Glück and the City
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Neueste Kommunikationstechnologien täuschen oft darüber hinweg, doch wo wir heute leben, spielt noch immer eine große Rolle. Manche Städte machen ihre Einwohner glücklicher als andere. Kofferpacken kann sich lohnen.
Unlängst wurde Wien von der Mercer-Studie wieder zur Stadt mit der höchsten Lebensqualität ernannt. Das Rennen um die glücklichste Stadt machten aber andere. Rio de Janeiro, Sydney und Barcelona bilden die Top drei der Liste des Forbes Magazine. Karneval, Opernhäuser, spanische Sonne – und der Reisekoffer sieht auf einmal sträflich leer und einsam aus.
Solcherlei „Rankings“ mögen zugegebenermaßen recht oberflächlich sein, und ein Wohnsitz in einer der genannten Städte allein muss selbstredend noch lange nicht glücklich machen. Das Quäntchen Wahrheit liegt hier jedoch darin, dass auch Städte eine Art Persönlichkeit haben und man folgerichtig nicht in jeder gleichermaßen zufrieden werden kann.
Das große „Wo?“
Das geradezu Paradoxe an der Globalisierung ist, dass es einerseits eine stärkere und weiter reichende Vernetzung gibt. Die Welt wird „kleiner“; wo man sich genau befindet, scheint durch neue Technologien oft schon beinahe zweitrangig geworden zu sein. Andererseits steigt auch die Mobilität. Folglich kommt es verstärkt zu Konzentrationserscheinungen, zum Beispiel von gewissen Industrien und, so Richard Florida von der University of Toronto, auch von bestimmten Persönlichkeitsprofilen an bestimmten Orten.
Dem Autor mehrerer Sachbücher wie etwa Who is your city? zufolge scheint Kalifornien in vielerlei Hinsicht ein gutes Pflaster für kreative Köpfe zu sein. Zum einen gibt es in Hollywoods Filmindustrie Möglichkeiten für ein breites Spektrum an Berufsfeldern, von Schauspielern und Drehbuchschreibern bis hin zu Maskenbildnern und Szenengestaltern. Die Rock- und Popszene in Los Angeles gehört ebenfalls zur Weltspitze. Zum anderen gilt Silicon Valley noch immer als Mekka für all jene, die Visionen im Technologiesektor verwirklichen möchten. Laut Richard Florida trägt das offene, innovative Ambiente zur Kreativität der Bewohner bei. Zudem werden Fehler hier eher als Teil des Lernprozesses denn als Versagen wahrgenommen. Insgesamt also beste Bedingungen für erfinderische Menschen, die sich auch nicht vor Risiken scheuen.
Dass in Hollywood Filme gemacht werden, ist natürlich nichts Neues. Ebenso, dass der Karneval in Rio de Janeiro einen Deut fetziger sein dürfte als der Faschingsumzug in Schruns-Tschagguns. Was Florida mit vermeintlichen Plattitüden hervorzuheben versucht ist, dass der passende Ort für den persönlichen sowie beruflichen Werdegang heute aufgrund neuer Entwicklungen entscheidender ist denn je.
Chance nutzen
Statistisch gesehen zieht der durchschnittliche US-Amerikaner etwa alle sieben Jahre um. Das mag heute noch nach Nomadentum klingen. In Zukunft wird diesbezüglich jedoch auch in Europa mehr Flexibilität gefragt sein. „Bis zum Jahr 2015 wird sich die Zahl der Menschen im erwerbsfähigen Alter halbiert haben“, prognostizierte der damalige EU-Kommissar Vladimír Špidla schon letztes Jahr. Die wachsende Nachfrage nach Arbeitskräften in einem immer stärker vernetzt agierenden Europa wird also in Zukunft vermehrt die Möglichkeit zu Ortswechseln bieten.
Zudem wird Reisen auch einfacher und billiger, wodurch nicht nur Europa näher zusammenrückt. Glücklicherweise wird nicht nur immer mehr Mobilität erwartet, sondern auch ermöglicht werden. Es geht also vorrangig darum, aus dieser Entwicklung Vorteile zu ziehen. So kann es sich durchaus lohnen, einige Optionen aufzulisten und abzuwägen.
Wonneleben in Down Under
Eine mögliche Destination, wo derzeit eine günstige Arbeitsmarktsituation und, so Forbes, der Glücksfaktor zusammenfallen, wäre demnach Sydney. Die Finanzkrise hat sich auf Australien dank seiner wirtschaftlichen Vernetzung mit dem asiatischen Raum weitaus weniger stark ausgewirkt als auf viele europäische Länder. Die Sprachbarriere ist mit Englisch – auch trotz eines etwas „fiesen“ Akzents – leichter bewältigbar als etwa bei Forbes’ Nummer eins Rio de Janeiro. Der Mindestlohn wird in Australien übrigens mit diesem Monat erhöht, und die Arbeitslosenrate ist gerade auf 5,2 Prozent gesunken. Wer also schon seit längerer Zeit voller Fernweh mit dem Zeigefinger suchend über den Globus kreist, sollte vielleicht einmal einen Besuch bei der australischen Botschaft in Erwägung ziehen.
Natürlich lässt sich Glück nicht so leicht quantifizieren, wie es das Forbes Magazine mit seiner Liste vorgibt. Es lohnt sich aber, rein objektiv betrachtet, sich vor Augen zu führen, wie einfach es uns heutzutage gemacht wird, in ein anderes Land oder eine andere Stadt zu ziehen. Je nach beruflicher oder persönlicher Ausrichtung stehen die Chancen mitunter in der Ferne besser als zu Hause. „Nicht da ist man daheim, wo man seinen Wohnsitz hat, sondern wo man verstanden wird“, wusste bereits Christian Morgenstern. Nicht jeder wird schon dort geboren.