Nähe schaffen
Bilderbox.com Der Mittelstand profitiert von innovativer IT, wenn die Technologie in den Hintergrund tritt und die Lösung im Vordergrund steht. IT-Anbieter mit guten Branchenkenntnissen haben da die Nase vorn.
Der Einkauf von IT-Produkten und -Lösungen gestaltet sich für Kunden aus dem Mittelstand mitunter schwierig. Fehlt doch in den Unternehmen oft das Know-how um die Möglichkeiten zu erkennen, die der IT-Markt bietet. Hier sind die Anbieter gefordert. Sie müssen die Bedürfnisse und Probleme ihrer Kunden verstehen und entsprechende Lösungen anbieten.
Kundennähe
Konica Minolta Business Solutions Austria macht zwischen 80 und 90 Prozent des Umsatzes im Mittelstand. „Der typische Mittelstandskunde vertraut dem Menschen mehr als den Systemen“, umreißt Geschäftsführer Johannes Bischof seine Erfahrungen. Dementsprechend lokal ist die Organisation von Konica Minolta ausgerichtet: „Der Kunde braucht uns vor Ort, er will mit keinem Callcenter in Irland telefonieren.“ Ist der Kunde etwa in Innsbruck beheimatet, ruft er eine Innsbrucker Telefonnummer an und spricht mit einem Servicetechniker, den er auch kennt.
Kundennähe ist für Bischof aber nicht nur der Schlüssel zum eigenen Erfolg, so eröffnet der Digitaldruck neue Möglichkeiten durch individualisierte Werbung in professioneller Druckqualität: „3 Prozent Rabatt gibt heute jeder. Wer aber auf das Kaufverhalten eingeht, kann den Kunden tatsächlich binden.“
Der Digitaldruck ermöglicht auch neue Geschäftsmodelle. So stellt Piatnik mit der Druckerei Glanzdruck nach Kundenwünschen gestaltete Spielkartensets her. Die Spiele werden über ein Webportal bestellt und auf einer Digitaldruckmaschine von Konica Minolta hergestellt. Dabei ist der Stückpreis bei einer Bestellung von einem Spiel nicht höher als für eine Auflage von mehreren Hundert Spielen. Besonders beliebt sind die Spielkarten mit der individuellen Note bei Kleingewerbetreibenden und privaten Kartenspielern.
Branchennähe
Technologische Führerschaft allein ist zu wenig, um im Mittelstandsmarkt Erfolg zu haben. „Es geht darum, die Geschäftsprozesse der Kunden zu verstehen und sie bei der Erreichung ihrer Ziele zu unterstützen“, sagt Gerald Klima, Geschäftsführer der APA-IT. Das Tochterunternehmen der APA hat sich auf die Medienbranche – also auf die eigenen Wurzeln – spezialisiert: „Wir wissen, wie Medienunternehmen funktionieren und was sie erfolgreich macht.“ Das beginnt bei speziellen Medienthemen wie einem Redaktionssystem und gilt aber gleichermaßen für scheinbar universelle Themen wie für das Outsourcing – denn hier haben Medien rund um die Uhr besondere Anforderungen an die Verfügbarkeit ihrer IT-Infrastruktur.
Das Branchenverständnis bewährt sich besonders dann, wenn es zu Umbrüchen in einem Wirtschaftszweig kommt. So setzen sich Verlagshäuser derzeit intensiv mit den Möglichkeiten auseinander, die ihnen der boomende Markt der Tablet-PCs eröffnet. Um das Printprodukt aufs Tablet zu bringen, hat APA-IT eine App für das iPad entwickelt – eine weitere für Android soll bald folgen. Derzeit nutzen unter anderem Wirtschaftsblatt, Kurier, Vorarlberger Nachrichten und die Tiroler Tageszeitung diese Eigenentwicklung der APA-Tochter. Die Zeitungs-App bietet ein Erscheinungsbild eng an der Printversion, bringt aber zusätzliche Inhalte wie Videos und Slideshows oder die Verlinkung zu Quellen im Internet.
Nähe schaffen
Gute Branchenkenntnisse und die regionale Nähe zum Kunden sind auch für IBM der Schlüssel zum Mittelstand. „Unsere Businesspartner können eine Nähe zum Kunden erzeugen, die wir so nicht bieten können“, sagt Agnes Heftberger, die bei IBM Österreich den Vertrieb im Mittelstand verantwortet. IBM selbst konzentriert sich im Hintergrund darauf, die Lösungen und Produkte an die Bedürfnisse der Kunden anzupassen und die Businesspartner auf ihre Aufgaben vorzubereiten.
Während etwa bei IBM USA erst Unternehmen ab hundert Mitarbeitern unter die Definition Mittelstand fallen, schließt IBM Österreich darin auch sehr kleine Unternehmen mit ein. Auch die Businesspartner von IBM sind mitunter Unternehmen mit weniger als fünf Mitarbeitern, die sich durch ihre innovativen Entwicklungen auszeichnen.
IBM hat rund 70 mittelstandsrelevante Bereiche herausgearbeitet, besonders wichtig seien Business Intelligence und Analytik, Collaboration und Social Media, sowie die derzeit allgegenwärtige Cloud. Gerade die Cloud ist für den Mittelstand mindestens genau so wichtig wie für große Unternehmen. „Cloudlösungen ermöglichen schnell wachsenden Unternehmen ihre IT ohne große Vorleistungen an die eigene Entwicklung anzupassen“, sagt Heftberger. Damit Kunden ohne Wartezeit und große Kosten oder Risiken Cloudlösungen ausprobieren können, bietet IBM eine Development- und Testcloud an. Die Businesspartner der IBM nutzen diese Testcloud auch – etwa um in einer simulierten Umgebung zu testen, wie sich neue Applikationen in der IT eines Großunternehmens verhalten.
Virtuelle Nähe
Viele mittelständische Unternehmen sehen sich vor die Herausforderung gestellt, den Informationsfluss und die Kommunikation zwischen mehreren Standorten oder zu Partnern in der Fertigungskette effektiv zu gestalten. Persönliche Meetings sind da zwar wünschenswert, aber mit Produktivitätsverlusten durch Dienstreisen verbunden, umständlich zu organisieren und ad hoc oft gar nicht möglich. „Mit einem Videokonferenzsystem kann sowohl die kontinuierliche Kommunikation als auch der Austausch von Informationen in einer Krisensituation verbessert werden“, sagt Claudia Putz von Kapsch Business Com.
Teleconferencing ist hohen Ansprüchen gewachsen, das beweist der Einsatz im Krankenhausbereich. Denn wenn es um Gesundheit geht, ist der Faktor Zeit lebensrettend. Um die täglichen Besprechungen flexibel in der an zwei Standorten bestehenden Unfallchirurgie abzuhalten, kommt am Landesklinikum Baden-Mödling eine Conferencinglösung von Kapsch Business Com zum Einsatz. „Dabei hat sich gezeigt, dass die Ärzte die virtuelle Kommunikation rasch in den Alltag integriert haben“, so Putz.
Damit der Einführung so einer Lösung in einem Krankenhaus wie einem Mittelstandsunternehmen erfolgreich ist, müssen da wie dort die Bedürfnisse des Unternehmens wie seiner Mitarbeiter im Vordergrund stehen, betont Putz: „Die Technologie selbst tritt da in den Hintergrund.“
Christian Stemmberger, Economy Ausgabe 999999, 10.06.2011