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03. Juli 2024

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Moralische Urteile

Moralische UrteileUni Innbruck

Es ist heute ein Gemeinplatz, dass Politik der Korrektur durch Moral bedürfe. Diese Auffassung geht davon aus, dass Politik, von Moral alleingelassen, das gesellschaftlich „Gute“, also das Allgemeinwohl verfehle. Ohne Moral würde sich Politik nur von partikulären Nutzenerwägungen leiten lassen. Deshalb sei es notwendig, an Politik auch moralische Maßstäbe anzulegen, um dem Gemeinwohl zum Durchbruch zu verhelfen.
Doch stimmt es, dass Moral gegenüber der Politik den besseren Maßstab repräsentiert? Das abstrakte „Gesetz“ der Moral besteht aus der Gleich-Setzung aller Menschen. Diese formale Gleichheit führt dazu, dass Menschen, die von dieser Gleichheit abweichen, entsprechend moralisch höher bewertet oder aber abgeurteilt werden. Tatsächlich sind aber nicht die auf diese Weise beurteilten Menschen gut oder böse, sondern die moralische Urteilsform an sich ist böse. Wenn wir hingegen keinen abstrakten Wertmaßstab anlegen, sondern die Tatsache zur Kenntnis nehmen, dass die Menschen vor dem Leben nicht gleich sind, dann sollten wir sie hinsichtlich ihrer Umstände beurteilen und auch noch berücksichtigen, dass sie innerhalb dieser in ihren Entscheidungen frei sind.
Was wir brauchen, ist also eine neue Form von Moral. Diese moralische Alternative nenne ich „Anliebe“. Ich leite diesen Begriff von „Anlieben“ ab und meine den Sachverhalt, dass „wahre“ Liebe immer auch mit Überwindung zu tun hat – nämlich mit Überwindung des Gegenteils, der Unliebe. Es geht dabei um Abmilderung, um Besänftigung der Unliebe. Wenn nun die Anliebe die treibende Kraft des Umgangs mit Mitmenschen wäre, dann bräuchten wir kein getrennt von ihr erstelltes „moralisches Gesetz“ und keine abstrakten „Werte“. Anliebe in gesellschaftlichen Beziehungen ginge schon von der Einheit von Politik und Moral aus.
Werner Ernst ist Politologe an der Universität Innsbruck und Psychoanalytiker.

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Werner Ernst , Economy Ausgabe 87-10-2010, 01.10.2010

Staat als Schicksalsgemeinschaft

Staat als SchicksalsgemeinschaftPhotos.com

Die Krisensymptome, die sich im heutigen Österreich zeigen, sind Folge einer mangelnden politischen Ethik, wie wir es fast täglich vorgeführt bekommen. Wenn der Staat zum Selbstbedienungsladen verkommt, ist Feuer am Dach.

Politische Ethik, das heißt Regierung im Zeichen von Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit.
Zum Regieren braucht es einen Staat. Und ein Staat ist – im Unterschied zur Staatsgewalt – die Summe seiner Menschen.
Ein Staat muss also Politik für die Menschen betreiben, das wäre sein Prinzip.
Die Krisensymptome, die sich in der heutigen Staatsführung gerade auch in Österreich zeigen, sind vor allem die Unfähigkeit, langfristige Politik zu betreiben – ein Umstand, der durch den Wahlrhythmus begünstigt wird. Dazu kommt das immer stärker werdende Gefühl, dass Politiker dazu tendieren, den Staat als Selbstbedienungsladen zu missbrauchen – was man bisher hauptsächlich aus Entwicklungsländern und Diktaturen kannte.

Ewiges Krisengerede
Das ewige Krisengerede von steigenden Sozialausgaben und Verwaltungsreformen, das letztendlich zu keinem Ergebnis kommt, hilft auch nicht, das Vertrauen in die Staatsführung zu stärken. Stattdessen wird von den Politikern unterschwellig vermittelt, der Staat sei so etwas wie eine Schicksalsgemeinschaft. All dies ist Zeichen des Mangels einer vorausschauenden Politik und des Versagens von Führung.
Politische Ethik ist in den Grundgesetzen von Staaten verankert. Es ist allerdings die Natur dieser Grundgesetze, dass sie sich im pragmatischen politischen Alltag nicht ausreichend abbilden.
Politische Ethik würde auch da­rin bestehen, dass Politiker für Fehler in ihrer Amtsausführung geradestehen und sozusagen als Buße zurücktreten, wenn etwas über die Maßen schiefgelaufen ist. Diese Verantwortung in der Politik ist in Österreich absolut unterrepräsentiert. Statt für Fehltritte geradezustehen, wird diskutiert, wie man sich am günstigsten und mit möglichst hoher Abfertigung aus dem Geschäft zurückziehen kann, wie im Falle des Wiener Flughafens und Skylink-Skandals.
Die Technik der Macht ist in Österreich offenbar eine andere. Allein die Tatsache, dass das Land in den letzten Jahrzehnten hauptsächlich von einer großen Koalition regiert wurde, ist keine optimale Voraussetzung für die Herausbildung einer politischen Ethik.
„Eine politische Klasse, die Hand in Hand mit dem Machtkartell der großen Koalition geht, verhindert beim bestehenden Wahlrecht einen Wechsel des Regierungssystems und die Ablöse der Eliten“, meint Politologe und Sozialphilosoph Norbert Leser.
Beides sei aber notwendig, um das demokratische System lebensfähig und glaubwürdig zu erhalten.
„Da es diesbezüglich keine Unvereinbarkeiten gibt, schicken Interessenverbände durch ihre Parteien aufgrund des Listenwahl­rechts Vertreter ins Parlament, ohne dass diese um ein Mandat kämpfen müssen.“
Ein großes Hindernis für die Pflege der politischen Ethik ist der Nepotismus, auf Österreichisch die „Freunderlwirtschaft“. So ist es in Österreich schwer nachvollziehbar, warum jemand auf einen einflussreichen Posten versetzt wurde und welche Netzwerke dahinterstecken.
Dazu kommt auch die völlige Undurchsichtigkeit der Parteienfinanzierung, die ständig im Kreuzfeuer der Kritik steht. Insgesamt sind 2009 rund 136 Mio. Euro an offizieller Parteienförderung geflossen. Davon kamen 16,14 Mio. vom Bund, 95,6 Mio. von den Ländern und 25 Mio. von den Gemeinden.
So lauten allerdings nur die offiziellen Zahlen. Zuwendungen anderer Art, etwa von Unternehmen oder von Machenschaften wie zum Beispiel rund um die Kärntner Hypo Alpe-Adria-Bank, sind hier nicht eingerechnet.

Ewiges Krisengerede

Hubert Sickinger, Autor eines aufschlussreichen Buches über Parteienfinanzierung in Österreich, plädiert daher für die Offenlegung von Großspenden – und zwar nicht nur direkt an die Parteien, sondern auch an die einzelnen Politiker, die Vorfeldorganisationen oder die Parlamentsklubs.
Eine Nichtveröffentlichung soll ein Mehrfaches an Strafe für die empfangenden Parteien kosten.
„Die sogenannten Rechenschaftsberichte der Parteien weisen Spenden nur aufsummiert aus. Zudem gibt es weder Kontrollen noch Sanktionen bei Verstößen“, sagt Sickinger. Die derzeitige Rechtslage sei unzureichend. Das ist wahrlich kein großes Ruhmesblatt für Österreichs politische Ethik.

Economy Ausgabe 87-10-2010, 01.10.2010

Die Gegen-Wirtschafts-Politik

Die Gegen-Wirtschafts-PolitikAttac

Mit Schlauchbooten gegen betonköpfige Politik. Ob in Wirtschaft oder Gesellschaft. Allzu schnell werden aktive, engagierte und couragierte Menschen noch immer als „Gegner“ diffamiert. Doch von ihrem Einsatz profitieren letztendlich alle.

Oida, waren die mal cool. Globalisierungsgegner: Sie waren DER Medienhype zu Anfang des Jahrtausends. Kein Schulhof-Antifa kam umhin, über sie zu reden. Keine Buchhandlung konnte darauf verzichten, einen Büchertisch mit „No Logo“ und „Schwarzbuch Markenfirmen“, den Standardwerken der Bewegung, aufzustellen. „Bravo“ und „Kronenzeitung“ waren wahrscheinlich die einzigen Medien, die es schafften, niemals einen einzigen Artikel über die populärste Gruppe der Bewegung abzudrucken: Attac. Globalisierungskritik wurde zur Popkultur stilisiert.

Widerstand als Popkultur
Dem Kult, den man in Teilen der Öffentlichkeit mittlerweile um die Bewegung betrieb, tat das keinen Abbruch. Eher im Gegenteil: Die Heldengalerie der Bewegung hatte ihren eigenen Benno Ohnesorg und Rudi Dutschke und wurde fortan eifrig mit der legendären 1968er-Bewegung verglichen. Und die Bilder der Polizeigewalt verliehen den Globalisierungskritikern eine quasi-revolutionäre Aura. Ist es wirklich eine Liebe, die schnell verglüht? Erst war Attac die Hoffnung, dann der Lieblingsfeind vieler Linker. Attac ist in eine neue Phase gekommen. Die Hektik der Anfangsjahre ist einer kontinuierlichen thematischen Arbeit gewichen. Das soll aber nicht heißen, dass nichts Spektakuläres mehr passiert.
„Attac ist eine internationale Bewegung, die sich für eine demokratische und sozial gerechte Gestaltung der globalen Wirtschaft einsetzt“, erklärt David Walch, der Pressesprecher der Sektion Österreich. Attac Österreich, das am 6. November 2000 gegründet wurde und somit heuer 10 Jahre Jubiläum feiern kann, ist ein eingetragener Verein mit 4400 engagierten und couragierten Mitgliedern, die bereit sind, für eine bessere Welt nicht nur einen Obulus zu leisten, ob als Standard-, Förder-, Top-Förder- oder Sozial-Mitgliedschaft um 36, 70, 177 oder 14 Euro.

Von der Realität bestätigt
Dass das „Unternehmen“ die administrativen Kosten so niedrig wie möglich zu halten gezwungen ist, liegt auf der Hand. Neun Personen engagieren sich ehrenamtlich im jährlich neu gewählten Vorstand, mindestens fünf davon müssen Frauen sein. Lediglich vier „Attac-isten“ sind hauptamtlich tätig, der seit 1. September 2010 tätige Geschäftsführer in Vollzeit, zwei mit 30 Stunden und eine 25-Stunden-Kraft. Das ist zwar ein Lean Management, aber entscheidend ist der Output. „Wir haben schon einiges erreicht“, bekennt Walch. Durch die Finanzkrise sei die Autorität und Legitimation nochmals gewachsen und man erkenne sehr gut, dass die jahrelangen Forderungen von Attac nun auch von der offiziellen Politik übernommen werden.

Engagement mit Gütesiegel

50 Mitarbeiter von Greenpeace Österreich koordinieren die Aktivitäten im gesamten CEE-Raum. Das Mitarbeiterpotenzial umfasst darüber hinaus mehrere hundert Freiwillige, die sich temporär in Fußgängerzonen oder anderen Spots ehrenamtlich für die Organisation engagieren. „Greenpeace ist weltweit die einzige Organisation, die weder von der Wirtschaft noch vom Staat noch von einem Verein gesponsert wird. Wir prüfen selbst bei Privatspenden, ob nicht eine Firma dahintersteckt. Wir sind völlig unabhängig und Träger des Spendengütesiegels“, erklärt Pressesprecherin Melanie Beran nicht ohne Stolz. Das Spendenaufkommen von 141.000 Menschen in Österreich betrug im vergangenen Jahr rund 8,6 Mio. Euro. Damit finanziert die Organisation nicht nur Kampagnen zu den Themen Meer, Klima, Wälder, Energie, Gentechnik oder aktuell Atomrenaissance in Italien (www.stopberlusconi.at) – kurz vor dem Interview besetzte Greenpeace die italienische Botschaft in Wien –, sondern übernimmt auch einen Teil der Kosten für internationale Aktionen, um beispielsweise auch in den ärmsten Ländern der Erde Umwelt­aktionen durchführen zu können. Mit dem Schlagwort „Gegner“ hat Beran keine Berührungsängste: „Es gibt ganz einfach Dinge, gegen die man sein muss.“

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Economy Ausgabe 87-10-2010, 01.10.2010

Social Media als Meinungsbildner

Social Media als MeinungsbildnerPhotos.com

Unternehmen entdecken Foren, Chatrooms, Blogs und Co als wichtige Informationsquellen.

Medienportale, Websites, Weblogs, Newsgroups, Foren, Chatrooms, Messageboards etc. Es wird immer schwieriger, im WWW den Überblick zu behalten. Vor allem gilt das für Social Media, den quasi privaten Bereich des Internets. Themen und Trends, die über diese Portale verbreitet werden, dienen aber nicht nur dem individuellen Entertainment, sie tragen auch entscheidend zur öffentlichen Meinungsbildung bei.
APA-DeFacto bietet als integralen Baustein ihrer umfassenden Medienbeobachtung seit kurzem einen speziellen Service für Business-Kunden, nämlich Internetbeobachtung inklusive Social Media. Waltraud Wiedermann, Geschäftsführerin von APA-DeFacto: „Je komplexer die Informationsgesellschaft, desto stärker das Bedürfnis nach Überblick, nach einfachen, nutzerfreundlichen Lösungen. Insbesonders Social Networks und unzählige Blogs stellen Herausforderungen dar – effektiv für den Einzelnen, aber unkontrollierbar für Unternehmen? Modernes Wissensmanagement setzt genau hier an und bietet die Sicherheit, keine wesentliche Entwicklung der öffentlichen Meinung zu versäumen.“

Stimmungsbarometer
Der Social Media-Service funktioniert zumindest für den Kunden denkbar einfach: Er gibt bekannt, welche Begriffe wie Firmenname, Produkte o.ä. ihn interessieren, APA-DeFacto liefert ihm den benutzerfreundlich aufbereiteten Überblick. Im Hintergrund leisten Social Media-Experten freilich Schwerstarbeit, gilt es doch, jede Menge Kriterien zu berücksichtigen, Traffic ist nur eines davon. Durchsucht werden vorerst Inhalte von öffentlich zugänglichen Social Media-Bereichen wie Facebook und Twitter. Interessierte können unter www.gutenmorgen.apa.at einen Blick auf die Tools von APA-DeFacto werfen. sog

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Starkes Content-Management

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Atex-Polopoly, eine spezielle Software für zugriffsstarke Medienportale, hält in Österreich Einzug.

Websites, die über einen umfangreichen und aktuellen Content verfügen und an denen darüber hinaus auch noch mehrere Redakteurinnen und Redakteure zeitgleich arbeiten, brauchen eine besondere Betreuung. APA-IT bietet für diese seit kurzem das Web-Content-Management-System (CMS) Atex-Polopoly an. Diese spezielle Software wurde von Atex, einem führenden Anbieter von Redaktionssystemen mit mehr als 1000 Kunden in 57 Ländern, entwickelt. Die APA-IT hat den Vertrieb und die technische Implementierung für Österreich übernommen.
„Für ein effizientes Management von Content – also Text, Bild, Audio und Video – genügt nicht nur das technische Wissen. Entscheidend ist, über den Workflow eines Kunden Bescheid zu wissen. Nur dann kann man die bestmögliche Lösung erarbeiten“, erläutert Gerald Klima, Geschäftsführer von APA-IT, das Anforderungsprofil. Atex-Polopoly ist auf die kontinuierlich steigenden Anforderungen des digitalen Publizierens ausgerichtet.

Vernetzung inklusive

Das System ist derzeit bei umfangreichen und trafficstarken europäischen Sites wie etwa der Neuen Zürcher Zeitung, der Süddeutschen Zeitung und der ProSiebenSat.1-Gruppe im Einsatz. Ein großer Vorteil von Atex-Polopoly liegt auch in den einfachen Möglichkeiten der Vernetzung mit anderen Systemen, etwa zum Austausch von Content, Abrechnungsinformationen und anderen Unternehmensdaten – sofern das gewünscht ist. Klima: „Wichtig für uns ist der Weg zur Lösung. Es geht darum festzustellen, was der Kunde braucht und welches Ergebnis er letztendlich haben will. Erst wenn das abgeklärt ist, können wir in einem weiteren Schritt sagen, welche Lösung am besten zu ihm passt. Es ist eher selten, dass wir eine Applikation aus der Schublade ziehen, die Lösungen müssen immer an die Bedürfnisse des Kunden angepasst werden – nicht umgekehrt.“
Klima freut sich, mit Atex eine starke Partnerschaft einzugehen: „Mit Polopoly können wir unseren Kunden eine absolute Top-Lösung für Medienportale und andere zugriffsstarke Websites anbieten.“ Und Franz Fleck, General Manager von Atex Deutschland, betont: „Wir sind froh, mit der APA-IT einen Partner gefunden zu haben, der in seinen Heimmärkten viel Erfahrung hat und – als Tochterunternehmen einer großen Nachrichtenagentur – die individuellen Bedürfnisse der Medien im Land sehr gut kennt.“

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Von Schlampen und Betrügern

Von Schlampen und Betrügern Photos.com

Seitensprung als gesellschaftliches Phänomen: Rund jeder Zweite ging bereits einmal fremd, doch kaum einer spricht darüber. Betroffene führen ein Doppelleben zwischen Familienalltag und schönen Mußestunden, zeitlichem Druck, Geheimniskrämerei und der ständigen Suche nach Alibis.

„Leugnen, lügen, leugnen“, erklärt der 40-jährige Wiener Hubert K.* seine Taktik, wenn seine Ehefrau Verdacht schöpfen würde, dass er seit mehreren Monaten in einer Dreiecksbeziehung lebt. Nach rund fünf Jahren monogamen Ehelebens lernte er seine Zweitfrau am Arbeitsplatz kennen. Doch erst viel später tauschte der WU-Absolvent seine Heile-Welt-Idylle mit drei sich im Vor- und Volksschulalter befindenden Kindern und einem weit über dem österreichischen Durchschnitt liegenden Spitzenverdienst gegen ein emotionales Pendlerleben zwischen Ehefrau und Geliebter.
So lange Mag. K. nicht verheiratet war, hatte er seine Beziehungen eher locker gesehen, wie er süffisant gesteht. Mit der Treue nahm er es nie so genau. Während seines Studiums hatte er zeitweise Beziehungen mit drei Frauen gleichzeitig. „Stress pur, vom Zeitmanagement bis hin zum Sexualleben. Das geht fast nicht, außer du gerade unter Donjuanismus leidest“, stellt er rückblickend fest.
„Im Eheleben, vor allem wenn Kinder zur Beziehung hinzukommen, läuft nicht immer alles harmonisch. Wahrscheinlich ist es ein Versuch des Ausbrechens“, gibt sich der Fremdgehende nachdenklich. Seinen neuen Lebenszustand führt er im Geheimen, sieht ihn gleichzeitig als Herausforderung. Lokal- oder Kinobesuche sind passé, da sich das Liebespaar nicht in der Öffentlichkeit zeigen kann. Eingeweihte gibt es kaum. Mitwissertum stelle wegen möglichen Verplauderns eine Gefahr dar. Kreativität sei gefragt, wenn glaubhafte Alibis benötigt werden. „Möglichkeiten gibt es immer. Bei Firmenveranstaltungen geht man halt früher.“
Schenkt man verschiedensten Studien Glauben, so ist Hubert K. kein Einzelfall. Jeder Zweite ging schon einmal fremd und jeder Dritte hat sogar seinen aktuellen Partner hintergangen. Aktuelle Forschungsarbeiten zum Verhalten von Untreuen ergaben, dass über 40 Prozent der Treulosen länger als einen Monat fremdgehen. Fast ein Drittel betrügt sogar länger als ein halbes Jahr, der klassische One-Night-Stand kommt eher selten vor.

Polygame Strukturen
Lebte Herr K. rund 8731 Kilometer weiter südlich in Südafrika und wäre er Zulu wie der Präsident Jacub Zuma, könnte er sogar ein zweites Mal heiraten. Schließlich ist Polygamie unter den Zulus erlaubt, auch wenn es das Beziehungsleben nicht gerade erleichtert. Präsident Zumas zweite Frau ließ sich scheiden, die dritte nahm sich das Leben. Die Ehen Nummer Vier und Fünf schloss er erst kürzlich.
„Moral?“, fragt Hubert K., um selbstredend zu antworten: „Die wird dir von der Gesellschaft aufgezwungen. Als meine neue Angebetete ihren Freundinnen von unserem Verhältnis berichtete, meinten die ob der minderjährigen Kinder mehr als deutlich ‚Schlampe!‘.“
Dem emotionalisierten Thema Seitensprung wird mit Ablehnung begegnet. Unsere Gesellschaft schlägt sich auf die Seite der Fremdgehgegner, zumindest aber auf die Seite des betrogenen Partners, wie auch Sexualexperten aufgrund ihrer Erkenntnisse aus der Beratungspraxis festhalten: „In unserem Kulturkreis ist das Nein immer stärker als das Ja.“
Trotzdem wollen die Ratgeber das Thema Seitensprung aus der moralischen Ecke herausholen, um eine echte Diskussion zu ermöglichen, schließlich sei der Mensch nicht dafür ausgelegt, monogam zu leben, zumal das Abenteuer frischer Verliebtheit immer wieder reizt.

Scheidung als Lösung?

Für Hubert K. sind die Verhältnisse klar verteilt. „Die Familie darf durch die neue Beziehung keinen Nachteil haben. Insofern wird die Geliebte irgendwann allein übrig bleiben.“ Dieser Ansicht widersprechen allerdings die aktuellen Scheidungszahlen in Österreich. 2009 waren diese zwar rückläufig betrugen aber immer noch 46 Prozent, wobei mit 53,8 Prozent in Wien die Scheidungsrate über dem bundesweiten Durchschnitt lag. Meist war nach zehn Jahren Schluss, wobei das Scheidungsalter bei beiden Geschlechtern knapp über 40 Jahren lag.
„Im Augenblick des Zusammenkommens und Kennenlernens und dann in der Phase der Verliebtheit ist das Rundherum doch völlig egal. Da denkt keine und keiner an moralische Grundsätze. Es ist einfach nur schön“, erzählt Ex-Single Elsbeth G. (44)*. Die in einem Salzburger Krankenhaus tätige Ärztin hat seit dem vergangenen Silvesterabend eine Beziehung mit einem verheirateten Mann. Sofort gab dieser ihr das Versprechen, sich von seiner Frau scheiden zu lassen, da er sowieso schon von ihr getrennt lebte. Mittlerweile wartet Elsbeth G. auch im neunten Monat noch auf die Einlösung des Versprechens.
*Namen von der Redaktion geändert

Economy Ausgabe 999999, 01.10.2010

Das Schweigen der Gierigen

Das Schweigen der GierigenPhotos.com

Die Omertà beherrscht auch das korrumpierte Politik- und Wirtschaftsleben in Österreich.

„Öffne nie deinen Mund, außer du sitzt in einem Zahnarztstuhl.“
Das umschreibt im Wesentlichen das Prinzip der Omertà, der Schweigsamkeit in Kreisen des organisierten Verbrechens. Getätigt wurde der Ausspruch von Sammy Gravano, einem höheren Boss der US-amerikanischen Cosa Nostra, ein schwerer Bursche in Mafia-Kreisen.
Das Prinzip des Dichthaltens ist einer der wesentlichen Faktoren dafür, dass Korruption und in weiterer Folge organisiertes Verbrechen funktionieren.
Es existiert allerdings bei Weitem nicht nur in kriminellen Kreisen, sondern ist ein gesellschaftliches und soziales Phänomen:
So muss etwa bei der Anerkennung von Kriegsverbrechen stets eine Mauer des Schweigens durchbrochen werden, das sich die Beteiligten auferlegt haben. Dasselbe gilt für Menschenrechtsverletzungen in dafür anfälligen Regimes.
Ein anderer Bereich aktueller Omertà ist etwa das Thema des sexuellen Missbrauchs in der Kirche.

Anderes Spielverhalten
Zusammenhalten und Schweigen heißt es auch bei den aktuellen Finanz- und Korruptionsdelikten in Österreich. Omertà scheint zum Überlebensprinzip einer ganzen politischen Kaste geworden zu sein, wie Josef Urschitz in der Presse kürzlich in für das bürgerliche Blatt ungewöhnlicher Deutlichkeit ausführte. Die Bestechungs- und Vertuschungskultur sei sogar „zur Existenzfrage der politischen Kaste geworden“.
Das ist nicht sehr schmeichelhaft für Österreich, und man fragt sich, wie sich dieser Zustand entwickeln konnte. Ist es vielleicht deshalb, weil Korruption und indirekte Einflussnahme stets einer Art Schweigepflicht, sozusagen einem Gaunerkodex unterstehen, der gemütlichen österreichischen Variante der Omertà? Wie kann es sonst sein, dass laut Transparency International der jährliche Schaden durch Korruption auf sechs Mrd. Euro beziffert wird?
Max Burger-Scheidlin, Experte der Internationalen Handelskammer (ICC), sagt: „Für Österreich ist die Korruption ein Riesenproblem. Es ist für die Beteiligten eine vermeintliche Win-win-Situation und sie haben Interesse daran, das Thema Korruption nicht an die Oberfläche kommen zu lassen.“
Schweigen also allerorten, bis hinauf in die höchsten Kreise. Wer sich transparent und anständig verhält und auch brav seine Steuern zahlt, muss sich wie der reinste Idiot vorkommen.

Economy Ausgabe 87-10-2010, 01.10.2010

Ein etwas anderer Job: Politiker

Ein etwas anderer Job: PolitikerDie Grünen

Unterwegs mit einem Polit-Profi: „Als Politiker wird eine Person bezeichnet, die ein politisches Amt oder ein politisches Mandat, im Idealfall durch Volkswahl, innehat. Meist wird sie dabei von Parteien und Verbänden unterstützt“, so Wikipedia. Und wie sieht der Alltag eines Politikers aus?

Hamburg, 8 Uhr 30, wieder mal Regen. Zwischenstopp München. Es ist ziemlich windig. Weiterflug nach Rom. Die Sonne brennt.
Rüdiger Maresch (58) – seit 2001 Gemeinderat der Grünen in Wien mit den Schwerpunkten Verkehr, Umwelt, Stadtplanung – braucht kein Drei Wetter Taft. Seine Frisur hält. Sein Aktionsradius ist zwar bescheidener als jener der Dame in der 1980er-Jahre-Werbung, doch nichtsdestotrotz eilt, ja hetzt er nicht nur zu Wahlkampfzeiten von Termin zu Termin, von Veranstaltung zu Veranstaltung. Sein wöchentliches Arbeitspensum beträgt zwischen 60 und 70 Stunden, in Zeiten wie im aktuellen Wiener Wahlkampf kommen locker auch schon einmal bis zu 80 Stunden zusammen. Und dennoch schwärmt der karenzierte AHS-Lehrer voller Leidenschaft: „Politiker zu sein, ist ein total interessanter Job. Es gibt keinen Tag, der so ist wie der andere. Es gibt keinen Trott. Und genau das macht diesen Beruf so spannend und interessant.“
6 Uhr 30: Aufstehen, Morgentoilette, Frühstück. Dann der Blick durchs Fenster: Regen ist angesagt. Das bedeutet Regenschutz und Fahrradhose, denn ein Grüner Politiker lebt auch vorbildlich vor, für was er sich einsetzt. Vom 17. Bezirk hinunter ins Büro ins Rathaus sind es nur 10 Minuten. Kurz nach acht ruft Maresch seine E-Mails ab und beantwortet sie umgehend. Viel Zeit bleibt nicht, denn um 8 Uhr 30 beginnt die halbstündliche Klubsitzung, bei der sich die Abgeordneten für die anstehende Stadtratssitzung abstimmen, bei der er gleich zwei der sechs Anträge seiner Partei stellen wird. Bevor er sich in den „Ring“, den altehrwürdigen Plenarsaal des Wiener Rathauses wagt, das an diesem Tag ob der „Aktuellen Stunde“ über den vom Profil eruierten Filz sozialdemokratischer Firmengeflechte einem Tollhaus gleicht, trifft sich Maresch mit einem jahrzehntelangen Weggefährten zu einem halbstündigen Hintergrundgespräch: Wiens Bürgermeister Michael Häupl. Seit ihrer Studentenzeit verbindet sie eine enge persönliche Beziehung, wiewohl sie sich in verschiedenen politischen Lagern beheimatet sehen.

Beruf oder Berufung?
Nach einer hitzigen Debatte steht der öffentliche Nahverkehr als erster Tagesordnungspunkt (TOP) auf der Agenda. Mehr als nur ein Steckenpferd von Maresch: Hier macht er sich für das grüne Tarifmodell „1/10/100“ stark, das vorsieht, eine Tagesnetzkarte um einen Euro, eine Monatskarte um zehn Euro und eine Jahreskarte um 100 statt 449 Euro einzuführen, um die Attraktivität des öffentlichen Nahverkehrs zu erhöhen. Dies sei durchaus finanzierbar, sagt er. Beispielsweise durch City-Maut Gebühren oder durch die Ausdehnung der Parkraumbewirtschaftung. Dass der Antrag (noch) keine Chance auf eine breite Zustimmung hat und bei der späteren Abstimmung auch abgelehnt werden wird, ist ihm klar. Aber sich dafür einzusetzen, damit könne man, so sein Credo, nicht früh genug beginnen. Politik sei eben ein Geschäft, bei dem man Ausdauer und Geduld brauche, und für jede Idee, für jede Vision komme ihre Zeit.
In einem zweiten Redebeitrag geht Maresch nicht auf Wunschdenken, sondern auf ein ganz konkretes Projekt ein: auf die geplante Durchgangsstraße im Gasometervorfeld. Mit Verve und guten Argumenten will Maresch seine Zuhörer von der Unsinnigkeit dieses Vorhabens überzeugen. Es gelingt ihm leider nicht. Die Bilanz der Sitzung sieht wie folgt aus: Über 19 Anträge wurde abgestimmt, sechs brachten die Grünen ein, vier stammten aus der Feder von Maresch. Zwei der sechs Beschlüsse der Grünen wurden beschlossen, der Rest abgelehnt.
Dennoch zeigt sich Maresch zufrieden und sinniert über den Wahlausgang am 10. Oktober. Sollten die Grünen Koalitionspartner der SPÖ werden, was „zu zwei Prozent“ wahrscheinlich sei, könnte er sich Avancen auf einen Stadtratsposten machen. Doch laufe es wohl auf eine Koalition von SPÖ und ÖVP hinaus. „Die ÖVP ist zahm und daher der bequemere Partner für die regierende SPÖ“, so Maresch. Vor allem von der SPÖ seien die Medien „angefüttert“, also mit Inseraten gut versorgt. Kritik wie jene im Profil sei daher gerade nicht an der Tagesordnung. Die Grünen indes treten traditionell basisnah im öffentlichen Raum an.
Wie Maresch, der bereits auf dem Sprung zum Standl am Elterleinplatz in Hernals ist. Dort werden den Bürgern verkehrs- und kulturpolitische Themen nahegebracht, mit vielen überzeugenden Argumenten und mehr als 99 Luftballons. Die Nähe zum Bürger sei das A und O. Nach diesem Termin geht es unmittelbar zu einem Empfang. „20 Jahre Ökologieinstitut“ gilt es zu feiern. Für einen Berufspolitiker der Grünen ein Pflichttermin, denn es gilt, einerseits Präsenz zu zeigen und andererseits „Vernetzungsarbeit“ zu leisten.
Maresch tut beides. Bis spät in den Abend.

Economy Ausgabe 87-10-2010, 01.10.2010

Geben und Nehmen

Geben und Nehmen

Nachdem sich die Korruptionsdebatte in Österreich so zugespitzt hat und die Journalisten am lautesten geifern, sei schon mal eines gesagt: Nehmt euch selbst bei der Nase. Es wird keiner in der Branche abstreiten können, dass die Korruptionsbereitschaft im Spannungsfeld Journalismus und Marketing groß ist. Und damit sind keineswegs die Brötchen auf der Pressekonferenz oder das bezahlte Abendessen mit den diversen Gesprächspartnern gemeint. Die Hemmungen schwinden vielmehr bei allem, was gut und was teuer ist. Die Spitzenreiter des Gebens und Nehmens sind Auto-, Reise-, Society- und Telekomjournalisten, und die Palette spannt sich breit. Die Selbstverständlichkeiten von Testgeräten, geborgten Autos, Gratis-SIM-Karten, gesponserten Wellnesswochenenden und aufregenden Fernreisen haben sich in der Branche bereits so eingebürgert, dass man beinahe vergessen hat, doch vielleicht einmal Bilanz zu ziehen: Wie tief sitzt die Korruption bereits? Gibt es noch so etwas wie journalistische Integrität? Wie steht der Chefredakteur dazu? Wird man als Journalist deswegen von den Marketingabteilungen hofiert, weil man gut ist, oder weil man einfach nur ein korruptes Weichei ist, dass die PR-Bilanz verbessert? Fragen wie diese sollten längstens einmal gestellt werden. Doch die Szene in Österreich ist klein, und man stößt ja nicht die Hand zurück, die einen so großzügig füttert.

Economy Ausgabe 87-10-2010, 01.10.2010

Oh du mein Österreich

Oh du mein ÖsterreichAndy Urban

Die Wirtschaft braucht die besten Köpfe der Welt, doch die Politik in Österreich stellt ihr dumme Sprüche in den Weg. Eine subjektiv gefärbte Beobachtung über die Chancen, die dieses Land kleingeistig wegwirft.

Im Vorstand der OMV sind derzeit zwei Personen mit Migrationshintergrund: der gebürtige Brite David Davies und der gebürtige Holländer Jaap Huijskes. Dennoch käme niemand auf den Gedanken, die beiden Männer als „Person mit Migrationshintergrund“ zu bezeichnen. Weil der ursprünglich von Soziologen geprägte Begriff nun die politisch korrekte Bezeichnung für „Ausländer“ geworden ist. Und zwar für die Problemfälle unter den Ausländern – die mit den schlechten Deutschkenntnissen. Viele gut ausgebildete Migranten und Migrantinnen der zweiten Generation wehren sich bereits gegen die von ihnen so erlebte neue Stigmatisierung.

Deutsch statt Holländisch
Natürlich würde auch keine Innenministerin von einem Davies oder einem Huijskes verlangen, vor der Einreise nach Österreich Deutschkenntnisse nachzuweisen. Als EU-Bürger können sie sowieso nicht zum Deutsch-Können gezwungen werden, und in ihrer Vorstandstätigkeit müssen sie nicht Deutsch können. Denn die Konzernsprache der OMV ist Englisch.
Die Internationalisierung der österreichischen Wirtschaft passiert real schneller als in den Köpfen der führenden Politiker und Politikerinnen. Bestimmte Äußerungen von Politikern sind fast putzig. So erregte Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP) im Juni Aufmerksamkeit, als er sagte, dass Österreich Migranten brauche. Doch die von ihm genannte Zahl war weit von der Realität entfernt: 100.000 Personen bis zum Jahr 2030, um den Bevölkerungsschwund aufgrund der niedrigen Geburtenrate auszugleichen.
Im Volkszählungsjahr 2001 lebten 7.322.000 Österreicher und 711.000 Nicht-Österreicher im Land. Der Ausländeranteil betrug also 8,9 Prozent. Unter den „Österreichern“ sind auch alle eingebürgerten Nichtösterreicher inkludiert.
Auch Spindeleggers Forderung, Österreich müsse die bestqualifizierten Ausländer anziehen, ist nett. Durch die EU-Binnenmigration gibt es Wanderungsbewegungen, die Politiker nicht mehr beinflussen können. 2009 wanderten 108.000 Personen in Österreich ein, 87.000 wanderten aus. Von den Zugewanderten benötigten nur 8000 eine staatliche Genehmigung. Migranten sind mobil, und um die Besten reißen sich alle. Die werden sich dort niederlassen, wo sie Freiheit zum Atmen haben und nicht mit „Wiener Blut“-Plakaten belästigt werden.

Maier statt Hossain
Oder mit Wohnungsvermittlern, die einem jungen Mann mit dem Namen Hossain keine Wohnung vermitteln wollen. In diesem Fall wollte die Mutter, eine Österreicherin, die Geburtsurkunde ihres in Wien geborenen Sohnes vorlegen – bevor sie sich eines Besseren besann und nach einem Weg suchte, den Immobilienheini wegen Diskriminierung zu verklagen. Doch das geht in Österreich nicht. Simon Inou, kamerunisch-österreichischer Journalist, lächelte nur müde, als er in der Frage um Rat gebeten wurde. Afrikaner müssen sowieso in Parallelwelten Wohnungen suchen.
Jede vierte Person mit Migrationshintergrund arbeite in einem Job, der unter ihrer Qualifikation liege, ergab eine Studie des Instituts für Bildungsforschung, die auf Erhebungen der Statistik Austria beruht. Das ließe sich auch in Gesprächen mit dem ägyptischen Zeitungsverkäufer ums Eck oder einer iranischen Asylwerberin herausfinden. Asylsuchende erleiden durch jahrelang erzwungene Untätigkeit eine Dequalifizierung – oft in Berufen, die in Österreich dringend nachgefragt werden.
Auch Frauen, die in Österreich in die Schule gingen, perfekt Deutsch sprechen, aber aus religiösen oder identitätsstiftenden Gründen ein Kopftuch tragen, haben wenig Chancen auf dem Arbeitsmarkt.

Telefonistin statt Bankbeamtin
Sie können als Telefonistin in einem Call Center arbeiten, aber nicht als Bankbeamtin hinter einem Schalter. Eine große Bank, die das ausprobierte, stellte den Versuch schnell wieder ein. Bankkunden hatten sich beschwert. Im Übrigen: Im Aufsichtsrat der OMV sind genau zwei Frauen. Sie stammen aus Dubai und aus der Türkei. Eine trägt ein Kopftuch.

Economy Ausgabe 87-10-2010, 01.10.2010

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