Unabhängiges Magazin für Wirtschaft und Bildung

03. Juli 2024

Search form

Search form

So redet doch!

So redet doch!attac

In Alpbach ist man mundfaul und denkfaul.

Attac hatte die Aktion gut geplant. Im Morgengrauen schrieben die Aktivisten „Mensch vor Profit“ in riesigen weißen Buchstaben auf eine Wiese in Alpbach. Genau gegen­über vom Kongresszentrum. Genau am Tag, an dem die Wirtschaftsgespräche begannen. Es war August 2008, und kurz darauf mutierte die schwelende Finanzkrise zur globalen Wirtschaftskrise.
Doch mehr als freche Sprüche auf eine Wiese klopfen taten die Attac-Leute nicht. Sie blieben draußen vor der Tür. Sie waren nicht dabei, als Vorstände von Unternehmen über „menschengerechte Wirtschaftsordnung“ diskutierten. Als Superfund-Gründer Christian Baha – einer der Sponsoren der Wirtschaftsgespräche – über die vegetarische Küche und den Fitnessraum seines Unternehmens schwärmte. Da hätte Attac kritische Fragen stellen müssen. Nicht zu der Küche, sondern zum Fonds. Aber Attac drückte sich vor der Auseinandersetzung mit dem „Feind“.

Small Talk statt ernsthaft reden
Doch vielleicht fahren nur die Naivlinge nach Alpbach, um zu diskutieren. Vielleicht fährt man wegen der Nebeneffekte dorthin: schöne Blumen, heile Alpen, kostenloses Buffet, Small Talk mit alten Bekannten, Schulterklopfen mit der halben österreichischen Regierung. Vielleicht will man sich nur suhlen im Sehen-und-gesehen-werden, im Wichtigsein.
Welch vertane Chance! Jedes Jahr investieren internationale Politiker, Unternehmenschefs, Wissenschaftler und sonstige Denker viele Stunden, um in das entlegene Dorf zu kommen. Sie verlesen ihr Statement und diskutieren mit den Leuten am Podium. Mit dem Publikum gibt es kaum Diskussionen. Weil die Veranstalter dafür keine Zeit einplanen. Und weil das Publikum mundfaul und denkfaul ist. Es lässt sich berieseln. Es konsumiert Politikerdiskussionen und Nobelpreisträgervorträge. Peinlich wird es oft, wenn die Diskussion eröffnet wird. Da schweigen dann 500 Teilnehmer. Mit Glück finden sich drei Fragesteller. Worauf die Podiumsdiskutanten eine weitere halbe Stunde reden und das Publikum danach in die Kaffeepause geht.
Eine dieser absurd öden Diskussionen gab es 2009 im Bankenseminar – vor der Banker-Elite des Landes. Starredner war Ökonomie-Nobelpreisträger Myron S. Scholes. Sein Thema: The Loss of Confidence. Ausgerechnet Scholes. Der hatte 1994 den Hedgefonds Long-Term Capital Management mitbegründet, der anfangs hohe Renditen einfuhr und 1998 spektakulär zusammenkrachte. Der richtige Mann also für eine wilde Diskussion. Doch keiner der Banker stellte eine kluge Frage, keiner sprach Scholes auf seinen Hedgefonds an. Am Ende stand ein Mann auf, sagte, er sei 91 Jahre alt und fragte Scholes, wie er sein Geld anlegen solle. Worauf Scholes sagte: „You are 91? Spend it!“ Da konnte man wenigstens lachen.

Economy Ausgabe 86-08-2010, 27.08.2010

Ohne Bildung keine Perspektiven

Ohne Bildung keine PerspektivenPhotos.com

Rund 100 Millionen Kinder wachsen weltweit ohne Schulbildung auf. Doch aus den bildungslosen Kindern werden bildungslose Erwachsene, was Gesellschaften in schwere Probleme stürzen kann.

Dass Bildung einer der wichtigsten Grundpfeiler für eine funktionierende und eine nachhaltig prosperierende Gesellschaft ist, braucht heute kaum mehr betont zu werden. Bildung sorgt vor allem für nachhaltige Entwicklung über mehrere Generationen.
Diese Erkenntnis mag trivial erscheinen, ihre Bedeutung ist es aber nicht. Sehen wir uns in den heutigen Krisengebieten um. In Afghanistan und dem nördlichen Pakistan zum Beispiel, den gegenwärtigen Konfliktherden par excellence, steht es um Bildungschancen eher schlecht. Junge Menschen ohne Perspektiven sind erheblich anfälliger für Radikalismen, in diesem Fall für islamistische. Mit Fanatismuslehren, die den Platz einer Bildungserziehung einnehmen, wird eine aggressive, intolerante Subkultur des religiösen Terrorismus genährt. Statt in staatliche Bildungseinrichtungen werden junge Leute in Madrasas (islamischen Schulen) gedrillt, wie Taliban-Aussteiger berichten. Und es gibt kaum Alternative dazu.

Strukturversagen
Dies ist nur ein Beispiel dafür, wozu das Versagen einer funktionierenden Bildungsstruktur führen kann. Die Unesco hat daher Recht, mit ihrer Initiative „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ besonders intensiv auf die Notwendigkeit von Bildung hinzuweisen.
„Nachhaltige Entwicklung versucht die Erfordernisse der Gegenwart zu erkennen, ohne zukünftige Generationen zu kompromittieren“, so die Unterorganisation der Vereinten Nationen.
„Wir müssen lernen, unseren Weg aus den vorherrschenden sozialen und umweltlichen Problemen zu finden. Die Initiative Bildung für nachhaltige Entwicklung zielt darauf ab, dass Menschen ihre Haltungen, ihre Fähigkeiten und ihr Wissen dazu einsetzen, um informierte Entscheidungen zu treffen – zu ihrem eigenem Nutzen und dem von anderen, und um jetzt und in der Zukunft auf der Basis dieser Informationen Entscheidungen zu treffen.“

Kooperationen
Was Entwicklungsländer betrifft, ist die Offensive naturgemäß besonders gefordert. Häufig arbeitet die Unesco hier auch mit Firmeninitiativen zusammen. Stefan Rennicke, Leiter des Fachbereichs Public Private Partnerships bei der deutschen Unesco-Kommission, weist auf einige erfolgreiche Ko­operationen in Afrika hin. Obwohl, so Rennicke, Firmenpartner für solche Kooperationen nicht leicht zu finden seien, gebe es dennoch gute Ansätze.
Ein jüngeres Beispiel für unternehmerisches Engagement in Afrika ist die Cisco Networking Academy in Kampala, der Hauptstadt von Uganda, wo mit Erfolg insbesondere junge Frauen zu Netzwerk-Administratorinnen ausbildet werden.
Laut Unesco-Zahlen wachsen mehr als 100 Mio. Kinder weltweit ohne Schulbildung auf. Weitere 150 Mio. brechen die Schule vorzeitig ab, ungefähr 800 Mio. Erwachsene sind Analphabeten.
Das Problem: Aus den Kindern ohne Bildung werden Erwachsene ohne Bildung. In den betroffenen Ländern fehlen gut ausgebildete Fachkräfte. Wer es sich als Mitglied der reicheren Schichten leisten kann, versucht einen Studienplatz im westlichen Ausland zu ergattern. Und das Bildungsniveau im eigenen Land sinkt weiter, weil viele Absolventen nicht in ihr Herkunftsland zurückkehren, um ihr Wissen dort weiterzugeben.

Schlüsselaufgabe
Mehr Menschen Zugang zu angemessen bezahlter Arbeit zu ermöglichen, ist eine der Schlüsselaufgaben im Kontext von Armutsbekämpfung. Besonders betroffen von Arbeitslosigkeit sind Frauen und Jugendliche.
Auf dem Weltbildungsforum der UNO in Dakar im Jahr 2000 hat sich die internationale Gebergemeinschaft verpflichtet, Entwicklungsländer bei der Grundbildung zu unterstützen – jedoch nur dann, wenn die eigenen Mittel nicht ausreichen und bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden. Die Länder müssen eine freie Grundbildung für alle sowie die Gleichheit der Geschlechter im Bildungsbereich anstreben.
Österreich beteiligt sich jährlich mit einem Förderbeitrag am Unes­co-Programm. 2009 wurden 1,2 Mio. Euro für die Bildungsinitiative an die Unesco überwiesen.

Economy Ausgabe 86-08-2010, 27.08.2010

Auch die OMV bohrt tief im Meer

Auch die OMV bohrt tief im MeerOMV

Die OMV ist ein internationaler Player geworden, wenn auch ein kleiner. Öl und Gas werden von der Nordsee bis Neuseeland gefördert, von Kurdistan bis Pakistan. Doch der BP-Unfall hat die OMV öffentlichkeitsscheu gemacht.

Im Oktober 2009 machte die OMV ihre erste eigene Tiefseebohrung – und wurde fündig. Und zwar im Tornado-Feld westlich der Shetland Inseln in der Nordsee, in einer Meerestiefe von 1048 Metern. Die Bohrung ging bis auf eine Gesamttiefe von 2638 Meter. „Wir freuen uns, dass unsere erste eigenoperierte Tiefwasser-Explorationsbohrung in Großbritannien erfolgreich auf Öl- und Gasvorkommen gestoßen ist“, sagte der für Exploration verantwortliche OMV-Vorstand Helmut Langanger in einer Aussendung am 2. November 2009. Derzeit werden die Daten ausgewertet, um den wirtschaftlichen Nutzen des Ölfeldes abzuschätzen.
Doch nach der BP-Ölkatastrophe im Golf von Mexiko gilt alles, was offshore und tief ist, als gefährlich. Und die OMV verpasste sich Zurückhaltung in der Öffentlichkeit. „Die OMV plant und führt derzeit keine Tiefseebohrungen durch“, beschied OMV-Pressesprecher Sven Pusswald. Das stimmt wohl – wenn die Betonung auf „derzeit“ liegt.

Suche in der Wüste und im Meer
Denn im vergangenen Jahrzehnt hat die OMV zahlreiche Explorationslizenzen erworben. Viele davon sind in der Wüste, in Libyen etwa oder im Jemen. Andere sind im Meer, durchaus in tiefen Tiefen. So hat die OMV vor der Küste Ägyptens gebohrt und zehn Offshore-Lizenzen in Norwegen erworben, davon sieben als Betriebsführer. Derzeit werden seismische Untersuchungen gemacht, 2011 soll, laut Website, nach Öl gesucht werden.
Ihren offensiven Wachstumskurs hat die OMV in den späten 1990er Jahren eingeleitet. Damals war sie unter anderem in Libyen, Pakistan und im bürgerkriegszerrissenen Sudan tätig und suchte nach Investitionschancen in einem OECD-Land, um das politische Risiko zu diversifizieren. Die Wahl fiel auf Australien, und die Methode war eine feindliche Übernahme des australischen Unternehmens Cultus.
2001 setzte sich der OMV-Vorstand das Ziel, die OMV bis zum Ende des Jahrzehnts auf doppelte Größe zu bringen. Die Öl- und Gasförderung sollte von 76.000 Barrel Öläquivalent pro Tag (boe/d) bis 2008 auf 180.000 boe/d erhöht werden. Das gelang. Denn 2004 übernahm die OMV 51 Prozent der rumänischen Petrom samt ihrer reichen Reserven in Rumänien, Offshore-Lizenzen im Schwarzen Meer und Förderlizenzen in Kasachstan. Im ersten Halbjahr 2010 förderte die OMV weltweit 317.000 boe/d, davon stammten 57 Prozent aus Rumänien und 13 Prozent aus Österreich.
Rumänien hat, so wie Österreich, reife, bereits stark ausgebeutete Öl- und Gasfelder. In diesen Feldern lagern aber noch viele Reserven, die schwerer zu fördern sind. Das technische Können der OMV besteht darin, die Förderung aus reifen Feldern noch weiter zu steigern.
Doch ein der Wirtschaftswachstumsdoktrin unterliegendes Unternehmen kann sich nicht auf reifen Feldern ausruhen. Weshalb die OMV in einem ständigen Wettkampf um Explorationslizenzen für noch unausgebeutete Felder liegt. Im vergangenen Jahrzehnt hat die OMV vor allem in Libyen, Tunesien, Jemen, Kasachstan, in der Nordsee und in Neuseeland Öl gesucht und gefördert. In Pakistan und Kurdistan (Nordirak) wird vor allem Gas gewonnen. Im Schnitt führt die OMV jährlich 200 Bohrungen on­shore und fünf bis zehn Bohrungen offshore durch.

Trockene Bohrung
Explorationsbohrungen erfordern viel Kapital und bergen ein hohes Risiko, nicht fündig zu werden. Weshalb die Ölsuche meist in einem Joint Venture mit anderen Unternehmen erfolgt. Eine onshore Bohrung kostet fünf bis 30 Mio. Dollar, im offshore Bereich 15 bis 100 Mio. Dollar. Von zehn Explorationsbohrungen sind nur drei erfolgreich.
So ein Fehlschlag passierte etwa vor der Küste Pakistans. 2003 formten die französische Total als Betriebsführer, die OMV mit einer 15­ Prozent-Beteiligung und drei andere Unternehmen ein Joint Venture für Bohrungen in einer Wassertiefe von 1700 bis 3400 Metern. Die OMV kündigte das Projekt stolz an, doch Erfolgsmeldung folgte keine. Die pakistanische Pak Tribune schrieb im Juli 2005, dass die Bohrung „trocken“ war und 30 Mio. Dollar in den Sand – oder eigentlich ins Wasser – gesetzt wurden.
In Neuseeland ist die OMV dagegen sehr erfolgreich. Sie ist heute der größte Erdöl- und drittgrößte Gasproduzent des Landes. Die 1999 gekaufte australische Cultus hielt auch Offshore-Explorationslizenzen für das Maari-Feld in Neuseeland. Die OMV bohrte dort nach Öl, wurde fündig und entwickelte das Feld. Seit Februar 2009 wird Öl gefördert – unter schwierigen Bedingungen. Die Meerestiefe beträgt zwar nur 100 Meter, doch das Wetter ist oft schlecht. Dafür hält das Maari-Feld wahrscheinlich doppelt so viel Öl wie ursprünglich angenommen.
Nicht nur das Risiko bei der Ölsuche ist hoch, auch der potenzielle Gewinn ist es. Den Großteil ihres Gewinns verdient die OMV mit Exploration und Produktion, nicht mit dem Tankstellenverkauf – vorausgesetzt, der Ölpreis ist hoch.

Economy Ausgabe 86-08-2010, 27.08.2010

Die Ursachen der Finanzkrise

Die Ursachen der FinanzkrisePhotos.com

Mister X: „Wenn die Demokratie durch Konzerne bedroht wird, die nicht mehr steuerbar sind, die riesige Lobbys entwickeln und den Staat von innen aushöhlen, dann kann die Demokratie einen Konzern auch zerschlagen“, meint der anonym bleiben wollende Finanzmanager.

Warum bestehen Sie darauf, anonym zu bleiben?
Ich arbeite seit 20 Jahren am internationalen Kapitalmarkt im Top-Management. Ich bin aber noch nicht in Pension, sondern muss noch einige Jährchen arbeiten. Und jeder, der die Banken anpatzt, hat es ganz schwer, wenn er noch mit ihnen zusammenarbeiten will.

Welche Botschaft wollen Sie dennoch unter die Leute bringen?
Wir müssen begreifen, in welcher Situation wir eigentlich sind. Wir erleben den größten Finanz-GAU seit dem Schwarzen Freitag vom Oktober 1929, aber das wird nicht weiter groß diskutiert. Die Politik kehrt offenbar zum Tagesgeschäft zurück, und auch die Medien wechseln rasch wieder zu Flugzeugabstürzen und Überschwemmungen. Dieser Mega-GAU wird in seinen Ursachen überhaupt nicht diskutiert – das ist total irrwitzig.

Was sind denn Ihrer Ansicht nach die Ursachen dieser Finanzkrise?
Die Finanzindustrie ist nur ein Teil der Gesellschaft, aber durch die Krise wurde offensichtlich, wie dominant dieser Teil ist und wie er tatsächlich strukturiert ist. Die Frage ist: Wo kommt das Finanzgeschäft her, warum gab es und gibt es Banken? Ihr ursprünglicher Sinn war die Bereitstellung von Liquidität. Jemand will ein Haus bauen oder ein Geschäft gründen und braucht dafür Geld. Banken sind die Mittler zwischen den Sparern und den Investoren, das ist ihre ureigenste Funktion.

Ist das nicht eine doch reichlich veraltete und überholte Sicht?
Keineswegs. Noch in den ersten 20 bis 30 Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg war der Finanzsektor in Europa von dieser dienenden Funktion geprägt. Große Spekulationen der Banken gab es damals überhaupt noch nicht, die waren amerikanischer und britischer Provenienz. Die europäischen Banken gaben sich in ihren Geschäften mit einer Marge zufrieden, die noch nachvollziehbar war – und auch die Risiken waren nachvollziehbar.

Ehrliche Geldverwalter sozusagen?
Absolut, und die Banken haben dadurch – und das zu Recht – großes Vertrauen genossen, weil ihr Handeln die längste Zeit von gesellschaftlich-moralischen Aspekten bestimmt war. Doch diese Geschäftsmoral ist in der Folge komplett verloren gegangen. Diese Erosion des moralischen Fundaments hat ja mittlerweile die ganze Gesellschaft und dabei insbesondere die Finanzwelt ergriffen.

Kommen wir nun genauer auf die Ursachen zu sprechen.
Ja, klar. Der entscheidende Punkt ist: Die Banken sind von ihrer Funktion, dass sie der Gesellschaft als Mittler zwischen Aufnahme und Ausgabe von Kapital dienen, zu Marktakteuren – „major players“ heißt das heute – mutiert. Sie haben sich von ihrer dienenden Funktion zu agierenden Investment-Banken entwickelt. Und dieses Investment-Banking in seiner heutigen Ausprägung ist entschieden zu hinterfragen.

Wann ungefähr hat diese Entwicklung begonnen?
So etwa Anfang der 1970er Jahre, als man merkte, dass man da mehr Geld verdienen kann. Es sind kompliziertere Finanzierungsformen aufgekommen, und die Banken haben begonnen, sich zu spezialisieren. Das Investment-Banking hat sich dann rasant entwickelt und ist weit übers Ziel hinausgeschossen. Mit dem Effekt, dass Banken entstanden sind, die „major players“ sind. Aber eine Bank hat nicht diese Funktion. Oder zumindest müssten die Bereiche Kreditwesen und Investment strikt getrennt sein.

Was ist der Haken an dieser Entwicklung?
Weil die grundlegende Mittlerfunktion der Banken nicht verloren gehen darf, muss in Krisenzeiten, wie sich jetzt wieder herausgestellt hat, die Solidarität der Gemeinschaft herhalten, sonst sind wir alle weg vom Fenster. Die Allgemeinheit muss jetzt diese Abkehr vom ursprünglichen Gedanken der dienenden Funktion finanzieren. Jeden denkenden Menschen muss das auf die Palme bringen.

Haben Sie Vorschläge, wie man dieser Situation entgegenwirken kann?
Ja, aber zuerst möchte ich festhalten: Trotz des totalen Absturzes, mit Schäden von Abermilliarden Euro, die die Solidargemeinschaft tragen muss, trotz dieser prolongierten Verschuldung auf Generationen hinaus, ist die Politik weder interessiert noch in der Lage, den Finanzmarkt grundlegend zu reformieren. Im Endeffekt ist die Lobby, ist die Macht der Banken ungebrochen. Hier geht es um Macht und Pfründe, und die Finanzmärkte und Unternehmen, die dahinterstehen, sind derart mächtig geworden, dass selbst diese Krise nicht dazu beigetragen hat, sie von ihrem hohen Ross runterzuholen.

Sie haben nun schon einige Ursachen genannt, ziehen wir eine kurze Zwischenbilanz.
Die wesentlichen Punkte sind wie gesagt: die Macht der Finanz-Lobby, die Erodierung der Moral sowie der Übergang von der dienenden zur agierenden Funktion. Und dann müssen wir noch weiter fragen: Wieso kommt es so weit, dass Banken nur noch auf Quartalsberichte fokussiert sind, hochriskante Geschäfte mit komplizierten Finanzprodukten betreiben und sich diese in ihr Treasury legen? Ganz klar: Weil erwartet wird, dass sie diese oder jene Rendite bringen.

Und warum sollten Sie das nicht tun?
Weil das nicht ihre Aufgabe ist. Wir müssten vielmehr sagen: Der Staat und die Gesellschaft erwarten sich von einer Bank, dass sie möglichst risikolose Rendite macht. Dann muss man aber auch akzeptieren, dass das keine 20-prozentige Eigenkapitalrendite ist. Weil mit 20 Prozent ist man auf jeden Fall im hochriskanten Geschäftsbereich. Ich kann auch die Ausrede der Banken nicht gelten lassen, dass sie sagen: Die Aktionäre erwarten von uns eine hohe Rendite. Vielmehr müssten sie sagen: Wenn ich als Bank auf Basis der Gesetze arbeite, darf ich diese Risiken gar nicht fahren.

Können Sie diese Risiken mit konkreten Beispielen beschreiben?
Wo größtes Schindluder getrieben wird, das ist die Eigenveranlagung der Banken – da wurden absolut unverantwortliche Risiken eingegangen. Als weiterer wesentlicher Punkt kommt, wie bei allen börsennotierten Unternehmen, die kurzfristige Ausrichtung auf Quartalsberichte dazu; was in ein paar Jahren passiert, interessiert niemanden. Inzwischen haben aber die Manager längst ihre Boni kassiert. Da fehlt jede Verantwortung den Mitarbeitern und der Allgemeinheit gegenüber.

Aber gerade auch im Bankensektor wird doch die kurzfristige Effizienzsteigerung als erstrebenswert angesehen?
Aber wie viele Leute sind denn deswegen schon entlassen worden? Das sind doch völlig verantwortungslose Menschen, die das machen. Und über viele Jahre hinweg wurden diese Manager auch noch gefeiert. Der Beste ist der, der den größten Reibach macht. Allein die Höhe dieser Gehälter und Boni zeigt doch, welch große Risiken da dahinterstehen, das ist doch logisch.

Die Bankkunden sind aber auch ganz schön zum Handkuss gekommen.
Das ist Wahnsinn, wie die unwissenden Anleger verarscht wurden. Und das wurde über Jahrzehnte betrieben, mit immer diffizileren Produkten, die kein Mensch mehr versteht. Es wurde den Leuten etwas verkauft, was sie gar nicht gebraucht haben – einfach aus Gründen der Renditemaximierung. All diese strukturierten Produkte, die nach außen hin sehr attraktiv wirken – aber wenn man genauer hineinschaut, sind sie unterm Strich äußerst riskant und als Paket für den Kunden negativ. Es ist nicht sehr verantwortungsvoll, wenn eine Bank so was Anlegern anbietet.

Was zum Beispiel meinen Sie?
Nun, im Bereich der Privatanleger etwa diese komplexen Produkte, wo zum Beispiel Immobilienveranlagungen verkauft werden, die aber eigentlich Aktien sind. Oder es werden Zertifikate verkauft, für die eine Rendite X versprochen wird – im Kleingedruckten steht dann halt drinnen, dass das nur fürs erste Jahr gilt; ab dem zweiten Jahr besteht das Risiko, dass gar keine Rendite anfällt; diese Papiere haben aber dann eine Laufzeit von zehn Jahren. Und solche Beispiele gibt es zuhauf.

Was würden Sie privaten Anlegern im Umgang mit solchen Produkten empfehlen?
Im Grunde ist es ganz einfach: Die Leute sollen die Finger von allem lassen, von dem sie nichts verstehen. Alle Produkte, die phänomenale Renditen versprechen, die über dem normalen Zinsniveau liegen, die sollten sie gleich abhaken – es sei denn, sie sind Multimillionäre und haben Geld zum Spekulieren übrig. Wer dir was anderes erzählt, ist ein Betrüger.

Und im Kreditgeschäft?
Im Kreditgeschäft wiederum besteht die Verantwortung für den Bankmitarbeiter darin zu schauen, ob der Kunde tragfähig ist oder nicht. Er darf keinen Kredit vergeben, selbst wenn es seine internen Regeln erlauben würden, wenn er absehen kann, dass der Kunde das nicht bringen kann.

Ein Spezialfall, vielmehr Reinfall, waren ja vor allem diese mit Tilgungsträgern gekoppelten Fremdwährungskredite.
Ja, das ist auch so eine Sache: Kreditaufnahme, noch dazu in einer Fremdwährung, zur Finanzierung von Spekulationsgeld. Das ist also ein Kredit, der mit Papieren besichert ist, die volatilen Kursen unterliegen, mit denen aber am Ende der Kreditlaufzeit der Kredit zurückgezahlt werden soll. Darüber hinaus soll die Veranlagung dafür sorgen, dass die Zinsen gezahlt werden können und eine Rendite erwirtschaftet werden kann. Solche Tilgungsträger sind natürlich sehr oft Fonds, also Aktienfonds – das wird den Leuten aber als solide, stabile Veranlagung verkauft.

Mit der man dann gleich doppelt auf die Schnauze fallen kann.
Ja, genau, denn tatsächlich hat man sogar zwei äußerst hohe Risiken: das Währungs- und das Aktienrisiko. Typisches Beispiel sind Fremdwährungskredite in Schweizer Franken: In den letzten zwei Jahren hat der Euro gegenüber dem Schweizer Franken stark nachgegeben, was die Kreditsummen in Euro stark erhöht hat. Wer noch bei einem Wechselkurs Euro zu Franken von 1,5 eingestiegen ist, hat jetzt bei unter 1,4 einen satten Verlust zu tragen. Das macht bei einer Kreditsumme von 100.000 Euro gleich mal 15.000 bis 20.000 Euro Verlust. Plus der momentanen Schwäche der Tilgungsträger.

Kann man sagen, dass das Bankgeschäft wie ein Spielcasino funktioniert: am Ende gewinnt immer die Bank?
Wir brauchen die aktuellen österreichischen Fälle ja nur anzuschauen. Zum Beispiel die Skandale mit den Immobilienfirmen: Da wurden massiv Produkte an Rentner verkauft, da haben Rentner ihr Erspartes – oft 30.000 bis 40.000 Euro – hineingesteckt und vernichtet. Das ist die Realität, und das ist eine üble Geschichte, die auch beweist, wie unverantwortlich das ganze System funktioniert.

Kommen wir zum Resümee: Welche politischen Entscheidungen wären demnach Ihrer Ansicht nach notwendig?
Noch einmal: Der eigentliche Kern ist, dass die Banken ihre Funktion falsch verstehen. Sie müssten zurückgestutzt werden auf eine dienende Funktion. In Amerika wurde das ja in Folge des Schwarzen Freitag vorexerziert. 1933 wurde in den USA mit dem berühmten Glass-Steagall-Act die Trennung zwischen Investment-Banking, also dem Wertpapiergeschäft, und den normalen Geschäftsbanken mit dem traditionellen Kredit- und Einlagengeschäft durchgesetzt. Damit ist klar: Wenn jemand zu einer Investment-Bank geht, dann weiß er, was ihn dort vom Risiko her gesehen gegenüber einer normalen Bank erwartet.

Diese Trennung gibt es aber auch in den USA nicht mehr.
Ja leider, denn das war über Jahrzehnte ein sehr vernünftiger Ansatz. Bis dann 1999 unter der Clinton-Regierung der Gesetzgeber diese klare Trennung wieder aufgeweicht hat, so dass auch die normalen Banken zocken konnten. Aber vorher war das glasklar getrennt, weil die USA schon einmal schlechte Erfahrung mit dem Investment-Banking gemacht hatten. Da wurde eindeutig gesagt: Die Investment-Banken funktionieren nach anderen Grundsätzen, und der Großteil, die normalen Banken, die dürfen nur ganz bestimmte, eindeutig festgelegte Funktionen ausüben.

Und eine solche Trennung könnte langfristig Stabilität bringen?
Auf jeden Fall, aber man muss das ganz klar festschreiben: Es gibt Banken, die sind nur für das Kreditgeschäft, für das Massengeschäft zuständig; und dann gibt es ein anderes Geschäft, das der Investment-Banken, die riskante Aktivitäten betreiben und auch Beteiligungen eingehen können und darüber hinaus eine bestimmte Größenordnung nicht überschreiten dürfen. Und normalen Banken sind bestimmte Geschäfte eindeutig verboten: Warum zockt eine Landesbank im Finanzmarkt herum? Das ist nicht ihre Funktion. Die gehört dem Land, und es wäre widersinnig, wenn sich das Land einen ROI (Anm.: Return on Investment) von 15 Prozent erwarten würde. Das muss eine stabile Bank sein, die kaum Risiken hat, die nicht umfallen kann, und das Land gibt sich eben mit drei, vier Prozent zufrieden.

Ist eine derartige Trennung überhaupt politisch realistisch?
Der Finanzsektor ist sehr innovativ, wenn es darum geht, seine Pfründe zu verteidigen. Daher muss er politisch begrenzt werden. Zur Not muss man eine klare, brutale Politik fahren, mit so was wie dem Glass-Steagall-Act, wo der Staat sagt: Banken haben eben nur eine dienende Funktion, mit allem anderen ist jetzt Schluss. Wieso nicht? Wir haben Anti-Trust-Gesetze, die gelten auch in der Demokratie. Und wenn die Demokratie durch Konzerne bedroht wird, die nicht mehr steuerbar sind, die riesige Lobbys entwickeln und den Staat von innen aushöhlen, dann kann die Demokratie einen Konzern auch zerschlagen.

Und welche Auswirkungen hätte das am Markt?

Wenn die Größe von Investment-Banken beschränkt und sichergestellt wäre, dass normale Geschäftsbanken keine riskanten Papiere erwerben dürfen, dann kann man Investment-Banken auch pleitegehen lassen. Die Insolvenz von Lehman Brothers hatte auch deshalb solche verheerenden Auswirkungen, weil zahlreiche systemrelevante Geschäftsbanken in deren Produkte investiert waren. Dienende Banken sollten aber keine hohen Risiken eingehen dürfen; Risiken sollten allein für Investment-Banken reserviert sein, denn diese wären bei Einhaltung der genannten Prämissen nicht systemrelevant.

economy ist Name, Funktion und Arbeitgeber des hochrangigen Finanzmanagers bekannt. Aus Rücksicht auf etwaige negative berufliche Folgen durch das Interview haben wir dem Wunsch nach Anonymität zugestimmt. Die Redaktion

Economy Ausgabe 86-08-2010, 27.08.2010

Modernes Onlinekrankenhaus

Modernes OnlinekrankenhausPhotos.com

Informationstechnologie spielt bei der Sicherung der medizinischen Dienstleistungsqualität und der Ökonomie der Spitäler eine wichtige Rolle. Im oberösterreichischen Krankenanstaltenverbund Gespag wird derzeit die nächste Generation von Hospital Content Management implementiert.

Die Bilanz der Gespag (Oberösterreichische Gesundheits- und Spital AG) kann sich sehen lassen: Das Mikrofilmarchiv wurde erfolgreich abgelöst, die elektronische Patientenakte hat den diagnostischen Informationsfluss verbessert und den sekundenschnellen Zugriff auf die archivierte Krankengeschichte
ermöglicht.
Jährlich werden rund fünf Mio. Dokumente in der stationären und ambulanten Patientenbetreuung archiviert. Aber dabei bleibt die Gespag nicht stehen: Aktuell wird die nächste Produktgeneration Doxis 4 eingeführt, um einen weiteren Meilenstein zu setzen und die Anforderungen an ein ganzheitliches Hospital-Content-Management (HCM)-System noch besser zu erfüllen.
Die Gespag ist seit 2001 Kunde des Softwareherstellers SER und treibt seit Projektbeginn die elektronische Patientenakte, das Enterprise-Content-Management-System Doxis, voran. Ursprüngliches Ziel war es, die Patientenakte von Papier durch Scanning in elektronische Form zu bringen. Durch die Anbindung an das patientenführende System können einerseits physische Archivkosten transparent gemacht und andererseits die gesammelten Dokumente zu einem Aufenthalt übergreifend für alle Krankenhäuser der Gespag zur Verfügung gestellt werden. Außerdem wurde die Archivierung von Vertragsdokumenten mit Volltextrecherche realisiert sowie die Archivierung von SAP-ausgehenden Dokumenten über Archive-Link eingeführt.
Thema der darauffolgenden Jahre war der flächendeckende Rollout der Patientenakte und der Weg hin zum „Onlinekrankenhaus“ mit HCM: Zu Beginn gab man sich damit zufrieden, dass Dokumente und Ausdrucke der medizinischen Geräte nach dem Aufenthalt gescannt wurden und für zukünftige Recherchen zur Verfügung standen.

Rascher Zugriff auf Info
Heute werden Bilder von Geräten direkt an das digitale Patientenarchiv von SER übergeben, und Wunddokumentation wird digital und integriert betrieben. Die notwendigen Informationen, Bilder und Dokumente stehen somit gleich nach dem Entstehen zur Verfügung. Auswärtige Befunde werden direkt in der Ambulanz bei der Aufnahme gescannt, der Stationsarzt hat bereits, bevor der Patient auf die Station kommt, Zugriff auf die wichtigen Informationen. Auch Befunde des führenden KIS-Systems werden direkt an das Doxis-Patientenarchiv übergeben.
Die digitale Dokumentenlogistik ist aus dem modernen Krankenhausbetrieb nicht mehr wegzudenken. Mit Doxis 4 steht ein noch effizienteres Systemmonitoring und -management zur Verfügung, um rasch und vor allem präventiv auf etwaige Ereignisse im Betrieb reagieren zu können.

Flexibles System
Die dynamische Anpassung an sich ändernde Gegebenheiten (Speichervolumen, Performance, Anforderungen an Volltextrecherche et cetera) ist ein weiterer Kernpunkt, der durch den serviceorientierten und skalierbaren Aufbau von Doxis 4 ideal unterstützt wird und so ein zukunftssicheres Investment darstellt.
Aus fachlicher Sicht beginnt gerade die nächste Generation von Hospital Content Management in der Gespag zu wirken. IHE (Integrating the Healthcare Enterprise) und Elga (elektronische Gesundheitsakte) sind nicht mehr nur Begriffe, sondern werden aktuell projektiert. Im ersten Schritt wird eine krankenhausübergreifende „IHE light“-Recherche implementiert, die es den behandelnden Ärzten ermöglicht, auf Basis der zentralen Doxis- Infrastruktur hausübergreifend zu recherchieren. Die Inbetriebnahme einer intra- und extramuralen IHE-Infrastruktur ist bereits fest eingeplant.

Info
„Integrating the Healthcare Enterprise“ (IHE) ist eine gemeinsame Initiative von Experten des Gesundheitswesens und der Industrie zur Verbesserung des Informationsaustauschs zwischen IT-Systemen im Gesundheitswesen. IHE fördert und koordiniert den Einsatz von Standards wie Dicom, XML und HL7 zur Unterstützung spezieller klinischer Anforderungen in der optimalen Patientenversorgung. Systeme, die in Übereinstimmung mit den IHE-Spezifikationen entwickelt wurden, kommunizieren besser miteinander, sind einfacher zu implementieren und ermöglichen es den Anwendern im Gesundheitswesen, Informationen effektiver zu nutzen. Doxis 4 ist das erste IHE-zertifizierte Dokumentenarchiv in Österreich, Deutschland und der Schweiz. SER setzt mit dem Doxis-4-Archiv seit Jahren konsequent auf Standards wie HL7 und Dicom in der bidirektionalen Kommunikation mit KIS-  und Subsystemen.

Links

Economy Ausgabe 84-05-2010, 28.07.2010

Den Druck im Griff

Den Druck im GriffPhotos.com

Noch nie wurde in Klein- und Mittelbetrieben so viel kopiert und gedruckt wie heute. Das Sparpotenzial in diesem Bereich ist enorm. Zudem wird es immer wichtiger, interne Kostenwahrheit herzustellen – durchdachte Accountinglösungen helfen dabei.

Die Zeiten, als Drucker simple Ausgabegeräte waren, sind vorbei. Die Multifunktionssysteme (MFP) können immer mehr, und sie verwachsen immer stärker mit dem Unternehmensnetzwerk. Häufig stellen sie den ersten und letzten Punkt dar, den ein Dokument im Unternehmensworkflow durchläuft – am Anfang bei der Digitalisierung und dann wieder bei der endgültigen Ausgabe auf Papier. Das erfordert gut geplante Gesamtlösungen.
So ein umfassender Ansatz beinhaltet unter anderem ein Abrechnungssystem, automatisiertes Reporting und Sicherheitsvorkehrungen. In Österreich startete die SCA, einer der größten europäischen Papier- und Verpackungsproduzenten, ein Pilotprojekt für eine Accountinglösung, das nach und nach auf weitere Länder ausgerollt werden soll. Ziel war, alle Druck- und Kopierkosten automatisiert Mitarbeitern und Kostenstellen zuzuordnen, um sie intern einfach weiterverrechnen zu können.

Automatische Reports
Nun werden bei SCA alle Druckaufträge intern seitengenau abgerechnet. Der Mitarbeiter muss sich über seine Karte authentifizieren und eine Kostenstelle angeben. Dazu werden weitere Informationen gesammelt werden, wie etwa die Anzahl der Schwarz-Weiß- oder Farbdrucke, die Größe der Dokumente und ob diese ein- oder zweiseitig bedruckt werden. Auf Basis dieser Informationen werden automatisch monatliche Reports erstellt. Das bedeutet eine wesentliche Zeit­ersparnis gegenüber den früheren händischen Auswertungen.
Damit vertrauliche Informationen nicht in unbefugte Hände gelangen, werden eingescannte Dokumente ausschließlich an die persönliche Mailbox des angemeldeten Benutzers gesendet. Dadurch besteht eine vollständige Kontrolle über die ausgehenden Scans. Alle Vorgänge im MFP werden dabei aufgezeichnet und können nachverfolgt werden. So wird mit der Lösung von Konica Minolta nicht nur kaufmännischen, sondern auch sicherheitstechnischen Überlegungen Rechnung getragen.

Links

Christian Stemberger, Economy Ausgabe 85-06-2010, 25.07.2010

CLOUD Computing – Zwischen Hype und Realität

CLOUD Computing – Zwischen Hype und RealitätPhotos.com

APA-IT Veranstaltung am Donnerstag, den 22.07.10 im Wiener Tech Gate.

Radikaler Umbruch, evolutionäre Entwicklung oder purer Hype ohne Nachwirkung? Das Thema Cloud Computing ist nach wie vor stark umstritten. Besonders groß ist die Unsicherheit bei den Entscheiderinnen und Entscheidern, weil auch die Einschätzungen von Fachleuten derzeit weit auseinander liegen.

Sinnvoller Einsatz
Viele Fragen – etwa bezüglich Datensicherheit oder gesetzlicher Vorgaben – sind noch offen. Dennoch gibt es kaum IT-Verantwortliche, die das Thema ignorieren. Zu sehr werden Wettbewerbsnachteile befürchtet, wenn man den Trend verschläft. Natürlich locken auch die versprochenen Vorteile der „Datenwolke“ – Kosteneinsparung, mehr Flexibilität und die Entlastung der IT. Für wen ist Cloud Computing relevant und sinnvoll? Was passiert mit den Daten bei einem Anbieterwechsel? Welches Risiko gehe ich mit der Auslagerung von Prozessen ein? Wie sieht die tatsächliche Verfügbarkeit aus? Welche praktischen Erfolgsgeschichten, aber auch Misserfolge gibt es? Darüber diskutieren Experten beim APA-IT-Forum am 22. Juli in Wien.

Links

APA/red, 02.07.2010

Disco-Treiben

Disco-Treiben  Astrid Kaskarek

Traum-Säue und urbane Doppel-Klos.

Unter dem Motto „Bauer sucht Sau“ geht im Tanzpalast Öpping in Ober­österreich die „schweinegeilste Singleparty des Jahres“ über die Bühne. „Erntehelfer helfen dir, deinen Traumbauern/deine Traumsau zu finden. Kuhwettmelken, BSE-Test und weitere Specials stehen auf dem Programm. Mit Gummistiefeln Gratis-Eintritt.“ Und der wird fleißig genutzt. Auch zahlreiche Gäste aus der Landeshauptstadt reisen an, um sich bei einem deftigen Mix aus Volks- und Popmusikhits zu amüsieren.
„Echt abgefahren“, kommentieren die von economy befragten Urban-Kids grinsend das schweinische Treiben in Oberösterreich und machen sich auf den Weg ins Prater Dome, das Nonplusultra der städtischen Großraumdiscos. Dort warten 3500 Quadratmeter Vergnügungsfläche auf bis zu 4000 Besucher, 70 Kellner, zwölf Security-Guards, acht Gogo-Tänzerinnen. Nicht zu vergessen das zweimusch­lige Damenklo! Eine einmalige Attraktion für alle Girlies, die in der Regel zu zweit aufs Klo marschieren, um dort eine ausführliche Expertise über die anwesenden Boys zu erstellen (siehe Foto oben).

Undogmatische Jugend
Die Motive jugendlicher Nachtschwärmer hinsichtlich der Wahl der sams­tägigen Fun-Location sind vielschichtig: Lieblingsmusik hören, dem Lieblings-DJ nachreisen, sich dem Gruppenzwang unterordnen und den Freunden folgen. Der Lust auf Gemeinschaft wird häufig auch der eigene Musikgeschmack untergeordnet. Wenn die Freunde dort hingehen wollen, geht man halt mit – selbst wenn es im Grunde gar nicht dem eigenen Lebensstil entspricht.
„Im Vergleich zu den Bewegungen der 70er und 80er Jahre, wo sich Mods und Popper oder Punks und Skins aus weltanschaulichen Gründen bekriegten, ist die heutige Jugendkultur nicht mehr so monolithisch geprägt“, erklärt Manfred Zentner, Mitarbeiter am Institut für Jugendkulturforschung in Wien. „Je nach Laune und Stimmung ziehen sich die Kids Highlights der aktuellen Hitparade rein, später wechseln sie ins nächste Lokal, wo ein geiler DJ brandneuen Drum ’n’ Bass präsentiert.“ Diese Vielfalt an Unterhaltungsangeboten sei zwar ein rein urbanes Phänomen, die karge Auswahl an Lokalen auf dem Land ist jedoch im Zeitalter der frühen Motorisierung der Kids kein Problem mehr, betont der Jugendforscher. Mit 15 hat dort fast jeder ein Moped, ab 17 den Führerschein, um jederzeit in die nächste Stadt auf Disco-Tour zu fahren.
Die individuelle Mobilität ist auf dem Land ausgeprägter als im städtischen Bereich. Dafür sind die Bekleidungsvorschriften auf dem Land freizügiger. „Mit Flipflops und abgerissenen Shorts kommt ins Prater Dome niemand rein“, betont Thomas Züchner, Geschäftsführer des Megatanztempels. Ob das wohl auch für Gummistiefelträger gilt?

Astrid Kasparek, Economy Ausgabe 85-06-2010, 25.06.2010

Österreich wächst und altert

Österreich wächst und altertAPA/Herbert Pfarrhofer

Noch eine Generation, und unser Land wird 9,5 Millionen Einwohner zählen. Der Anteil von über 60-jährigen Personen wird dann allerdings schon ein Drittel der Gesamtbevölkerung ausmachen. Zum Glück wandern jüngere Arbeitskräfte zu.

Die gute Nachricht: Österreich wächst. Das Land hat gemäß der letzten Volkszählung von 2008 fast 8,35 Mio. Einwohner. Für das Jahr 2050 wird eine Bevölkerungszahl von knapp 9,5 Mio. Einwohnern erwartet, wonach die österreichische Hauptstadt Wien dann die 2-Millionen-Grenze überschreiten soll (derzeit 1,7 Millionen).
Das Wachstum wird sich in den kommenden Jahren aber großteils nur durch Zuwanderung erreichen lassen, urteilt Peter Hackl, ehemaliger Generaldirektor von Statistik Austria. Während sich in den nächsten 20 Jahren Geburten und Sterbefälle in Österreich noch die Waage halten dürften, sei ab 2030 mit stärkeren Geburtendefiziten zu rechnen, so Hackl.
Nach seinen Prognosen wird sich die Altersstruktur in Österreich „deutlich“ hin zu älteren Menschen verschieben. Zurzeit ist rund ein Viertel der Bevölkerung älter als 60 Jahre, langfristig dürften es mehr als 30 Prozent sein. Die Absolutzahl der über 75-jährigen Österreicher soll bis 2030 von derzeit 662.000 auf über eine Million steigen.
Der Alterungsprozess wird im Wesentlichen alle Bundesländer betreffen, allerdings mit unterschiedlicher Intensität. Wien wird sich in Zukunft zum demografisch jüngsten Bundesland Österreichs ent­wickeln.

Wanderungsgewinn
Das Bevölkerungswachstum in Österreich wird wesentlich vom sogenannten „Wanderungsgewinn“ abhängen, das ist der Saldo aus Zu- und Abwanderung. 2008, zum Datum der letzten Erhebung, betrug dieser Saldo rund 34.400 Personen.
„Zunehmende Verflechtungen mit den bisherigen und den neuen EU-Ländern, das schrittweise Auslaufen der Übergangsbestimmungen für den Arbeitsmarkt, bestehende Ansprüche auf Familiennachzüge infolge von Einbürgerungen sowie in gewissem Ausmaß auch ökonomisch bedingte Migration aus Drittstaaten werden langfristig zu einem weiterhin hohen Immigrationsniveau beitragen“, meint Hackl.
Vorerst noch wird der „Wanderungsgewinn“ jährlich zwischen 26.000 und 37.000 Personen betragen. Ab dem Jahr 2020 wird die Differenz aus Zu- minus Abwanderung langfristig bei rund 30.000 Personen relativ konstant bleiben. 2030 werden gemäß der vorliegenden Prognose den 105.000 Zuzügen aus dem Ausland knapp 75.000 Personen gegenüberstehen, die Österreich verlassen.
Beim Bevölkerungswachstum werden regional unterschiedliche Entwicklungen erwartet. Überdurchschnittlich starkes Bevölkerungswachstum wird für Wien und Niederösterreich prognostiziert. Kärnten wird hingegen langfristig mit Bevölkerungsverlusten zu rechnen haben. Die künftigen Bevölkerungsentwicklungen des Burgenlandes sowie von Vorarlberg und Tirol entsprechen grosso modo dem Bundestrend. Das Bevölkerungswachstum Salzburgs und Oberösterreichs sowie der Steiermark soll hingegen unterdurchschnittlich stark ausfallen.
Interessant ist das Phänomen der Binnenwanderungen, also der Wohnsitz- und Arbeitsplatzverlegungen innerhalb Österreichs.

Wien wächst
Durch die Größe Wiens als Millionenstadt und die funktionalen Verflechtungen mit den angrenzenden Regionen sind die „Wanderungsbewegungen“ im Osten Österreichs ausgeprägter als im übrigen Bundesgebiet. Die Binnenwanderung betrifft vor allem junge Erwachsene zwischen 20 und 34 Jahren sowie in der überwiegenden Mehrzahl inländische Staatsangehörige.
Die altersspezifischen Muster der Binnenwanderung zeigen einen ausgeprägten Trend zur Suburbanisierung, der mit steigendem Alter ebenfalls auf stadtfernere Gebiete übergreift. Einzig die jungen Erwachsenen zwischen 18 und 26 Jahren wandern überwiegend in die Kern­städte, um die dortigen Bildungschancen und Arbeitsplatz­angebote wahrzunehmen.
Doch aus Österreich wird auch ausgewandert: Im Jahr 2009 haben rund 87.200 Staatsbürger das Land verlassen, davon mehr als die Hälfte in Richtung EU-Raum und Schweiz. Knapp 11.000 sind nach „unbekannt“ verzogen.
Bei den Zuwanderungen dominierten Deutsche mit mehr als 7000 Personen, gefolgt von Rumänen und Ungarn. Stark waren auch die Zuzüge aus der Slowakei und Bulgarien. Aus Nicht-EU-Staaten dominierte der Zuzug aus der Türkei, den Ländern Ex-Jugoslawiens, aus Russland und aus asiatischen Staaten mit Dominanz von China und Iran.

Economy Ausgabe 85-06-2010, 25.06.2010

Eine Frau für den Wiener Weg

Eine Frau für den Wiener WegWolfgang Zajc

„Wien weiter voranbringen“ lautet das Motto von Wiens mächtigster Frau. economy sprach mit Vizebürgermeisterin Renate Brauner (SPÖ) über den „Speckgürtel“ von Wien und über aktuelle wirtschafts- und gesellschaftspolitische Herausforderungen.

economy: Frau Brauner, Sie sind seit 25. Jänner 2007 Vizebürgermeisterin und verantwortlich für Finanzen, Wirtschaftspolitik und Wiener Stadtwerke. Was sind Ihre wichtigsten Ziele für die nächste Legislaturperiode?
Renate Brauner: Wien misst sich mit den Besten. Mein Ziel ist es daher, den eingeschlagenen Wiener Weg weiter fortzusetzen. Konkret bedeutet das weitere Investitionen in die kommunale Infrastruktur. Das sichert Lebensqualität und schafft Arbeitsplätze. Eine brandneue Studie im Auftrag der Wiener Stadtwerke belegt, dass pro Arbeitsplatz bei den Stadtwerken etwa drei Arbeitsplätze in der Wirtschaft geschaffen werden. Der Wiener U-Bahn-Bau sichert alleine 2010 etwa 7000 Jobs, wobei die Mehrheit der im U-Bahn-Bau Beschäftigten aus den Bundesländern kommt. Daran zeigt sich die Bedeutung des Standortes Wien für ganz Österreich.
In den kommenden Jahren werden wir noch mit den Folgen der internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise zu kämpfen haben. Mein Ziel ist es, die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt und damit auf die Menschen dieser Stadt so gering wie irgend möglich zu halten. Bislang haben wir das durch starke kommunale Investitionen auch geschafft. Wir investieren, unterstützen mit sehr spezifischen Angeboten in der Wirtschaftsförderung und mit Krediten die Wiener Wirtschaft. Wir engagieren uns mit der Wiener Ausbildungsgarantie sehr intensiv in der Ausbildung junger Menschen, in Bildung und Forschung, das heißt, wir investieren in die Fachkräfte von morgen, in die Ideen, die in Zukunft Wertschöpfung und Beschäftigung am Standort Wien sichern.

Wie wollen Sie diese Ziele – auch im Hinblick auf den derzeit immer größer werdenden Sparzwang – erreichen?
Natürlich betrifft die Finanz- und Wirtschaftskrise auch die kommunalen Einnahmen. Ich stehe auf dem Standpunkt, dass wir in dieser Krise investieren und antizyklisch agieren müssen. Wir haben das mit einem Konjunkturpaket von rund 700 Mio. Euro getan, und wir haben auch 2010 unsere Ausgaben auf hohem Niveau konstant gehalten. Natürlich ist unser Schuldenstand jetzt höher als vor der Krise, aber damit sind Arbeitsplätze erhalten und Aufträge gesichert worden. Wenn die Arbeitslosigkeit zurückgeht und die Wirtschaft wieder Aufträge hat, werden wir – wie vor der Krise – wieder Schulden zurückzahlen. Wien hat von der Jahrtausendwende bis zum Ausbruch der Krise 2008 etwa ein Drittel seiner Schulden abgebaut.

Warum ist Wien Ihrer Meinung nach attraktiv? Und wie gehen Sie vor, damit Wien – noch – lebenswerter wird?
Wien ist weltweit die Stadt mit der höchsten Lebensqualität. Das hat unlängst die jährliche Mercer-Studie wieder eindrucksvoll bestätigt. Das liegt an einer hervorragenden Infrastruktur, wenn sie an den öffentlichen Verkehr denken, der weltweit seinesgleichen sucht. Das liegt daran, dass wir die sicherste Millionenmetropole der Welt sind. Und diese Sicherheit liegt auch in der sozialen Sicherheit, die Wien seinen Bürgerinnen und Bürgern bietet, an dem gut ausgebauten Netz öffentlicher Dienstleistungen für Gesundheit, Bildung, Pflege und Betreuung, an leistbarem Wohnraum. Wir haben ganz bewusst in der Krise den Gratis-Kindergarten eingeführt, der gerade aus wirtschaftspolitischer Sicht unglaublich wichtig ist. Das ist seit Jahrzehnten die größte Mittelstandsförderung. Das sind alles Ergebnisse einer sozialdemokratischen Politik, die Verantwortung für die Menschen übernimmt, investiert und nicht alles dem freien Spiel der Marktkräfte überlässt.

Wie lautet Ihre Vision zu „Wien 2030“?
Wien ist die Forschungshauptstadt Zentraleuropas und hat bis dahin mehrere Nobelpreisträgerinnen und -träger hervorgebracht. Wien ist gut geplant gewachsen, die Seestadt Aspern ist ein europaweiter Referenzstadtteil geworden, der zeigt, wie Leben und Arbeiten im 21. Jahrhundert zum Wohle der Menschen funktioniert. Wien verfügt über Vollbeschäftigung. Wir sind ökologische Musterstadt und ein Vorbild für gelungene Integration, in der Gleichberechtigung verwirklicht ist. Und um ganz unbescheiden zu sein: Rapid Wien wird bis 2030 so oft wie möglich österreichischer Meister werden.

Was unternimmt die Stadt Wien gegen die Abwanderung kaufkräftiger Bürger in den „Speckgürtel“? Wie sieht die bevölkerungs- und gesellschaftliche Entwicklung aus? Sind Sie damit zufrieden, oder streben Sie Veränderungen an?
Wien ist eine Metropole, die beständig wächst. Das spricht für die Attraktivität unserer Stadt. Wien verbindet Tradition mit Moderne, kulturelle mit wirtschaftlicher Dynamik. Und nicht zuletzt die Internationalität und Weltoffenheit machen Wien so interessant. Um zur Eingangsfrage zu kommen: Die neueste Studie zur Kaufkraft in Österreich räumt Wien zum wiederholten Male die höchste Kaufkraft aller heimischen Bezirke ein. Zudem macht wirtschaftliche Wertschöpfung ja nicht an den Stadtgrenzen halt. Wien profitiert von seiner Lage im Centrope-Raum zwischen Bratislava, Brünn, Sopron, dem Burgenland und Nieder­österreich und umgekehrt. Zudem schaffen wir mit attraktiven Stadtentwicklungsgebieten wie der Seestadt Aspern neue Räume für Wiens Wachstum.

Wie lauten Ihre wichtigsten Ziele und Pläne als Stadtverantwortliche für Wirtschaft und Forschung?
Schon vor einiger Zeit hat Wien eine eigene Strategie zur Stärkung von Wirtschaft, Forschung, Technologie und Innovation entwickelt. Dabei haben wir Schwerpunktbranchen wie die Life Sciences und Biotechnologie oder die Informations- und Kommunikationstechnologien definiert. Die Erfolge der letzten Jahre in der Biotechnologie etwa geben uns recht. Schauen Sie sich nur die Unternehmen am Campus Vienna Biocenter an – ein weltweit beachteter Hotspot für Life Sciences, den die Stadt Wien mitentwickelt hat.
Diesen Weg der Investition, der Unterstützung und Förderung werde ich fortsetzen. Die Investition in Spitzenforschung trägt jetzt nämlich Früchte und bringt Wertschöpfung in ganz anderen Bereichen nicht nur wissenschaftlicher Dienstleistungen. Wir sind aber auch dabei, etwa unsere Stellung als Logistik-Drehscheibe – Stichwort Wiener Hafen – ständig weiterzuentwickeln, um nur ein weiteres Beispiel zu nennen.

Welchen Stellenwert messen Sie der Branche der Informations- und Kommunikationstechnologie, kurz IKT, in Wien bei?
Unser erklärtes Ziel ist es, zur IT-Hauptstadt Mittel- und Osteuropas zu werden. Ich denke, dass wir dies zu einem Gutteil erreicht haben: Gut 5300 Unternehmen der IKT-Branche haben ihren Sitz in Wien und erwirtschaften mit 64.000 Beschäftigten einen Gesamtumsatz von gut 22 Mrd. Euro. Um die Zahlen anschaulich zu machen: Das sind etwa 70 Prozent des gesamt­österreichischen Umsatzes der IKT-Branche. Für die lokale und regionale Wertschöpfung hat die Branche eine ebenfalls immense Bedeutung. Schließlich arbeiten rund zehn Prozent der Wiener Beschäftigten in der IKT-Branche, und die Bruttowertschöpfung des Sektors ist mit 15 Prozent beachtlich.

In Niederösterreich gibt es mit Wirtschaftsförderung, Ecoplus, Regional-Innovationszentrums GmbH und Tec Net gleich vier Landesinitiativen für Betriebsgründungen, Ansiedelungen und Weiterbetreuung im Bereich Innovation und Forschung. In Wien gibt es die Wirtschaftsagentur Wien, die sich mehrheitlich um große Betriebe kümmern. Was tut Wien für kleinere und mittlere Unternehmen?
Das mit den „großen“ Betrieben muss ein Missverständnis sein: In Wien gibt es die Wirtschaftsagentur Wien mit ihren Töchterunternehmen Zit, der Technologieagentur der Stadt Wien, und Departure, der Kreativagentur der Stadt Wien, die alle gemeinsam maßgeschneiderte Förderungen, Dienstleistungen und Immobilienangebote für alle, ich betone: alle Wiener Unternehmen bieten. Die Wiener Wirtschaftsstruktur mit etwa 99 Prozent kleineren und mittleren Unternehmen bedeutet im Gegenteil, dass wir uns ganz besonders intensiv um diesen Bereich kümmern.
Unser Programm Mingo für Gründerinnen und Gründer und Kleinunternehmen ist seit einigen Jahren überaus erfolgreich. Österreichweit ist die Anzahl an Unternehmensneugründungen in Wien am höchsten. Das hat auch damit zu tun, dass die Stadt Wien mit eigenen Programmen wie Mingo oder auch unserem eigenen Frauenservice der Wirtschaftsagentur Wien für Gründerinnen Hilfestellungen bietet. Zudem sind nahezu alle unsere Förderprogramme offen für Gründerinnen und Gründer. Mit einer eigenen Nahversorgungsak­tion unterstützt die Wirtschaftsagentur Wien Unternehmen der Nahversorgung in den Bezirken. Departure hat spezielle Programme für die vielen Kreativen in unserer Stadt, gerade auch zur Gründung eines eigenen Unternehmens. Mit dem universitären Gründungsprogramm Inits unterstützt die Stadt Wien Ausgründungen aus Forschung und Entwicklung.

Bei der ersten Comet-Runde wurde das mangelnde Engagement des Landes Wien im Vergleich zu anderen Bundesländern, etwa Steiermark und Oberösterreich, kritisiert. Das FTW Wien zum Beispiel hatte aufgrund der Ablehnung des Antrages Mühe, seine hoch qualifizierten internationalen Mitarbeiter zu halten. Eines der ersten Forschungs- und Entwicklungszentren aus dem seinerzeitigen K-ind-Programm im Bereich IKT, das Wiener EC3, gibt es nicht mehr. Wie sieht das aktuelle Engagement der Stadt Wien hier aus?
Wien engagiert sich sehr stark in der aktuellen Comet-Runde. An zehn Zentren, die von der FFG gefördert werden, sind Wiener Einrichtungen beteiligt; es gibt eine Ko-Finanzierung der Stadt Wien. Dazu gehört auch das FTW. Insgesamt stellt die Stadt Wien für die nächsten zehn Jahre 50 Mio. Euro für die Comet-Zentren zur Verfügung. Ich sage: Das ist ein Betrag, der sich sehen lassen kann.

Welches sind laut Ihrer Meinung die wichtigsten Forschungs- und Entwicklungsthemen der nächsten Jahre? Wie ist die Zusammen­arbeit zwischen Wien und Bund in dieser Frage?
Die Zusammenarbeit mit der FFG läuft gut. Neben den Life Sciences sind das IKT, Umwelt und Ener­gie. Allerdings würde ich mir vom Bund deutlich mehr Engagement beim Ausbau der Universitäten wünschen. Sparen im Bereich Forschung und Entwicklung ist kontraproduktiv, es ist schädlich für das Wachstum und die wirtschaftliche Entwicklung.

Christian Czaak und Ralf Dzioblowski, Economy Ausgabe 85-06-2010, 25.06.2010

Pages