Unabhängiges Magazin für Wirtschaft und Bildung

04. Juli 2024

Search form

Search form

Der Kampf gegen Bologna

Der Kampf gegen Bologna

Im Zuge des sogenannten Bologna-Prozesses soll die Ausbildung an den Universitäten in den Dienst der ökonomischen Wettbewerbsfähigkeit Europas gestellt werden. Gegen diese Denkweise erhebt eine Generation ihre Stimme, weil sie ihre Zukunft selbst bestimmen will.

Am 11. März 2010 hat Wien gebebt. Und das nicht nur wegen der 7000 Watt Techno-Sound, mit denen „für die Freiheit des Individuums“ gedröhnt wurde. Die Demonstration österreichischer und internationaler Studentinnen und Studenten gegen den Bologna-Prozess und den Bologna-Gipfel in der Wiener Hofburg geriet zu einem lauten und farbenfrohen Großereignis, das nachhaltig in Erinnerung bleiben wird.
Tausende Menschen versammelten sich beim Westbahnhof und zogen dann – in Anwesenheit einer Heerschar von Polizisten – durch die Mariahilferstraße über die Zweier-Linie zum Parlament. Die Kundgebung verlief völlig friedlich und gewaltfrei. Da waren keine „Chaoten“ am Werk, wie Politik und öffentliche Meinung schnell einmal Demonstranten stigmatisieren, sondern wache, kluge, denkende Menschen. Ein buntes und vielfältiges Bild voll von jungen Menschen mit einem gemeinsamen Anliegen, begleitet von Clowns und Trommlern, aber auch von Frauen mit grauen Haaren und Männern mit grauen Bärten.
Auf der Mariahilfer Kirche schwangen ein paar Verwegene rote Fahnen, auf denen das Wort „Revolution“ mäanderte. Und nicht weniger als eine Revolution, eine Umwälzung, bahnt sich mit der Bologna-Protestbewegung an.

Kein ministerielles Verständnis
Bei den Protesten der Studierenden geht es nicht nur um Details in der Umsetzung des Bologna-Prozesses. Da geht es nicht nur um Kritik an verschulten und überfrachteten Studienplänen, an überfüllten Studiengängen, an der „McUniversity“ der Bachelor-Studien oder an der Umdeutung der Mindeststudienzeit zur Regelstudienzeit. All das sind wichtige Kritikpunkte, sie greifen aber zu kurz. Deswegen wurde von den Studenten die Aufforderung von Wissenschaftsministerin Beatrix Karl (ÖVP), sie sollten „mitgestalten statt zu demonstrieren“, nicht besonders ernst genommen.
Karl will die Umsetzung der Reformen an Österreichs Universitäten mit dem markig benannten Zehn-Punkte-Programm „Bologna reloaded“ verbessern. Damit negiert sie wissentlich und sehenden Auges das Anliegen der Protestierenden, die den Bologna-Prozess generell infrage stellen. Und dass die neue Ministerin kurz vor dem Demo-Termin auch noch Zugangsbeschränkungen für alle Studienrichtungen gefordert hat, weist sie einmal mehr selbst als gestandene „Bologneserin“ aus.

Kritik am Neoliberalismus
Worum geht es also bei den Protestbewegungen „Bologna burns“ und „Uni brennt“ wirklich? Wer das verstehen will, muss sich zuerst einmal gründlich mit dem Begriff und dem Wesen des Neoliberalismus befassen. Denn es gibt kein Flugblatt, keinen Aufruf und keine Wortmeldung der Protestierenden, in denen das Wort „neoliberal“ fehlt. Dort setzt ihre Kritik an, und es ist im wahrsten Sinn des Wortes eine radikale Kritik, die die Wurzel des Übels anpacken will.
Der Neoliberalismus ist ein Wirtschaftsmodell, das von den sogenannten „Chicago Boys“ unter Milton Friedman erfunden wurde. Man kann es in Kurzform als radikale „freie Marktwirtschaft“ charakterisieren, die davon ausgeht, dass nur freie, also „deregulierte, liberalisierte und privatisierte“ Märkte zu einem veritablen Wirtschaftswachstum führen. Das heißt im Klartext: Der Staat verscherbelt alles öffentliche Gut an privatwirtschaftliche Unternehmen und mischt sich anschließend möglichst wenig in die Gebarung dieser Unternehmen ein.

Gescheiterter Probelauf
Es sei noch mal daran erinnert: Der Praxistest des neoliberalen Wirtschaftsmodells begann 1973 in Chile. Für seine Einführung wurde durch die US-Regierung extra ein Putsch gegen den demokratisch gewählten sozialistischen Präsidenten Salvador Allende organisiert und eine blutige Militärdiktatur etabliert. Nur so konnte diese Wirtschaftspolitik in der Praxis durchgesetzt werden. Fast zwei Jahrzehnte, bis zum Ende des Pinochet-Regimes 1990, dauerte der Probelauf. Zu der Zeit lag das durchschnittliche Bruttosozialprodukt deutlich niedriger als in der Zeit vor 1973, als der Staat noch eine gewichtige Rolle in der chilenischen Wirtschaft eingenommen hatte. Auch waren die soziale Ungleichheit und Armut signifikant gewachsen. Die Praxis hatte die Theorie Lügen gestraft. Ironie der Geschichte: 1976 erhielt Milton Friedman den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften für seine Theorie des Geldes!
Doch Chile war nur der Startblock. Anfang der 80er Jahre brachten der Internationale Währungsfonds und die Weltbank mit ihren sogenannten „Strukturanpassungsprogrammen“ das Paradigma des freien Marktes in die Länder des Südens – der Beginn der Globalisierung des Neoliberalismus. Unter Ronald Reagan und Margaret Thatcher wurde der Neoliberalismus in der Folge in Anglo-Amerika eingeführt. 1989 wurde der sogenannte „Washington Consensus“ formuliert, der mit „Deregulierung, Liberalisierung und Privatisierung“ weltweit zu allgemeiner Freiheit, allgemein steigendem Wohlstand und ebensolchem Wachstum zu führen behauptete.

Die Lissabon-Erklärung
Die Denkweise des Neoliberalismus prägt auch die Lissabon-Strategie der Europäischen Union, die im März 2000 von den europäischen Staats- und Regierungschefs auf einem Sondergipfel in Lissabon beschlossen wurde. Diese Strategie muss vor dem Hintergrund eines wettbewerbsorientierten globalisierten Wirtschaftssystems gesehen werden, in dem nicht mehr einzelne Länder, sondern ganze Regionen miteinander in Konkurrenz stehen.
Als Reaktion auf den verschärften globalisierten Wettbewerb mit den USA, Japan, den asiatischen Tigerstaaten, bald aber auch mit den Schwellenländern China und Indien hat sich die EU zum Handeln entschlossen. Im Punkt 5 der Lissabon-Erklärung vom 24. März 2000 wird dieser „Weg in die Zukunft“ so beschrieben: „Die Union hat sich heute ein neues strategisches Ziel für das kommende Jahrzehnt gesetzt: das Ziel, die Union zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum in der Welt zu machen.“
Bei der Lissabon-Strategie geht es also um handfeste Wirtschaftsinteressen. Und was hat das mit Bologna zu tun? Lernen und Studieren sind Teil dieser Wirtschaftsmaschinerie, das sagt auch schon der Punkt 25 der Lissabon-Erklärung: „Europas Bildungs- und Ausbildungssysteme müssen sich auf den Bedarf der Wissensgesellschaft und die Notwendigkeit von mehr und besserer Beschäftigung einstellen.“ In neoliberalen, spätkapitalistischen Zeiten weht ein harter Wind. Das alte Wortspiel „Arbeite ich, um zu leben, oder lebe ich, um zu arbeiten?“ hat ausgedient; heute geht es darum, zu „arbeiten, um zu überleben“.

Die Rolle der Universitäten
Auch wenn spitzfindige Kritiker oft einwenden, dass die Bologna-Deklaration schon am 19. Juni 1999, also vor Lissabon, verfasst worden sei, ändert das nichts daran, dass die Bologna-Reform in engem Zusammenhang mit der Lissabon-Strategie steht. Mit ihr soll ein gemeinsamer europäischer Hochschulraum geschaffen und mit dem europäischen Wirtschaftsraum zur Deckung gebracht werden.
So stellt auch die Europäische Kommission per Mitteilung vom 5. Februar 2003 über „Die Rolle der Universitäten im Europa des Wissens“ klar: „Es soll erreicht werden, dass die europäischen Hochschulen eine maßgebliche Rolle bei der Erreichung des strategischen Ziels spielen, das der Europäische Rat auf seiner Tagung von Lissabon festgelegt hat: die europäische Union zum dynamischsten und wettbewerbsfähigsten Wirtschaftsraum der Welt zu machen.“

Wissen als Ressource und Kapital
Und hier setzt ein zentraler Kritikpunkt der Bologna-Gegner an; dass nämlich Wissen um der Erkenntnis willen ausgedient hat und ab sofort voll und ganz als Ressource und Kapital für wirtschaftliche Zwecke instrumentalisiert werden soll, wie auch die Kommission ungeschminkt schreibt: „Das Wirtschaftswachstum und die Entwicklung zur Wissensgesellschaft sind offensichtlich in hohem Maße abhängig von vier miteinander zusammenhängenden Elementen: Schaffung neuen Wissens, Einbringung dieses Wissens in die allgemeine und berufliche Bildung, Verbreitung mittels Informations- und Kommunikationstechnologien und Nutzung durch die Industrie oder im Rahmen neuer Dienstleistungen. Die europäischen Hochschulen spielen demnach die Schlüsselrolle in diesem neuen Prozess.“

Bologna im gesellschaftlichen Kontext
„Was ist so verwerflich daran, mit besserer Bildung höher qualifizierte Arbeitskräfte hervorzubringen und damit die Wettbewerbsfähigkeit Europas zu stärken?“, werden viele Menschen fragen. Lassen wir die Studenten selber antworten: „Neben dem Kampf gegen Bologna als europäisches Bildungskonzept ist es uns genauso wichtig, den Bologna-Prozess in einen gesamtgesellschaftlichen Kontext zu stellen. Er ist Teil der EU-Lissabon-Strategie, die Bildung als Kapital sieht und damit der Wettbewerbsfähigkeit unterordnet. Außerdem bedeutet sie einen Angriff auf den Sozialstaat, den Ausverkauf öffentlichen Eigentums und die Anpassung der Lohnstandards nach unten. Unser Motto lautet daher: Gemeinsam dem Bildungs- und Sozialabbau entgegentreten.“
Wortwörtlich so formulierte es eine Sprecherin im Aufruf zur Wiener Bologna-Demo. Deshalb ist das am Anfang gebrauchte Wort „Revolution“ keineswegs übertrieben oder marktschreierisch. Es geht ums Ganze! Die jungen Menschen wollen sich nicht mehr für dumm verkaufen lassen. „Angesichts der Milliardenunterstützung für Banken ist das Argument der Politik, es gäbe weder Geld für die Finanzierung der öffentlichen Bildung noch für Pensionen und Sozialleistungen, blanker Zynismus“, heißt es in einer „Bologna-burns“-Erklärung. Wissen und Bildung stellt für die Aktivisten „als öffentliches Gut auch ein soziales Recht dar, und ihr Nutzen geht weit über den einer ökonomischen Verwertbarkeit hinaus“.

Eine Generation begehrt auf
Hier erhebt eine Generation selbstbewusst die Stimme und sagt es laut: „Niemand kann unser Denken regieren.“ Hier wird Jugend politisch, aber die alteingesessene Politik reagiert verschnupft, weil ja damit ihr ganzes Weltbild infrage gestellt wird. Doch die Jugend fordert Mitspracherecht: „Wir wollen selber über unsere Zukunft diskutieren, damit das nicht immer nur andere tun, und dann über unsere Zukunft entscheiden.“ So lautete auch das Motto des Alternativ-Gipfels „Endstation Bologna?!“, der im Anschluss an die Demonstration drei Tage lang zu Workshops und zum Aktiv-Mitgestalten einlud.
Nein, diese Jugend ist nicht unpolitisch. Diese Jugend will selbstbestimmt denken, Ansprüche formulieren und Visionen leben. Zitat: „Gemeinsam stehen wir für eine politische Praxis, die Menschen vor Profite stellt, über Alternativen eines sozialen Europas diskutiert und zu einer politischen Wende weg von Neoliberalismus hin zu solidarischen und verantwortungsvollen Formen des Zusammenlebens beiträgt.“ Aber wie soll das politische Establishment das verstehen, wo doch schon ein ehemaliger Bundeskanzler süffisant meinte: „Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen.“

Berechtigte Skepsis
Und wer die Skepsis der Studenten gegenüber Lissabon-Strategie und Bologna-Reform noch immer nicht nachvollziehen kann, dem sei der Punkt 20 der Lissabon-Erklärung ins Stammbuch geschrieben. Denn dort heißt es: „Effiziente und transparente Finanzmärkte tragen durch eine bessere Bereitstellung von Kapital und durch eine Verringerung der Kapitalkosten zu Wachstum und Beschäftigung bei.“ Und diese Absichtserklärung ist ja schließlich auch voll aufgegangen – oder doch nicht?
Da wundert es nicht, dass eine Demo-Teilnehmerin meinte: „Jetzt ist Kasachstan als 47. Bologna-Land aufgenommen worden. Ich frage mich bei dieser ganzen Bologna-Geschichte schön langsam, ob ich nicht einfach nur in einem neuen Borat-Film gelandet bin.“

Links

Reportage: Gerhard Scholz, Fotos: Andy Urban, Economy Ausgabe 82-03-2010, 26.03.2010

Geschäftsmodell Einfachheit

Geschäftsmodell EinfachheitPhotos.com

Wie ein Ein-Mann-Unternehmen mit einer benutzerfreundlichen Software Weltruf erlangte.

Für nahezu jeden Anwendungszweck vom Internetbrowser bis zur Buchhaltung auf dem PC findet man im Web Freeware – meist kleine und handliche Programme, die gebührenfrei installiert werden. Wer nun glaubt, was nichts kostet, sei auch nichts wert, irrt hier. So manche Freeware kann mit Kauf-Software mithalten und ist ihr in diversen Punkten überlegen.
Aber Freeware bedeutet nicht automatisch Gratis-Software. Wie das Geschäftsmodell Freeware funktioniert, zeigt ein österreichisches Beispiel: Irfanview ist ein einfach zu benutzendes Bildbetrachtungsprogramm für nahezu jedes Dateiformat. Dazu bietet es die wichtigsten Bildbearbeitungsfunktionen wie Drehen, Spiegeln oder Aufhellen. Das Programm gibt es seit 1996, und es wurde bereits in 30 Sprachen übersetzt. Monatlich lädt rund eine Mio. Nutzer es herunter.

Guter Ruf
Irfan Skiljan, der Entwickler der Software, behält bei der Weiterentwicklung die Grundtugenden von Irfanview – Schnelligkeit, Einfachheit und Übersichtlichkeit – stets im Auge: „Wer täglich am Computer arbeitet, will Zuverlässigkeit. Langsame und fehlerhafte Programme sind ein Ärgernis.“
Mit einem Marketing-Etat von null Euro lebt Irfanview ausschließlich von Mundpropaganda. Privatpersonen, Schulen und humanitäre Organisationen benützen das Programm gratis. Den Support wickelt Skiljan selbst ab: „Da freut es mich besonders, wenn ein 90-Jähriger schreibt, wie sehr er das Programm schätzt.“
Zufriedene Nutzer sorgen für einen hohen Bekanntheitsgrad. Business-Kunden aber bezahlen für Irfanview. Dabei muss sich der gebürtige Bosnier weitgehend auf die Redlichkeit der Kunden verlassen, denn auch eine Rechtsabteilung hat das Ein-Mann-Unternehmen nicht. Das Konzept geht auf, Skiljan verweist auf seinen Kundenkreis – Ministerien, Konzerne und kleine Unternehmen.
Skiljan kam 1992 als Kriegsflüchtling nach Österreich. Irfanview schrieb er als Student an der Technischen Universität Wien – zunächst für private Zwecke. Nach der positiven Reaktion im Bekanntenkreis stellte er es ins Internet. Zu einem Geschäft wurde Irfanview erst nach und nach. Im Rückblick meint Skiljan, dass er denselben Weg wieder gehen würde: „Das Konzept Freeware passt zum Produkt, passt zu meiner Denkweise.“ Und auch wenn es Einzelkämpfer zunehmend schwerer haben, gibt Skiljan engagierten Freeware-Entwicklern auch heute Marktchancen – vorausgesetzt, sie bringen eine gute Idee mit.

Links

Christian Stemberger, Economy Ausgabe 81-02-2010, 26.02.2010

Der wahre Erfolg liegt in der Nische

Der wahre Erfolg liegt in der Nischeepa

Nischenprodukte spielen weitaus mehr auf dem Emotionsklavier des Käufers als Massenware.

Mit Nischenprodukten ist das so eine Sache. Man kann sie zwar gezielt entwickeln, weiß jedoch nie, ob sie auch ein Erfolg werden. Meistens hängt es vom Zufall oder auch vom Glück an, ob das Produkt auf dem Markt ankommt.
In der Autoindustrie, deren Produkte ja bekanntlich auf dem Emotionsklavier der Käufer spielen, sind Nischenprodukte naturgemäß ein wesentlicher Faktor für die Markenpflege. Und so kommt es nicht selten vor, dass Kreationen mit kleinen geplanten Stückzahlen, also sogenannte Nischenmodelle, manchmal zum überraschenden Erfolg werden.
Peugeot hat das zum Beispiel mit den CC-Modellen des 206 und 307 geschafft, die überhaupt nicht auf große Stückzahlen angelegt waren. Insgesamt wurden bisher in Europa mehr als eine halbe Mio. Autos verkauft. Im Autobereich gibt es mehrere Beispiele, etwa den von BMW neu aufgelegten Mini oder den Toyota Prius oder den Porsche Cayenne.

Große Erfolge
Eine wichtige Rolle spielen Nischenprodukte auch im Elektroniksektor. So konnte man zum Beispiel dem iPhone anfangs wohl kaum eine andere Charakteristik zusprechen, doch mittlerweile ist klar, dass sich das Gerät zu einem der größten Erfolge des Mobiltelefonzeitalters gemausert hat. Ebenso im Internet: Ehemalige Nischenprodukte für Computer-Nerds wie Facebook oder Twitter sind heute nahezu Grundpfeiler der modernen Kommunikationsgesellschaft.
Den nächsten Kampf um ein erfolgreiches Nischenprodukt werden sich Tablet-PCs vom Schlage des jüngst vorgestellten Apple iPad liefern.
Das Internet ist naturgemäß die größte Spielwiese für Nischenprodukte. Am Start stehen dort derzeit die neuen Location-Based Services wie zum Beispiel das gerade erst präsentierte Google Buzz.
Für ein Nischenprodukt wird für gewöhnlich eine Marktnische vorausgesetzt, die als Ausschnitt aus dem Gesamtmarkt zu verstehen ist, der vom Wettbewerb noch nicht besetzt ist. Dabei wird heute aber wenig dem Zufall überlassen, sondern eine detaillierte Analyse von Motiven und Bedürfnissen durchgeführt, wobei auch Bedürfnislücken nachgewiesen werden können, die die Entwicklung neuer Produkte nahelegen.
„Nicht die objektive Beschaffenheit eines Produkts ist die Realität in der Marktpsychologie, sondern einzig die Verbrauchervorstellung und das Verbrauchererlebnis“, meint dazu Bernt Spiegel, der Unternehmensberater und Begründer der Marktpsychologie in den 1950er und 1960er Jahren.

Economy Ausgabe 81-02-2010, 26.02.2010

Das Maß des Lebensglücks

Das Maß des LebensglücksPhotos.com

Lebensqualität und Lebenszufriedenheit setzen sich aus vielen individuellen und sozialen Faktoren zusammen. Konsens herrscht darüber, dass ein ausreichendes Maß an Selbstbestimmung und Ökologie eine wichtige Rolle spielt.

Was Lebensqualität ausmacht, ist in der Tat schwierig zu definieren. Schlagworte wie „Quality Time“, „Glücksindikatoren“, „Nachhaltigkeit“ und dergleichen bestimmen die Debatte, und es herrscht jedenfalls allgemeiner Konsens darüber, dass „soziales Funktionieren“ nicht allein Lebensqualität bedingt.
Fortschritt, Wohlstand und gute soziale Organisation des Zusammenlebens in Gemeinschaften sind sicherlich die wesentlichen Grundlagen für die Entwicklung einer Lebensqualität für den Einzelnen, doch es geht weit darüber hinaus.
„Man sollte alle Tage wenigstens ein kleines Lied hören, ein gutes Gedicht lesen, ein treffliches Gemälde sehen und, wenn es möglich zu machen wäre, ein vernünftiges Wort sprechen“, sagte schon Johann Wolfgang von Goethe zum Thema Lebensqualität.
Der ehemalige König von Bhutan stellte schon in den 1970er Jahren die viel beachtete Formel des Bruttonationalglücks auf. Während konventionelle Entwicklungsmodelle das Wirtschaftswachstum und das Bruttonationalprodukt zum herausragenden Kriterium politischen Handelns machen, geht man beim Bruttonationalglück davon aus, dass eine ausgewogene, nachhaltige Entwicklung der Gesellschaft nur im Zusammenspiel von materiellen, kulturellen und spirituellen Schritten geschehen kann, die einander ergänzen und bestärken. Zu diesem Zweck hat der König von Bhutan eine eigene Staatskommission eingesetzt, die sogenannte Gross National Happiness Commission.
Ihre Ziele sind von anderen Kommissionen in der westlichen Hemisphäre gar nicht so weit entfernt. Ihre Aufgaben sind unter anderem, der Regierung Vorschläge für sozioökonomische Richtlinien zu machen, Direktiven für Entwicklungspläne basierend auf den nationalen Ressourcen und Prioritäten zu erstellen, eine effiziente, gerechte Verteilung von wertvollen Ressourcen zu gewährleisten und ökonomisches Wachstum im Einklang mit Stabilität, Gleichheit und sozialer Gerechtigkeit sicherzustellen. Die nationale Glückskommission wird von Bhutans Premierminister Lyonpo Jigmi Y. Thinley persönlich geführt.

Die Glücksformel
Doch reichen diese Maßnahmen für die Steigerung nationaler Lebensqualität aus? Der sogenannte Happy Planet Index (HPI) versucht darauf die Antwort zu geben. Entwickelt wurde er im Juli 2006 von der New Economics Foundation in Zusammenarbeit mit Friends of the Earth Großbritannien. Im Gegensatz zu etablierten volkswirtschaftlichen Indizes wie Bruttoinlandsprodukt oder dem Human Development Index bezieht der HPI das Kriterium der Nachhaltigkeit mit ein.
Zur Berechnung des HPI nimmt man die durchschnittliche Lebenserwartung eines Landes, multipliziert sie mit der Lebenszufriedenheit (die eine Kombination von subjektiv eingeschätzten Werten und objektiv erhobenen Fakten ist) und dividiert diesen Wert dann durch den ökologischen Footprint.
„Ökonomen schätzen das Konzept von Effizienz, und der Happy Planet Index ist der ultimative Maßstab für Effizienz“, sagt HPI-Erfinder Hermann Daly von der University of Maryland. „Es ist der Wert-Output dividiert durch den Input von endlichen Rohstoffen. Ich hoffe, dass die ökonomischen Fakultäten der Welt diese Ratio in Zukunft berücksichtigen.“
Beim aktuellen HPI-Index erzielt Costa Rica die höchsten Werte auf der Skala, nämlich 76,1 von 100. Costaricaner genießen die zweithöchste Lebenszufriedenheit der Welt (nach Kanada) – mit einem sehr niedrigen ökologischen Footprint.

Zufriedenes Lateinamerika
Unter den folgenden zehn Ländern liegen alle bis auf eines ebenfalls in Südamerika., etwa die Dominikanische Republik, Jamaica oder Kuba. Von den G20-Ländern macht Brasilien das Rennen, und alles zusammen genommen sind lateinamerikanische und karibische Länder jene mit der höchsten Lebenszufriedenheit. Am unteren Ende der Skala liegt Sub-Sahara-Afrika, mit Simbabwe am Ende der Liste mit nur 16,6 von 100 Punkten.
Interessanterweise fallen Länder der Ersten Welt nur in die Mitte der Rangliste. Darunter sind die Niederlande gemäß den HPI-Faktoren mit 50,6 Punkten auf Platz 43 am zufriedensten, dahinter folgen im Mittelfeld Großbritannien, Deutschland, Italien und Frankreich. Die USA belegen nur den 114. Platz auf der HPI-Rangliste. Österreich erzielt 47,7 Punkte auf der Skala.
Daly stellt fest, dass es interessant sei, dass Länder mit der höchsten Lebenszufriedenheit meistens Inselnationen sind. Allerdings erreichte keines der Länder alle drei Ziele der höchsten Lebensqualität wie hohe Lebenszufriedenheit, hohe Lebenserwartung und Leben im Einklang mit den verfügbaren Ressourcen.
Im Allgemeinen wird Lebensqualität sehr häufig mit einem nicht-urbanen Lebensstil im Einklang mit der Natur, Überschaubarkeit, Familienglück, ausreichender Freizeit, sportlicher Betätigung, selbstbestimmter und sozialer Sicherheit gleichgesetzt. Im Zentrum der Debatte steht allerdings, welchen Grundanspruch auf ein Minimum an Lebensqualität eine Gesellschaft einem einzelnen Menschen gewähren soll.

Economy Ausgabe 81-02-2010, 26.02.2010

Punktgenau informiert

Punktgenau informiertPhotos.com

Mit technischen Innovationen bearbeiten die Verlage den umkämpften Online-Werbemarkt.

Die Medienlandschaft befindet sich im Umbruch: Der Print wird immer stärker von Online-Portalen bedrängt, im Web gewinnen Videos zunehmend an Bedeutung. Und während diese Entwicklung noch gar nicht abgeschlossen ist, startet mit den Smartphones schon der nächste Herausforderer. Parallel dazu verändert sich auch der Werbemarkt rasant. Noch ist der Online-Anteil am Werbekuchen mit deutlich unter zehn Prozent bescheiden, die Zuwachsraten liegen aber im zweistelligen Bereich. Für die Verlage heißt das Zwang zu permanenter Innovation bei gleichzeitig stagnierenden oder sinkenden Werbeetats.
Dieser Entwicklung trägt die APA Rechnung. Sie entlastet ihre Kunden nicht nur auf inhaltlicher, sondern auch auf technologischer Ebene. Damit hat sich die Nachrichtenagentur zu einem Komplettdienstleister gewandelt. „Wir entwickeln Lösungen, mit denen Verlage unsere Inhalte automatisiert verarbeiten und schneller zum Leser bringen können“, sagt Marcus Hebein, Leiter von APA-Multimedia und stellvertretender Chefredakteur der APA, „zum Beispiel via Geocodierung.“ Damit liefern die Medienhäuser ihre Inhalte zielgerichtet in die Regionen aus, können sich so mit lokalen Inhalten von der Konkurrenz abheben und den lokalen Werbemarkt besser bearbeiten. Dass Smartphones zunehmend als Nachrichtenkanal genutzt werden, verstärkt diesen Trend. APA-Multimedia arbeitet an einer Lösung für das iPhone, mit der über eine Landkarte auf Nachrichten und Service-Informationen wie etwa Kinospielpläne zugegriffen wird. „Damit erhält der User die Information passend zu der Straßenecke, an der er gerade steht“, führt Hebein aus.

Anspruchsvolle Werbekunden
Durch die flächendeckende Breitbandversorgung greifen immer mehr Benutzer auf multimediale Inhalte zu. Nachrichten im Videoformat sind neben der Möglichkeit zur Echtzeitberichterstattung der große Vorteil der Online-Portale gegenüber den Print-Medien. „Aber die Werbekunden sind hier sehr kritisch“, sagt Hebein, „sie verlangen ein professionelles Umfeld für ihre Kampagnen. Die Reichweite des Mediums allein ist für sie kein ausreichendes Argument.“ Das bedeute nicht, dass auf einfach produzierte Videoberichterstattung zu lokalen Ereignissen verzichtet werden muss. Nur sollte das Portal zusätzlich auch hochwertige überregionale Videonachrichten anbieten.
Online-Portale werden künftig ihre Inhalte vermehrt kostenpflichtig anbieten. Denn die Werbekrise stellt das Konzept der reinen Werbefinanzierung zunehmend infrage. „Das betrifft aber nur exklusiven, hochwertigen Content – und auch den nicht zur Gänze“, zeigt sich Hebein überzeugt. Seine grundlegenden Informationsbedürfnisse wird der Internet-Nutzer auch weiterhin gratis stillen können.

Links

Christian Stemberger, Economy Ausgabe 81-02-2010, 26.02.2010

Das Ende der Subkulturen

Das Ende der SubkulturenPhotos.com

Anti-Establishment und Protestkulturen haben heute keinerlei Bedeutung mehr. Kaum entsteht eine neue alternative Nischengruppe in der Gesellschaft, wird sie vom Marketing-Apparat instrumentalisiert und zur Mode erklärt.

Die 70er Jahre, das waren noch Zeiten. Damals (1971) erschien die Theorie der Subkultur von Rolf Schwendter, und es war viel von Gegenökonomie, von von der gesellschaftlichen Norm abweichendem Verhalten und von kollektivem kulturellen Widerstand die Rede.
Heute haben sich die Dinge geändert. Der alte Begriff der „Subkultur“ ist längst überholt, was auch Schwendter zugibt. Heute haben wir den Cyberspace und die globale Vernetzung von Gruppen, ob subkulturell oder nicht, und die alte Theorie ist zahnlos und schwach geworden.
„Die Popkultur ist heute in zahllose Richtungen aufgespaltet, wie man das früher nie für möglich gehalten hätte“, sagt Rupa Huq, britische Soziologin und Autorin des Buches Beyond Subculture.
„Der Begriff der Subkultur scheint nicht auszureichen, will man die vielfältigen Splittergruppen in diesem Strudel der Fragmente beschreiben. Es gibt nicht mehr eine einheitliche Jugendkultur, sondern viele: Raver, Techno-Freaks, Cyberpunks, Indie-Kids, Gothic- oder Jungle-Anhänger, Grunge-Fans, Bhangra- oder Raggamuffins, Internet-Junkies und sogar ... ganz normale Typen“, sagt Huq.
Schwendter hatte in seiner Theorie, aus seiner Zeit heraus verständlich, die „progressive“ Subkultur der Hippies und anderer Protestbewegungen der „regressiven“ der Neonazis gegenübergestellt. Heute wird der Begriff der „Subkultur“ in der Wissenschaft seltener verwendet. Dies ist hauptsächlich deshalb der Fall, weil die Definition einerseits unklar ist – zumeist ist davon die Rede, dass eine Gruppe „weitgehend“ andere Normen als die Hauptkultur aufweist – und andererseits die meisten so bezeichneten Gruppen sich selbst abweichend auffassen.

Verflachung durch Vermarktung
Die gängige Auffassung von Subkultur hat heute aber eher weniger mit Protestbewegungen zu tun, sie wird vielmehr als Form der Nischenkultur verstanden. Mit der zunehmenden Vermarktung von Subkultur – hauptsächlich über eines der wichtigsten Transportmittel ihres „Protestes“, der Musik – haben sich sämtliche Bewegungen, die wir seit den 1970ern kennen, von den Hippies bis zu den Punks und Ravern, verflacht und aufgelöst.
Heute sind Nischenkulturen eher in sich geschlossene Gruppen ohne erklärte Protestziele, aber mit alternativen oder Laissez-faire-Lebenshaltungen, wie Surfer oder Skater, Computer-Nerds, Rundfunk-Piraten, Umweltschützer und so weiter. Im sozialwissenschaftlichen Sinn wird dabei heute aber eher von „Szene“ oder „Randszene“ als von Sub- oder Nischenkultur gesprochen. Weit schneller als früher passiert es nun, dass Subkulturen mithilfe der Medien zur Mode erhoben werden. Dafür sorgen hyperaktive Trendscouts und riesige Marketing-Abteilungen von Großkonzernen. Mit dem Ergebnis, dass fast alle neuen Nischenkulturen rasch wieder verwässern.
Fortsetzung von Seite 29

Die Punk-Bewegung etwa hatte ihre Bedeutung und ihren relativen Einfluss in dem Moment verloren, als das erste „Punk-Outfit“ im Kaufhaus erhältlich war. Jede Bewegung und somit jede Subkultur wird, sobald zur Mode „erhoben“ , von Horden von Konsumenten übernommen. Übrig bleiben hohle Marketing-Phrasen.
Über dieses Phänomen sagt der deutsche Autor und Journalist Reinhard Jellen, der Jugendkulturen und Gegenbewegungen detailliert analysiert hat: „Diese Jugendlichen lassen sich gut als ‚Trendsetter‘ der allgemeinen Konsumsteigerung missbrauchen. Zweitens stürzt man sie durch dieses rein affektbetonte Aufbegehren in einen Irrationalismus, der sie mit falschem Bewusstsein auflädt und damit von ihren
eigentlichen Zielen abbringt.“

Konsum im Mittelpunkt

Was den großen Unterschied der sogenannten Subkulturen von damals und heute ausmacht, ist, dass Erstere stets in irgendeiner Form Vorboten von sozialen Umbrüchen waren. Heute hat sich das unter der Macht der Warenwelt und Werbung stark verzerrt. Die meisten „Randkulturen“ stellen Konsum in den Mittelpunkt, kommunizieren über Waren, meist über ganz bestimmte, und verachten andere. Viel findet dabei als neuartige Auseinandersetzung mit Alltag, Konsum und Freizeit statt, als einer Art Lebensbewältigung, die einen Teil der herkömmlichen gesellschaftlichen Riten ablehnt, jedoch trotzdem in ihren Grundlagen verwurzelt bleibt. Es handelt sich also bei heutigen Nischenkulturen nur um gruppenbestimmte Verhaltensweisen, mit der Entfremdung durch den Lebensalltag fertigzuwerden oder sich zumindest damit auseinanderzusetzen.
„Subkulturen zerbrechen alltägliche Erscheinungsmuster und setzen diese ihren Zwecken gemäß neu zusammen“, sagt Jellen. Dabei kommt es häufig dazu, dass Gegenstände aus der Warenwelt als Fetische eingesetzt werden, seien es nun Skateboards, Mobiltelefone, Markenkleidung und dergleichen.
Da die Vereinnahmung der Nischen- oder Randkulturen durch die Marketing- und Werbemaschinerie ausnehmend schnell und eindringlich vonstattengeht, entsteht auch ein konstanter Druck zur Unterordnung unter die Trendlinien, die von oben bestimmt werden. So werden nicht wenige Nischenkulturen bald müde, dem neuesten Trend nachzulaufen.
Die Kurzlebigkeit von Subkulturen der Jetztzeit ist erstaunlich im Vergleich zu früheren Erscheinungsformen, von den Beatniks über die Hippies, von den Mods über die Punks bis hin zu den Sub-Genres der Generation X, den Independents oder wem auch immer.
Heute sind Nischenkulturen kaum mehr als Spleens, da keine rebellische Substanz mehr in ihnen keimt. Zwar existiert eine gruppenbestimmte Empörung über den Mainstream und seine Langeweile, aber es sind wenig eigenständige Gedanken zu finden.

Vereinnahmung heute
Ein gutes Beispiel, wie Subkulturen von der modernen Werbemaschinerie vereinnahmt werden, ist das sogenannte Guerilla-Marketing. Dieses übernimmt die Elemente einer Subkultur und versucht, diese in einer Werbebotschaft zu integrieren. Durch die Verwendung von subkultureller Ästhetik versucht die Werbung, vermehrt Aufmerksamkeit zu erregen und gleichzeitig schwer erreichbare junge Trendsetter anzusprechen, die zunehmend Ablehnung gegenüber konventionellen Werbekanälen zeigten. Da fragt sich schon so mancher, wie es so weit kommen konnte. „Wie kam es, dass Ideen, die einst gegen ‚das Starre und das Stehende‘ gerichtet schienen – wie sexuelle Befreiung oder Selbstverwirklichung –, in mehr oder weniger sanfte Zwänge umschlagen konnten?“, wundert sich der deutsche Kulturkritiker Diedrich Diederichsen. Vieles, was in früheren Subkulturen vermittelt wurde, sei heute bereits unverbindlicher Mainstream geworden.
Flache Hierarchien seien in Werbeagenturen angekommen und die sexuelle Befreiung in TV-Talkshows; auch in der Kunst seien „gesellschaftlicher Kontext“ oder „das Utopische“ nur noch schicke Themen, die zu nichts mehr verpflichten, überall würden bloß mehr „Schrumpfversionen“ ehemaliger Befreiungsideen wirken, sagt Diederichsen.
Hart ins Gericht geht er mit den Netzwerkkulturen des modernen Kommunikationszeitalters. Persönliche Netzwerke und zugerufene Meinungen, so Diederichsen, seien in unserer Kommunikationskultur heutzutage viel wichtiger als eine grundlegende inhaltliche Auseinandersetzung. Wer was sagt, ist wichtiger, als was wer sagt. Wie wahr.

Economy Ausgabe 81-02-2010, 26.02.2010

Karriere

KarriereAlcatel Lucent

Karriere.

• Lukas Ornauer (36) übernimmt die Leitung der Rechtsabteilung in Österreich und Zentraleuropa bei Alcatel-Lucent und ist von nun an als Prokurist tätig. Darüber hinaus zeichnet Ornauer als Lead Corporate Counsel für die Region Zentraleuropa verantwortlich und wird in dieser Funktion für die Koordination der rechtlichen Belange zuständig sein.

• Ingrid Sperl (32) hat mit Jänner 2010 die Leitung Personalmanagement und -entwicklung beim oberösterreichischen Büromöbelhersteller Wiesner-Hager übernommen. Die Absolventin der FH Salzburg war bisher unter anderen bei Robert Bosch als Personalreferentin und bei Allied Panels als Human-Resources-Managerin tätig.

• Herbert Tober ist neuer Abteilungsvorstand für Maschinen­ingenieurwesen an der Höheren Technischen Bundeslehranstalt (HTBL) Holla­brunn. Nach seinem abgeschlossenen Maschinenbau-Studium an der Technischen Universität Wien war Tober 15 Jahre bei Waagner-Biro für Seilbahn- und Bühnentechnik tätig.

• Franz Lehner (51) steht als neuer Gremialobmann an der Spitze des Landesgremiums Außenhandel der WKO Oberösterreich. Er folgt in dieser Funktion Josef Breitwieser nach. Lehner studierte in Graz und Linz Verfahrenstechnik und Technische Physik und ist seit 2000 Geschäftsführer der Österreich-Niederlassung der Firma Allgaier-Mogensen. cc

red, Economy Ausgabe 81-02-2010, 26.02.2010

Fokus auf Export

Fokus auf ExportWindtec

Österreich ist ein ausgezeichneter Standort für eine international agierende Entwicklungsfirma. Mit sehr gut ausgebildeten, verantwortungsbewussten Mitarbeitern kann auch ein österreichisches Unternehmen auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig sein. Die Marktaussichten für Alternativenergien sind sehr gut; speziell in Asien boomt der Markt für Windkraftanlagen. Angesichts der Klimadiskussion und der Tatsache, dass die fossilen Brennstoffe zur Neige gehen, erweist sich die strategische Ausrichtung unseres Unternehmens auf die Entwicklung von Windkraftanlagen als ideal.
Windtec arbeitet seit 1995 im Bereich Windkraft und hat sich über die Jahre zu einem globalen Anbieter für Windkraft-Know-how entwickelt. Da es für Windkraftanlagen in Österreich keinen substanziellen Heimmarkt gibt, richten wir unseren Fokus voll auf den Export. Im Exportgeschäft punktet man vor allem durch interkulturelles Verständnis; in China im Speziellen durch gute Geschäftsbeziehungen, Verlässlichkeit und Ehrlichkeit. Die Entscheidung, Lizenzen an Anlagenhersteller zu vergeben und gleichzeitig über Kernkomponenten Geld zu verdienen, war der Wendepunkt in der Windtec-Geschichte. Nur wenn der Kunde erfolgreich ist, sind auch wir es – eine Kombination, die zum richtigen Zeitpunkt in China den richtigen Markt getroffen hat.
Unser Nischenangebot richtet sich speziell an Märkte, die hohen Energiebedarf und großes Interesse an Wertschöpfung im Land selbst haben. China ist für dieses Angebot offen. Mit unserer Technologie werden derzeit 40 Prozent aller Windräder auf dem boomenden chinesischen Markt gefertigt. Laufend treiben wir unsere Entwicklungen weiter. Qualität wird durch kontinuierliche Verbesserung definiert; das ist etwas, was wir in Österreich sehr gut können.
Martin Fischer ist Geschäftsführer von AMSC Windtec.

Links

Martin Fischer, Economy Ausgabe 81-02-2010, 26.02.2010

Fernsehen im Internet war gestern

Fernsehen im Internet war gesternTelekom Austria

Gregor Fischer: „In Zukunft kommt das Internet ins Fernsehen. Mit der Vernetzung verschiedener Endgeräte wird echtes Multimedia Realität, und der TV-Kunde wird vom passiven Zuseher zu seinem eigenen Regisseur“, erklärt der Produktmarketing-Experte von Telekom Austria.

economy: Seit 2007 tritt Telekom Austria auch als TV-Anbieter auf. Wie sinnvoll war es, sich in einen Teich zu werfen, in dem schon so viele Hechte schwimmen?
Gregor Fischer: Wir sind mit dem Anspruch angetreten, dem Fernsehkunden zusätzlich zur gewohnten Programmvielfalt einen wirklichen Mehrwert zu bieten. Der Mehrwert des digitalen Fernsehens liegt bei Interaktivität, Video-on-Demand, netzbasierten Dienstleistungen und einfacher Bedienung. Damit konnte sich Aon-TV ein Alleinstellungsmerkmal in Österreich erarbeiten.

Welche Anreize bietet digitales TV für den Kunden?

Im Zeitalter der Medienkonvergenz – dem Zusammenwachsen von Telefonie, Internet und TV – erwartet sich der Kunde einfach konzipierte Komplettangebote zu einem günstigen Preis. Dazu befriedigen wir das Bedürfnis nach qualitativ hochwertiger und auf persönliche Bedürfnisse zugeschnittener Unterhaltung.

Wird Fernsehen als Freizeitbeschäftigung nicht zunehmend von der Spielkonsole und vom Internet verdrängt?
Gerade bei jungen Zielgruppen bis 30 Jahren stellen wir bei der Mediennutzung tatsächlich eine Verschiebung vom klassischen Fernsehen hin zum Internet und dabei insbesondere zum Web 2.0, also zu Diensten wie Youtube oder Facebook, fest. Gleichzeitig erkennen wir eine verstärkte Parallelnutzung von Internet und TV. Vor diesem Hintergrund ist die Entwicklung neuer Angebote von besonderer Bedeutung. Einerseits, um das starre Programmschema zu überwinden, und andererseits, um Funktionalitäten bereitzustellen, die die heutigen Zielgruppen vom Internet her kennen – also etwa Social Networking oder Contentsharing.

Die Entwicklung geht also hin zur Vernetzung verschiedener Plattformen – wo stehen wir heute?
In exakt diese Richtung haben wir im letzten Jahr unser TV-Angebot weiterentwickelt. Mit der Aon-TV-Mediabox ist die Vernetzung verschiedener Endgeräte und damit echtes Multimedia Realität geworden. Mit ihr lassen sich auf dem PC gespeicherte Fotos, Videos oder Musikdateien ganz einfach auf dem großen TV-Screen abspielen. Und über die Online-Festplatte können die Benutzer auf diese Inhalte auch von unterwegs mit dem Handy oder via Internet zugreifen.

Und wohin geht die Reise?
In Zukunft wird sich dieser Trend noch verstärken. Schon bald werden Internet-Inhalte – etwa Mail-Alerts – am Fernseher auftauchen, und in ein paar Jahren wird jeder Fernsehzuschauer sein eigener Regisseur sein. Er wird sich aus unterschiedlichsten Quellen sein persönliches Fernseherlebnis zusammenstellen. Das Fazit daraus lautet: Fernsehen im Internet war gestern, in Zukunft kommt das Internet ins Fernsehen.

Wie entwickelt sich der Markt vor diesem Hintergrund?
Die Märkte für Telekommunikation, IT und Unterhaltung haben sich im letzten Jahrzehnt rasant verändert. Die Telekommunikationsanbieter konkurrieren beim Fernsehen mit dem Kabel-TV, das seinerseits mit Internet und Telefon in die traditionellen Märkte der Telcos eingedrungen ist.

Wer hat die besseren Karten für den unvermeidlichen Showdown?
Mit der eingesetzten DSL-Technologie befinden sich die Telekommunikationsanbieter auf den Fernsehmärkten weltweit im Vormarsch. Diesen Technologiebonus gilt es jetzt entsprechend zu nutzen.

Welche Ziele hat sich Telekom Austria für die Zukunft von Aon-TV gesetzt?
Das Fernsehangebot Aon-TV ist heute in acht von zehn österreichischen Haushalten verfügbar. Derzeit halten wir bei mehr als 100.000 Kunden, und wir wollen weiter zügig zulegen. Wir verstehen uns als innovativen TV-Anbieter, der sein technologisches Know-how in der Breitbandkommunikation und seine langjährige Erfahrung in der Medienkonvergenz nutzt, um weiterhin das Tempo beim Design des neuen Fernsehens vorzugeben.

Links

Christian Stemberger, Economy Ausgabe 81-02-2010, 26.02.2010

Der Preis steht an erster Stelle

Der Preis steht an erster StelleManner

Qualität made in Austria – das wollen die Österreicher schon, vor allem bei Lebensmitteln. Aber in Zeiten der Krise geht es zuerst um das Geld. Gekauft wird etwa jenes Ski-Set, welches das beste Preis-Leistungsverhältnis bietet.

Tiroler Speck, steirisches Kernöl, Marchfeldspargel oder Wachauer Marille – Österreich ist für die heimische Bevölkerung gleichbedeutend mit schöner Landschaft, Natur und kulinarischen Genüssen, aber auch mit hoher Qualität bei einheimischen Produkten und Reichtum an Kultur und Geschichte, so das Ergebnis einer Studie des Online-Marktforschers Market­agent.com. Kurzum: „Made in Austria“ wird als Garant für Qualität gesehen.
Allerdings zeigt die Wirtschaftskrise Auswirkungen auf das Kaufverhalten der Bevölkerung. Gespart wird jetzt besonders dort, wo dies ohne größere Einschränkungen geht: Lebensmittel werden beim Diskonter gekauft, und man versucht, im Haushalt Energie zu sparen. Zu diesen Ergebnissen kommt eine aktuelle Studie des Konsumentenforschers Claus Ebster von der Wirtschaftsuniversität Wien. Trotzdem liegt den Konsumenten der Griff zu heimischen Lebensmitteln, etwa Milch, Butter und Käse bekannter Molkereien, am Herzen.

Lebensmittel-Preiskampf
Noch 2008 hieß es im letzten Lebensmittelbericht, herausgegeben vom Landwirtschaftsministerium: Für 28 Prozent der Konsumenten ist die österreichische Herkunft wesentlichstes Kaufargument bei Lebensmitteln. Danach folgen Qualität, Regionalität und Frische als wichtigste Kriterien. Der Preis rangierte auf dem fünften Platz.
Zum Vergleich: 2005 lag der Preis als Entscheidungsfaktor noch an erster Stelle. 2010 ist die Lage ähnlich: Auf dem Lebensmittelmarkt herrscht ein erbitterter Preiskampf wie schon lange nicht mehr. 30 Prozent des Umsatzes verbuchen in Österreich die Diskonter für sich. Handelsexperten glauben aber, dass mit diesem Marktanteil der Plafond erreicht ist. Denn die Supermärkte gewinnen Diskontkunden, vor allem aus der Mittelschicht, zurück, indem sie mit ihren Eigenmarken (wie „Clever“ und „S-Budget“) Lebensmittel zu Billigpreisen verkaufen.
„Die Eigenmarken tun uns nicht weh, sie tun dem Wettbewerb gut“, zeigt sich Hofer-Chef Friedhelm Dold gelassen. Wie es mit den Preisen weitergeht, lasse sich schwer abschätzen. Dold erwartet „keine drastischen Veränderungen“, da die Beschaffungspreise derzeit stabil seien. Um noch beim Lebensmittelmarkt zu bleiben: Mit qualitativ hochwertigen „Nischenprodukten“ lässt sich gutes Geld verdienen: Profitiert haben von diesem „Genusstrend“ in den letzten Jahren etwa „Staud’s“, Hersteller von süßen und sauren eingelegten Delikatessen, „Die Käsemacher“ oder die Schokolademanufaktur Zotter. Gute Geschäfte macht auch Manner. „Unser Erfolgsgeheimnis ist eine hohe Qualität mit sehr gutem Preis-Leistungsverhältnis“, sagt Manner-Sprecher Otto Riedl.

Fischer Ski und Email von Riess
In anderen Branchen sieht es weniger rosig aus. Beispiel Skiindustrie: Zwar lassen Marktführer Atomic und Head Teile ihrer Produktionen auch an heimischen Standorten fertigen, aber beide Marken sind mittlerweile fest in ausländischer Hand. Nur noch ein Skihersteller hat auch heimische Eigentümer: Fischer Ski. Am Standort Ried im Innkreis sind derzeit noch 450 Mitarbeiter beschäftigt (2006 waren es mit 850 fast doppelt so viele) und rund 1000 in der Ukraine (Mukatschewo). Derzeit läuft ein rigoroses Sparprogramm, denn der Skiabsatz hat sich allgemein stark reduziert. Schuld daran ist der Trend zum Skiverleih. Weltweit wandern bereits 25 bis 30 Prozent der Verkaufsmenge in den Skiverleih, in den Alpenländern sind es sogar zwischen 30 und 40 Prozent.
Zurück zum Essen: Ein Familienbetrieb schafft es seit über 80 Jahren, Tausende von Hausfrauen und Küchen zu erobern: Das Unternehmen Riess Kelomat mit Sitz in Ybbsitz ist österreichischer Marktführer bei Email-Kochgeschirr und einziger heimischer Kochgeschirrhersteller. Mit einem soliden stetigen Wachstum lag der Umsatz im vergangenen Geschäftsjahr bei rund 10 Mio. Euro. Hauptmärkte des Unternehmens, das 80 Mitarbeiter beschäftigt, sind Österreich und Deutschland, exportiert wird nach ganz Europa, aber auch nach Japan, in die USA und nach Australien. „Die Exportquote liegt bei 30 Prozent“, erklärt Marketing-Leiter Julian Riess.
Stichwort Export: Hier hat es im Krisenjahr 2009 einen Einbruch gegeben. „Die Exportquote heimischer Produkte sank um rund 20 Prozent“, betont Wirtschaftskammer-Sprecherin Sabine Radl.

Economy Ausgabe 81-02-2010, 26.02.2010

Pages