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26. Juli 2024

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Digitales Manufacturing für industrielle Anwendungen

Digitales Manufacturing für industrielle Anwendungen © Pics.de/Bob Jagendorf

Microsoft präsentiert auf der kommenden Hannover-Messe Neuheiten der digitalen Transformation mit Schwerpunkt im Bereich intelligenter Produktionstechnik. Neben zahlreichen Referenzen, zeigen auch die österreichischen Unternehmen BWT und RHI Magnesita moderne Anwendungen im Praxiseinsatz.

Auf der kommenden Hannover-Messe vom 1. bis 5. April zeigt Microsoft mehrere Beispiele für bereits umgesetzte digitale Transformationsprojekte in der Investitionsgüterindustrie. Wie daraus dann auch Wettbewerbsvorteile entstehen, präsentiert der IT-Konzern mit mehr als 30 Partnern und Kunden, darunter auch die zwei österreichischen Unternehmen BWT und RHI Magnesita.

Intelligent Manufacturing im praktischen Einsatz
Branchenführer nutzen künstliche Intelligenz (KI), Mixed Reality (MR), Internet of Things (IoT), Robotik, Blockchain und andere disruptive Technologien, um neue Geschäftsergebnisse zu erzielen und ihre Unternehmen zu verändern. Microsoft zeigt in der Digital Factory (Anm. Halle 7, C40) mehrere Praxisbeispiele bereits erfolgreich umgesetzter digitaler Anwendungen. Zu den Ausstellern auf dem Microsoft-Stand gehören u.a. Osram, ZEISS, Vaillant, ABB, Iconics, Rockwell Automation, Schneider Electric, Toyota Material Handling, ZF Friedrichshafen, Siemens Gamesa, Bilfinger oder Witte.
Die zwei österreichischen Unternehmen BWT und RHI Magnesita, die bereits Cloud-Dienste, das Internet-der-Dinge ( IoT) und Künstliche Intelligenz (KI) nutzen, zeigen ebenfalls ihre Lösungen auf dem Microsoft-Stand. BWT (Best Water Technology) wird einen Prototyp eines intelligenten Wasserspenders präsentieren, der mittels Gesichtserkennung seine Benutzer und ihre Präferenzen erkennt.
RHI Magnesita, Weltmarktführer bei Feuerfeststoffen, setzt auf Predictive Maintenance und das bei Maschinen in der eigenen Produktion und beim Endkunden. Mittels KI soll dabei die maximale Nutzungsdauer der Feuerfestmaterialien und der optimale Wartungszeitpunkt für Hochöfen festgelegt werden. BWT und RHI Magnesita werden bei diesen digitalen Transformationsprojekten auch von Kapsch BusinessCom betreut (economy berichtete).

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red/cc, Economy Ausgabe Webartikel, 18.03.2019

Forschergeist als Lösung für umfangreiche Herausforderungen

Forschergeist als Lösung für umfangreiche Herausforderungen© Piqs.de/Steve Juvertson

Mit der sogenannten Finite-Elemente-Software können heutzutage in der Industrie viele physikalischen Aufgaben gelöst werden. Die TU Wien forscht hier an Weiterentwicklungen und zeigt nun das Softwarepaket „NGSolve“ als aktuelles Referenzprojekt auf der kommenden Hannover Messe.

Ob die Simulation eines Crashtests am Auto ansteht oder das Strömungsverhalten von Gasen berechnet werden muss - für fast jedes produzierende Unternehmen sind umfangreiche und trotzdem effiziente Computersimulationen unverzichtbar. Gerne wird dabei die Finite-Elemente-Methode eingesetzt, ein extrem mächtiges und vielseitiges Rechenverfahren. Die zunehmende Komplexheit der Aufgaben erfordert jedoch immer öfter eine entsprechend perfekt programmierte Software.

TU-Wien stellt NGSolve gratis zur Verfügung
An der TU Wien steht nun das Programmpaket „NGSolve“ zur Verfügung, das mit stets aktualisierten Algorithmen auf dem neuesten Stand der mathematischen Forschung ist, optimiert für exzellente Parallelisierbarkeit, und bestens einsetzbar für die Anwendung physikalisch komplizierter Multiskalen-Probleme, so die TU-Wien in einer Aussendung. Oft greifen verschiedene physikalische Effekte ineinander, etwa wenn elektromagnetische Effekte mit mechanischen Effekten gekoppelt sind, oder akustische Effekte mit Phänomenen der Strömungslehre.
„All das lässt sich mit NGSolve rasch und präzise berechnen“, so die TU-Wien. NGSolve wird dabei gratis zur Verfügung gestellt. Das Team um Joachim Schöberl vom Institut für Analysis and Scientific Computing der TU Wien bietet Firmen Unterstützung, die NGSolve-Methoden für komplizierte Anwendungen nutzen und mit ihren eigenen Tools kombinieren möchten.

Neuester Stand der Forschung
Die Grundidee der Finite-Elemente-Methode ist ähnlich wie bei der Zerlegung eines Fotos in eine große Anzahl von Pixeln. Um es auf dem Bildschirm besser darstellen zu können, werden Objekte in kleine Einzelelemente zerlegt. Das Objekt kann eine ganze Autokarosserie sein, ein kleines elektronisches Bauteil oder auch ein strömendes Gas in einer kompliziert geformten Röhre. Physikalisch lässt sich das Verhalten dieser Objekte mit Differentialgleichungen beschreiben, die man am Computer effizient lösen kann, wenn das Objekt entsprechend sinnvoll in Form eines passend geformten Gitternetzes modelliert wird.
Dabei gibt es aber viele wichtige Fragen zu berücksichtigen. „Uns ist wichtig, eine Software zur Verfügung zu stellen, die den allerneuesten Stand der Wissenschaft effizient für Anwender einsetzt“, betont Joachim Schöberl. „Dadurch werden die Ergebnisse immer genauer, und die Berechnungen werden deutlich schneller. Besonders für schwierige Simulationsaufgaben ist das beim zeitlichen Aufwand von entscheidender Bedeutung“, so Schöberl.
Besonderes Augenmerk wurde auch auf die Parallelisierbarkeit der Algorithmen gelegt. Jeder Standard-PC arbeitet heute mit mehreren Prozessoren gleichzeitig, bei wissenschaftlichen Großcomputern werden oft tausende Prozessorkerne genutzt. Das funktioniert aber nur dann gut, wenn die Software perfekt darauf ausgelegt ist, die Rechenaufgaben in Portionen zu zerlegen, die auf viele Prozessoren verteilt und dann gleichzeitig gelöst werden können.

Verschiedene Effekte auf unterschiedlichen Größenskalen
Eine besonders schwierige Aufgabe im Rahmen der Finite-Elemente-Methode ist etwa die Lösung von sogenannten Multiskalenproblemen. „Stellen wir uns vor, wir möchten ein Transformatorblech simulieren. Elektromagnetische Effekte, die etwa Wirbelströme verursachen, treten auf einer Skala im Millimeterbereich auf. Sie hängen aber mit mechanischen Vibrationen zusammen, die das ganze Objekt auf einer Skala von mehreren Metern betreffen“, erklärt Joachim Schöberl.
NGSolve läuft auf allen gängigen Plattformen (Windows, MacOSX, Linux) und verfügt über eine grafische Benutzeroberfläche, die mit Hilfe der Scriptsprache Python sehr einfach in bestehende Simulationspakete integriert werden kann. Die Software steht gratis zum Download bereit. Auf der Hannover Messe präsentiert die TU Wien nun das Programmpaket für interessierte Firmen. Die Forscher und Techniker stellen dabei ihr Know-how zur Verfügung, wenn es darum geht, proprietäre Lösungen für konkrete Aufgabenstellungen zu entwickeln oder NGSolve bestmöglich in bestehende Workflows einzubinden, so die TU-Wien in ihrer Aussendung.

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red/czaak, Economy Ausgabe Webartikel, 18.03.2019

Vernetzung und Sicherheit als digitale Querschnittsthemen

Vernetzung und Sicherheit als digitale Querschnittsthemen© Kapsch BusinessCom

Cyber-Kriminalität. Mit zunehmender Digitalisierung und Automatisierung werden auch die Methoden der Cyberangriffe immer ausgeklügelter. Ein Expertenkommentar von Christian Üblbacher, Head of Security Solutions bei Kapsch BusinessCom.

Die wachsende Vernetzung vergrößert zwangsläufig die Spielwiese für Cyberkriminelle und dabei werden auch die eingesetzten Technologien immer komplexer. Beispielsweise stehen die Betreiber kritischer Infrastrukturen wie Energie- und Wasserversorger, Unternehmer mit Industrieanlagen oder Transport- und Verkehrsdienstleister gleich vor mehreren Herausforderungen. Viele aktuell genutzte industrielle Steuerungssysteme stammen aus einer Zeit vor dem heutigen Stand der Internettechnologie.

Höhere Anfälligkeit für Cyberangriffe
Systeme dieser Art können zumeist nicht (mehr) entsprechend aufgerüstet und geschützt werden. Gleichzeitig steigen die Anforderungen an die Vernetzung von Systemen, Maschinen und Prozessen, Stichwort Industrie 4.0. So werden heute beispielsweise Windkrafträder mit einer offiziellen IP-Adresse ausgestattet und sind dadurch aus dem Internet erreichbar. Die Folge ist eine höhere Anfälligkeit für Cyberangriffe.

Ganzheitliche Security Strategie
Die Kapsch-Experten konnten zuletzt einen kontinuierlichen Anstieg bei securityrelevanten Angriffen beobachten. Das Thema Security muss deshalb zum integralen Element in jedem IT-Netzwerk und in jeder Applikation werden, bis hin zu einzelnen Business-Prozessen. Eine entsprechend ganzheitliche Security Strategie ist gefragt, mit Audits der Infrastruktur zur Aufdeckung von Schwachstellen und Strukturproblemen ebenso wie vorausschauende Monitoring Lösungen, die in Echtzeit auf Auffälligkeiten im Netzwerk reagieren.

Der Autor Christian Üblbacher ist Head of Security Solutions bei Kapsch BusinessCom.

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Christian Üblbacher, Economy Ausgabe Webartikel, 18.03.2019

Die Verknüpfung von Altbestand und Innovation

Die Verknüpfung von Altbestand und Innovation© Piqs.de/Zeppelin

Cloud-Services. Bei aktuellen Digitalisierungsprojekten geht es zumeist um übergreifende Produktionsprozesse und um neue Dienste in der Kundenbetreuung. Die Transformation dieser Bereiche erfordert technologische Flexibilität und die Ergänzung gewachsener IT-Strukturen.

(Christian Czaak) Um bestehende IT-Systeme in Digitalisierungsprozesse einzubinden oder mit neuen Anwendungen zu verknüpfen, setzen Unternehmen zunehmend auf Cloud-Services. Statt dauerhaft große eigene IT-Kapazitäten und Software-Lizenzen vorhalten zu müssen, können hier Ressourcen und letztaktuelle Technologien bedarfsabhängig genutzt werden.


Product Lifecycle Management als Cloud-Variante
„Viele Betriebe erkennen, dass eigene Rechenzentren im Bereich Produktentwicklung und übergreifender Wertschöpfungsketten nicht mehr ausreichen und auch betriebswirtschaftlich hinterfragt werden müssen“, sagt Michael Böhm, Global Account Manager von T-Systems Austria.
Speziell für Branchen, wo Produktionsketten nicht nur abteilungsübergreifend, sondern mit Partnerbetrieben oder Lieferanten auch unternehmensübergreifend passieren, hat T-Systems nun eine sogenannte Product Lifecycle Management (PLM) Cloud-Variante entwickelt.

Bedarfsorientierte Buchung virtueller 3D-Arbeitsplätze
Produzierende Industrie- oder Bauunternehmen können dabei für die Zusammenarbeit mit Zulieferbetrieben virtuelle 3D-Arbeitsplätze bedarfsorientiert buchen, wo von der mobilen Bearbeitung und Speicherung einfacher Dokumente bis hin zu CAD/CAM (Computer-Aided-Design & -Manufactoring) für Hoch- und Tiefbau oder sogenannte High-Performance-Computing-Dienste für Simulationszwecke flexibel skalierbar enthalten sind.
„Durch die Kopplung mit der Cloud unseres Auftraggebers ist es uns überhaupt erst möglich, zeitnah die Dokumentation zu unseren Teilen abzuliefern und diese in komplexe Produktionsstrukturen zu integrieren“, so der Manager eines Zulieferbetriebes für internationale Baukonzerne.

Neue digitale Services für Finanzdienstleistungsbereich
Im Finanzdienstleistungsbereich oder anderen Branchen mit einer großen Kundenanzahl dienen neue digitale Services wiederum primär für Kommunikation und Vertrieb. Konsumenten wünschen sich im Kontakt mit Unternehmen verständliche und unkompliziert zu nutzende Services sowie eine transparente Informationskultur.
Auf Grund einer Gesetzesänderung können Banken und Versicherungen nun mittels Online-Services Kunden neu gewinnen oder individueller beraten. Die Österreichische Finanzmarktaufsicht verlangt dazu die eindeutige Identifizierung und sichere Authentifizierung des Nutzers.

Kapsch BusinessCom entwickelt Identity and Signature-Service
Kapsch BusinessCom hat nun für diesen Bereich gemeinsam mit Europ Assistance, einem Kommunikationsdienstleister speziell für Versicherungen, ein sogenanntes Identity and Signature-Service als internetbasierende Anwendung entwickelt. Kunden können sich dabei über PC oder Smartphone registrieren und die sichere Authentifizierung kann unterschiedlichen Vorgaben entsprechend über verschiedene Verfahren erfolgen, von Foto- oder Video-Identmodulen über die elektronische Signatur bis hin zu biometrischer Gesichtserkennung oder Fingerprint.
Als modular aufgebautes System können auch komplexere Online-Beratungen und –Antragsstrecken umgesetzt und etwaig auch in bestehende IT-Systeme integriert werden. „Wesentlich sind frei definierbare Workflow-Prozesse mit der bedarfsorientierten Anbindung weiterer Dienste, etwa Bonitätsprüfungen über den Kreditschutzverband 1870“, erläutert Florian Schodritz, Business Development Manager bei Kapsch BusinessCom.

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red/czaak, Economy Ausgabe Webartikel, 18.03.2019
Unabhängiges Magazin für Wirtschaft und Bildung 26.07.2024
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Ohne Fallschirm vom Weltraum zur Erde

Ohne Fallschirm vom Weltraum zur Erde©TUWien_Daedalus

Ein ambitioniertes Raketenprojekt mit neuerlicher Beteiligung der Space-Abteilung der TU-Wien ist erfolgreich beendet. Aus dem Weltraum wurden Messgeräte abgeworfen, die ohne Fallschirm wohlbehalten zur Erde zurückkehrten.

Können röhrenförmige Messgeräte aus dem Weltraum abgeworfen werden, die im freien Fall Messdaten sammeln und dann von selbst und ohne Fallschirm wohlbehalten zur Erde zurückkehren? Das Projekt Daedalus, ein Zusammenschluss von Studierenden der Universität Würzburg und des Space Teams der TU-Wien, hat das nun bewiesen. Anfang März passierte der Raketenstart mit den Messgeräten an Bord und nun wurden die Daten ausgewertet.

Datensammlung in höheren Atmosphären
Das Space Team der TU Wien ist ein Studierenden-Verein, der in den letzten Jahren mehrere aufwändige Weltraumprojekte durchgeführt hat – von der Entwicklung eigener Raketen bis zum Start eines Mini-Satelliten. Aktuelles Ziel war, ein Gerät zu entwickeln, mit dem kostengünstig und einfach meteorologische Daten gesammelt werden können. Die Höhe von rund 80 Kilometern ist dabei besonders relevant, da Wetterballons im Normalfall nur maximal bis 40 Kilometer aufsteigen können und mit Satelliten lässt sich dieser Bereich der Atmosphäre nur schlecht erfassen.
Die Forscher haben nun ein neues Messgerät entwickelt, wo drei röhrenförmige Sonden mit Flügeln ausgestattet sind und so den Fall bremsen. In den Weltraum befördert wurden die Sonden im Rahmen von „REXUS/BEXUS“, einer Kooperation des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt mit dem Swedish National Space Board und der ESA. In einem unbesiedelten Gebiet in Schweden werden Raketen gestartet, die von Studierenden entwickelte Instrumente in eine Höhe von 70 bis 80 km transportieren.

Belegbarer Erfolg
„Die Auswerten der Daten belegt, dass unser Experiment plangemäß verlaufen ist“, berichtet Christoph Fröhlich, Präsident des Space Teams. 130 Sekunden lang stieg die Rakete auf, dann wurden die drei Sonden in einer Höhe von 75 km plangemäß ausgeworfen. Im freien Fall wurden sie auf 800 Meter pro Sekunde beschleunigt, bevor sie nach dem Wiedereintritt in die Atmosphäre abgebremst wurden. Bei der Landung hatten sie noch eine Geschwindigkeit von etwa 25 m/s. Mit Hilfe von Satellitenkommunikationsmodulen meldeten die Sonden dann ihren Aufenthaltsort, wo sie per Hubschrauber geborgen werden.
Entscheidend für das Team war die Frage, ob der Bremsmechanismus korrekt funktioniert hat. „Wir konnten nun die Sensordaten auswerten mit Sink- und Drehgeschwindigkeit der Sonden. Diese zeigen, dass die Sonden wie geplant in einer stabilen Rotation abgebremst wurden. Sie sind also nicht bloß wie ein Stein nach unten gefallen, und es kam auch nicht zu unkontrolliertem Trudeln“, erklärt Fröhlich. „Bis auf einige Flügel, die vermutlich durch Kontakt mit Bäumen bei der Landung abgebrochen sind, blieben die Sonden unversehrt.“
Das belegt nun, dass die im Rahmen des Daedalus-Projekts entwickelte Technologie funktioniert und sich zudem auch für Atmosphärenexperimente eignet. „Diesmal ging es uns darum, die Methode zu demonstrieren, in Zukunft wollen wir auch wissenschaftliche Experimente in der Atmosphäre durchführen“, resümiert Fröhlich - und avisiert eine Nachfolgemission.

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red/mich, Economy Ausgabe Webartikel, 14.03.2019

Cannabis führt vor Kokain und Ecstacy

Cannabis führt vor Kokain und Ecstacy© Piqs.de/Sebno1

Aktuelle Abwasseranalyse der Gerichtsmedizin Innsbruck untersucht Österreichische und Südtiroler Kläranlagen auf Drogenrückstände. In Österreich Cannabis an Spitze, in Südtirol steigt Kokainkonsum. Konsum von Crystal Meth und Ecstacy eher gering.

Die Gerichtliche Medizin der Medizinischen Universität Innsbruck (GMI) als Teil des europaweiten Netzwerkes SCORE untersucht in Zusammenarbeit mit der EU-Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht jährlich die Mengen verbotener Substanzen in den Abwässern europäischer Städte. 2018 wurden europaweit die Abwässer von 97 Kläranlagen in 84 Städten oder Regionen analysiert, darunter auch die Abwässer von vier österreichischen und einer Südtiroler Kläranlage.
In dem von der GMI organisierten Teil der Studie wurde der Drogenkonsum in den Kläranlagen Innsbruck, Hall-Wattens, Hofsteig, Millstättersee und Bozen untersucht. Das Abwasser dieser fünf Kläranlagen stammte von insgesamt 70 Gemeinden mit rund 514.000 Einwohner. Die Studie ist die umfangreichste ihrer Art in Österreich und liefert erstmals auch Daten zu THC, dem Wirkstoff in Cannabis, sowie für die Region Südtirol.

Regionale Unterschiede
„Die Ergebnisse unserer chemischen Analysen werden von der Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EMCDDA) in Lissabon für den europäischen Drogenbericht verwertet werden“, erläutert Herbert Oberacher, Leiter des forensisch-toxikologischen Forschungslabors an der Innsbrucker Gerichtsmedizin. „In jeder Kläranlage konnten wir Drogenrückstände nachweisen. Unterschiede gibt es bei der Pro-Kopf-Menge sowohl auf Ebene der untersuchten Substanzen als auch auf Ebene der einzelnen Kläranlagen“, so Oberacher weiter.
Im Fokus standen die verbotenen Substanzen Tetrahydrocannabinol (THC, Wirkstoff in Cannabis), Kokain, Amphetamin (Wirkstoff in Speed), der Ecstacy-Wirkstoff MDMA (3,4-Methylendioxy-N-Methylamphetamin) und Methamphetamin (Crystal Meth). Mit den vorliegenden Ergebnissen ist es nun möglich, den Drogenkonsum von zumindest 4% der österreichischen, 31% der Tiroler, 18% der Vorarlberger, 10% der Kärntner und 30% der Südtiroler Bevölkerung abzubilden.

Regelmäßiger Konsum
Die Abwasseranalysen ergaben, dass insgesamt rund 6 bis 15 Gramm Drogen pro Tag pro 1000 EinwohnerInnen konsumiert werden. Über 90% dieser Menge entfällt in Österreichs Abwässern auf THC und 4 bis 8% auf Kokain. Im Bozner Abwasser war der relative Anteil von Kokain höher (82% THC und 18% Kokain). Amphetamin, MDMA und Methamphetamin machten in allen Abwässern zusammen weniger als 1% der nachgewiesenen Drogenmengen aus.
„Die Abwasserdaten lassen mutmaßen, dass ein gewisser Anteil der Bevölkerung regelmäßig Drogen konsumiert. Die höchsten Pro-Kopf-Mengen an Drogen waren im Innsbrucker Abwasser zu beobachten. Nur bei Kokain lag das Bozner Abwasser vorne“, so Oberacher. Eine auf Basis der Abwasserdaten erfolgte Schätzung ergibt einen Schwarzmarktwert der konsumierten Drogen von 10 bis 100 Millionen Euro pro Region oder ein österreichweites Umsatzvolumen von weit über einer Milliarde Euro pro Jahr.

Verdoppelung des Kokainkonsums
Neben der geographischen Auflösung zeichnet sich die Abwasseranalyse auch durch eine hohe zeitliche Auflösung aus. Übliche Praxis ist die Analyse von tagesspezifischen Proben. Auf diese Weise lassen sich Unterschiede im Konsumverhalten im Wochenverlauf erkennen. So sind etwa am Wochenende höhere Kokain-, MDMA- und Amphetaminmengen im Abwasser zu finden als unter der Woche.
Die Abwasseranalyse ermöglicht aber auch die Durchführung eines Langzeit-Monitorings. So wurde in den letzten drei Jahren das Innsbrucker Abwasser an mehr als 200 Tagen auf Drogenrückstände hin untersucht. „Innerhalb von zwei Jahren hat sich die im Innsbrucker Abwasser nachweisbare Menge an Kokain in etwa verdoppelt“, unterstreicht Oberacher

Bestätigter Nutzen für Drogenpolitik
Durch ein kontinuierliches Monitoring von Drogenwirkstoffen im Abwasser lassen sich kostengünstig, schnell und zeitnah sowie mit hoher räumlicher und zeitlicher Auflösung Trends und Entwicklungen am Drogenmarkt erkennen. Die erhobenen Daten sollen den staatlichen Behörden und den politisch Verantwortlichen Entscheidungshilfen liefern, um geeignete Maßnahmen für eine nachhaltige Drogenpolitik ausarbeiten und umsetzen zu können.
„Die Erfahrungen, die wir über die letzten Jahre mit dem Abwasser-basierten Drogenmonitoring gesammelt haben, belegen das große Potenzial der Methode. Daher hoffen wir auf die notwendige politische Unterstützung, um das Monitoring in Zukunft auf noch mehr österreichische Regionen ausdehnen zu dürfen“, resümiert Herbert Oberacher als verantwortlicher Projektleiter.

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red/czaak, Economy Ausgabe Webartikel, 14.03.2019

Das faszinierende Schaltzentrum des Menschen

Das faszinierende Schaltzentrum des Menschen© Piqs.de/Steve Juvertson

Im Rahmen der weltweiten „Woche des Gehirns“ erörterten Spitzenforscher und junge Wissenschafter in Innsbruck neue Erkenntnisse zum Thema Neurowissenschaften.

Welchen Einfluss hat Alkohol auf unser Gehirn? Wie finden Nervenzellen ihr Ziel? Welche Unterschiede gibt es bei weiblichen und männlichen Gehirnen? Ist eine Heilung von Hörverlust in Sicht? Was sieht ein Neuropathologe im Gehirn? Diese und weitere Themen behandelten Tiroler Spitzenmediziner und Nachwuchsforscher diese Woche im Rahmen der internationalen „Woche des Gehirns 2019“ in Innsbruck.

Neuste Erkenntnisse der Neurowissenschaften
5,8 Millionen Kilometer lang sind die Nervenbahnen in einem erwachsenen Gehirn. 80 Milliarden Nervenzellen befinden sich in der Schaltzentrale des Menschen, von dem aus alle lebenswichtigen Funktionen gesteuert werden. „Wir haben in den vergangenen Jahrzehnten sehr viel über das Gehirn gelernt, aber die Funktionsweise ist derart komplex, dass wir zur Entwicklung neuer Therapien auf weitergehende Forschungserkenntnisse angewiesen sind“, erklärte Christine Bandtlow, renommierte Neurobiologin und Vizerektorin für Forschung und Internationales an der Med-Uni Innsbruck.
Die Neurowissenschaften sind ein Forschungsschwerpunkt der Medizinischen Universität Innsbruck und die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses ist ein Kernanliegen. Erstmals wurde daher eine eigene Abendveranstaltung von NachwuchswissenschafterInnen gestaltet, die insbesondere auf die „kleinen Unterschiede“ im Gehirn und damit auf Gender- und Diversity-Aspekte, eingingen.

Die Programmschwerpunkte
Die nachfolgende Auswahl gibt einen Überblick zu den Programmschwerpunkten. Das Thema des Vortrags von Johannes Haybäck (Institut für Pathologie, Neuropathologie und Molekularpathologie) lautete „Der Blick ins Gehirn: Was sieht der Neuropathologe?
Die Inhalte: Bereits jeder vierte Mensch in der EU hat eine neurologische, neurodegenerative oder psychische Erkrankung. Bevor eine Erkrankung behandelt werden kann, ist die richtige Diagnosestellung entscheidend. Mittels modernster molekularer Diagnostik werden Teile des Gehirns bis zur Ultrastruktur untersucht. Muskel- oder Nervenbiopsien ermöglichen es beispielsweise, neurodegenerative Erkrankungen zu diagnostizieren. Auch Tumoren können genau klassifiziert werden. Die richtige Diagnose ist entscheidend für die Therapieauswahl.

Gehirn und Alkoholkonsum
Stefan Kiechl (Univ.-Klinik für Neurologie) befasste sich mit dem Thema „Wie Alkohol das Gehirn beeinflusst.“ Die Inhalte: Der Konsum alkoholischer Getränke ist ein häufiger Bestandteil von gesellschaftlichen Events. Welche Auswirkung hat Alkohol auf die Gesundheit und das Gehirn? Kommt es speziell auf die Dosis an?
Kiechl referierte über negative und positive Effekte von Alkohol auf das Gehirn und Erkrankungen des Gehirns, insbesondere Schlaganfall und Demenz. Dazu erklärte er, wie ein „Kater“ entsteht, warum Frauen weniger Alkohol vertragen als Männer, ob die Qualität des alkoholischen Getränkes von Bedeutung ist und praktische Tipps, wie man Gesundheit fördern kann ohne ganz auf Alkohol zu verzichten.

Die Ziele von Nervenfasern
Christine Bandtlow (Sektion für Neurobiochemie) erläuterte das Thema „Wie Nervenfasern ihre Ziele finden“. Ihre Inhalte: Nervenzellen sind darauf spezialisiert, Informationen aufzunehmen, zu verarbeiten und weiterzuleiten. 100 Milliarden Nervenzellen bilden ein hochkomplexes Netzwerk, welches sich laufend verändert. Doch woher wissen eigentlich unsere Nervenzellen, mit welchen ihrer Nachbarn sie sich verknüpfen müssen? Wie entstehen diese Verknüpfungen und was erhält sie? Können falsche Verknüpfungen wieder korrigiert werden? Von diesen Mechanismen hängt ab, wie Menschen denken, lernen und an was sie sich erinnern.
„Wenn wir beispielsweise an Alzheimer erkranken, funktioniert dieses System nicht mehr und wir werden vergesslich“, so Christine Bandtlow. Die Erforschung der Gehirnentwicklung sowie seiner Mechanismen in der Ausbildung von neuronalen Netzwerken spielt eine entscheidende Rolle im Verständnis sowie der Behandlung von neuronalen Krankheiten wie Autismus, Schizophrenie oder Epilepsie.

Hörverlust und die sozialen Folgen
Michael Leitner (Sektion für Physiologie) befasste sich mit dem Thema Hörverlust. Seine Inhalte: Hörverlust ist eine der häufigsten Erkrankungen und betrifft Neugeborene ebenso wie Menschen im hohen Alter. Die Folgen können dramatisch sein: Kinder mit einer angeborenen Hörbeeinträchtigung können eine verzögerte Sprachentwicklung aufweisen und Hörverlust im Alter geht häufig mit sozialem Rückzug einher. Dies steigert das Risiko für Demenz und Depressionen. Leitner erläuterte in seinem Vortrag die Funktionsweise des Gehörs und die häufigsten Ursachen für Hörverlust.
Dazu zählen die sogenannte Altersschwerhörigkeit und Lärmschäden, aber auch Genmutationen und Schadstoffe. Anlass zur Hoffnung bei Behandlungsoptionen geben neueste Forschungserkenntnisse. „Weltweit arbeiten Wissenschafter daran, medikamentöse Strategien und gentherapeutische Maßnahmen gegen Hörverlust zu entwickeln. Bei Letzterem sollen Viren eingesetzt werden, um defekte Gene zu ersetzen. Auch eine Stammzellentherapie könnte eines Tages dazu führen, verlorengegangene Sinneszellen im Innenohr zurückzugewinnen“, so der Physiologe Michael Leitner.

Der kleine Unterschied oder Frau und Mann
Zum Thema „Der kleine Unterschied im Gehirn: Gender- und Diversity-Aspekte in den Neurowissenschaften“ präsentierten schließlich PhD-Studierende neue Ergebnisse ihrer wissenschaftlichen Arbeiten. Die Inhalte hier: Thomas Töll (Univ.-Klinik für Neurologie, Arbeitsgruppe Schlaganfall und Atherosklerose) untersuchte im Rahmen des Stroke Card Projektes, ob Frauen und Männer in Tirol gleich schnell und gleich gut behandelt werden. Zudem: Es heißt, Frauen hätten häufiger Kopfschmerzen als Männer. Dies trifft allerdings nur für einzelne Kopfschmerzarten zu.

Florian Frank (Univ.-Klinik für Neurologie, Arbeitsgruppe Kopf- und Gesichtsschmerz) berichtete über geschlechtsspezifische Unterschiede bei Migräne und anderen Kopfschmerzarten. Und: Die REM-Schlaf-Verhaltensstörung ist eine Erkrankung mit lebhaften und oft unangenehmen Träumen, die auch ausagiert werden. Diese Erkrankung ist häufig ein Frühzeichen einer Parkinsonerkrankung. Ambra Stefani (Univ.-Klinik für Neurologie, Arbeitsgruppe Neurologische Schlafmedizin) erforscht und erläuterte die Trauminhalte sowie die Ausprägung der Bewegungen im Traum-Schlaf von Frauen und Männern.

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red/czaak, Economy Ausgabe Webartikel, 14.03.2019

Wenn Webseiten zu Raubrittern werden

Wenn Webseiten zu Raubrittern werden© FHSTP_Sebastian_Schrittwieser

Fachhochschule St. Pölten entwickelt Software um unerwünschten Zugriff aus dem Netz auf Computerenergie zu verhindern. Der sogenannte „Coin Eater“ soll insbesondere Kryptomining blockieren. Im ersten Einsatz finden die Experten mit dem Programm über 3.000 raubende Webseiten.

User, vulgo Nutzer, arbeiten mit dem Computer im Internet und plötzlich nimmt die Rechnerleistung unverhältnismäßig stark ab. Ursache dafür ist oftmals das sogenannte Kryptomining. Hier wird ohne Wissen der Nutzer über die Internetleitung „zugegriffen“ um zusätzliche Leistung bzw. Energie für Kryptowährungen zu generieren. Forscher der FH St. Pölten haben nun eine Open-Source-Software entwickelt, die das verhindern soll und für die Browser Firefox und Chrome kostenlos erhältlich ist.

Mehr als 3.000 raubende Webseiten
Cryptojacking bedeutet die Herstellung von Kryptowährungen durch Website-Besucher ohne deren Zustimmung. Da Mining ein sehr rechenleistungsintensiver Vorgang ist, kann dies etwa auf mobilen Geräten zu einer massiv reduzierten Akkulaufzeit führen. „Normal wird zum Erzeugen von Kryptowährungen Hochleistungshardware verwendet. Mittels Cryptojacking verteilt sich das Mining auf viele und weniger leistungsfähige Geräte“, erklärt Sebastian Schrittwieser, Leiter des Instituts für IT Sicherheitsforschung der FH St. Pölten. “Das ist eine neue Form der Bedrohung im Internet“, unterstreicht Schrittwieser, der die Software mitgestaltet hat.
Ein an Schrittwiesers Institut entwickelter Scanner untersucht nun regelmäßig automatisiert das Internet nach Cryptojacking und lässt die Ergebnisse in die „Coin Eater“-Software einfließen. Die Forscher haben dafür über eine Million beliebter Webseiten durchsucht und unter diesen mehr als 3.000 Seiten gefunden, die ohne Wissen der Besucher nach Kryptowährungen schürfen. Das neue Schutz-Programm bietet zudem eine technische Analyse der auf diesen Webseiten verwendeten Methoden.

Scanner erkennt auch lästige Pop-Up-Scams
„Der Einsatz solcher Techniken ist durchaus legitim, wenn die Webseiten-Besucher dem zustimmen. Etwa, um Werbung auf den Webseiten ausblenden zu lassen“, so Schrittwieser weiter. „Das Cryptojacking hingegen ist ein Missbrauch der Geräte der Benutzer.“
Der entwickelte Scanner erkennt auch den sogenannten Pop-Up-Scam, ein anderes neues Internet-Phänomen. Beim Besuch von Webseiten öffnen sich hier Fenster (Pop-Up) mit Werbebotschaften, die zu kostenpflichtigen Anboten oder gar zu Schadsoftware führen und die dann oftmals nur mühsam wieder entfernt werden können.
Die Software „CoinEater“ wurde von der FH St. Pölten gemeinsam mit dem IT-Dienstleister Nimbusec im von der FFG geförderten Forschungsprojekt PriSAd (Privacy and Security in Online Advertisement) entwickelt. Die Software wird laufend weiter aktualisiert. Pro Tag werden circa 100.000 Seiten gescannt. Das ergibt alle zehn Tage ein Update für eine Million Seiten.

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