Technologien mit Steirerhut
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Bisher galt die Steiermark eher touristisches Ausflugsziel. Künftig will das Land noch stärker im Technologiewettbewerb mitmischen. Ein eigener Wirtschaftslandespreis bietet dabei den Unternehmen eine Präsentationsplattform.
Kernöl, Schilcher und Steirerkäse – das sind jene drei Schlagworte, die spontan mit der Steiermark assoziiert werden. Nach einigem Nachdenken folgen Zotter-Schokolade, Wellnessthermen und das sprachliche „Böll’n“, also jene Phonetik, wenn der Steirer im Dialekt spricht. Nur die wenigsten bringen die Steiermark mit technologischen Innovationen in Verbindung, obwohl das selbst ernannte grüne Herz Österreichs mit einer Forschungs- und Entwicklungsquote von 4,3 Prozent aktuell den zweiten Rang unter den Regionen Europas einnimmt.
Dass zudem Ende März dieses Jahres das Gleisdorfer Unternehmen Binder + Co den Staatspreis für Innovation 2009 errang und sich dabei unter 639 Bewerbern durchsetzte, darf als weiterer Beleg dafür gelten, dass die Steiermark auf dem besten Wege ist, ihren führenden Anspruch als das heimische Technologiebundesland zu festigen. Für das weltweit erste industrietaugliche System zur Aussortierung von Sonderglas aus Recyclingglasscherben verlieh Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) die begehrte Auszeichnung. Auch der „Econovius“ wanderte an diesem Abend ins Bundesland hinter Wechselgebiet und Semmering. Für einen Roboter zur Neurorehabilitation von Patienten erhielt Tyromotion aus Graz den Sonderpreis für das innovativste Kleinunternehmen.
Award als Schaufenster
Den Nährboden für diesen technologischen Erfindungsreichtum bietet der „Fast Forward Award“, der heuer bereits zum 14. Mal vergeben wird. Mit diesem steirischen Wirtschaftslandespreis werden alljährlich herausragende Leistungen prämiert, und er wird abhängig von der Unternehmensgröße in fünf Kategorien von der steirischen Wirtschaftsförderung (SFG) ausgeschrieben. „Wir hatten die Idee, verstärkt Innovationen in der Steiermark auf die Bühne zu bitten, damit mehr Technologiemotivation entsteht“, erzählt SFG-Geschäftsführer Burghard Kaltenbeck. Mit der simplen Formel I = E + U (Innovation = Erfindung + Umsetzung) verfolgen die Initiatoren vor allem das Ziel, die komplette Prozesskette vom Einfall bis zur Realisierung unterstützend zu begleiten. Schließlich werden von hundert Ideen gerade einmal 15 verwirklicht.
Gerade für die steirische Wirtschaft bedarf es zahlreicher Maßnahmen, um den Arbeitsmarkt kräftig anzukurbeln. Eine überdurchschnittlich hohe Arbeitslosenquote von 10,1 Prozent, die über dem österreichischen Durchschnitt liegt, und eine internationale Abhängigkeit – jeder zweite Arbeitsplatz steht in direktem Zusammenhang mit dem Export – zeichnen augenblicklich nicht gerade ein hoffnungsvolles Bild für ein Bundesland, dessen Stärkefelder in der Automobilindustrie, der Holzwirtschaft und im Werkstoffbereich liegen. „Ich sehe das wie bei einer Pipeline. Wenn vorne nichts reinkommt, kann natürlich hinten auch nicht viel herauskommen“, erklärt „Fast Forward Award“-Miturheber Kaltenbeck unverzagt. „Daher müssen wir sehr viele neue Ideen auch zur Umsetzung bringen.“
Weltweit zählen gerade mal knapp drei Prozent der Menschen zu den innovativen Denkern. Über mangelnde Kreativität darf sich die Steiermark keineswegs beklagen. Im Rahmen der Auftaktveranstaltung „Erfinderland“ zum diesjährigen „Fast Forward Award“ in der Grazer Helmut-List-Halle präsentierte sich bereits ein gutes Dutzend Kopfarbeiter mit seinen Innovationen einer interessierten Öffentlichkeit.
Große Bandbreite
Ob neu entwickelte Software für Filmproduktionen, spezielle Werkzeugkästen für den weiblichen Singlehaushalt, die umweltbewusste Aufbereitung von Bremsflüssigkeit für die Wiederverwendung oder Sichtschutz als Bewegungslernhilfe, um den heimischen Fußballer-Export für das Jahr 2020 anzukurbeln: Die Bandbreite der ins Rampenlicht gerückten Start-ups war groß.
Äußerst praxisnah und ganz im Trend präsentieren Richard Schinnerl und Thomas Pusch ihre Fahrradgarage „Radhouse“ mit integrierter Solarladestation für das Elektrofahrrad. Die beiden Mittvierziger nahmen sich dabei eines Problems einer Bekannten an, die vor Bahnhöfen keinen gesicherten Fahrradabstellplatz finden konnte. „Auch wenn wir bisher vor sehr vielen geschlossenen Türen standen, so glauben wir doch fest an unsere Idee“, formuliert Richard Schinnerl die Aussichten, seinen Prototyp zur Marktreife weiterzuentwickeln. Glaubt man den Experten, stehen die Chancen für einen durchschlagenden Erfolg nicht schlecht. 2009 wurde in Europa eine Mio. Elektrofahrräder verkauft, während die Verkaufszahl in China bei 15 Millionen lag. Ausschließlich ein möglicher Absatzmarkt bewertet nämlich den Wert neuer Kreationen.