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03. Juli 2024

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Technologien mit Steirerhut

Technologien mit Steirerhut

Bisher galt die Steiermark eher touristisches Ausflugsziel. Künftig will das Land noch stärker im Technologiewettbewerb mitmischen. Ein eigener Wirtschaftslandespreis bietet dabei den Unternehmen eine Präsentationsplattform.

Kernöl, Schilcher und Steirerkäse – das sind jene drei Schlagworte, die spontan mit der Steiermark assoziiert werden. Nach einigem Nachdenken folgen Zotter-Schokolade, Wellnessthermen und das sprachliche „Böll’n“, also jene Phonetik, wenn der Steirer im Dialekt spricht. Nur die wenigsten bringen die Steiermark mit technologischen Innovationen in Verbindung, obwohl das selbst ernannte grüne Herz Österreichs mit einer Forschungs- und Entwicklungsquote von 4,3 Prozent aktuell den zweiten Rang unter den Regionen Europas einnimmt.
Dass zudem Ende März dieses Jahres das Gleisdorfer Unternehmen Binder + Co den Staatspreis für Innovation 2009 errang und sich dabei unter 639 Bewerbern durchsetzte, darf als weiterer Beleg dafür gelten, dass die Steiermark auf dem besten Wege ist, ihren führenden Anspruch als das heimische Technologiebundesland zu festigen. Für das weltweit erste industrietaugliche System zur Aussortierung von Sonderglas aus Recyclingglasscherben verlieh Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) die begehrte Auszeichnung. Auch der „Econovius“ wanderte an diesem Abend ins Bundesland hinter Wechselgebiet und Semmering. Für einen Roboter zur Neurorehabilitation von Patienten erhielt Tyromo­tion aus Graz den Sonderpreis für das innovativste Kleinunternehmen.

Award als Schaufenster
Den Nährboden für diesen technologischen Erfindungsreichtum bietet der „Fast Forward Award“, der heuer bereits zum 14. Mal vergeben wird. Mit diesem steirischen Wirtschaftslandespreis werden alljährlich herausragende Leistungen prämiert, und er wird abhängig von der Unternehmensgröße in fünf Kategorien von der steirischen Wirtschaftsförderung (SFG) ausgeschrieben. „Wir hatten die Idee, verstärkt Innovationen in der Steiermark auf die Bühne zu bitten, damit mehr Technologiemotivation entsteht“, erzählt SFG-Geschäftsführer Burghard Kaltenbeck. Mit der simplen Formel I = E + U (Innovation = Erfindung + Umsetzung) verfolgen die Initiatoren vor allem das Ziel, die komplette Prozesskette vom Einfall bis zur Realisierung unterstützend zu begleiten. Schließlich werden von hundert Ideen gerade einmal 15 verwirklicht.
Gerade für die steirische Wirtschaft bedarf es zahlreicher Maßnahmen, um den Arbeitsmarkt kräftig anzukurbeln. Eine überdurchschnittlich hohe Arbeitslosenquote von 10,1 Prozent, die über dem österreichischen Durchschnitt liegt, und eine internationale Abhängigkeit – jeder zweite Arbeitsplatz steht in direktem Zusammenhang mit dem Export – zeichnen augenblicklich nicht gerade ein hoffnungsvolles Bild für ein Bundesland, dessen Stärkefelder in der Automobilindustrie, der Holzwirtschaft und im Werkstoffbereich liegen. „Ich sehe das wie bei einer Pipeline. Wenn vorne nichts reinkommt, kann natürlich hinten auch nicht viel herauskommen“, erklärt „Fast Forward Award“-Miturheber Kaltenbeck unverzagt. „Daher müssen wir sehr viele neue Ideen auch zur Umsetzung bringen.“
Weltweit zählen gerade mal knapp drei Prozent der Menschen zu den innovativen Denkern. Über mangelnde Kreativität darf sich die Steiermark keineswegs beklagen. Im Rahmen der Auftaktveranstaltung „Erfinderland“ zum diesjährigen „Fast Forward Award“ in der Grazer Helmut-List-Halle präsentierte sich bereits ein gutes Dutzend Kopfarbeiter mit seinen Innovationen einer interessierten Öffentlichkeit.

Große Bandbreite
Ob neu entwickelte Software für Filmproduktionen, spezielle Werkzeugkästen für den weiblichen Singlehaushalt, die umweltbewusste Aufbereitung von Bremsflüssigkeit für die Wiederverwendung oder Sichtschutz als Bewegungslernhilfe, um den heimischen Fußballer-Export für das Jahr 2020 anzukurbeln: Die Bandbreite der ins Rampenlicht gerückten Start-ups war groß.
Äußerst praxisnah und ganz im Trend präsentieren Richard Schinnerl und Thomas Pusch ihre Fahrradgarage „Radhouse“ mit integrierter Solarladestation für das Elektrofahrrad. Die beiden Mittvierziger nahmen sich dabei eines Problems einer Bekannten an, die vor Bahnhöfen keinen gesicherten Fahrradabstellplatz finden konnte. „Auch wenn wir bisher vor sehr vielen geschlossenen Türen standen, so glauben wir doch fest an unsere Idee“, formuliert Richard Schinnerl die Aussichten, seinen Prototyp zur Marktreife weiterzuentwickeln. Glaubt man den Experten, stehen die Chancen für einen durchschlagenden Erfolg nicht schlecht. 2009 wurde in Europa eine Mio. Elektrofahrräder verkauft, während die Verkaufszahl in China bei 15 Millionen lag. Ausschließlich ein möglicher Absatzmarkt bewertet nämlich den Wert neuer Kreationen.

Economy Ausgabe 83-04-2010, 30.04.2010

Der Prozess macht den Erfolg

Der Prozess macht den ErfolgPhotos.com

Wolfram Jost: „Prozessmanagement bedeutet mehr als Automatisierung von Abläufen. Wer seine Prozessleistung kennt, weiß, wie es dem Betrieb in genau diesem Moment geht. Auch Rückschlüsse auf künftige Betriebsergebnisse sind möglich“, betont das IDS Scheer-Vorstandsmitglied.

economy: IDS Scheer steht zumindest im deutschen Sprachraum synonym für Business Process Management (BPM). Was macht diese Technologie aus, was bringt sie dem Kunden?
Prozessmanagement ist eben viel mehr als nur eine Technologie oder eine Software zur Prozessautomatisierung – es ist eine Managementdisziplin. Es ist der Prozess, an dessen Ende das Produkt steht, der Prozess ist für den Unternehmenserfolg entscheidend. Wir geben dem Kunden Werkzeuge in die Hand, mit denen er sein Unternehmen prozess­orientiert organisieren kann.

Die Investitionsbereitschaft der Unternehmen ist in diesen Zeiten ja nicht gerade hoch. Wie nehmen Sie die Situation wahr?
Wir haben die Krise 2009 schon gespürt, aber wir haben uns gut geschlagen. Heute sehen wir Licht am Horizont. Die Kunden sind noch immer vorsichtig, aber sie reden bereits wieder über Investitionen. Das Interesse an BPM wächst wieder.

Sie waren in der Krise nicht untätig, wie ein Blick auf Ihr Portfolio zeigt.
Ja, wir haben einige neue Produkte: etwa die schnelle und einfach zu bedienende Aris Rocket Search; oder die Aris Mash Zone, mit der der Kunde auf seine Bedürfnisse zugeschnittene Dashboards bauen kann. Die neue Aris Governance Engine ermöglicht die Automatisierung der BPM-Prozesse. Dazu bieten wir mit der Aris Community eine Plattform an, auf der sich an Business Process Management Interessierte vernetzen können. Da haben wir schon 35.000 Teilnehmer.

Auf der Plattform bieten Sie auch Aris Express gratis zum Download an – warum?
Aris Express ist ein Appetizer für mittelständische Unternehmen, die sich erstmals mit dem Thema Prozessmanagement auseinandersetzen wollen. Sie können mit wenig Aufwand ausprobieren, welche Vorteile BPM für sie haben kann. Diese Downloads haben uns bis heute rund 1000 konkrete Kundenkontakte gebracht.

Aber das größte Thema bei IDS Scheer ist zurzeit die Process Intelligence?
Richtig. Während Business Intelligence mit Kennzahlen wie Cashflow und Umsatz in die Vergangenheit blickt, erheben wir mit Prozesskennzahlen den gegenwärtigen Zustand des Unternehmens. Wer die Prozessleistung kennt, weiß, wie es seinem Unternehmen in genau diesem Moment geht. Und dazu erlaubt die aktuelle Prozessleistung auch Rückschlüsse auf die zukünftigen kaufmännischen Ergebnisse.

Es ist der Prozess, der zum Endprodukt führt. Ist diese prozessorientierte Sichtweise ausreichend in den Köpfen verankert?
Nein. Viele Unternehmen kennen ihre eigenen Prozesse gar nicht. Und es fehlt das Bewusstsein, dass sich die Prozesse verändern und dass dieser Wandel aktiv gemanagt werden muss. Bei der Einführung von SAP in einem Betrieb ergeben sich beispielsweise nur 20 Prozent aller Probleme auf der technischen Seite, 80 Prozent entstehen durch die neuen Prozesse. Das ist auch in dem Irrglauben begründet, das SAP-System bringe die idealen Prozesse automatisch mit und der Kunde müsse sich hier um nichts kümmern.

IDS Scheer wurde ja von der Software AG gekauft. Was bedeutet das für die Kunden?
Wir haben ein Portfolio, das sich sehr gut ergänzt. Die Software AG deckt die IT-Seite ab, wir sind mehr auf der betriebswirtschaftlichen Seite zu Hause. Nun bekommt der Kunde beides aus einer Hand. Wir werden die Produkte technisch integrieren, das verbesserte Zusammenspiel wird ihm einen Mehrwert bringen. Aber wir werden sie weiterhin getrennt anbieten. Das heißt, die Unabhängigkeit von Aris wird auch zukünftig erhalten bleiben.

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Christian Stemberger, Economy Ausgabe 83-04-2010, 30.04.2010

Mehr Speed für Stadt und Land

Mehr Speed für Stadt und Land

Modernisierung der Netzinfrastrukur schafft Voraussetzungen für Betriebsansiedlungen.

Telekom Austria (TA) setzt den im November des Vorjahrs gestarteten Giga-Netz-Ausbau heuer fort. 70 weitere Vermittlungsstellen wurden allein im letzten Quartal mit der sogenannten VDSL2-Technologie aufgerüstet. Damit ist das Giga-Netz österreichweit aktuell für rund 375.000 Haushalte im großteils ländlichen Raum verfügbar. Mittelfristig will TA die Kapazität auf 750.000 Kunden erweitern.
Aber auch in den Städten hält das Giga-Netz Einzug. Der Auftakt zur größten Modernisierungs­offensive im Bereich der Netzinfrastruktur erfolgte in Villach. Weitere Glasfaserpilotprojekte sollen demnächst in den Wiener Bezirken Rudolfsheim-Fünfhaus und Döbling in Betrieb gehen. In Summe will Telekom Austria in den nächsten vier Jahren rund eine Mrd.Euro in das Festnetz investieren.
Die Vorteile der Glasfasertechnologie liegen auf der Hand, schließlich ermöglichen diese einen Datentransfer, der ein Zigfaches des bisherigen Breitbandinternets ausmacht. In weiteren Ausbaustufen sind sogar Geschwindigkeiten von bis zu einem Gigabit pro Sekunde geplant. Erst durch Glasfasertechnologie können in Zukunft Anwendungen wie 3D-Fernsehen oder Unified Communications ihr volles Potenzial entwickeln.

Wirtschaftliche Anreize
Vor allem in den ländlichen Gebieten bedeutet der Ausbau von Glasfaserleitungen mehr als nur einen technologischen Fortschritt. Zugleich ist damit auch gewährleistet, dass diese nicht den Anschluss an die Ballungszentren verlieren. Denn nur wenn alle gleichermaßen an der Wissensgesellschaft teilnehmen, ist auch ein wirtschaftlicher Erfolg garantiert. Das Giga-Netz ist so gesehen auch eine Standort- beziehungsweise Betriebsansiedlungsgarantie: Wo zusätzliche infrastrukturelle Anreize geschaffen werden, fällt es Unternehmen naturgemäß leichter, Expansionspläne zu wälzen und in die Schaffung von (zusätzlichen) Arbeitsplätzen zu investieren.

Economy Ausgabe 83-04-2010, 30.04.2010

Der elektronische Steuermann

Der elektronische SteuermannPhotos.com

Geschäftsprozesse werden heute nicht mehr der Intuition eines Managers überlassen, sondern durch moderne Prozessmethoden gesteuert, in denen hochkomplexe Softwareanwendungen eine wichtige Rolle spielen.

„Prozesse“ ist das Zauberwort der digitalen Ökonomie. Hinter jedem Fertigungsverfahren, hinter jeder Managementmethode, hinter jeder Logistik und Infrastruktur steht heute ein Prozess, in den allermeisten Fällen ein digitaler.
Nicht zu Unrecht. Waren es früher Arbeitsmethoden, später „Workflows“, sind es heute tatsächlich Prozesse, die das Funktionieren eines Unternehmens bestimmen.Hinter all dem hat sich ein Verfahren herausgebildet, das als Prozessmodellierung verstanden wird. Prozessmodellierung steht für die Erfassung und Darstellung von Abläufen, Rollen, Organisationsstrukturen und Informationsflüssen und bildet die Grundlage für Knowledge Management und Qualitätsmanagement sowie für Unternehmensanalysen. Sie stellt die Wertschöpfungskette mit den Kriterien Zeit, Kosten und Qualität dar.

Reengineering
Daraus abgeleitete Prozessverbesserungsmaßnahmen nennt man Reengineering, und sie können durch Simulationen unterstützt werden, die Basis für nachfolgende Workflowsysteme sind.
„Der Trend in der IT geht sowohl in Richtung des Einsatzes neuer Technologien wie zum Beispiel Virtualisierung als auch hin zur Anwendung neuer Methoden für das Prozessmanagement“, sagt Alfred Heiter, Experte von Ernst & Young.
Business Process Engineering oder Geschäftsprozessverwaltung umfasst im Wesentlichen drei Teile: das Planen und Modellieren der Prozesse, das Durchführen der Arbeiten nach Prozessen und das Überwachen dieser Prozesse, was grundsätzlich Aufgaben des Managements in Zusammenarbeit mit der IT-Abteilung eines Unternehmens sind. Dafür kann man Kennwerte verwenden, die aus der Logistik entlehnt sind, sich aber auch auf generelle Geschäftsprozesse umlegen lassen.
Kennzahlen, zum Beispiel aus der Logistik, lassen sich generell auch für die Verwaltung von Geschäftsprozessen anwenden, so etwa die Durchlaufzeit, also wann man mit einem Ergebnis rechnen kann, samt dem gesamten Zeitbedarf einer kompletten Prozessdurchführung.
Die Liegezeit beschreibt Zeiten, in denen keine Aktivität im Prozess stattfindet. Hier können Kriterium für Verbesserungspotenzial gesucht und gefunden werden. Muss ein Prozessbeteiligter zu oft die Aufgabe wechseln, steigt diese Zeit. Die Kommunikationskennzahlen beschreiben, wer mit wem inter­agiert und den Prozess gestaltet. Und letztlich misst die Bearbeitungszeit, wie lange jemand braucht, um eine Aufgabe zu erledigen.
Der Erfolg des Prozessmanagements werde von Menschen getragen, die in der Lage sind, Prozesse zu managen und damit verbundene Veränderungen zu gestalten, sagt Nikolai Neumayer, der an der Donau-Uni Krems einen Master-Lehrgang für Prozessmanagement leitet.

Zusammenspiel beherrschen
„Es geht um die Beherrschung des Zusammenspiels unterschiedlichster Maßnahmen als Grundvoraussetzung, um den heutigen Anforderungen an Produkte und Dienstleistungen erfolgreich zu begegnen“, erklärt Neumayer.
Steht der Prozess fest, dann wird angestrebt, ihn mittels einer (softwaregestützten) Business Process Engine umzusetzen. Dies beschreibt eine Anwendung, die sich auf die reine Ausführung von Prozessen konzentriert. Bei den Aktivitäten unterscheidet man zwischen Humanaktivitäten (auch Tasks genannt) und Maschinenaktivitäten, die von einem Programm ausgeführt werden. Dazu gehören Workflow-Management-Systeme und Business-Process-Management-Systeme, die häufig auf der Basis einer serviceorientierten Architektur (SOA) arbeiten.
Zu den gängigsten Anbietern von Business-Process-Management-Systemen zählen die Großen der IT: IBM etwa, Software AG, IDS Scheer oder SAP, aber auch Open-Source-Anwendungen.
Gemeinhin wird Prozessmanagement auf IT-Basis dafür gelobt, dass es eine neue und verbesserte Form der Unternehmensführung bedingt. Durch die stärkere Kundenorientierung gibt es den Trend, Prozesse beim Kunden beginnen und enden zu lassen. Mitarbeiter bekommen die Verantwortung für einzelne Prozesse übertragen (Prozessverantwortung) und können zum Teil autonom über die Prozesskennzahlen geführt werden.

Economy Ausgabe 83-04-2010, 30.04.2010

Auch Golfer haben Handicaps

Auch Golfer haben Handicapscom_unit

Zwei junge Frauen arbeiten bei IBM im Büro wie 1400 andere Leute auch. Mit einem Unterschied: Sie benutzen einen Rollstuhl. Die Technik ermöglicht Menschen mit Handicaps Berufstätigkeit – falls sie einen Job bekommen.

Wenn Romana Müller morgens auf der Schwedenbrücke über den Wiener Donaukanal rollt, blinzelt sie oft vergnügt in die Sonne. Manchmal zerzaust der Wind die blonden Haare der zierlichen jungen Frau. Nach der Brücke biegt sie links in die Obere Donaustraße 95, fährt durch die Glastür des Bürogebäudes und verabschiedet sich dort von ihrer Assistentin, die sie jeden Morgen zum Arbeitsplatz begleitet und am Abend wieder abholt. Sie ist Bürokauffrau-Lehrling bei IBM.
Auch Astrid Lanscha nimmt täglich die U-Bahn zum Schwedenplatz und rollt über den Donaukanal in ihr Büro. Sie ist Verkaufsassistentin bei IBM. Sie unterstützt die Verkäufer bei der Arbeit, trägt Infos in Datenbanken ein, betreut Businesspartner, koordiniert Termine. Die zwei Frauen haben einiges gemeinsam: Sie haben seit ihrer Geburt spastische Diparese beziehungsweise Tetraparese, sie benutzen deshalb einen Rollstuhl, sie sind offen und kommunikativ, und sie haben einen ganz normalen Job in einem Büro.

Barrieren in den Köpfen
Doch was den beiden gelungen ist, daran scheitern viele andere. Menschen mit Behinderungen haben gewaltige Barrieren zu überwinden – in den Köpfen von Chefs und Personalleitern und physisch in unangepassten Gebäuden, die Stufen, liftlose Treppen und sonstige Hürden aufweisen oder kein geeignetes WC haben. Andererseits ermöglicht die technologische Entwicklung im IT-Bereich, dass Menschen mit Handicaps ihre Ausbildung und ihre Fähigkeiten ähnlich produktiv einsetzen können wie ihre Kolleginnen und Kollegen, die (noch) keine körperliche Einschränkung haben. Dabei assistiert eine Unzahl von Computerhilfsmitteln, die etwa von Life Tool, einem vom Austrian Institute of Technology und dem Diakoniewerk gegründeten Unternehmen, mit einem 64-seitigen Katalog vertrieben werden. Geräte und Software werden aus aller Welt zusammengetragen, auch eigene Software wird entwickelt.

Technik ersetzt Körper
Wenn Körper- und Sinnesfunktionen verloren gehen oder von Geburt an nicht da waren, kann der betroffene Mensch sie immer häufiger durch technische Hilfsmittel verbessern oder ersetzen. Die Technik eröffnet Möglichkeiten, die vor Kurzem noch zur Science-Fiction zählten – etwa eine gedankengesteuerte Armprothese, die der Hightech-Prothesenhersteller Otto Bock für den Steirer Christian Kandlbauer entwickelte. Dem Mann waren nach einem Unfall beide Arme amputiert worden. Nun arbeitet er als Kfz-Mechaniker und kann Auto fahren. Zuletzt entwickelte Otto Bock für ihn eine fühlende Handprothese. Solche künstlichen Gliedmaßen werden das Leben von Unfall- und Kriegsopfern revolutionieren – und annäherungsweise den Status vor ihrer Verletzung wiederherstellen.
Das Internet eröffnet Menschen mit allen möglichen Formen von Behinderung den Zugang zur Welt, wenn die Websites barrierefrei programmiert werden. Darauf achtet unter anderem die Web Accessibility Initiative, die Standards für barrierefreies Webdesign entwickelt und am World Wide Web Consortium angesiedelt ist – dort, wo die Zukunft des Internets geplant wird.
Die Technik ist wichtig. Doch ebenso wichtig war die Selbstbestimmt-Leben-Bewegung, die von Menschen mit Behinderungen ab den 1980er Jahren, beginnend in Großbritannien, Schweden und Deutschland, initiiert wurde. In Österreich hat die „Behindertenmilliarde“ (in Schilling) ab 2001 ermöglicht, dass viele Projekte der Selbstbestimmt-Leben-Bewegung eine Chance hatten, realisiert zu werden. Dazu zählt die Bezahlung von persönlicher Assistenz.

Mechaniker sind auch Assistenz
Auch Dorothea Brozek hat dafür gekämpft. Gemeinsam mit anderen gründete sie 2002 die WAG-Assistenzgenossenschaft. Das Unternehmen vermittelt persönliche Assistenz und beschäftigt die Assistenzgeber. „Kommen Sie mit der Reparatur Ihres Autos alleine zurecht oder benötigen Sie dafür Assistenz?“, provoziert ihre Website.
Als Brozek Anfang der 1990er Jahre an der Uni Wien Slawistik studierte, musste sie als Rollstullbenutzerin viele liftlose Treppen in alten Unigebäuden hochkommen. Das ging nur, wenn sie Studienkollegen bat, sie hinaufzutragen. Oft harrte sie stundenlang bis zur nächsten Vorlesung in einer Bibliothek aus. Aus Zorn über die Verhältnisse ini­tiierte sie das Behindertenreferat der Hochschülerschaft.
Durch EU-weite Vorgaben hat sich vieles verbessert. In Österreich muss bis 2016 in öffentlichen Gebäuden und Verkehrsmitteln barrierefreier Zugang möglich sein. Das Bundessozialamt finanziert beruflich notwendige Assistenz, etwa Gebärdensprachdolmetscher. Dennoch sind viele Unternehmen bei der Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen sehr zögerlich. Oft wird die erschwerte Kündigungsregelung als Grund dafür angegeben – oder vorgeschoben.

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Economy Ausgabe 83-04-2010, 30.04.2010

Unsichtbar, aber unentbehrlich

Unsichtbar, aber unentbehrlichHenkel

Ramón Bacardit: „Unter Innovation verstehen wir nicht die Erfindung von etwas Neuem, sondern vielmehr die Einführung des Neuen im Markt.“ Der Senior Vice President Forschung und Entwicklung der Klebstoffsparte von Henkel konkurriert mit Schrauben und Nieten.

Klebstoffe sind die heimlichen Helden des Alltags. Obwohl sie oft kaum wahrgenommen werden, sind sie doch fast allgegenwärtig: Handys, Flugzeuge, Möbel, Bücher, Windeln, Tapeten – die Liste der Dinge, die ohne Klebstoffe nicht funktionieren würden, ließe sich beliebig fortsetzen. Aktuell stellt Henkel, Weltmarktführer in den Bereichen Kleben, Dichten und Oberflächenbehandlung, an weltweit 162 Standorten Klebstoffe für Bastler, Handwerker und Industrie her.
Ramón Bacardit, Senior Vice President der Klebstoffsparte und Sprecher für alle Forschungsaktivitäten bei Henkel, verfolgt ehrgeizige Ziele und will das Marktpotenzial der Technologie „Kleben“ auf Kosten der mechanischen Befestigungsmethoden Schrauben, Nieten und Schweißen drastisch erhöhen. Von 3000 Verbindungspunkten im Auto beispielsweise sollen 1000 durch Klebstoffe ersetzt werden. Die Chancen stehen gut, investiert das Unternehmen doch jede Woche vier Mio. Euro in Forschung und Entwicklung.

economy: Das Zukunftspotenzial der Hightech-Verbindungstechnik scheint ungebrochen. Kleben, was ist das eigentlich?
Ramón Bacardit: Das ist keine einfach zu beantwortende Frage. Kleben ist Physik, Chemie und physikalische Chemie. Es kommen sehr viele Technologien infrage. Relativ einfache Produkte wie Stärken oder naturbasierte Klebstoffe existieren seit Jahrhunderten. Auf der anderen Seite stehen synthetische Produkte wie Polyurethane, Epoxies und Acrylics. Kleben bedeutet Verbindung und Verankerung. Kleben hat mit nanostrukturierten Materialien zu tun, und Verbindungen kann man durch Fast Monomolecular Layers erreichen.

Was verstehen Sie unter Innovation?
Unter Innovation verstehen wir nicht mehr die Erfindung von etwas Neuem, sondern vielmehr die Einführung des Neuen im Markt. Das muss nicht unbedingt ein Produkt, sondern kann auch ein Konzept, ein Geschäftsmodell sein. Es ist die Übersetzung von Idee und Technologie in Geld. Ohne das ist es keine Innovation.

Haben Sie ein Beispiel?
Man kann immer die gleiche Sache machen, nur ein bisschen besser, oder ab und zu die Idee haben, alles anders zu machen. Bei Lackhaftung und Korrosionsschutz in der Automobilindustrie hat man 50 Jahre lang mit Zink-PhosphatSchichten gearbeitet, die drei Tausendstel Millimeter „dick“ waren. Bei dem zirkoniumoxidbasierten Bonderite-Konversionsverfahren bewegen wir uns heute im Bereich von zehn bis 20 Nanometer. Das ist ein technologischer Durchbruch.

Warum setzen Sie sich selbst unter Druck und wollen innerhalb von fünf Jahren 25 Prozent des Umsatzes mit neuen Produkten generieren?
Wir müssen den Fokus auf den Markt und unsere Kunden richten.Zeit ist Geld. Mit Airbus haben wir uns 2008 über Materialien unterhalten, die dort in Flugzeugen zum Einsatz kommen, die erst 2020 ausgeliefert werden. Natürlich gibt es auch Geschäftsbereiche mit größerer Dynamik wie die Automobil- oder Elektronikindustrie.

Inwieweit ist Henkel Impulsgeber, inwieweit spielt die „Stimme des Kunden“ in Forschung und Entwicklung (F&E) eine tragende Rolle?
80 Prozent der neuen Produkte sind durch den Markt getrieben, 20 Prozent durch Technologie gepusht; das heißt, jede fünfte Henkel-Innovation ist etwas völlig Neues.

Wer entwickelt denn wo die neuen Produkte?
Henkel beschäftigt im Bereich Klebstoffe weltweit mehr als 1600 Mitarbeiter im Bereich F&E an neun Standorten in Europa, den USA und China. Bemerkenswert ist die Tatsache, dass vor zehn Jahren maximal zehn Prozent, heute aber 30 Prozent Frauen in der Forschung tätig sind. 2009 betrug unser Budget 225 Mio. Euro oder 3,6 Prozent des Klebstoff-Konzernumsatzes. Auf Forschung entfielen 62 Mio. Euro, auf Produkt­entwicklung 163 Mio. Euro. Neben einer breiten Technologiekompetenz und einem weit verzweigten Kooperationsnetzwerk mit externen Forschungspartnern und universitären Einrichtungen, auf die rund fünf Prozent der Forschungsbudgets entfallen, profitiert Henkel von engen F&E-Kooperationen mit vielen seiner Kunden.

Economy Ausgabe 83-04-2010, 30.04.2010

Optimale Verbindungen

Optimale VerbindungenPhotos.com

Unified-Communications-Lösungen sorgen dafür, dass standortübergreifende Zusammenarbeit leichter von der Hand geht. AMST-Systemtechnik, ein Unternehmen, das Produkte und System­lösungen für Flugsimulationstraining herstellt, hat seine IT mithilfe von Kapsch modernisiert.

Prozessverbesserungen bilden die Basis für jedes erfolgreiche Projekt. Kein Weg führt dabei mittlerweile an Unified-Communications-Lösungen vorbei. Diese gewährleisten eine nachhaltige Optimierung von Kommunikations- und Arbeitsabläufen – sofern bei der Implementierung auch die tatsächlichen Bedürfnisse des betreffenden Unternehmens berücksichtigt wurden.
Thomas Putz, verantwortlich für Produktlösungen und Kommunikationslösungen bei Kapsch Business Com: „Für uns ist das Thema Unified Communications weniger eine Frage der Technologie. Vielmehr geht es um die Art und Weise, wie heutzutage Kommunikation stattfindet. Kollaboration und Social Network sind in diesem Zusammenhang zentrale Schlagworte. Menschen, Mitarbeiter eines Unternehmens sollen, egal wo sie sich gerade befinden, jederzeit miteinander in Kontakt treten können. Das geschieht über eine Fülle von Kommunikationskanälen und auch unabhängig von den jeweiligen Endgeräten, die zur Verfügung stehen. Unsere Aufgabe ist es, aus dem breiten Angebot, das es auf dem Markt gibt, die beste Lösung für Unternehmen zu finden.“
Vor Kurzem hat Kapsch Business Com für die Firma AMST-Systemtechnik eine neue, zeitgemäße Kommunikationslösung implementiert. „AMST ist ein mittelständisches Unternehmen, das international agiert und sich mit seinen Produkten und Systemlösungen für das Simulationstraining von Piloten ausgezeichnet auf dem Markt behaupten kann. AMST wollte seine gesamte Kommunikationsinfrastruktur austauschen. Das bestehende System war veraltet und sollte gegen eine zeitgemäße Anlage ersetzt werden. Großen Wert legte man bei AMST darauf, dass die Kontaktaufnahme und der Informationsaustausch zwischen den einzelnen Mitarbeitern, die die meiste Zeit quer über den Globus im Einsatz sind, jederzeit gewährleistet ist.“ Gefordert war neben der Berücksichtigung des „mobilen Arbeitens“ im Kommunikationsprozess aber auch die Einbindung der neuen Lösung in die bestehende Microsoft-Infrastruktur und eine Audio/Video-Conferencing-Lösung für den rascheren Informationsfluss zu internationalen Partnern und Kunden.
Nach eingehender Analyse der Anforderungen und Konzepterstellung realisierte Kapsch eine umfassende Unified-Communications-Lösung auf Basis des Microsoft Office Communicaton Server 2007 R2 in Kombination mit dem Avaya Communications Server 1000. Dabei wurden über 100 Mitarbeiter am Unternehmensstandort Ranshofen und in anderen Ländern mit Voice over IP (Internet-Telefonie) voll integriert.

Sichere Übermittlung
Putz: „Dank dieser Technologie ist es mobilen Mitarbeitern nunmehr möglich, Telefongespräche über ihren PC entgegenzunehmen, egal in welchem Land sie sich gerade befinden. Via Webbrowser können sie darüber hinaus jederzeit auf das System zugreifen.“ Um die sichere, verschlüsselte Kommunikation mit externen Benutzern und Partnern zu ermöglichen, wurde eine Edge-Server-Infrastruktur errichtet. Durchdacht präsentiert sich auch die Audio-, Video- und Web-Conferencing-Lösung, bei der unter anderem zwei 360-Grad-Panorama-Kameras zum Einsatz kamen. Damit sind weltweite Kommunikation, Besprechungen und Präsentationen mit Lieferanten und Projektleitern möglich. Bei AMST zeigt man sich mit der von Kapsch geleisteten Arbeit äußerst zufrieden. „Die Komplexität einer solchen Lösung darf nicht unterschätzt werden, denn die konkreten Bedürfnisse werden ja immer erst im Alltagsbetrieb sichtbar“, weiß AMST-Projektverantwortlicher Jens Schiefer. Thomas Putz ergänzt: „Viele dieser Projekte werden sehr häufig von der IT getrieben. Für die reicht es, wenn die Technik funktioniert. Das ist aber nicht der Punkt. Wichtig ist die bewusste Einführung und Hinführung der Mitarbeiter zu der neuen Lösung. Also: Wie lässt sich das Ding nutzen, welche Möglichkeiten bietet es mir im Arbeitsalltag? Denn: Wem hilft die beste Technologie, wenn keiner imstande ist, die­se zu bedienen? Deshalb legen wir großen Wert auf die Praxistauglichkeit unserer Lösungen. Nur dann ist eine derartige Investition sinnvoll, ansonsten verpufft sie.“

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Economy Ausgabe 83-04-2010, 30.04.2010

Netzabhängig: ein Mythos mit Folgen?

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Internetsucht wird medial gerne als neue Zivilisationskrankheit verkauft. Entspricht das der Realität? Ist es nicht mehr Symptom als Krankheit? Die Folgen wiegen dennoch schwer: soziale Ausgrenzung, Schulabbruch, Jobverlust.

Das Internet selbst macht natürlich genauso wenig abhängig wie eine Bierflasche. In beiden Fällen allerdings kann der Inhalt sehr wohl zur Sucht werden. Forschungsergebnisse zeigen, dass es bei substanzunabhängigen Süchten wie etwa Spiel- oder Internetsucht zu denselben neuronalen Veränderungen im Gehirn kommt wie etwa bei Alkoholabhängigen.
Es handelt sich also offenbar nicht nur um übermäßige Internetnutzung, sondern um tatsächliches Suchtverhalten. Laut Statistiken verbringen die Betroffenen dabei die meiste Zeit auf pornografischen Webseiten, mit Internetspielen, in Chatrooms und auf Social-Network-Seiten wie Facebook. Angst, etwas zu verpassen, während man „offline“ ist, bis hin zu Schweißausbrüchen beim Abschalten des Computers gelten als typische Merkmale.

Diagnose „Internetsucht“?
Die Zahl der Betroffenen in Österreich wird auf etwa 100.000 Personen geschätzt. Das Internet ist für sie Lebensmittelpunkt, Ausweichinstrument bei sozialen Konflikten sowie Realitätsersatz. „Reale“ Freunde werden vernachlässigt, wenden sich schließlich ab, „Friends“ auf Facebook oder in Chatrooms werden mehr, sind aber schlussendlich kein befriedigender Ersatz. Die Frustration wächst mit der Entfernung zur „realen“ Welt. In Extremfällen kommt es zu Schulabbruch, Jobverlust, bei Eltern sogar mitunter zur Verwahrlosung der
eigenen Kinder. Dies hängt jedoch in nicht unwesentlichem Ausmaß damit zusammen, dass Internetsucht oft mit Depressionen einhergeht. Folglich stellt sich die Frage, ob Internetsucht nicht vielmehr eine Folgeerscheinung als eine eigenständige Krankheit ist. Auch wenn Medienberichte das Thema gerne etwas aufbauschen, scheint dies Betroffenen zumindest den Mut zu geben, sich helfen zu lassen. „Die Offenheit steigt, therapeutische Hilfe bei Fragen zum Thema Internetnutzung in Anspruch zu nehmen. Wobei im Laufe einer Therapie fast immer andere Themen ins Zentrum rücken“, zieht Kerstin Klambauer von der Arge Mediensucht in Wien Bilanz. Nüchtern betrachtet scheint es sich also eher um ein vermehrt auftretendes Symptom anderer Erkrankungen zu handeln und nicht, wie gerne behauptet wird, um eine neue Zivilisationskrankheit.
Nicht von der Hand zu weisen sind jedoch die Folgen, die exzessive Internetnutzung vor allem bei Kindern und Jugendlichen haben kann. Ihr Gehirn befindet sich noch in der Entwicklung, stellt sich auf ihre Umwelt ein. In dieser Phase führt übermäßiger Internetkonsum mitunter zu langfristigem Realitätsverlust. „Mit jeder Stunde, die Kinder vor dem Computer verbringen, fehlt ihnen eine Stunde, um ihr Gehirn für die Anforderungen im wirklichen Leben weiterzuentwickeln“, mahnt der Hirnforscher Gerald Hüther. Die „Entzugserscheinungen“ Reizbarkeit und Hyperaktivität führen zudem zu Schwierigkeiten in der Schule.

Frühzeitig vorbeugen
Ob ein Kind Suchtpotenzial entwickelt, entscheidet sich bereits früh. Wird ihm, speziell in den ersten fünf Lebensjahren, die Freude an persönlichem Kontakt beigebracht, ist der Nachwuchs bereits gut gewappnet. Greift man hingegen oft zu „elektronischen Babysittern“ wie dem PC oder der Flimmerkiste, wächst auch das Potenzial hinsichtlich Internetsucht.
Im Gegensatz zu ihren Kindern ist die heutige Elterngeneration meist noch ohne das neue Medium aufgewachsen. Folglich muss sie ihre Kinder auf eine Welt vorbereiten, die sich stark von ihrer Kindheitswelt unterscheidet. Das erfordert Umdenken. Kommen Freunde zu Besuch, sehen sich die Eltern diese natürlich an. Was ihr Kind in der virtuellen Welt für Umgang pflegt, wissen jedoch die wenigsten. „Lassen Sie sich von Ihren Kindern durch diese Medienwelten führen, versuchen Sie teilzuhaben. Sie wissen sonst nicht, in welcher Welt Ihr Kind einen Gutteil der Zeit lebt“, empfiehlt der Medienpsychologe Peter Vorderer.
Eltern wird empfohlen, eine verantwortungsvolle Mediennutzung nicht nur einzufordern, sondern vor allen Dingen auch vorzuleben. Denn auch hier gilt das Zitat von Gustav Heinemann: „Kindererziehung ist völlig überflüssig, die Kinder werden ja doch wie die Eltern.“ Gerade ein schlecht reguliertes Medium wie das Internet verlangt danach, Kinder zu einem verantwortungsvollen Umgang anzuregen.
Kommt alle Prävention zu spät, sollte dennoch professionelle Hilfe in Anspruch genommen werden. Dabei gibt es verschiedenste psychotherapeutische Ansätze. „Sucht ist immer auch Beziehungsthema und betrifft die ganze Familie. Insbesondere bei Kindern und Jugendlichen halte ich die Miteinbeziehung der Familie für sinnvoll und wichtig“, sieht auch Expertin Klambauer von der Arge Mediensucht das Thema in einem größeren Zusammenhang.

Emanuel Riedmann, Economy Ausgabe 83-04-2010, 30.04.2010

Facebook-Fibel

Facebook-Fibel

Facebook ist schwierig. Es scheint unausgesprochene Etiketten zu geben (alles mit „Gefällt mir“ versehen, was der Chef verlautbart?), Spiele sind verführerisch (Gemüse anpflanzen, jö!) und Software neugierig (Ex-Sexpartner suchen). Für Anfänger ist weniger also mehr: die Finger von Applikationen lassen; Facebook nicht das eigene Adressbuch überantworten; sich zuerst nur mit Leuten anfreunden, die man „wirklich“ (also im echten Leben) kennt; die Privatsphäre-Einstellungen durchforsten; sich mit weiteren Leuten anfreunden; die Privatsphäre-Einstellungen nachjustieren. Wie Facebook mit Datenschutz umgeht, wird zwar gemeinhin für einen Witz gehalten. Praktisch lässt sich aber bei jeder „Was tue ich gerade“-Nachricht die Zielgruppe auf die Person genau festlegen. Mit weltweit 400 Mio. Benutzern und einer ganzen nachgelagerten Industrie ist Facebook eine Art Web in sich. Es gibt mächtige Protestaktionen, Trends, die gerade einmal eine Woche dauern, hemmungsloses Herdenverhalten und einen ganzen Haufen Leute, die auf gut Österreichisch irgendwo „ang’rennt“ sein dürften. Ein Gutteil der Faszination liegt in der immensen Größe und der ständigen Bewegung: gestern Studententreffpunkt, heute Networker-Paradies. Um jeden Preis muss man bei Facebook dennoch nicht dabei sein. Überlegte Abwesenheit schlägt eine Fanboy-Manier um Längen. In der einen Stunde, die damit für manche frei wird, lässt sich sogar echter Salat anbauen.

Economy Ausgabe 83-04-2010, 30.04.2010

Schwerfälliges Papier

Schwerfälliges PapierPhotos.com

Die Integration von digitalisierten Dokumenten in die Geschäftsprozesse steigert die Effizienz und Zuverlässigkeit der betrieblichen Abläufe und trägt damit zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit bei. Davon profitieren besonders Unternehmen mit hohem Verwaltungsaufwand.

In der IT-Branche wandeln sich viele ehemals auf die Erzeugung von Hardware fokussierte Unternehmen zunehmend zu Komplettanbietern, die bei ihren Kunden mit einem breiten Spektrum von der Hardware bis zur Dienstleistung punkten wollen. Einer der Trendsetter dieser Entwicklung ist Konica Minolta. Der Hersteller von Druckern und Kopiergeräten weitet sein Dienstleistungsportfolio beständig aus.
Die Strategie des japanischen Bürotechnikspezialisten zielt auf eine langfristige Partnerschaft ab, die weit über die bloße Betreuung des Geräteparks hinausreicht. Die internen Abläufe beim Kunden sollen durch maßgeschneiderte Lösungen für das Input- und Outputmanagement verbessert werden – darunter versteht man das gesamte Handling von Dokumenten vom Scannen und Drucken über das Ablegen, Verwalten, Wiederfinden bis hin zum Archivieren und Sichern gegen unautorisierte Zugriffe. Unter dem Titel Optimized Print Services (OPS) hat Konica Minolta nun sein Leistungsportfolio neu organisiert und um mehr als 50 neue Services erweitert.

Nicht bloß sparen
In Krisenzeiten gilt natürlich der Kostenseite die größte Aufmerksamkeit. Neue Druckertechnologie senkt die Energiekosten, vereinheitlichte Geräteparks reduzieren den Wartungsaufwand. Bei einer Begehung im Betrieb werden das Sparpotenzial eruiert und Verbesserungen wie etwa eine andere räumliche Verteilung der Drucker vorgeschlagen. Für Johannes Bischof, Geschäftsführer von Konica Minolta Austria, ist dabei die Nähe zum Kunden von essenzieller Bedeutung: „Es gibt keine endgültige ideale Lösung – die Anforderungen an die Drucker- und Kopiererlandschaft ändern sich ständig und machen einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess notwendig. Dabei unterstützen wir den Kunden mit unserer Expertise und flexiblen Lösungen.“
Dokumente spielen in den meisten Geschäftsprozessen eine entscheidende Rolle. „Daher darf es uns nicht nur um das Senken der Kosten gehen“, betont Bischof, „wir wollen zu effizienter gestalteten Prozessen im Unternehmen beitragen.“ Der klassische Aktenlauf in Papierform ist schwerfällig und störungsanfällig. Die Etablierung der elektronischen Akte wird daher zunehmend als Wettbewerbsvorteil erkannt. Digitalisierte Dokumente können die Abwicklungsgeschwindigkeit eines typischen kunden­orientierten Prozesses, also eines Durchlaufs vom Posteingang über verschiedene Abteilungen bis hin zum Postausgang, deutlich erhöhen und damit zur Kundenzufriedenheit beitragen.

Scheinbar zuverlässig
In der Praxis findet heute aber allzu häufig noch der genau umgekehrte Vorgang statt. Eine Kundenanfrage gelangt per E-Mail ins Unternehmen, wird vom Empfänger ausgedruckt, mit Anmerkungen versehen und macht sich in Papierform auf ihren Weg durch die Abteilungen des Unternehmens, um am Ende in einem Aktenordner zu landen.
Diese althergebrachte Methode erscheint auf den ersten Blick sehr zuverlässig. Wenn aber Sand ins Getriebe kommen sollte, gerät der ganze Ablauf ins Stocken. So muss nur der Mitarbeiter, in dessen Posteingang der Akt liegt, plötzlich krank werden. Dazu kommt, dass nur der Sachbearbeiter, der den Akt gerade bearbeitet, Einblick in ihn hat. Das erschwert die abteilungsübergreifende Zusammenarbeit im Unternehmen.
Erfolgt der Prozess aber nicht auf Basis eines Papier­aktes, sondern digital, können mehrere Abteilungen gleichzeitig auf den Akt zugreifen. Die automatische Weiterleitung und Alarmfunktionen stellen sicher, dass eine Anfrage nicht irgendwo im Unternehmen strandet, sondern in angemessener Zeit beantwortet wird. Damit trägt die elektronische Integration der Dokumente in die Prozesse gerade in kundenorientierten Unternehmen mit ihrem hohen Verwaltungsaufwand entscheidend zur Wettbewerbsfähigkeitsverbesserung bei.

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Christian Stemberger, Economy Ausgabe 83-04-2010, 30.04.2010

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