das gewährleiste, so ist aus dem Unternehmen zu hören, maximale Freiheit bei zugleich verantwortungsvoller Kontrolle.
Die Bezahlung mit der Mastercard Red ist weltweit kostenlos und bei allen Mastercard-Vertragspartnern möglich. Die Karte ist dabei an kein Konto gebunden, nicht personalisiert – das heißt, es findet sich kein Name auf der Karte – und kann deshalb sofort an Kunden ausgegeben werden. Im Verlustfall ist die Mastercard Red sperrbar. Das Guthaben wird dann in diesem Fall auf eine kostenlose Ersatzkarte über-tragen. Die Kosten für die Mastercard Red belaufen sich auf einmal 24 Euro (plus ein Prozent der Ladesumme), die Gültigkeit beträgt drei Jahre.
„Mit diesem Produkt bieten wir jetzt auf dem Prepaid-Sektor eine volle Palette für ganz unterschiedliche Bedürfnisse“, freut sich Peter Neubauer, Geschäftsführer von Pay Life: „Jährlich wächst das Interesse an Gutscheinkarten und Prepaid-Karten. Eine wiederbeladbare Kreditkarte hat uns und unseren Kunden noch gefehlt.“ Die Mastercard Red ist die optimale Karte für Jugendliche, für Onlineshopper und eine ideale Ergänzung zur Kreditkarte für Erwachsene für separate Ausgaben.

Economy Ausgabe 66-11-2008, 01.11.2008

Systembiologischer Ansatz

Systembiologischer AnsatzFotolia.com

Giulio Superti-Furga: „Die Pharmaindustrie lebt mit einem Paradoxon: Es wird immer mehr Geld in Forschung und Entwicklung gesteckt, es werden damit aber immer weniger neue Medikamente mit einer wirklich neuen Wirkungsweise hervorgebracht“, erklärt der Direktor des Forschungszentrums für Molekulare Medizin.

economy: Der Begriff der Systemtheorie ist in der Biologie nicht ganz neu. Was ist das Neue am Ansatz der System-biologie?
Giulio Superti-Furga: Als eine noch junge wissenschaftliche Disziplin ist die Systembio-logie bestrebt, einen Überblick über die molekulare Physiologie und ihre vielfältigen Geschehnisse im menschlichen Organismus zu bekommen. Wir erleben momentan eine Gegenbewegung zu der bisherigen reduktionistischen Betrachtungsweise, die sich hauptsächlich auf einzelne isolierte Abläufe konzentriert hat und uns damit ja sehr wichtige und praktikable Ergebnisse wie das Interferon oder das Insulin gebracht hat. Die Systembiologie dagegen wählt einen mehr holistischen „Netzwerk-Ansatz“ und versucht, die Zusammenhänge zwischen Molekülen und die Gesetzmäßigkeiten des Zusammenspielens zu verstehen.

Es geht Ihnen um eine grundsätzliche Neuausrichtung der medizinischen Forschung. Was schlagen Sie konkret vor?
Mein Kollege Adriano Henney, der als Systembiologe beim Pharmakonzern Astra Zeneca tätig ist, und ich haben einen Aufruf in Nature veröffentlicht, wo wir die Forschungsgemeinschaft auffordern, einen weniger theoretischen, sondern viel praktischeren Weg zur Anwendung systembiologischer Ansätze für die Entwicklung von Medikamenten zu gehen. Damit wollen wir die Experten auf diesem Gebiet komplementär vernetzen und greifen so auch das Netzwerk-Denken auf, das sich seit geraumer Zeit immer stärker in allen gesellschaftlichen Bereichen ausbreitet. Wir wollen dabei aber nicht Visionen entwickeln, sondern konzen-triert und pragmatisch auf gemeinsame Ziele hinarbeiten, die in den nächsten fünf Jahren zu erreichen sind. So sollen auch Skeptiker überzeugt werden, dass dieser neue Ansatz wertvoll ist. Das sind natürlich sehr große und arbeitsintensive Vorhaben, daher braucht es unbedingt die Zusammenarbeit der forschenden Gemeinschaft.

Auf welchen Therapiegebieten sehen Sie die größten Realisierungspotenziale?
Wir haben im Juni dieses Jahres in Portofino ein kleines Meeting mit führenden Forscherinnen und Forschern aus der ganzen Welt gehabt, bei dem wir gemeinsam eine Reihe von Gebieten eingegrenzt haben, von denen wir überzeugt sind, dass wir dort mit einem systembiologischen Ansatz relativ rasch Ergebnisse erzielen können. Zunächst handelt es sich dabei um die allgemeinen Gebiete der Toxikologie und der Kombinationstherapien, die über alle Therapiegebiete hinweg wichtig sind. Experten sind der Meinung, dass es sich auch bei Stoffwechselerkrankungen, Krebs sowie Entzündungs- und Infektionskrankheiten lohnen würde, die Aufgaben zu 
konzentrieren.

Und wie wollen Sie da methodisch vorgehen?
In den Forschungslabors, die meisten davon werden privatwirtschaftlich geführt, existieren enorme Datenmengen aus unzähligen Forschungsprojekten zur Entwicklung von Arzneimitteln, auch aus gescheiterten. Es ist ja in der Praxis so, dass es wesentlich mehr Projekte gibt, die scheitern, weil die Sub-stanz auch „toxisch“ wirkt, als solche, die einen klaren Erfolg verbuchen können. Wenn wir diese „toxikologischen“ Daten zusammenführen und kombinieren können, würden wir eine wesentlich bessere Vorhersagekraft für bestimmte Effekte und Ergebnisse bekommen. Insgesamt ist unser vorrangiges Ziel, Daten besser zugänglich zu machen, Standards für die Datenerhebung festzulegen und einen lückenlosen Datenstrom herzustellen – angefangen bei den biochemischen Tests über molekularbiologische Experimente bis hin zu den klinischen Tests. Darüber hinaus sollten bei der Suche nach neuen Medikamenten mathematische Modelle bereits in einem frühen Stadium routinemäßig eingesetzt werden.

Ist es denn denkbar, dass die vielen Einzelinteressen der Forschung und der Industrie sich zu einem konzertierten Vorgehen vereinen lassen?
Die Pharmaindustrie lebt mit einem Paradoxon: Es wird immer mehr Geld in Forschung und Entwicklung gesteckt, es werden damit aber immer weniger neue Medikamente mit einer wirklich neuen Wirkungsweise hervorgebracht. Auf der anderen Seite kommt es zu einer immer stärkeren Diversifikation der Pharmafirmen, die sich auf bestimmte Anwendungsgebiete spezialisieren. Vor diesem Hintergrund sind wir überzeugt, dass die Bündelung der Kräfte für die gesamte Pharmabranche von Vorteil wäre. Außerdem stehen wir mit unserer Initiative ja nicht allein auf weiter Flur da. In Europa gibt es die „Innovative Medicines Initiative“, eine Public Private Partnership zwischen der europäischen Pharmaindustrie und der Europäischen Kommission – und als US-amerikanisches Pendant dazu die „Critical Path Initiative“ der Food and Drug Administration.

Und wie geht es nun mit Ihrem eigenen Projekt konkret weiter?
Mit unserem Startmeeting in Portofino haben wir den Stein ins Rollen gebracht. In der Fachzeitschrift Nature haben mein Kollege Henney und ich einen Artikel veröffentlicht, der die Meinung vieler Experten zu dem ganzheitlichen Ansatz der Systembiologie für Arzneistoff-entwicklung darstellt. Im Nature-Netzwerk ist nun auch ein Diskussionsforum eingerichtet, wo wir unsere Kolleginnen und Kollegen einladen, weitere Beiträge zu dem Thema einzubringen. Gleichzeitig bereiten wir gerade ein Dokument vor, das eine detailliertere Darlegung des neuen zielgerichteten systembiologischen Modells enthalten wird. Spätestens Ende nächsten Jahres wollen wir dann ein zweites Meeting abhalten, bei dem wir Fragen zur konkreten Umsetzung unseres Projekts besprechen wollen. Denn wie ich schon gesagt habe: Wir wollen nicht eine Vision mit vielen Versprechungen anbieten, sondern eine praktika-ble Vorgehensweise, um die Entwicklung neuer Medikamente effizienter und kostengünstiger zu gestalten.

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Economy Ausgabe 66-11-2008, 01.11.2008

Auf dem Olymp der Forschung

Auf dem Olymp der Forschung IMBA

Österreichische Grundlagenforschung in den Lebenswissenschaften durch hoch dotierte Förderung ausgezeichnet.

Zum ersten Mal vergab heuer der von der Europäischen Kommission eingerichtete European Research Council (ERC) hoch dotierte Förderungen für grundlagenorientierte Pionierforschung. Mit diesem „Flaggschiff“-Förderungsprogramm werden anspruchsvolle und risi-koreiche Forschungsprojekte in drei Programmlinien unterstützt: Physik und Ingenieurwissenschaften, Geistes- und Sozialwissenschaften sowie Lebenswissenschaften. Im Rahmen der ersten, mit insgesamt 517 Mio. Euro budgetierten Ausschreibung der sogenannten „ERC Advanced Grants“ hatten sich 2167 Antragsteller aus der Crème de la Crème der europäischen Forschungsgemeinschaft beworben.

Würdigung des Werkes …
Mit Josef Penninger, Leiter des Wiener Instituts für Molekulare Biotechnologie (IMBA) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW), und Barry Dickson, Direktor des Wiener Forschungsinstituts für Molekulare Pathologie (IMP), haben zwei prominente heimische Forscher im Bereich der Lebenswissenschaften einen ERC Advanced Grant zugesprochen bekommen. Damit kommen zwei von 13 öster-reichischen Antragstellern in den Genuss dieser Förderung; insgesamt gab es in den Lebenswissenschaften 766 Bewerber, von denen letztlich 78 ausgewählt wurden.
Der Molekularbiologe Penninger will mit seinem Team genetische Mechanismen untersuchen, die zur Entstehung von Krebs und Metastasen führen. Auf Basis von systemgenetischen Versuchen an Fliegen und Mäusen sollen Erkenntnisse gewonnen werden, die dann auch auf die menschliche Physiologie angewendet werden können. Dafür wird das IMBA-Projekt „Combine“ für einen Zeitraum von fünf Jahren mit einem ERC Advanced Grant in der Höhe von insgesamt 2,5 Mio. Euro gefördert.
Für den 44-jährigen Josef Penninger herrscht seit einigen Monaten eine Art Erntezeit in seiner rund 20-jährigen Forschertätigkeit: 2007 erhielt er den Descartes-Preis der Europäischen Kommission für erfolgreiche grenzüberschreitende Forschungsprojekte; ebenfalls 2007 wurde er mit der Carus-Me-daille der deutschen Leopol-dina-Akademie und dem Hamburger Ernst-Jung-Preis für Me-dizin ausgezeichnet. Neben der Würdigung seines Forschungswerkes durch den ERC Advanced Grant, der so etwas wie die Aufnahme in den Olymp der europäischen Forschungsgemeinschaft bedeutet, wurde Penninger vor Kurzem auch zum Mitglied der European Molecular Biology Organization (EMBO) gewählt. Diese Mitgliedschaft wird für „exzellen-te Forschung in der Molekularbiologie“ auf Lebenszeit verliehen.


… und der Teamarbeit
Im Gespräch mit economy betonte Penninger allerdings mehrfach die Wichtigkeit des Teamworks in der Forschung und dass er sich nur als „Playing Captain“ eines tollen Teams sieht: „Es ist relativ einfach, sich eine Kathedrale im Kopf auszudenken. Um diese Kathe-drale dann aber wirklich zu bauen, bedarf es der Arbeit vieler Leute, die alle einen wesentlichen Teil dazu beitragen. In diesem Sinne ist man als Laborleiter ein Architekt, der Pläne entwirft, die dann gemeinsam mit anderen verworfen, verbessert und manchmal auch umgesetzt werden.“

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Economy Ausgabe 66-11-2008, 01.11.2008

Fahrspaß bis zum globalen Crash

Fahrspaß bis zum globalen Crash

Tief in ihm brennt italienisches Feuer. Er hat Temperament. Er begegnet mir mit purer Eleganz. So präsentiert er sich in der Kontaktanzeige – äh, Werbung.

Er heißt Alfa Romeo und ist ein Auto. Doch was ich von dem Schönen wissen will – wie viel Kohlendioxid er ausatmet – verschweigt er.
Der andere ist stocknüchtern. Weder mit Eleganz noch mit Design will er locken. Der Citroen ist in einer Identitätskrise: Er meint, er sei ein Deutscher. Das Prospekt preist die absenkbare Laderaumkante und intelligent mitlenkende Bi-Xenon-Scheinwerfer. Nach sieben Seiten technischer Details folgt die ökonomisch und ökologisch wichtigste Information ganz lapidar: 5,6 bis 9 Liter Verbrauch, bis zu 225 g/km CO2-Emissionen. Mon Dieu.
Die Ressourcen gehen zu Ende, der Planet überhitzt sich. Alles egal? Her mit dem Einliterauto, und zwar ganz diktatorisch für alle. Spritfresser sollten so hoch besteuert werden, dass sich nur mehr Milliardäre und Bescheuerte solche Autos kaufen. 1999 brachte VW den Dreiliter-Lupo auf den Markt. Nun steht er im Museum in Wolfsburg. Weil die Leute ihn – angeblich – nicht wollten. Stattdessen überschwemmt uns die Industrie mit Limousinen, Crossovers, SUVs. Wie im Suff.
Der Mensch brauche Fahrspaß, meint die Industrie. Den gibt es anscheinend nur mit 200 PS und bei 170 km/h. Doch so ein Fahrspaß ist gar nicht gesund. Nicht für das eigene Leben und nicht für die zehn Mrd. Menschen, die in 50 Jahren vor leer gepumpten Erdölfeldern, geschmolzenen Polkappen und überschwemmten Küsten stehen werden. Weil wir heute Fahrspaß und vermeintliche Sicherheit in fetten Autos wollen.
Ach herrje, wie moralisch. Verdirb mir doch nicht den Spaß, sagt da Alfa Romeo.

Economy Ausgabe 66-11-2008, 01.11.2008

Aus dem Windschatten der Autoriesen

Aus dem Windschatten der Autoriesenphotos.com

Mit den Fahrzeugherstellern geraten auch Zulieferer unter die Räder. Neue Märkte sollen Unabhängigkeit bringen.

Vielleicht schafft es Delphi heuer. Seit drei Jahren hängt der Hoflieferant von General Motors (GM) in der Insolvenz fest. Mit weniger Geschäftsbereichen, weniger Mitarbeitern und geringeren Kosten steht der weltweit fünftgrößte Auto-zulieferer inzwischen besser da, für ein Ende des Chapter-11-Verfahrens reichte es bisher aber noch nicht. Bis Jahres-ende, so die Einschätzung einiger Analysten, könnte der Schritt jedoch gelingen – ein Ende der Talfahrt bei GM vorausgesetzt.
Gleichzeitig gibt die Lage in Detroit nur sehr bedingt Anlass zu Hoffnung. Zwar griff GM seinem strauchelnden Spin-off unter die Arme und übernahm Mitte September 3,4 Mrd. Dollar (2,4 Mrd. Euro) an Pensionsverpflichtungen von Delphi. Zu solchen Hilfeleistungen hatte sich der Autoriese bei der Teilung der Unternehmen allerdings auch verpflichtet. Im Falle einer Pleite des Zulieferers wäre bei GM nicht nur die unmittelbare Weiterführung der Fahrzeugproduktion in Gefahr. Auch die gesamten Pensionsansprüche der Delphi-Mitarbeiter würden auf den gebeutelten Autoriesen zurückfallen. Diesem steht an seinem 100. Geburtstag ohnehin das Wasser bis zum Hals.
Die schlechte Konjunktur lässt den Autoabsatz weltweit schrumpfen. Steigende Rohstoffpreise drücken auf die Profite der Industrie. Autobauer drosseln die Produk-tion, ihre Zulieferer ziehen nach. Ganz auf ihre Großkunden eingestellt, übernahmen diese in den letzten Jahren zunehmend Entwicklungsaufgaben, folgten den Werken der Hersteller nach Osteuropa und Asien.

Hin zu neuen Märkten
Das Risiko der Abhängigkeit wurde vielen Zulieferern durch hohe Profite versüßt. Wer kann, spielt sich außerdem mit eigener Forschung frei oder schafft sich alternative Standbeine.
Der weltgrößte Automobilzulieferer Robert Bosch etwa wendet sich verstärkt erneuerbaren Energien zu. Die Übernahme von Ersol, einem Fotovoltaikhersteller, bestätigt diese Kursänderung. Dabei kommt der deutsche Zündkerzen-Erfinder bei der derzeitigen Krise noch recht gut weg. Die Flaute in den USA kann mit Geschäften in Russland und Asien wettgemacht werden.
Der kanadische Zulieferer Magna International, mit Einkünften von 26,1 Mrd. Dollar (19,5 Mrd. Euro) drittgrößter Player, versucht, seine Abhängigkeit vom deutschen und amerikanischen Markt ebenfalls mit einer Expansion nach Russland zu verringern. Dort geht Magna dem Autobauer Gaz bei der Produktion von Chrysler-Modellen zur Hand. Doch die Finanzkrise reicht auch nach Russland. Oligarch Oleg Deripaska, der Gaz kontrolliert, musste Anfang Oktober seine Anteile am Geschäftspartner Magna der französischen Bank BNP Paribas überlassen. Eine Übereinkunft beim Kauf der Anteile sah vor, dass die Bank diese einziehen könnte, sollte deren Wert deutlich unter den Kaufpreis fallen.
Dass Tumulte auf dem Finanzmarkt auch den kreditfinanzierten Deal zwischen der deutschen Schaeffler-Gruppe und Zulieferer Continental gefährden könnten, wird von den beteiligten Banken dementiert. Schaeffler würde mit der Übernahme jedenfalls auf Platz drei der Zulieferer-Charts vorstoßen. Auch die Nummer zehn auf dem Markt, das deutsche Unternehmen ZF Friedrichshafen, setzt auf Wachstum. Der Zukauf des US-Unternehmens Cherry soll ZF im Bereich Mechatronik fitter machen.

Japaner in Amerika
Von der Expansion japanischer Autokonzerne, unter anderem auch in die USA, profitiert Denso. Umsatzeinbrüche bei GM und Co gingen bis vor Kurzem noch mit kräftigen Zuwächsen für Toyota einher, zu dessen Firmengruppe der japanische Zulieferer zählt.
Ford, weiterhin in akuter Geldnot, soll laut der japanischen Zeitung Nikkei seine Mazda-Anteile Denso zum Kauf angeboten haben. Für die erfolgreichen Japaner käme das Angebot gerade recht. Sie wollen ihr Geschäft mit Mazda ohnehin ausweiten.

Economy Ausgabe 66-11-2008, 01.11.2008

Forscherinnen fördern

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Die von der Europäischen Kommission ins Leben gerufenen Förderpläne streben eine Frauenquote von 40 Prozent in wissenschaftlichen Einrichtungen an. Mit eigenen Programmen versucht man auf nationalstaatlicher Ebene, dieses ambitionierte Ziel durch finanzielle und mentale Unterstützung von Forscherinnen zu erreichen.

Mehr als die Hälfte aller Studierenden in der Europäischen Union sind Frauen. Doch mit jeder weiteren Stufe auf der wissenschaftlichen Karriereleiter verringert sich deren Zahl dramatisch. Ganz oben wird die Luft dann sehr dünn, zu dünn für Forscherinnen.
Im Fachjargon wird dieses Phänomen als „Leaky Pipeline“ bezeichnet, und es tröstet nur ein klein wenig, dass das „Versickern“ von Frauen in den wissenschaftlichen Disziplinen nicht nur in Österreich gang und gäbe ist, denn schließlich geht auf diese Weise ein beträchtliches Potenzial verloren. Vor allem in den Bereichen Naturwissenschaft und Technik ist der Mangel eklatant.
Die Faktenlage hat sich in den vergangenen Jahren zwar deutlich gebessert, ist aber nach wie vor alles andere als berauschend. So etwa liegt der Frauenanteil bei den ordentlichen Professuren an Universitäten in Österreich derzeit bei rund 16 Prozent. Von der von der EU in den sogenannten Frauenförderungsplänen forcierten Frauenquote von 40 Prozent (in allen Verwendungs- und Funktionsgruppen) ist man freilich noch meilenweit entfernt. Anlass zur Hoffnung gibt immerhin, dass aktuell rund 37 Prozent des anderen wissenschaftlichen Personals in der Zwischenzeit Frauen sind. Die Frauenförderpläne haben bisher unterschiedlich gegriffen. Den höchsten Frauenanteil vorzuweisen haben die Kunst-universitäten und die Wiener Universität für Veterinärmedizin, den geringsten die technischen Universitäten.

Frauenförderung
In Österreich wurde 1998 erstmals das „Hertha-Firnberg-Programm“ öffentlich präsentiert. In der ersten Ausschreibung dazu hieß es: „Die Hertha-Firnberg-Nachwuchsstellen sind als Förderungsmaßnahme ausschließlich für Frauen konzipiert mit der Zielsetzung, die wissenschaftlichen Karrierechancen des weibli-chen Nachwuchses zu verbessern. Den Nachholbedarf der Frauen auf diesem Gebiet zeigen die statistischen Zahlen zu den in der Lehre tätigen Frauen an Österreichs Universitäten.“ Das Firnberg-Programm wird aus Mitteln des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung finanziert und vom „Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung“ (FWF) administriert.

Größere Karrierechancen
Anlässlich des zehnjährigen Jubiläums zieht Barbara Zimmermann, Firnberg-Programmverantwortliche im FWF, ihre Bilanz: „Bei der ersten Vergabe der Hertha-Firnberg-Stellen im März 1999 wurde über eine Zahl von 50 Prozent Erst-inskribentinnen an den österreichischen Universitäten berichtet, dem stand bei den ordentlichen Professoren nur ein Frauenanteil von 4,4 Prozent gegenüber. 2006 lag der Anteil an Universitätsprofessorinnen – weiterhin zu Recht mit dem Zusatz ‚nur‘ versehen – immerhin schon bei 14,2 Prozent. Ein Förderangebot zur Erhöhung der Karrierechancen junger weiblicher Postdocs ist damit auch zehn Jahre später noch notwendig. Und wenn sich der Zeitfaktor in der Progression dieser Statistik vielleicht auch noch erhöht, dann – und nichts anderes ist der Zweck eines guten Zielgruppen-Förderprogramms – rationalisiert sich die ‚Frauenförderung‘ wohl irgendwann einmal selbst weg.“
Insgesamt wurden bisher 420 Firnberg-Projekte beim FWF eingebracht. 189 (45 Prozent) davon stammten aus dem Bereich Medizin und Biologie, 151 Anträge (36 Prozent) kamen aus den Geistes- und Sozialwissenschaften und 80 (19 Prozent) waren naturwissenschaftlich-technische Projekte. 108 Firnberg-Stellen wurden bis Ende des Jahres 2007 bewilligt und auch angetreten. Dazu kommen nunmehr fünf weitere, die im Juni 2008 bewilligt wurden.
Seit Herbst 2005 gibt es zusätzlich zum Firnberg- auch noch das Elise-Richter-Programm, das gleichsam eine Art „Anschlussprogramm“ darstellt. Zimmermann: „Das Elise-Richter-Programm, das höchst flexibel gestaltbar ist, ist konzipiert für Forscherinnen, deren Karrieren oftmals etwas ‚anders‘ verlaufen als bei Männern. Naturgemäß sind für diesen ‚anderen‘ Verlauf auch Kinder ein Grund, aber Karriere und Familie sind vereinbar. Immerhin wurden in den zehn Jahren Hertha Firnberg insgesamt 30 ‚Laufzeit-Kinder‘ geboren. Für viele Fragen wurden Lösungen gesucht: Vielleicht ist es gerade das Frauennetzwerk der Geförderten und ein wenig auch der Förderer, die die Forscherinnen zum Weitermachen ermutigen. Und Ermutigungen haben oftmals großartige Früchte getragen: von zusätzlichen Gel-dern durch Projektanträge über einen gewagten Wiedereinstieg nach kurzer Karenzzeit bis hin zu bedeutenden Wissenschaftspreisen.“

Lebendiger Dialog
Beide Programme kennzeichnet ein lebendiger Dialog mit den betroffenen Wissenschaftlerinnen. Ein eigenes Dialog-forum und jährlich stattfindende Workshops, bei welchen jeweils ein Abend für ein Zusammentreffen mit Vertreterinnen des FWF reserviert ist, sorgen für regelmäßigen Input. „Auf diese Weise erfährt der FWF direkt von den Bedürfnissen der Forscherinnen“, so Zimmermann.
Massive Unterstützung erfahren die Wissenschaftlerinnen nunmehr auch auf inneruniversitärer Ebene. So hat man sich im April dieses Jahres hierzulande darauf geeinigt, dass im Universitätsgesetz eine Frauenquote von 40 Prozent in allen zu nominierenden Gremien festgeschrieben wird. Damit müssen etwa Uni-Räte, Berufungs- und Habilitationskommissionen gesetzlich verpflichtend zu mindestens 40 Prozent mit Frauen besetzt werden. Gremien, die dem nicht entsprechen, gelten als nicht gesetzeskonform zusammengesetzt. Ausnahmen soll es nur geben, wenn der Arbeitskreis für Gleichbehandlungsfragen an der jeweiligen Universität bestätigt, dass eine Erfüllung der Quote unmöglich ist. Nicht unmittelbar gilt die Quote allerdings bei der Berufung von Professoren. Hier hofft man allerdings, dass durch den 40-prozentigen Frauenanteil in den Berufungskommissionen ein Umdenken stattfindet.

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Economy Ausgabe 66-11-2008, 01.11.2008

Consultant’s Corner

Consultant’s Corner

Catch 22: It’s All About Money

The financial crisis, the price of oil, climate change, the auto industry has taken a hit. Global sustainable development expert Wendy Williams points out the infrastructure providing economic incentives to create and purchase cars using alternative fuels is lacking in most countries. Like the Beta Max versus VHS debate, consumers hesitate to invest in a car which could become extinct. Producers are in a technological lock in, hindered from aggressive innovations in design and new machinery. But governments providing clear direction succeed. Brazil’s government passed legislation requiring all cars sold to use farmed sugar cane for fuel. An indigenous crop, it worked with the existing agricultural structure, led them away from dependence on foreign oil suppliers and was profitable for industry. Consumers buy when cars meet their personal needs. Green cars are sold on the high end because clean efficient status symbols appeal to the luxury consumer group. Cheap cars appeal because buyers save fuel costs, taxes. Altruism is not part of the equation which is why marketing the Toyota Prius (1998) as environmentally friendly was unsuccessful. With fuel dropping again, we must remember the economic principle to provide incentives to both industry and consumers.
Lydia J. Goutas, 
Lehner Executive Partners

Lydia J. Goutas, Economy Ausgabe 66-11-2008, 01.11.2008

Nur nicht auf die Bremse treten

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Vor allem Männer schwören auf das Potenzmittel PS.

„Va-Va-Vrooom!“ Der Motor muss Leistung bringen. Geltende Geschwindigkeitsbegrenzungen sind nur für Weicheier oder Vorschläge uninformierter Dritter, die nicht wissen, dass diese Strecke seit jeher locker 190 km/h verträgt. Für die Leasing-Rate des neuen Flitzers verzichtet man gerne auf vieles, und der Benzinpreis gibt ohnedies bereits wieder nach, sodass man gar nicht erst lange überlegen muss, ob eine Fahrt vier, fünf Häuser weiter auch wirklich notwendig ist.
Sie denken, das ist maßlos übertrieben und polemisch? Ein wenig schon – andererseits auch wieder überhaupt nicht. Kaum ein alltäglicher Gebrauchsartikel ist derart zu einem Spielzeug für Erwachsene mutiert wie das Automobil. Nur weniges andere eignet sich so ideal zum breit gefächerten und erstaunlich tolerierten Verzicht auf Mindestintelligenz und Rücksichtnahme sowie zur öffentlich zur Schau gestellten Definition der eigenen Persönlichkeit wie der fahrbare Untersatz. Für die Anschaffung und den Erhalt des nächsten Modells verschulden sich viele Bürger noch immer über jede sonst geltende Grenze der Vernunft.

Potenz-Kompensation
Unnötige TV-Formate à la Pimp My Ride oder verzichtbare Wochenendtreffen à la GTI-Club suggerieren, dass ein Auto, mit dem man dem Nachbarn so richtig schön die Zornesröte und den puren Neid ins Gesicht treiben kann, weit besser ausgestattet sein muss als die eigene Wohnung. Die Mär von der Visualisierung vom eigenen Status und/oder der Kompensation mangelnder Potenz mittels Erwerb einer bestimmten Automarke findet in zahlreichen Studien von Psychologen ihre Bestätigung. Dass vor allem Männer mitunter mehr Zeit für die Hege und Pflege der eigenen Karre statt für Liebesbezeugungen gegenüber der Familie aufwenden, ist für jeden, der über den Gartenzaun blickt, Fakt. Ebenso wie die Tatsache, dass trotz Finanzkrisen oder Umweltbedenken noch immer kaum auf wirtschaftliche Fahrzeuge umgestiegen wird und viele Hersteller daher mit ihren Modellen ziemlich kontraproduktive Wünsche der Käufer befriedigen müssen.
An fragwürdigen Grundeinstellungen zur motorisierten Fortbewegung, die man durchaus polemisch hinterfragen darf, wird sich auch weiterhin nichts ändern, solange Politiker die mit Höchstgeschwindigkeit in den Tod rasen, als Vorbilder verehrt werden und man sich beim Kfz-Kauf durch Motive wie „Ich fahre das Modell, also bin ich“ definiert. Daher lautet das Motto auch weiterhin „Nur nicht auf die Bremse treten!“.

Economy Ausgabe 66-11-2008, 01.11.2008

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