World Wild Web – Who rules the Internet Society?
Plädoyer für ein offenes und freies Web von Sir Tim Berners-Lee beim future.talk 2011 der Telekom Austria.
Mehr als 700 prominente Gäste waren der Einladung der Telekom Austria Group in die Stallburg der Spanischen Hofreitschule gefolgt. Der Abend stand unter dem Motto „World Wild Web – Who rules the Internet Society?“ Mit dem Gastgeber Hannes Ametsreiter und WWW-Erfinder Tim Berners-Lee diskutierten die Open Government-Expertin Anke Domscheit-Berg, die Kriegsberichterstatterin Antonia Rados und der Medienrechtsexperte Viktor Mayer-Schönberger.
Gesellschaftsverändernde Kraft
„Um das volle Potenzial des Internets als gesellschaftsveränderte Kraft zu nutzen, braucht es neben dem technischen Zugang vor allem auch die entsprechende Medienkompetenz. Österreich ist bei Media Literacy (Anm.: Plattform zur Beurteilung der medialen Fähigkeiten von StaatsbürgerInnen) weltweit auf dem 37. Platz. Damit können wir uns nicht zufrieden geben“, so Hannes Ametsreiter in der Einleitung. „Wir müssen dafür sorgen, dass Ideen und Smartness zum Durchbruch verholfen wird.“
Ähnlich argumentierte Tim Berners-Lee in seiner Key-Note. Er „wollte damals einfach ein globales Hypertextsystem machen“, in seiner Freizeit und „mit Erlaubnis meiner Vorgesetzten am CERN“. So wurde er zum Erfinder des World Wide Web. Und so hofft er auch, dass andere Menschen eine Chance bekommen, „ihr Wissen, ihre Liebe und ihre Energie“ einzubringen. Er plädierte für die Offenheit des Internets und meinte, dass sich das WWW nur so entwickeln konnte, weil es offen sei. Und er forderte auch, „stellt Daten als offene Daten ins Netz“.
Revolution im Netz
In der teilweise kontroversiellen Podiumsdiskussion drehte sich dann alles um Revolutionen: Um Revolutionen „von unten“, um Revolutions-Vorhersagesysteme - und um Helden.
Antonia Rados beschrieb die Rolle des Internets bei den jüngsten Aufständen in den arabischen Ländern zwiespältig. Das Internet gäbe den Menschen Macht und eine Stimme. Wenn man jedoch das Internet einer Kalaschnikow gegenüberstellt, „wird immer die Kalaschnikow gewinnen.“
Am mächtigsten sei das Internet just in dem Moment geworden, als es in Ägypten abgeschaltet war: „Damit mussten die Leute hinaus auf die Straße.“ Der Medienrechtsexperte und Oxford-Professor Viktor Mayer-Schönberger plädierte mit einem Zitat aus seinem jüngsten Buch „Delete“: „Das Internet muss lernen, Unwichtiges zu vergessen.“ An seinem Internet Institute in Oxford wir aktuell die Forschungsfrage diskutiert, ob es eine Vorhersehbarkeit von Revolutionen durch Beobachtung von Veränderungen in Einträgen auf Wikipedia gibt.
Revolutionen im Bereich Open Data forderte Open Government-Expertin Anke Domscheit-Berg. Sie wünscht sich, „dass das Internet dazu verwendet wird, die Verwaltung transparent zu machen – und nicht die Bürger.“ Domscheit-Berg wies auch darauf hin, dass Bürger die Initiative für mehr Transparenz in Form von Bewegungen wie OpenLeaks ergreifen, wenn nicht Regierungen aktiv werden.
Historisches Symbol mit aktueller Gültigkeit
Der future.talk 2011 fand in der Stallburg der Spanischen Hofreitschule in Wien statt. Mehr als 700 Gäste folgten der Einladung von Hannes Ametsreiter zur Veranstaltung in dem bedeutenden Renaissancebau. Unter den Gästen waren unter anderem: IBM Österreich-Chefin Tatjana Oppitz, der mazedonische Minister für Informationsgesellschaft Ivan Ivanovski, Nokia Siemens Networks-Geschäftsführer Dietmar Appeltauer, Telekom Austria Group-Finanzvorstand Hans Tschuden, Apple Österreich-Chef Ronald Tremmel, Coca Cola-Chef Barry O’Connell, die Werbeprofis Harry Bergmann und Mariusz Jan Demner sowie economy-Herausgeber Christian Czaak, Rudi Klausnitzer und Niki Lauda.
Das grafische Hauptelement des Abends war ein rotes „A“. Passend zum Motto des future.talk 2011 kombiniert es zwei zentrale Symbole unserer Welt zu einem: das Anarchie-Zeichen, das seit Jahrzehnten für Freiheit und Selbstbestimmung, aber auch für den Verlust von Kontrolle steht sowie das @-Zeichen, ohne das unsere (Online-)Kommunikation heute nicht mehr möglich ist. Die Kombination beider Symbole ergibt ein neues unverwechselbares Zeichen, das sowohl die Chancen als auch die Gefahren des Internets symbolisiert.