Unabhängiges Magazin für Wirtschaft und Bildung

03. Juli 2024

Search form

Search form

Alle Informationen am Spitalsbett

Alle Informationen am SpitalsbettBilderbox.com

Claudia Maurer: „Damit Ärzte und Pflegepersonal effizient arbeiten können, brauchen sie eine mobile Kommunikationslösung. Und sie müssen direkt am Krankenhausbett auf alle benötigten Informationen zum Patienten zugreifen“, erklärt die Kapsch-Expertin für das Gesundheitswesen.

economy: Frau Maurer, Krankenhäuser gelten als das Paradebeispiel für die sinnreiche Anwendung fortschrittlicher Kommunikationslösungen. Warum?
Maurer: Ganz einfach weil eine moderne Großkrankenanstalt eine der komplexesten Organisationen ist, die es gibt. Zum einen durch den hohen Grad an Arbeitsteilung: Da arbeiten Ärzte verschiedenster Disziplinen gemeinsam mit dem Pflege- und Laborpersonal. Das führt insgesamt zu einem enormen Informations- und Kommunikationsbedürfnis. Denn die eine Hand muss wissen, was die andere tut. Zum anderen erfolgen die Prozesse und Dienstleistungen zum größten Teil vor Ort – direkt beim Patienten.

Wie wirkt sich das auf die Kommunikationsbedürfnisse des medizinischen Personals aus?
Sie werden Ärzte selten am Schreibtisch antreffen. Ein Bereitschaftsarzt legt auf seinen Runden im Krankenhaus täglich etwa neuneinhalb Kilometer zurück. Eine Krankenschwester schafft drei bis fünf Kilometer pro Tag. Die Mitarbeiter eines Krankenhauses sind also hochmobil. Genauso mobil muss ihre Kommunikationslösung sein.

Was, wenn nicht?
Dann führt unstrukturierte Kommunikation zu sichtbaren Ineffizienzen. Ein einfaches Beispiel: Ein Patient teilt einer Schwester mit, dass er Schmerzen hat. Die Schwester will das neue Symptom mit einem Arzt abklären, erreicht ihn aber nicht. Der ruft zwar etwas später zurück, da ist die Schwester dann schon wieder beim Patienten und ihrerseits nicht erreichbar.

Ständige Erreichbarkeit sorgt also für weniger Stress beim Personal.
Nicht nur das. Medizinische Prozesse sind oft zeitkritisch, eine verzögerte Reaktion kann den Behandlungserfolg beeinträchtigen. Und wenn die Kommunikation nicht funktioniert, kommt es leicht zu Missverständnissen – und die sind wiederum eine häufige Ursache für Fehlbehandlungen.

Also müssen alle Mitarbeiter mobil erreichbar sein?
Das ist nur ein Bestandteil einer optimalen Kommunikationslösung. Nehmen wir noch mal das zuvor genannte Beispiel: Der Arzt kann den Anruf der Schwester nicht annehmen, weil er gerade operiert. Wenn die Schwester das weiß, kann sie ihm je nach Dringlichkeit entweder eine E-Mail schreiben oder sich an einen anderen Arzt wenden.

Wie erfährt sie, ob dieser Arzt erreichbar ist?
Der Arzt kann seinen Präsenzstatus festlegen. Die Schwester sieht dann, welcher Arzt gerade erreichbar ist und wie – per Telefon, Textnachricht oder E-Mail. Damit erspart sie sich vergebliche Kontaktversuche. Und diese übersichtliche Darstellung der Verfügbarkeit der Ärzte bringt gerade in Notsituationen wertvolle Minuten.

Wie können sie das medizinische Personal noch unterstützen?
Um den Patienten bestmöglich betreuen zu können, muss der Zugriff auf das Krankenhausinformationssystem direkt am Patientenbett erfolgen, um die Krankengeschichte einzusehen, um einen Behandlungsraum zu buchen. Dabei ist die technische Lösung zweitrangig – das könnte etwa ein Tablet-PC sein, aber der Fernseher im Patientenzimmer eignet sich ebenso gut.

Im Landesklinikum Baden-Mödling (siehe nebenstehenden Artikel) wurde in einer sehr speziellen Situation ein Videokonferenzsystem installiert. Welche Nutzungsmöglichkeiten bieten sich für Telekonferenzen darüber hi­naus an?
Es ist dadurch zum Beispiel nicht immer notwendig, dass die Patienten herkommen. Mit Teleambulanzen können wir ihnen lange Anfahrtswege ersparen. Auch gibt es etliche Krankheiten, die sehr selten sind, und es kommt deswegen häufiger vor, dass es im Wohnort des betroffenen Patienten keinen auf diese Krankheit spezialisierten Arzt gibt. In einer Telekonferenz jedoch kann die Meinung eines Spezialisten ohne große Umstände eingeholt werden, selbst wenn der in Übersee sitzt.

Christian Stemmberger, Economy Ausgabe 86-08-2010, 27.08.2010

Test: Die Kinderuni war schön

Test: Die Kinderuni war schönWahlmüller

Über 4000 Kinder nahmen an der Kinderuni Wien teil, die heuer bereits zum achten Male in der zweiten und dritten Ferienwoche im Juli stattfand. Vier Wiener Unis hatten die Tore für alle Sieben- bis Zwölfjährigen weit geöffnet. Viktoria, 7, war mit dabei.

Kinderuni? Was macht man da? War die erste Frage, die mir meine Tochter Viktoria stellte. „Über alles, was du wissen willst, viel Neues lernen und erfahren“, so ähnlich war meine erste spontane Antwort. Und: „Schau, in diesem Buch sind etwa 350 Lehrveranstaltungen, da kannst du dir aussuchen, was dich interessiert“, zeigte ich ihr das Studienbuch. Viktoria war auf Anhieb begeistert. Wir einigten uns darauf, drei oder vier Termine vormittags aus möglichst unterschiedlichen Bereichen auszusuchen. Allein das Studium des riesigen Angebots (Uni Wien, TU Wien, Meduni Wien, BOKU) war ein Erlebnis, gefolgt von vielen Fragen. Hier einige Beispiele: „Wie lebten die alten Römer?“, „Was haben Katzen und Autoreifen gemeinsam?, „Was ist Bio an Mechanik?“, „Das Auto der Zukunft“, „Grundkurs Chirurgie“ oder „Wie viel Platz braucht ein Fluss?“
Schließlich hatten wir drei Themen ausgewählt: „Floating Houses“ (Architektur), „Wie werde ich groß, stark, schlau und unbesiegbar?“ (Medizin) sowie „Rote, gelbe, blaue Blumen – Warum ist Vielfalt in der Natur so wichtig?“ (Botanik).

Perfekte Organisation
Die Organisation der übrigens größten Kinderuni Europas ist großartig. Die Anmeldung ist persönlich an einem Tag und danach via Internet problemlos und leicht möglich. Jedes registrierte Kind erhält seinen Studienausweis und ein T-Shirt mit dem Motto der Kinder­uni, „Wir stellen die Uni auf den Kopf“. Heuer war dieses T-Shirt rot. Erster Unitag von Viktoria war der Workshop „Floating Houses“, der im Architekturzentrum Wien im Museumsquartier abgehalten wurde. Die Besonderheit dabei: Der 13. Juli war Mädchentag, das heißt, an diesem Tag waren alle technischen Lehrveranstaltungen nur für Mädchen zugänglich. „Welche Sachen schwimmen?“, fragte Workshopleiterin Alexandra Viehhauser die 18 Mädchen im Alter von sieben bis neun Jahren und demonstrierte gleich beim Wasserbecken: Dass Holz und Styropor schwimmen, war allen klar. Dass aber auch ein Kochtopf schwimmt, war für viele bereits erstaunlich. Spannend auch, dass der Topf, wenn man etwas Wasser einfüllte, nur ein bisschen tiefer hinuntersank – aber er schwamm weiter. Danach sahen die Mädchen sich einige Dias von ganz unterschiedlichen schwimmenden Häusern an, vom Hausboot im Süden („Arme-Leute-Haus“) bis zum futuristischen Bürohaus. Dann durften sie selbst aktiv werden und aus vielerlei Materialien (Styropor, Holz, Plastik, Alufolie, Stoff, Spieße, Taue, Papier) ihr schwimmendes „Traumhaus“ bauen. Fazit: Alle Mädchen waren erfolgreich, denn kein Haus ging unter.

Lustige Wissensvermittlung
Als zweite Lehrveranstaltung hatte sich Viktoria „Wie werde ich groß, stark, schlau und unbesiegbar?“ ausgewählt. Vor allem die im Programm angesprochene „Reise ins Körperinnere“ hatte sie interessiert. Hier lernte Viktoria erstmals einen echten, ziemlich vollen Hörsaal am Wiener AKH kennen. Piero Lercher, Mediziner und Künstler, faszinierte die Kinder nicht nur durch seinen lebendigen Vortrag, sondern vor allem auch durch seine humorvollen, bunten Cartoons etwa von Herz, Lunge, aber auch von gesunden Lebensmitteln: Äpfel, Zitronen, Mais und Erdäpfel mit lustigen Gesichtern vermittelten den kleinen Zuhörern, dass gesundes Essen erstens schmeckt und zweitens auch Spaß macht. Auf die Frage „Was hat dir denn am besten gefallen?“ kam Viktorias blitzschnelle Antwort: „Also da war so eine bewegte Zeichnung, wie das Essen durch den Körper wandert, das war toll!“ Toll war danach auch das Kinderschminken und Malen.
Tags darauf fuhren wir bei angesagter Affenhitze – zum Glück bereits in der Früh – auf die Boku nach Wien-Döbling. Die Kinderuni fand dort im modernen Franz-Schwackhöfer-Haus statt. Viktoria freute sich auf den Vortrag über die „Vielfalt in der Natur“. Prof. Karl Georg Bernhardt vom Institut für Botanik hatte sich sogar die Mühe gemacht, ein Arbeitsblatt vorzubereiten. So lernten die Kinder spielerisch die Zusammenhänge zwischen Pflanzen und Tieren kennen, was Biodiversität ist und wie man das Wort schreibt. Die Kinder stellten viele Fragen, etwa: „Warum gibt es eigentlich keine schwarzen Blumen?“ Viel zu schnell war die Vorlesung vorbei. Viktoria hat zum Schluss ganz groß in ihr Heft geschrieben: Die Kinderuni war schön.

Links

Economy Ausgabe 86-08-2010, 27.08.2010

Duft der Bildung

Duft der Bildung

Einen betörenden Duft haben Orchideenfächer auf der Uni noch nie ausgestrahlt – vielmehr haftet ihnen der Mief der Talare und das Odeur des brotlosen Wissens und der potentiellen Arbeitslosigkeit an. Doch man tut diesen Studienrichtungen unrecht. Ob es nun Tibetologie und Buddhismuskunde, Numismatik, Koptologie oder Byzantinistik ist, ein immanenter Nutzen ist ihnen gewiss. Sie transportieren Wissen, sie tragen zum Verständnis von Kulturen bei – und man weiß ja nie, ob sie nicht doch tatsächlich einmal „nützlich“ sein werden. So etwa die Sinologie, bei deren Auffindung als Studienfach im Vorlesungsverzeichnis noch in den 1990ern ein jeder gefragt hat, wofür das nun wieder gut sein soll. Heute sind Sinologen, die meistens auch eine oder mehrere der wichtigen chinesischen Verkehrssprachen gut beherrschen, gefragte Leute und werden von großen Konzernen angeheuert – siehe da. Islamistik-Studenten, denen bislang zumindest in Österreich meistens der Vogel gezeigt wurde, wenn sie ihr Studienfach preisgaben, sind seit dem 11. September 2001 begehrte Experten, wurden zu Verfassungsschützern, Politikberatern, Entwicklungshelfern, Diplomaten und Dialogbeauftragten der Kirchen. Klar: „Die Wirtschaft“ will Ingenieure, Anwälte, Betriebswirtschaftler, IT-Fachleute – aber wollen wir eine Technokratie von Ingenieuren und Managern oder wollen wir uns in einer aufgeklärten, reichen Gesellschaft auch Bildung statt nur verwertbares Fachwissen leisten?

Economy Ausgabe 86-08-2010, 27.08.2010

Kulturwandel mit Kostenvorteilen

Kulturwandel mit Kostenvorteilena1Telekom.at

Christian Bauer: „Geschäftsreisen sind ein Kostenfaktor und senken die Produktivität der Mitarbeiter. Mit Videokonferenzen können viele Dienstreisen eingespart werden. Aber Unified Communications ist mehr als nur ein Kostendrücker. Es verändert unsere Arbeitswelt tief greifend.“

economy: Herr Bauer, Unified Communications (UC) ist einer der großen Hoffnungsträger der IT-Anbieter. Wenn man sich aber die Anwendungen – wie die Videokonferenz – ansieht, gibt es die ja nicht erst seit gestern. Hat die IT-Industrie hier bloß einen weiteren Marketingbegriff geschaffen?
Bauer: Nein – UC ermöglicht neue Formen der Zusammenarbeit. Die technische Grundlage dafür bildet das Zusammenwachsen von Mobilfunk, Festnetz und Datennetz zu einem einheitlichen Netzwerk. In diesem Netz werden sämtliche Informationen, egal ob E-Mails oder Telefonate, als Datenpakete ausgetauscht. Daher sprechen wir heute auch nicht mehr von IT da und Telekom dort, sondern von IKT, der Informations- und Kommunikationstechnologie.

Was ändert das für die Nutzer?
Die Nutzer bemerken vor allem, wie einfach es heute ist, Kommunikation mit Collaboration, also mit der gemeinsamen Erarbeitung von Inhalten im Internet, zu verbinden. Man braucht heute keinen technischen Support mehr, um eine Konferenz aufzubauen und in dieser dann an einem Dokument zu arbeiten, das alle Teilnehmer online betrachten und verändern können. Dafür reicht eine halbstündige Einschulung. Das gilt sowohl für Konferenzen mit dem Microsoft Office Communications Server wie für die High End-Lösung Telepresence von Tandberg.

Wie profitieren die Kunden?
Die Unternehmen profitieren durch die Optimierung der Kommunikationsprozesse im Unternehmen. Das bedeutet schnellere Reaktionszeiten und damit höhere Flexibilität, und es entfallen Reisekosten. Mitarbeiter, die weniger Zeit im Flugzeug oder Auto verbringen, sind auch produktiver.

Es geht um Kostensenkungen und höhere Produktivität.
Es geht um sehr viel mehr. Dank UC können Sie nun in weltweiten Teams und von jedem Ort aus arbeiten – vom Büro, von zuhause oder von der Parkbank aus. Wir befinden uns mitten in einem Kulturwandel, der unsere gesamte Arbeitswelt umfasst und verändert.

Veränderungen sind nicht immer willkommen ...
Es kommt dabei sehr darauf an, wie Neuerungen kommuniziert werden. Sie dürfen nicht die neue Technologie selbst in den Vordergrund stellen. Im Zentrum steht der Mensch – und wie er die Technik zu seinem Vorteil und dem des Unternehmens nutzen kann.

Wie wird die Einführung von UC ein Erfolg?
Es ist ein tief greifender Wandel, der langfristig begleitet werden muss. Von heute auf morgen trennt sich niemand von alten Gewohnheiten. Andererseits sind die Vorteile leicht darzustellen – wer verzichtet nicht gern auf die eine oder andere Dienstreise, besonders jetzt im Hochsommer?

Welche möglichen Hilfestellungen können Sie als Anbieter Ihren Kunden geben?
Es ist zu wenig, einfach eine technische Lösung hinzustellen. Daher haben wir in Consultants investiert, um unsere Kunden bei der Neugestaltung ihrer Prozesse beraten zu können. Erst dann beginnen wir, die technische Umsetzung zu konzpieren. Damit UC funktioniert, muss das gesamte Umfeld bedacht werden. Wir haben diese Produkte und Dienstleistungen in unserem Portfolio und können somit für unsere Kunden ein Komplettpaket schnüren.

Was muss da bedacht werden?
Das fängt bei der Sicherheit an. Desktops sowie lokale und überegionale Netzwerke werden auf die Lösung abgestimmt, Telefonanlagen und mobile Endgeräte (Laptops, Smartphones) werden integriert.

Können Kleine und Mittlere Unternehmen (KMU) UC technisch bewältigen und finanzieren?
KMUs bietet sich die Möglichkeit, UC als Service komplett zu Telekom Austria auszulagern. Die Anfangsinvestitionen sind gering, wir können Kostenvorteile an die Kunden weitergeben. Die KMU interessieren sich zunehmend für Outsourcing, nicht nur wegen der Einsparungen – denn IT wird immer mehr zur Commodity, die als Kostenblock gesehen wird und keine deutlichen Wettbewerbsvorteile bringt.

Links

Christian Stemmberger, Economy Ausgabe 86-08-2010, 27.08.2010

Das Wissen, das Sein und das Nichts

Das Wissen, das Sein und das NichtsPhotos.com

Über die Grenzen des Wissens wird seit Jahrhunderten in der abendländischen Philosophie nachgegrübelt. Die Lösung dieser Frage versickert irgendwo zwischen Quantenphysik und Transzendenz, und wir wissen noch immer nicht, warum wir sind und was die Wirklichkeit tatsächlich ist.

Die stärksten Supercomputer dieser Welt können rechnen wie nie zuvor und alle möglichen irdischen und kosmischen Simulationen darstellen ‑— doch sie wissen auch keine Frage auf die wesentlichen Problemstellungen der Menschheit: Woher kommen wir, wohin gehen wir, gibt es Gott und was liegt hinter dem Universum?
Dem Wissen der Menschheit sind Grenzen gesetzt, Grenzen, die sich weder mit Berechnungen der Physik, mit Erwägungen der Philosophie oder mit der Logik der Mathematik überschreiten lassen.
Die Problematik der Grenzen des Wissens geht ins 19. Jahrhundert zurück. In seiner Rede „Über die Grenzen des Naturerkennens“ (1872) hatte der Physiker und Mediziner Emil Heinrich Du Bois-Reymond die Behauptung aufgestellt, dass weder die metaphysische Frage nach dem „Wesen“ von Materie und Kraft noch der Begriff „Bewusstsein“ wissenschaftlich vollständig geklärt wer­den kann. Seine Thesen lösten einen wissenschaftlichen Grundlagenstreit aus, den „Ignora­bimusstreit“. Du Bois-Reymond nannte die Elementarbegriffe der Mechanik, Materie und Kraft, bezeichnete jedoch die Frage nach dem Bewusstsein als „Rätsel“ und verhängte über sie den Bann­spruch „Ignoramus et Ignorabimus“ („Wir wissen nicht und werden nicht wissen“).

Das Welträtsel
Diese Darstellung wurde als Welträtsel-Diskussion in allerhöchsten Philosophen- und Physikerkreisen hernach eifrigst diskutiert, etwa von Ernst Mach oder von Kurt Gödel. Mit der Quantentheorie von Nils Bohr wurde die Wissensdiskussion allerdings gehörig erweitert. Die Quantentheorie bricht radikal mit Prinzipien, die bis dahin für die Physik galten. Die Physik, die seit jeher das Ziel einer möglichst vollständigen Erklärung, Objektivierung und Angabe von Ursachen unabhängig von unserem Eingriff ins Geschehen verfolgte, muss sich im Rahmen der Quantenmechanik „mit einer unvollständigen Erklärung des Systemverhaltens“ zufrieden geben.
Was über die Grenzen der Physik hinaus geht, wird mit dem Begriff der Metaphysik beschrieben. Ihr werden alle Menschheitsfragen zugeordnet, die mit Logik, Empirie und praktischem Wissen nicht mehr erklärbar sind.
Die klassische Metaphysik behandelt „letzte Fragen“ wie etwa: Gibt es einen letzten Sinn, warum die Welt überhaupt existiert? Gibt es einen Gott oder Götter und wenn ja, was können wir darüber wissen? Gibt es einen grundlegenden Unterschied zwischen Geist und Materie? Besitzt der Mensch eine unsterbliche Seele? Verändert sich alles oder gibt es auch Dinge und Zusammenhänge, die bei allem Wechsel der Erscheinungen immer gleich bleiben?
Martin Heidegger stellte die Grundfragen, die die Grenzen des Wissens bloßlegen: „Warum ist überhaupt Seiendes und nicht vielmehr Nichts?“ und „Was ist die Wirklichkeit des Wirklichen?“
Die Fragen der Metaphysik umfassen also die Bereiche Sein und Nichts, Werden und Vergehen, Wirklichkeit und Möglichkeit, Freiheit und Notwendigkeit, Geist und Natur, Seele und Materie, Zeitlichkeit und Ewigkeit. Lauter Dinge, für die sich keine befriedigenden Antworten finden lassen, die jenseits der Grenzen des Wissens liegen, die sich nicht im klassischen Sinne erforschen lassen.

Unsinn als Folgerung
Ludwig Wittgenstein fand, es sei die Sprache, die der Erkenntnis entgegenstehe. Er führte einen „Kampf gegen die Verhexung des Verstandes durch die Mittel unserer Sprache“. Wenn alles durch die Sprache ausgedrückt sei, dann werde es am Ende als unsinnig erkannt.
Ein zentrales Problem, das die Grenzen des Wissens sprengt, ist die Suche nach dem Gottesbeweis. Die Suche an sich ist schon eine Wissenserweiterung, denn sie steht im krassen Widerspruch zu jeder Form eines religiösen Irrationalismus, der jede rationale Diskussion über Gott ablehnt. Philosophen von Aristoteles bis Kant, von Thomas von Aquin bis David Hume haben sich am Gottesbeweis oder Nicht-Beweis abgemüht. Letzten Endes versandet diese Philosophie aber in wenig schlüssigen Postulaten aus den Bereichen der Moral, Kausalität, der Teleologie und der Transzendenz.

Economy Ausgabe 86-08-2010, 27.08.2010

Zusatzschichten am Nachmittag

Zusatzschichten am Nachmittag Photos.com

Wenn Hausübungen samt Schulbesuch nicht ausreichen, um Lernerfolge zu garantieren, benötigen Schüler meist Nachhilfe. Eltern, Studenten oder professionelle Organisationen investieren viel Zeit in den Wirtschaftsfaktor Nachhilfeunterricht. Für Betroffene sind diese zusätzlichen Kosten enorm.

„Eigentlich macht es mir Spaß, den Kindern und in weiterer Folge den Familien zu helfen, schließlich hängt bei schlechten Noten meist der Haussegen ein wenig schief“, erklärt Mag. Monika Högl (41). Im Rahmen ihrer Franchise-Tätigkeit bei Lernquadrat, einem fast in ganz Österreich tätigen Institut für Nachhilfe, versucht sie an ihrem Standort in Schwechat die Schüler wieder aufzurichten, sie zu motivieren und ihnen Selbstbewusstsein zu geben. „Wir versuchen das aktuelle Lernproblem zu beheben, schließlich wollen wir keine Dauerkunden.“
Rund 90 Prozent der zehn- bis achtzehnjährigen nachmittäglichen Lernquadrat-Schüler besuchen ein Gymnasium, der restliche Anteil unterteilt sich in Volksschüler oder Lernende, die sich auf eine Berufsreifeprüfung vorbereiten. Die kleinen Gruppen von drei bis vier Schülern sind mit einem individuellen Lernplan ausgestattet, wobei jeweils zwei Einheiten 90 Minuten dauern. Bei den nachgefragten Fächern dominieren Mathematik, Englisch und Deutsch, die in Summe knapp zwei Drittel der Nachhilfestunden ausmachen.
„Es gibt nicht wenige, die nur vor Schularbeiten ein bis zwei Mal vorbeischauen, weil sie eine Drei schreiben möchten oder für ein Sehr Gut mit ganz gezielten Fragen an uns herantreten“, gewährt die ausgebildete Fremdsprachenexpertin Högl tiefere Einblicke in den Lernalltag. Schließlich werde Nachhilfe nicht ausschließlich von Lernschwachen in Anspruch genommen und trage eben zu Unrecht den schalen Beigeschmack des Versagens. „Mit diesen durchwegs guten Schülern ist es angenehm zu arbeiten, weil sie sehr motiviert sind.“

126 Millionen Euro für Nachhilfe
Eine im Auftrag der Arbeiterkammer erstellte Ifes-Studie kam zu dem Ergebnis, dass rund drei Viertel aller Eltern „unfreiwillige Nachhilfelehrer“ sind und nachmittags mit ihren Kindern lernen. Die dafür aufgewendete Zeit entspreche fast 50.000 Vollzeit-Arbeitsplätzen. Darüber hinaus zahlen Eltern jährlich 126 Mio. Euro für private Nachhilfestunden. Beginnend mit der Volksschule, wo bereits 13 Prozent der Schüler Nachhilfeunterricht außerhalb der Familie in Anspruch nehmen, verdoppelt sich dieser Wert bis zur AHS-Oberstufe auf 27 Prozent.
Für Pädagogen spielen mehrere Faktoren für die Notwendigkeit von Nachhilfeunterricht eine Rolle. Einerseits sei der Bildungsgrad der Eltern immer noch entscheidend, zumal Kinder von Akademikern häufig besser beurteilt werden würden. Andererseits tragen die geänderten Familienstrukturen mit Alleinerzieherinnen dazu bei, dass Kinder nachmittags ihre Freizeit lieber vor dem Fernseher verbringen als hinter den Schulbüchern. Wenn nun abends die abgearbeitete Mutter nach Hause kommt, fehle es ihr meistens einfach an der Energie, simple Tätigkeiten wie das Abprüfen von Vokabeln zu absolvieren.
Organisatoren von professioneller Nachhilfe sehen oftmals noch weitere Problemlagen, die allerdings zumeist nur hinter vorgehaltender Hand erzählt werden. „Also da benötige ich keine Pisa-Studien, um zu sehen, dass in manchen Schulen einiges falsch läuft und schlichtweg schlechte Lehrer unterrichten. Es kann doch kein Zufall sein, dass aus einer Schule fast alle Schüler zu uns kommen, während wir aus anderen Schulen nur vereinzelt Anmeldungen haben“, meint eine blond gelockte Mittvierzigerin, von ihrem Computer hochblickend. Zudem würden einige Schüler am Ehrgeiz ihrer Eltern scheitern, da diese ihre Kinder in Höhere Schulen drängen, in denen sie schlichtweg überfordert seien.

Mehrere Wege zum Erfolg
„Rechtzeitig kommen“, lautet für Monika Högl ein Schlüssel des Erfolgs. „Viele kommen erst im Mai und möchten in den letzten vier Schulwochen alles hinbiegen. Das geht einfach nicht.“
Als weiterer Erfolgsindikator sei eine familiäre Atmosphäre äußerst hilfreich. Druck seitens der Eltern sei so ziemlich das Schlechteste und nahezu immer kontraproduktiv. Aus diesem Grund gebe es bei ihnen auch Lerntechnikseminare, die die Schüler gemeinsam mit ihren Eltern absolvieren können.
Als kostenintensive Alternative empfiehlt sie, wenn es um die Intensivierung der Sprachkenntnisse geht, den Besuch eines gut ausgewählten Feriencamps zum Beispiel in England, wie sie es in ihrer Schulzeit selber praktiziert habe. „Kinder, die die Möglichkeit haben, eine Sprachreise zu machen, die erleben, dass und wie sie das Gelernte direkt anwenden können und erkennen somit auch den Sinn dahinter“, sagt die Schwechater Standortleiterin.
Abschließend hält sie fest: „Im Grunde genommen begleiten wir die Jugendlichen beim Erwachsenwerden. Wir bringen sie bis zu einer gewissen Grenze, wo wir ihnen dann jenen Abschluss ermöglichen, der auch ihren Voraussetzungen entspricht.“

Economy Ausgabe 86-08-2010, 27.08.2010

Nein zu ganztags

Nein zu ganztags

Ich weiß ja nicht, wie es Ihnen nach einem Acht- bis Zehnstundenarbeitstag so geht. Müde, frustriert, verärgert oder taufrisch und gut aufgelegt? Tja, und unseren Nachwuchs sollen wir, so propagiert es die (vornehmlich rote) Politik, in einer Ganztagsschule „gut unterbringen“. Damit beide Eltern die Chance haben, fulltime zu arbeiten. Da läuft so einiges falsch. Erstens: Wozu dann überhaupt die Entscheidung für Kinder, wenn ohnehin weder Papa noch Mama Zeit für sie haben können oder wollen. Zweitens: Schon im zarten Alter von sechs, sieben Jahren rein ins Vergnügen Knochenjob Ganztagsmühle. Das kann und soll es wohl nicht sein. Drittens: Das Aggressionspotential steigt erwiesenermaßen, wenn man den ganzen Tag am selben Ort mit denselben Leuten zusammen ist. Viertens: Das Kind wird sehr früh vom Elternhaus abgenabelt, die gesellschaftlichen Folgen sind unabsehbar. Fünftens: Zeit für individuelle Nachmittage etwa zu Hause oder bei Freunden – das gibt es unter der Woche nicht. Schlecht ist darüber hinaus die starre Gebundenheit: Das Volksschulkind ist in der derzeitigen Form täglich bis halb vier Uhr nachmittags in der Schule (viele übrigens noch länger). Daran ist nicht zu rütteln. Danach sind die Kinder zu Recht müde. Fein. Reif für den Fernseher, dann noch Abendessen und ab ins Bett. Brrr! Das Ganztagskonzept klingt vielleicht theoretisch verlockend, in der Praxis ist es ein pädagogischer und gesellschaftlicher Weg in die Sackgasse.

Economy Ausgabe 86-08-2010, 27.08.2010

Im Reich der Rechenmonster

Im Reich der RechenmonsterCray Inc.

Supercomputer sind die Königsklasse der Informationstechnologie. Sie können Dinge errechnen, für die ein menschliches mathematisches Gedächtnis Jahrhunderte brauchen würde. Intelligent sind sie aber dennoch nicht.

Gut, dass es Hochleistungscomputer gibt. Was in den 1950er Jahren von der US Army in Nevada live vor Publikum praktiziert wurde, nämlich der testweise Abwurf von Atombomben, kann heute unter Laborbedingungen simuliert werden. Supercomputer können solche Szenarien nämlich weitaus detaillierter und ohne Unterstützung von Daten tatsächlicher Atombombenexplosionen berechnen und grafisch darstellen.
Dies ist allerdings nur eine Anwendung der Mega-Rechner, die weltweit in riesigen Serverfarmen stehen und nicht selten höchster Geheimhaltung unterliegen. Hochkomplexe Simulationen wie im Makrobereich des Klimawandels, von Erdbeben, Vulkanausbrüchen, Wirbelstürmen, in der Raumfahrt und – im Mikrobereich – die Reaktion von Organismen auf äußere Einflüsse wie Medikamente oder Biostoffe lassen sich alle durch die Superprozessoren jagen.

Nützliche Vorhersagen
Der zivile Nutzen ist bestechend, obwohl die hohen Kosten für die Superrechner (oft mehrere 100 Mio. Euro) immer wieder im Fadenkreuz der Kritik stehen. So hat etwa die Nasa eine Modellrechnung auf Basis von Daten, die der Ausgangssituation des echten Wirbelsturms Nagis aus dem Jahr 2008 entsprachen, durchgeführt und konnte den Verlauf des Wirbelsturms auf fünf Tage vorhersagen. Laut Bericht im Journal of Geophysical Research ist die Verlässlichkeit einer solchen Modellrechnung außergewöhnlich hoch, und durch die daraus mögliche lange Vorwarnzeit könnten die betroffenen Gebiete früh genug evakuiert und zahlreiche Menschenleben gerettet werden.
„Um Hurricans vorhersagbar zu machen, brauchen wir ein Modell, das die anfänglichen Wetterbedingungen repräsentiert, auf dessen Basis wir dann die Simulation starten können“, sagt Bo-wen Shen, Wissenschaftler an der Universtät von Maryland und Autor der Nasa-Studie. „Damit ist es möglich, Computervorhersagen von Sturmverläufen mit der zehnfachen Genauigkeit von herkömmlichen Klimamodellen durchzuführen“, so Shen.
Durchgeführt wurde die Simulation auf dem Supercomputer Pleiades der Nasa in deren Forschungszentrum in Mountain View, Kalifornien, gebaut von Silicon Graphics. Pleiades gilt derzeit als sechstschnellster Computer der Welt, mit dem auch Marsflugsimulationen durchgerechnet werden. Seine Leistung beträgt 970 Teraflops.
Flops, das ist die Einheit für die Königsklasse der Computer und bedeutet Floating Point Operations Per Second, also Gleitkommaoperationen pro Sekunde. Der Begriff beschreibt die Anzahl der Gleitkommazahl-Operationen (Additionen oder Multiplikationen), die von ihnen pro Sekunde ausgeführt werden können. Ein Teraflops bedeutet 1000 Milliarden Flops.

Wettlauf um die Teraflops
Um den Rang des schnellsten und leistungsfähigsten Supercomputers ringen derzeit die USA und China. Im Oak Ridge Laboratory in Tennessee steht der Cray XT5, auch „Jaguar“ genannt, der es auf eine Leistung von 1759 Teraflops bringt. Der Rechner besteht aus mehr als 37.000 parallel geschalteten AMD-Prozessoren. Sein Einsatzgebiet: Erforschung und Entwicklung neuer Energiequellen, Technologien und Materialien.
Eine Rechenleistung von 1271 Teraflops bringt der Dawning Nebulae im National Supercomputing Centre Shenzhen in China, bestehend aus 55.680 Intel Xeon und 64.960 NVidia Tesla-Prozessoren. Theoretisch soll die Leistung des Dawning Nebulae sogar noch wesentlich höher sein, doch dafür gibt es bislang keinen Beleg. Chinesische Forscher errechnen auf dem Dawning Nebulae offiziell Simulationen für die Meteorologie und Finanzwirtschaft.
Drittstärkster Rechner der Welt ist der IBM Roadrunner mit einer Leistung von 1105 Teraflops, er wird genutzt für physikalische Simulationen (unter anderem Atomexplosionen), gefolgt vom stärksten europäischen Superrechner, dem Jugene im deutschen Forschungszentrum Jülich. Seine Leistung beträgt 825 Teraflops, und er wird für Chemie-, Physik- und Umweltsimulationen genutzt. Der SGI-Altix der Nasa, mit 487 Teraflops fünststärkster Rechner der Welt, wird für die Weltraumforschung genutzt.
Supercomputer erweisen sich auch im Sport als durchaus nutzbringend: Der Rechner Albert2 zum Beispiel, mit immerhin 12,2 Teraflops, wird vom BMW/Sauber-Formel-1-Team für Fahrsimulationen eingesetzt.

Economy Ausgabe 86-08-2010, 27.08.2010

Virtuelles Zusammenspiel

Virtuelles ZusammenspielPhotos.com

Die Arbeit im Krankenhaus ist Teamwork. Damit der Behandlungserfolg gewährleistet ist, muss das medizinische Personal als eine Mannschaft agieren. Moderne Kommunikationslösungen gewährleisten das.

Auch wenn es nicht immer so dramatisch wie in der Fernsehserie Emergency Room zugeht, spielt Kommunikation in Krankenhäusern eine wesentliche Rolle. Einerseits verbringen Pflegepersonal und Ärzte sehr viel Zeit beim Patienten, andererseits aber sollten sie jederzeit für Rückfragen erreichbar sein. Das stellt die Kommunikationsinfrastruktur eines Krankenhauses vor besondere Herausforderungen.
Ist ein Krankenhaus – wie das Landesklinikum Thermenregion Baden-Mödling – über mehrere Standorte verteilt, ergibt sich daraus ein besonders hoher Bedarf für eine fortschrittliche Kommunikationslösung. Über das gemeinsame Krankenhausinformationssystem (KIS) können die Ärzte an beiden Standorten auf alle Patientenakten zugreifen, als ob sie sich in einem Hausnetz befinden würden. Durch diese Vernetzung beider Standorte ist eine wichtige Voraussetzung für erfolgreiche Teamarbeit geschaffen worden.

Immer am letzten Stand
Wenn aber Fachabteilungen an beiden Standorten von einem Primar geleitet werden, dann ist eine engere Zusammenarbeit der Teams beider Krankenhäuser nötig. Das trifft auf die Unfallchirurgie zu, deren Leiter, Primar Thomas Klestil, zufolge bald der Bedarf für Videokonferenzen erkannt wurde. Damit wurde nicht nur der Austausch von Informationen erleichtert und durch die täglichen Besprechungen die standortübergreifende Planung des Tagesgeschäfts optimiert. „Letztlich fördern die regelmäßigen Videokonferenzen auch den Teamgeist“, sagt Klestil. Denn ohne die­se Kommunikationsmöglichkeit würde sich der Kontakt zwischen dem medizinischen Personal in Baden und Mödling auf ein Minimum beschränken.
Kapsch realisierte in Baden und Mödling ein High Definition-Konferenzsystem von Polycom. Die 63-Zoll-Plasmabildschirme dienen neben der Videoübertragung aus beiden Besprechungsräumen auch der gemeinsamen Betrachtung und Bearbeitung von Röntgenbildern und anderen medizinischen Dokumenten. Das Kapsch-Videokonferenzsystem wird bei den täglichen Morgenbesprechungen und bei der Planung der Behandlungen bis hin zum Meinungsaustausch über die bestmögliche Durchführung der Operationen verwendet.

Faktor Mensch

Bei der Einführung eines Video­konferenzsystems muss mehr als nur die technische Seite des Projekts beachtet werden. Essenziell ist die Akzeptanz durch die Mitarbeiter, betont der Ärztliche Direktor des Landesklinikums, Primar Johann Pidlich: „Die Art und Weise, wie man über ein virtuelles System kommuniziert, haben die Ärzte rasch aufgenommen und in den Alltag integriert.“
Das Videokonferenzsystem schafft die Grundlage für optimale medizinische Betreuung, denn nun ist jeder Arzt unabhängig von seinem Standort jederzeit auf dem aktuellen Wissensstand rund um die Patienten und ihre Behandlung. Besonders für Klestil als Abteilungsvorstand bedeuten die täglichen Videokonferenzen eine wesentliche Erleichterung, da er nun die Teams in beiden Häusern leichter koordinieren und auch seine eigene Präsenz an den Standorten besser aufteilen kann.
Die Verbesserung der Abläufe und Managementprozesse steigert die Effizienz des teuren medizinischen Personals und bringt so eine Kostenreduktion mit sich. Dazu sinken auch die Telekommunikationskosten. Damit profitieren nicht nur die Patienten durch die bessere Versorgung und das Krankenhauspersonal durch einfachere Abläufe – auch das Gesundheitssystem wird so entlastet.

Links

Christian Stemmberger, Economy Ausgabe 86-08-2010, 27.08.2010

Wem die Zeche übrig bleibt

Wem die Zeche übrig bleibtPhotos.com

Die weltweiten Stimuluspakete belasten die Staatshaushalte. Der Versuch, kriselnde Volkswirtschaften über Ausgaben zu stabilisieren, wirft die Frage nach intergenerativer Gerechtigkeit auf. Diese umfasst allerdings mehr, als den Enkeln eine ausgeglichene Staatskassa zu übergeben.

Die Wirtschaftshilfspakete der letzten Zeit waren John Maynard Keynes Idee. Nach dem Plan des britischen Ökonomen wird der Wirtschaft gewissermaßen vorgelebt, was sie tun soll: nämlich Geld ausgeben. Dass Geld vorhanden ist, belegen Wirtschaftsexperten in ihren Berechnungen und Banken in ihren Quartalsberichten. Dennoch sparen die Leute lieber, als auf den Putz zu hauen. Angesichts bedrohlicher Arbeitslosenraten und bröckelnder Industriezweige scheint dies nicht weiter überraschend.

Zwischenhoch
Die Probleme beginnen zumeist damit, dass Regierungen Geld ausgeben wollen, das sie nicht haben. Die Lösung basiert also auf Pump, etwa über verzinsliche Schatzanweisungen, wie im Falle der Vereinigten Staaten. Dafür geht es nach dem Stimuluspaket mit der Wirtschaft aber wieder bergan. Ein ganzes Jahr schien die Volkswirtschaft zu gesunden und lieferte Wachstumsraten von fünf Prozent ab.
Doch das scheint vorbei zu sein. Im zweiten Quartal sank das Wachstum auf 2,4 Prozent ab. Die Auswirkungen des 787 Mrd. Dollar schweren Stimuluspakets scheinen zu schwinden, die Jobsituation bleibt trist. In Georgia stellen sich 40.000 (!) Leute für einen Mietenzuschuss an. Was bleibt, sind sechs Prozent des Budgets, das die USA für Zinseszahlungen zur Seite legen, und die Befürchtung, dass nachfolgenden Generationen eine satte Zeche bleibt. Und was jetzt, ein neues Wirtschaftshilfspaket etwa? Wer soll das bezahlen? Und was ist überhaupt mit intergenerativer Gerechtigkeit?
Jon Levy ist Direktor für Europathemen beim politischen Risikoberater Eurasia Group in New York. „Schulden werden nun einmal in der Zukunft zurückbezahlt“, sagt Levy. Dennoch stelle sich die Frage, ob es nicht eine Art optimalen Schuldenstand für Staaten gäbe. Wie viele Schulden für ein Land verdaulich sind, wurde in Eu­ropa im Maastricht-Vertrag festgelegt: 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) heißt es da­rin. Könnten Staaten dieses Level halten, ließe sich die Last immer wieder veränderlicher Besteuerung über die Jahre hinweg etwas abfedern, so Levy. Derzeit unterschreiten nur sechs Mitglieder der europäischen Währungsunion diesen Richtwert. „In den letzten Jahren standen Defizite klar im Mittelpunkt und nicht Schulden per se“, erklärt der Wirtschaftsforscher. Grund zur Sorge besteht, wenn der Schuldenstand sprungartig ansteigt, weil das BIP einbricht – wie in Spanien. Das weise, so Levy, auf einen „katastrophalen Zustand der Wirtschaft“ hin.

The Next Big Thing
Um langfristigen Schuldenabbau und damit auch intergenerative Gerechtigkeit in Angriff zu nehmen, würden mutige Politiker gebraucht, so Barbara Kolm, Generalsekretärin des Friedrich August von Hayek Instituts in Wien, und sie fügt hinzu: „Leider“. Eine von vielen Möglichkeiten wäre es laut Kolm, geordnete Insolvenzverfahren für Gebietskörperschaften, Länder und Staaten zuzulassen und diesen die Möglichkeit zu geben, sich neu zu strukturieren. „New York hat es geschafft, auch Marseille, warum also nicht auch eine Nation?“, schlägt sie vor.
Für Levy hängt der Generationenvertrag insbesondere mit der Sicherung des Lebensstandards zusammen. Vieles, was heute selbstverständlich scheint, könnte nicht über Jahrzehnte hinweg garantiert werden. Auch Kolm ist überzeugt, dass der Staat künftig nicht mehr für alle Belange der Bürger zuständig sein kann: „Wir werden uns mit Sicherheit vom Wohlfahrtsstaat verabschieden müssen.“ Entscheidend sei es laut Levy daher, die Treiber künftigen Wachstums auszumachen. Alle Regierungen würden von Innovation und Trendthemen wie grüner Energie reden. „Das sind alles Dinge, die nach einer guten Idee klingen. Doch woher die wirtschaftliche Aktivität in Zukunft tatsächlich kommen wird, und wie viel Wohlstand dabei herausschaut, darauf gibt es keine echten Antworten.“

Economy Ausgabe 86-08-2010, 27.08.2010

Pages