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04. Juli 2024

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Der Weg der vielen kleinen Schritte

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Digitaldrucksystemanbieter will mit weltweitem Umweltmanagement seinen ökologischen Fußabdruck reduzieren.

Der Ausweis eines ökologisch gesunden Fußabdrucks ist heute für viele Unternehmen Bestandteil der unternehmerischen Verantwortung. Deshalb setzte sich Konica Minolta das Ziel, die CO2-Emissionen im gesamten Produktlebenszyklus bis 2010 um 20 Prozent gegenüber dem Niveau des Jahres 2000 zu reduzieren. Mit einem Weg der vielen kleinen Schritte, vor allem durch maximale Effizienz im Produktionsprozess und neueste Energiespartechnologien, konnte dieses Ziel aber bereits 2008 übertroffen werden.

Neue Technologien
„Wir haben an unseren Produktionsstandorten Verbesserungen vorgenommen, in der Logistik einen Großteil der Transporte auf den Seeweg verlegt und darauf geachtet, unsere Geräte immer energieeffizienter auszulegen“, erklärt Johannes Bischof, Geschäftsführer von Konica Minolta Business Solutions Austria. Zur Reduktion des Energieverbrauchs und damit zur Verbesserung der Ökobilanz tragen auch technologische Innovationen bei. Bei konventionellen Multifunktionssystemen (die Kopier- und Druckfunktion vereinen) mit Halogenheizung fließen mehr als 60 Prozent des gesamten Energieverbrauchs in den Fixierungsprozess. Beim Einsatz der neuen Fixiertechnologie auf Basis einer Induktionsbeheizung – wie man sie von den Kochfeldern des Küchenherdes kennt – verkürzt sich die Aufheizzeit beträchtlich. Das bringt eine deutliche Senkung des Energieverbrauchs durch längeren Stand-by-Betrieb. Auch der revolutionäre Polymer-­Toner „Simitri“ ist ein Energiesparer. Er besteht aus besonders kleinen und gleichmäßigen Partikeln, die innen weich und außen hart sind. Dadurch schmilzt der Toner schon bei niedrigen Temperaturen, und die Geräte verbrauchen um etwa 15 Prozent weniger Energie beim Fixierungsprozess.

Hohe Recycling-Quote

Zusätzlich versucht Konica Minolta, in jedem Bereich des Unternehmens mit dem geringsten Einsatz an Energie und Ressourcen zu arbeiten. „Sparen und zurückgewinnen“ lautet die Devise. Ziel ist, das Müllaufkommen des Unternehmens drastisch zu senken: In der Produktion muss eine Recycling-Quote von mindestens 90 Prozent und eine Entsorgungsquote von unter fünf Prozent erreicht werden. „Damit wollen wir als Unternehmen unseren Beitrag zu einer grüneren IT leisten“, unterstreicht Bischof.

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Economy Ausgabe 73-05-2009, 29.05.2009

Seltsame Weltmeister im Abseits

Seltsame Weltmeister im Abseitsdpa/ratilainen

Luftgitarren-WM, Handy-Weitwurf-WM, Sauna-Sitz-WM, WM im Frauentragen – kreative Finnen tragen einen wesentlichen Teil zur modernen Spaßgesellschaft bei. Die Anzahl derartiger Events steigt rasant, und immer mehr österreichische Teilnehmer mischen dabei kräftig mit.

Das Wasser spritzt meterhoch nach allen Seiten, die Zuschauer johlen auf den Rängen. Die Wertungsrichter benoten die eben gezeigte Sprungfigur relativ unspektakulär. Technik, Absprung, Inszenierung des Athleten, Lautstärke beim Aufprall und Spritzhöhe des Wassers fließen in ihre Bewertung ein. Nur manchmal ziehen sie sich den Unmut des Großteils jugendlichen Publikums zu.
Dass dieser Wettbewerb eine lange Tradition besitzt und schon im 17. Jahrhundert von den Ureinwohnern Ha­waiis mit Klippensprüngen praktiziert wurde, interessiert hier niemanden. Seit der Wiederentdeckung genießt die Arschbomben-WM als Funsportart hohes Ansehen. 2008 bestiegen mehr als 80 Titelkämpfer den Zehn-Meter-Turm im Nürnberger Stadionbad, um als Weltmeister der Arschbombe aus dem Sprungbecken zu steigen.
Ein Einzelphänomen? Wohl kaum, denn beinahe jedes Land entwickelte in den letzten Jahren seine eigenen weltmeisterlichen Wettbewerbe. Die Franzosen üben sich beispielsweise im bretonischen Örtchen Mogueriec im Strandschnecken-Spucken, wobei die Rekordmarke vom fünffachen Weltmeister Alain Jourden (48) bei 10,40 Meter liegt. Nahezu angenehm gemütlich geht es vergleichsweise alljährlich am Karfreitag im britischen Tinsley Green bei der Austragung der Murmel-WM zu. Und während am 30. März dieses Jahres in Thailand die Weltmeisterschaften im Elefanten-Polo zu Ende gingen, wurden 14 Tage zuvor im deutschen Winterberg die Four-Gates-Aua-Handballer aus Menden bei Bochum zu Weltmeistern in der Schneeballschlacht gekürt.
Ob Sumpfschnorcheln in Llanwrtyd Wells (Wales), Kakerlaken-Wettrennen in Brisbane, Zehen-Wrestling in Derbyshire, Extrembügeln – auch unter Wasser sowie in Felshängen – oder Tabakschnupfen, der Kreativität im Erfinden neuer Wettbewerbe scheinen keine Grenzen gesetzt zu sein. Es gibt nicht wenige, die mal Erster in der Kategorie Bürostuhlrennen sein möchten oder sich zum Papierflug-Weltmeistertitel in den Disziplinen der weiteste Flug, die längste Flugzeit und die schönste Performance gratulieren lassen wollen. Von insgesamt über 37.000 Anwärtern weltweit qualifizierten sich 253 aus 85 verschiedenen Ländern für das Finale, das Anfang Mai dieses Jahres im Hangar 7 in Salzburg stattfand.

Wettbewerbserfinder
Puterrot verschwitzt verließ Bjarne Hermansson nach 18 Minuten und 15 Sekunden im finnischen Heinola nach 36 Aufgüssen als Weltmeister 2008 die 110 Grad Celsius heiße Sauna. „Der Schmerz ist dieses Mal ein bisschen größer gewesen als das Vergnügen“, meinte er nach der hitzigen Sitzung. Ins selbe Lied könnten wohl die Teilnehmer der WM im Frauentragen einstimmen, die heuer am 4. Juli bereits zum 17. Mal in Sonkajärvi ausgetragen wird. „Daran wollte ich einmal teilnehmen“, erzählt der österreichische Anzeigenberater Micky Klemsch (42), „aber dafür musst du verheiratet sein.“ Dass er trotzdem als Drittplatzierter in die WM-Annalen einging, verdankt er der Handy-Weitwurf-WM.
„Ich war damals lange mit einer Finnin verlobt, und wir haben eine Website aufgebaut, die Skurrilitäten aus beiden Ländern publizierte. Darunter waren diese Weltmeisterschaften.“ Bei seiner ersten Teilnahme im Jahr 2004 war er neben 20 Finnen einer von sieben weiteren Europäern.
Zufälligerweise fand am Folgetag „nur 500 Kilometer entfernt“ auch die Luftgitarren-WM statt, zu der sich Micky Klemsch umgehend anmeldete, um diese Idee als Veranstalter nach Österreich zu exportieren. Mit seinen WM-Teilnahmen schaffte es der in Medienkreisen Beheimatete auf die Titelseiten der Zeitungen, war Gast in Kölner Fernsehstudios, gab Radiointerviews, und auch der Kultursender Arte widmete dem Drittplatzierten im „Österreich-National-Team“-T-Shirt einige Fernsehminuten. „Für mich ging es mehr darum, eine Gaudi zu haben und bestenfalls die Musikindustrie zu verarschen oder Sportveranstaltungen als nicht ganz so ernst zu nehmende Events darzustellen.“
Sieben Jahre lang organisierte der ebenfalls als DJ tätige Klemsch die österreichischen Meisterschaften in der Kategorie Luftgitarre, um ernüchtert festzustellen: „Nach drei bis vier Jahren war der Spaß vorbei. Wir waren zwar im Nachrichtenblock das Bonmot am Ende, aber es stellt sich auch die Frage nach der Sinnhaftigkeit, wenn 16-Jährige in einer Waldviertler Disco nur mehr besoffen die Bühne betreten, weil sie sich sonst nicht trauen.“

Erlebe dein Leben

Als Meister der Vermarktung derartiger Veranstaltungen gilt der deutsche Fernsehmoderator Stefan Raab. Seine medientauglichen Realisierungen bringen nicht nur hohe Einschaltquoten, sondern auch Prominente dazu, einen Eiskanal, der üblicherweise mit Bob oder Rodel absolviert wird, in einer hohen, durchgängig gewölbten Wok-Pfanne runterzufahren oder an der Autoball-EM teilzunehmen. Hier muss man im Auto sitzend versuchen, einen überdimensionalen Ball im Tor des Gegners unterzubringen.
Die Soziologie hat für die­se Form der massenhaften Selbstinszenierung die Begriffe „Erlebnisgesellschaft“ und „Spaßgesellschaft“ determiniert. Glückseligkeit zählt dabei zum obersten Ziel der Teilnehmer, die sich auf die individuelle Suche nach einem besonderen Erlebnis begeben, um das eigene Leben möglichst interessant zu gestalten. Egozentrische Selbstverwirklichung und individuelle Erlebnissuche summieren sich zum alles bestimmenden Handlungsimperativ: „Erlebe dein Leben!“

Dabei sein ist alles
„So leicht komme ich nie wieder zu einer WM-Teilnahme“, begründet Gerald Gruber (40) seine Motivation für die Teilnahme an der Snowkajak-WM 2008 in Lienz. Sich selbst bezeichnet er als Sportler, der Extremsportarten betreibt, ohne einen Wettbewerbsgedanken zu hegen. Und so nahm er auch schon mit Freunden am „Dolomitenmann“ teil, übt das Para­gleiten und Eisklettern aktiv aus oder nahm ohne Vorbereitung am Wien-Marathon teil, denn: „Laufen lernst du ja schon als kleines Kind.“
Bereits 2006 probierte der spätere WM-Teilnehmer Gruber die Fortbewegungsmöglichkeit, einen schneebedeckten Hang mit einem Kajak hinunterzufahren, nachdem er diese eigentümliche Sportart im Internet gesehen hatte. Als einer von 140 Power-Paddlern aus zwölf Nationen erinnert er sich: „Das Material war vorhanden, und Zeit hatte ich auch. Die Vorbereitung absolvierte ich auf einer Autobahnraststätte, indem ich den mit Rissen durchzogenen Bootsrumpf noch rasch eine halbe Stunde lang pflegte.“ Zum Sieg reichte es logischerweise nicht. „Der Gesamtsieger hatte sein Kajak mit Kerzenwachs eingewachst.“

Economy Ausgabe 73-05-2009, 29.05.2009

Kunst braucht Freiheit

Kunst braucht FreiheitElisabeth Ginthör-Noever

Selten wurde die Krise der Kunst so offenkundig wie im Spätsommer 2008: Der Zusammenbruch traditionsreicher amerikanischer Investmentbanken und die dramatische Entwicklung auf den internationalen Finanzmärkten versetzten nicht nur die Wirtschaftswelt in Aufregung. Renommierte Kunst­institutionen in den USA, wo Kultureinrichtungen eine nahezu symbiotische Allianz mit Banken und Unternehmen pflegen, fürchteten um ihre Existenzgrund­lage. Nach einer kurzen Inkubationszeit breitete sich ebenso auf internationaler Ebene Unruhe aus, welche Auswirkungen die Finanzkrise auf das mittlerweile überlebenswichtige Mäzenatentum haben werde.
Auch in Europa sind bedeutende Kunstinstitutionen trotz deutlich höherer Unterstützung durch den Staat von privaten Förderern abhängig. Viele Kunst- und Ausstellungsprojekte wären ohne unterstützendes Sponsoring nicht denkbar. Die kapitalistische Kulturordnung – der sogenannte Kunstboom, der nicht zuletzt zu utopischen Preisen für Werke von Shootingstars der Szene auf Kunstmessen oder Auktionen führte – wurde in ihren Grundfesten erschüttert. Noch ist nicht abzuschätzen, wie die aktuelle Rezession den internationalen Kunstmarkt langfristig prägen und ob sich die Kunst von ökonomischen Imperativen befreien wird – oder will. Der florierende Handel mit Kunst als Anlageobjekt hat ja durchaus positive Seiten. Reichtum ist auch in der Kunst bequem. Eine Krise birgt stets auch Chancen. Gerade die Kunst als einzige Kraft mit nonkonformistischem Veränderungspotenzial sollte diese nutzen.
Einmal mehr zu diskutieren ist die Rolle des Staates. Dass es etwa hierzulande Kulturministerin Claudia Schmied trotz der auch in Österreich deutlich spürbaren Finanzkrise gelungen ist, die Kulturbudgets zu erhöhen und den Bundesmuseen acht Mio. Euro mehr zur Verfügung zu stellen, ist sensationell, aber nicht genug. Staaten sollten ihre Aufgabe vermehrt darin sehen, Ideen für eine neue Ordnung der Kunstwelt zu entwickeln. Die öffentliche Verantwortung für die Kunst an die Wirtschaft abzugeben war nicht der richtige Weg.
Es sollte zur Staatsaufgabe werden, Kunst vor der Geld-Kultur zu schützen. In den meisten Nationen fehlt dazu allerdings das adäquate politische Forum. Kunst wird in mit multiplen Aufgaben überforderten Ministerien (mit-)behandelt: Auf dieser Ebene ist Kunst nicht diskutierbar. Das von mir für Österreich seit Jahren vorgeschlagene Modell eines Ministeriums für Gegenwartskunst könnte auch international ein Anstoß für eine Stärkung der Kunstpolitik sein. Erst wenn das politische Gewicht stimmt, ist ein für alle Seiten befriedigenderes Miteinander von Kunst, Staat und Wirtschaft erzielbar. Darin liegt die wahre Herausforderung der Zukunft.

Peter Noever ist CEO und künstlerischer Leiter des MAK – Museum für angewandte Kunst/Gegenwartskunst.

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Peter Noever, Economy Ausgabe 73-05-2009, 29.05.2009

Virtualisierung als grüner Daumen

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Um den Energieaufwand in der IT zu senken, werden Komponenten eingesetzt, die den Stromverbrauch optimieren.

Ein großer Teil der Betriebskosten eines Rechenzentrums entfällt auf die Stromrechnung; klar, dass dort auch das größte Einsparungspotenzial besteht. Die Kosten für Stromversorgung und Kühlung stehen heute mehr im Brennpunkt als die Aufwendungen für Beschaffung und Wartung der Hardware. Nicht zuletzt lassen steigende Energiepreise die Informationstechnologie (IT)-Manager nachdenken, wie sie die Energieeffizienz erhöhen können.

Logische Systeme
Als IT-Dienstleister betreibt Raiffeisen Informatik hochverfügbare Rechenzentren an mehreren Standorten – für den eigenen Bedarf und für Outsourcing-Kunden – und betreut über 20.000 Clients, über 3000 Server-Systeme und 500 Terabyte Storage. Um sowohl den Energieaufwand im Sinne der Green IT als auch die damit verbundenen Kosten zu senken, setzt Raiffeisen Informatik neben dem Einsatz stromsparender Technologien und energieeffizienter Hardware verstärkt auch auf Virtualisierungslösungen.
Unter Virtualisierung versteht man in der IT die Aufteilung einzelner physischer Systeme in mehrere logische Systeme (Partitionierung) oder die Verbindung mehrerer physischer zu größeren logischen Systemen (Aggregation).
Virtualisierung schafft dynamische Pools aus Datenverarbeitungs-, Speicher- und Netzwerk-Ressourcen, die je nach Bedarf eine komplette Ablaufumgebung für neue Anwendungen bereitstellen. Mehrere Ablaufumgebungen werden dabei gleichzeitig auf einem physischen Server betrieben. So können Ressourcen flexibler zugeteilt und die Auslastung erhöht werden; und es vereinfacht die Administration der Umgebungen. Einen wesentlichen Bestandteil des Virtualisierungsprojekts im Raiffeisen-Informatik-Rechenzentrum bildet das Processing Area Network (PAN). PAN ist ein integraler Teil zwischen der Hardware und der eingesetzten Virtualisierungssoftware; es verbindet physische Elemente mit logischen Einheiten und reduziert dadurch Energieverbrauch und Komplexität.

Virtuelle Architektur
Die PAN-Architektur stellt Strom effizienter bereit (es wird nur die zu einem bestimmten Zeitpunkt wirklich benötigte Strommenge verbraucht), verringert die Rechenzentrumskomplexität sowie die Zahl der zu kühlenden Server/CPUs und verringert den Kühlaufwand im Rechenzentrum. Durch den grünen Daumen des Virtualisierungsprojekts werden nicht nur Kosten optimiert, sondern auch Ressourcen geschont.

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Economy Ausgabe 73-05-2009, 29.05.2009

Runter mit den Kosten

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Der Internationale Währungsfonds sieht schwarz. Seiner Einschätzung zufolge schrumpft 2009 die Weltwirtschaft zum ersten Mal seit Ende des Zweiten Weltkriegs. Das globale Bruttoinlandsprodukt werde zwischen 0,5 und 1,0 Prozent sinken, lautet die wenig erfreuliche Prognose.

Kosten reduzieren
Sparen, sparen, sparen ist das Gebot der Stunde für das Management von Unternehmen. Kostenreduktion und -disziplin ist allerorten angesagt. Auch bei den Budgets für Informationstechnologie (IT) regiert der US-Beratung Gartner zufolge der Rotstift. Statt des zuvor prognostizierten Wachstums von 2,2 Prozent gehen die Analysten nun von einem Minus von 3,7 Prozent bei den weltweiten IT-Ausgaben in diesem Jahr aus. „Wenn Unternehmen ums Überleben kämpfen, neigen sie dazu, die Zahl der Mitarbeiter zu reduzieren und Finanzmittel für Programme zu streichen, um über Kostenreduktion noch die angestrebten Ertragsziele zu erreichen“, beobachtet Michele Cantara, Research Vice President bei Gartner. Indem Business Process Management (BPM) die Prozesse sichtbar mache, so Cantara weiter, helfe es den Unternehmen, die Kostensenkungen mit chirurgischer Präzision auszuführen.
Mehr noch: Laut Untersuchungen von Gartner können Unternehmen mithilfe von BPM im ersten Jahr der Einführung bis zu 20 Prozent Kosten einsparen. Innerhalb eines Jahres amortisiert sich die BPM-Einführung bereits. „Prozessoptimierung geht heute jeden Mitarbeiter an“, fordert Wolfram Jost, Vorstand von IDS Scheer. „Jederzeit“, so der BPM-Experte, „muss ein Unternehmen über die Unternehmensprozesse und -performance im Bilde sein.“ Jost ist verantwortlich für die weltweite Aris-Produktfamilie, ein integriertes und vollständiges Werkzeug-Portfolio für Strategie, Design, Implementierung und Controlling von Geschäftsprozessen. Während BPM in den letzten Jahren auf das Reengineering von Abläufen ausgerichtet war, umfasst es heute ebenso die Analyse und Kontrolle der Prozessleistung im täglichen Betrieb. Fachleute fassen dies unter dem Begriff Process Intelligence zusammen.

Kürzungen vornehmen
Und das ist zur Zeit „in“. Denn in der Krise geht es weniger um clevere Strategien und große Visionen als um das Meistern des Alltags. Process Intelligence verbindet die Analysetechniken der Business Intelligence mit Process Management. „Nur wer seine Prozesskennzahlen und Prozesse kennt, ist in der Lage, die wirklichen Kostentreiber zu identifizieren und ohne Gefährdung kritischer Prozesse Kürzungen vornehmen“, so Jost.

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Economy Ausgabe 73-05-2009, 29.05.2009

Seilschaften in die Pflicht genommen

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Strategisch betriebene, wissenschaftliche Karriereplanung bringt Jungforscher rascher ans Ziel. Österreich hinkt in der Entwicklung noch etwas nach. Verschiedene Mentoring-Programme sollen das nun ändern.

„Eigentlich hat sich schon viel zum Guten verändert. Als wir angefangen haben, gab es kein großes Verständnis für das Thema“, sagt Evi Genetti vom Referat für Frauenförderung und Gleichstellung an der Universität Wien. Das Konzept, Nachwuchswissenschaftlern karrieremäßig auf die Sprünge zu helfen, ist in Österreich noch jung. Die Universität Wien rief mit dem Programm „mu:v“ im Jahr 2000 als Erste eine solche Mentoring-Initiative ins Leben – für weibliche Wissenschaftler. Eine Reihe anderer Hochschulen, darunter die Universität Salzburg und die Medizinische Universität Innsbruck, folgten nach. „Mittlerweile“, ist Genetti überzeugt, „leben wir das.“
Mentoring ist für die Karrieren junger Wissenschaftler von entscheidender Bedeutung. Vor allem in den USA ist das Konzept seit den 1970ern überaus verbreitet. In Mitteleuropa wird Mentoring gern mit einer Art institutionalisiertem „Vitamin B“ gleichgesetzt. Auch wurde in der Vergangenheit Kritik laut, dass dabei ungesunde Elitenbildung betrieben würde. Seit sich Europa im internationalen wissenschaftlichen Wettbewerb jedoch auf Exzellenz ausrichtet, ist davon nicht mehr viel zu hören. Tatsächlich geht es beim Mentoring darum, die Besten nach vorne zu bringen. Eine strategisch aufgezogene Laufbahnplanung inkludiert auch das Aufräumen mit intransparenten Aufstiegsmechanismen.

Keine Steigbügelhalter

Mentoren geben ihren Schützlingen – Mentees – Einführung in die wissenschaftlichen Gebräuchlichkeiten und damit Zugang zu informellem Wissen, das die Welt bedeuten kann. Sie stehen bei Karriereentscheidungen beratend zur Seite und holen die Mentees in das eigene Netzwerk herein.
Eva Schernhammer ist Krebsforscherin an der Harvard University, wo Mentoring einen hohen Stellenwert genießt. Schernhammer streicht die Bedeutung beim Karrierewechsel heraus. „Mentoren sind gut vernetzt und können für ihre Mentees alle möglichen Register ziehen“, so die Medizinerin. Mit Steigbügelhalten hat das nichts zu tun. Mentoren, so Schernhammer, seien von der Qualität der wissenschaftlichen Arbeit der Schützlinge überzeugt. Die Beziehung basiere auf gegenseitigem Respekt.
Die Beziehung zwischen Mentor und Mentee muss nicht immer, wie die Bezeichnung „Doktorvater“ andeutet, beruflich-elterlich sein. Mentoring findet in unterschiedlichen Ausprägungen statt, als Einzel- oder Gruppenmentoring, von der Uni aufgetragen oder nicht. Helwig Hauser, Professor für Visualisierung an der Universität Bergen, weist auch auf die Bedeutung weniger expliziten Mentorings hin: „Manche tun es, ohne es so zu nennen.“
Während in Übersee die Förderung des Forschungsnachwuchses längst institutionalisiert war, herrschten an einigen heimischen Universitätsinstituten noch andere Sitten. Nachwuchsförderung mit dem Ziel, tatsächlich das Fortkommen der Jungakademiker voranzutreiben und diese nicht nur unter dem Deckmantel des Mentorings für die eigenen Publikationen einzuspannen, gab es dort nicht. Für Wissenschaftlerinnen kam erschwerend hinzu, dass informelle Netzwerke weiterhin ungleich leichter für Männer zugänglich waren.
Doch die Zeiten haben sich geändert. Anlass zur Hoffnung geben zum Beispiel die Naturwissenschaften. Durch die Arbeit im Team sei es dort längst gang und gäbe, den Nachwuchs auf Tagungen hinzuweisen, beschreibt Genetti einen Mentoring-Zugang. Anders die Situation in den Sozial- und Geisteswissenschaften: „Da herrscht stärkere persönliche Konkurrenz“, sagt Genetti.

Mentoring als Jobpflicht
Für den Informatiker Hauser, der an der Technischen Universität Wien studierte und sich auch dort habilitierte, ist Mentoring Bestandteil aller erfolgreichen Forschungsgruppen: „Das ist ein Erfolgsmerkmal und notwendig, um vorne herauszuragen“, ist er überzeugt. Ihm selbst sei das Mentoring, das ihm in seiner Anfangszeit widerfahren sei – etwa während seiner Dissertation – sehr wichtig: „Es hat maßgeblich beeinflusst, was später aus mir geworden ist“, so Hauser.
In Harvard ist Mentoring Teil der Evaluierung von Wissenschaftlern. „Es wird ja auch im Lebenslauf reflektiert, was aus der Person geworden ist. Schon dadurch wird verlangt, dass es ernsthaft betrieben wird“, erklärt Schernhammer.
Dass auch in Österreich bald Mentoring Teil der akademischen Evaluierung werden könnte, hält Genetti für eher unwahrscheinlich: „Das wäre natürlich schön. Es ist ja auch der Wunsch von Mentoren, dass ihre Leistung berücksichtigt wird.“ Bis zur Umsetzung würde es aber wohl noch einige Zeit dauern. Zuerst gilt es noch das Thema Evaluierung der Forschungsleistung unter Dach und Fach zu bringen. Dass die Ausrichtung auf Exzellenz eine Mentoring-Kultur herbeizwingen könnte, glaubt Schernhammer nicht. „Vielmehr ist bei einer ehrlichen Ausrichtung auf Exzellenz Mentoring die logische und natürliche Folge“, so die Österreicherin.

Liebesbeziehung
Dass die Beziehung zwischen Mentor und Mentee durchaus schwierig sein kann, argumentiert der Psychologe Daniel J. Levinson in seinem 1979 erschienenen Buch Das Leben des Mannes. Demnach müsste dem Mentee ein Balanceakt zwischen „Bewunderung, Achtung, Verständnis, Dankbarkeit und Liebe“ auf der einen und „Hass, Minderwertigkeit, Neid und Einschüchterung“ auf der anderen Seite gelingen.
Levinson vergleicht in seinen Ausführungen das Verhältnis zwischen Förderer und Schützling mit einer Liebesbeziehung, die sich nur schwer höflich beenden ließe. Daher stehen am Ende oftmals ausgeprägte Konflikte und böse Gefühle, und zwar auf beiden Seiten. Und wie auch in einer romantischen Beziehung wüssten die Beteilig­ten erst im Nachhinein, ob das Ganze den Aufwand wert war.

Economy Ausgabe 73-05-2009, 29.05.2009

Dauergerangel um Glücksspiele

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Die österreichische Regierung bastelt seit geraumer Zeit an einer Novelle des Glücksspielgesetzes. Vor allem die Automaten­salons sollen in Zukunft strenger überwacht werden.

Noch in diesem Jahr soll das Glücksspielgesetz reformiert werden. Wann das neue Gesetz genau eingeführt wird, ist derzeit unklar. Die Begutachtungsfrist ist bereits am 4. Dezember 2008 abgelaufen. Unumstritten ist die Reform aber nicht. Der vom Ex-Finanzminister Wilhelm Molterer (ÖVP) entsandte Entwurf begünstige Großkonzerne gegenüber kleinen Automaten- und Pokeranbietern, lautet die Branchenkritik.
Das Finanzministerium begründet den umstrittenen Vorstoß mit erhöhtem Spielerschutz und der Beseitigung von Rechtsunsicherheit. Diese ist tatsächlich gegeben: Während das „kleine Glücksspiel“ in Wien, Niederösterreich, Kärnten und der Steiermark erlaubt ist, ist es im Rest von Österreich verboten. Mit dem Gesetz würde nun eine einheitliche Regelung in Kraft treten.
Mit der Reform verbunden ist auch eine „Bundesautomatensteuer“ von 25 Prozent. Durch diese Steuer wird mit Mehreinnahmen zwischen 130 und 150 Mio. Euro pro Jahr gerechnet. Ein Körberlgeld, auf das der amtierende Finanzminister sicher nicht verzichten möchte.

Millionenrücklagen nötig
Konkret sieht der Gesetzesentwurf für das Automatengeschäft mit limitierten Einsätzen („kleines Glücksspiel“) eine bundesweite Konzession vor, wenn in einem Salon mehr als 15 Geräte stehen. Wer sich um eine Konzession bewirbt, muss ein Stammkapital von 50 Mio. Euro und zudem einen Haftungsbetrag von mindestens zehn Mio. Euro vorweisen. Für derartige Summen kommen lediglich die Casinos Austria und der Novomatic-Konzern infrage, so der Branchenvorwurf.
Wenig glücklich sind auch die Poker-Anbieter. Der Entwurf definiert das Kartenspiel als Glücksspiel, und damit unter­liegt es der Monopolgesetzgebung. Ausnahmen gibt es laut Entwurf nur für Ausspielungen „in Turnierform zum bloßen Zeitvertreib“.
Die Abgeordneten des Europäischen Parlaments haben vergangenen März mehrheitlich eine Resolution zur Regelung des gesamten europäischen Glücksspielmarktes verabschiedet. Bei den Österreichischen Lotterien und den Casinos Austria stößt die Resolution erwartungsgemäß auf Zustimmung.

EU bestätigt Regulierung
Für den gesamten Glücksspielmarkt hat das EU-Parlament unter anderem verabschiedet, dass die Mitgliedsstaaten das Recht haben, ihre Glücksspielmärkte strikt zu regulieren und zu kontrollieren, um die Verbraucher vor Sucht, Betrug, Geldwäsche und Spielabsprachen zu schützen. Des Weiteren sollen die EU-Institutionen bei der Bekämpfung aller angebotenen nicht genehmigten oder illegalen Online-Glücksspiele eng mit den Mitgliedsstaaten zusammenarbeiten. Das Europäische Parlament empfiehlt laut den Casinos Austria, die Möglichkeit zu prüfen, einen Höchstbetrag einzuführen, den eine Person pro Monat für Glücksspiele einsetzen kann.
In der Verabschiedung der Resolution sieht Dietmar Hoscher, der für EU- und Rechtsangelegenheiten zuständige Vorstand von Casinos Austria, „eine stringente Fortführung der bisherigen Linie“. Vom Positionspapier „höchst erfreut“ zeigt sich auch Friedrich Stickler, der stellvertretende Generaldirektor der Österreichischen Lotterien. Das Votum sei „zweifellos ein Meilenstein“ in der Geschichte des europäischen Glücksspielwesens. „Es zeigt, dass sich das EU-Parlament der besonderen Sensibilität des Glücksspiels bewusst ist und strikte nationale Reglementierungen zur Eindämmung der Spielsucht für unerlässlich hält.“
Knapp entgangen ist Österreich auch einer drohenden Schelte aus Brüssel. Die EU-Kommission hat ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich wegen Problemen bei den Spielerschutzbestimmungen eingestellt. Die entsprechenden Regeln wurden bei der Mininovelle des Glücksspielgesetzes im Vorjahr geändert. Die Brüsseler Behörde hatte kritisiert, dass die Schutzklauseln nur für Österreicher gegolten und damit EU-Recht widersprochen haben.
Die Einstellung betreffe nur genau diesen Aspekt, sagte der Sprecher von EU-Binnenmarktkommissar Charlie McCreevydazu. Die Prüfung der im österreichischen Glücksspielgesetz enthaltenen Werbeeinschränkungen für ausländische Anbieter laufe dagegen weiter. Auch diese waren in der Minireform von August 2008 teilweise gelockert worden.
Aus Kommissionskreisen hieß es, dass bis zur geplanten großen Novelle des Gesetzes keine weiteren Schritte zu erwarten sind. Ein Entwurf war noch unter dem früheren Finanzminister Molterer in Begutachtung versendet worden. Ein Sprecher von Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) sagte, die entsprechende Regierungsvorlage werde noch vor dem Sommer eingebracht. Offen sei nur noch die Aufteilung der Einnahmen zwischen Bund und Ländern. Doch zurück zum Geschäft mit Glücksautomaten.

Nebensache für Politik
Während die SPÖ mit Bundeskanzler Werner Faymann an der Spitze das Vorhaben durchaus rasch erledigt haben will, soll sich die ÖVP dagegenstemmen, berichtete Die Presse im Jänner aus Regierungskreisen. Dabei sollen beide Parteien ihre Position mit dem Hinweis darauf, dass es derzeit Wichtigeres zu tun gebe, untermauert haben.
Auf der Bremse sollen nicht nur Finanzminister Josef Pröll und der für das Glücksspiel zuständige Finanzstaatssekretär Reinhold Lopatka (ÖVP) stehen, sondern auch Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP). Dieser soll sich – eingedenk seiner „Herkunft“ als Wirtschaftskammer-Generalsekretär – vehement gegen den Plan aussprechen, den kleinen Automatensalons sowie Pokercasinos den Garaus zu machen.
Was zu mehr Kontrolle im Jugendschutz führen soll, wird von der Wirtschaftskammer (WKÖ) als Todesstoß für 1500 Unternehmen gesehen. Im Mittelpunkt dieser Regelung müsse allerdings der Spieler- und Jugendschutz und nicht – wie im Gesetz auch vorgesehen – eine Maximierung der Bundeseinnahmen stehen, kritisiert Gerhard Span, der Obmann des Fachverbandes der Freizeitbetriebe in der WKÖ. Die Novelle sehe jedoch drastische Eingriffe vor, die weit über das Ziel hinausschießen, und beinhalte Regelungen, die völlig unausgereift sind, gibt der stellvertretende Obmann und steirische Landtagsabgeordnete Wolfgang Kasic (ÖVP) zu bedenken. Darüber hinaus bestehen unter Experten massive europa- und verfassungsrechtliche Bedenken gegen diesen Entwurf. Kenner des Marktes warnen insbesondere vor einer Quasi-Monopolstellung zweier großer Konzerne. Wo sich nun der Kreis wieder schließt.

Economy Ausgabe 73-05-2009, 29.05.2009

Vandalismus und etablierte Kunst

Vandalismus und etablierte Kunstepa

Graffiti begleiten unser städtisches Leben. Für viele ist diese Kunstform nicht mehr wegzudenken. Manche hingegen würden sie lieber heute als morgen eliminiert sehen. Was für die einen Sachbeschädigung ist, ist für andere pure Kunst. Wien hat vor mehr als zehn Jahren eine Gegenstrategie eingeleitet und öffentliche Wände freigegeben.

Längst verfügen Graffiti und Streetart über die nötige Anerkennung, um auch von der österreichischen Bevölkerung als etablierte Kunstrichtung und nicht als Akt des Vandalismus wahrgenommen zu werden. Den Sprung in Museen, Magazine, wissenschaftliche Archive und ins World Wide Web hat der einstige „Kunstaufreger“ auch schon längst geschafft. Graffiti, aus dem Italienischen „il Graffito“ für „das Gekratzte“, bedeutet „in Wände eingeritzte Inschriften“.
Dass Graffiti keine Erfindung unserer Zeit sind, beweisen Funde in der antiken römischen Stadt Pompeji. Bei Ausgrabungen stießen Forscher auf Wandparolen und -bilder – Werbeslogans einerseits, andererseits aber auch Sprüche und Kommentare nicht-kommerzieller Art. Also durchaus keine Erfindung neuerer Zeit. Es war lediglich die moderne Graffiti-Tradition, die erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts entstand. Und sich zu dem entwickelte, was wir heute unter Graffiti verstehen.

Kunst, nicht Nervenkitzel

Ursprünglich waren die „Pieces“, wie die Sprühereien genannt werden, geheime Nachrichten von Gang- und Cli­quenmitgliedern, die so verziert waren, dass nur jeweils sie wussten, was damit gemeint war. Heute haben sich Graffiti zu einer Kunstform mit einer eigenen Fachterminologie entwickelt. Die meisten Sprayer, so hat eine Untersuchung der Universität Potsdam ergeben, sprühen übrigens nicht wegen des Nervenkitzels, den sie sich durch solche illegalen Aktionen verschaffen wollen. Ausschlaggebend sind für sie eher Aspekte wie Kreativität, Gruppengefühl oder Ruhm und Wettkampf mit anderen Sprühern.
Zurück nach Wien. Zwei Jugendliche stehen am Wiener Donaukanal, jeder bewaffnet mit einer Spraydose, im Gepäck noch weitere. Es ist heiß, es ist Sommer, sie lassen sich Zeit, und sie haben alle Zeit der Welt, denn an diesem Ort ist Sprayen legal. Hier befindet sich eine von mittlerweile sieben legalen „Wiener Wänden“, die es Graffiti-Künstlern erlauben, ohne Polizei im Nacken ihrer Tätigkeit nachzugehen.
Seit mehr als zehn Jahren stellt die Stadt den Jugendlichen Flächen zur Ausübung ihrer Kunst zur Verfügung. Seit zwei Jahren existiert das Projekt „Wiener Wand“. Die mit einer Taube gekennzeichneten Wände sollen den „Dialog zwischen den Writern und der Öffentlichkeit“ fördern, betont Wiens Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ), der sich fachkundig zur Bedeutung dieser Kunstform auf der Homepage des Projekts äußert.
Ständig befinden sich weitere Wände in Planung. Was sich auf den ersten Blick jedoch leicht anhören mag, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als gar nicht so einfach, wissen auch die Mitarbeiter von „Netbridge“, jener Servicestelle für außerschulische Jugendarbeit, der die Verwaltung der Wände obliegt, zu berichten.
Wien ist nicht nur anders bei der Freigabe von legalen Wänden, sondern verfügt ebenso über die umfangreichste Dokumentation von Bildmaterial in Form des seit Ende der 1970er Jahre bestehenden Wiener Graffiti- und Streetart-Archivs, das heute in der Form des Instituts für Graffiti-Forschung weiterlebt. Hier befinden sich rund 40.000 Bilder zu allen Bereichen und Aspekten von Graffiti und Streetart. Denn unter Graffiti versteht man keineswegs nur jene bunten und großflächigen Schriftzüge. Das Spektrum reicht von historischen Graffiti und Dipinti (illustrierten Inschriften) über „Walls of Fame“ bis hin zu Graffiti zur deutschen Wiedervereinigung, zu Liebe, Sexualität oder diversen Unmutsäußerungen auf öffentlichen Straßen oder Toilettenanlagen.
Doch neben der Kunst bleibt noch immer der Vandalismus, den die Polizei auf der ganzen Welt oft strategisch bekämpft. Auf der Jagd nach den illegalen Sprühern geht die Polizei systematisch vor. Viele Graffiti-Künstler verwenden immer dieselben Figuren oder Buchstabenkombinationen – sie hinterlassen also eindeutige Hinweise ihrer Urheberschaft. So lassen sich verschiedene Graffiti häufig einem Sprayer oder einer Gruppe zuordnen.

Problem Sachbeschädigung
Wo liegt die Grenze zwischen Kunstwerk und sinnloser Sachbeschädigung? Die Antwort fällt nicht leicht. Meistens kommt es dabei auf den Blickwinkel an. Für die Eigentümer der bemalten Imobilie, die gegen deren Willen „verschönert“ wurde, ist der Fall meist klar: Sachbeschädigung. Denn auf den Kosten der Graffiti-Beseitigung bleiben sie so lange sitzen, bis der verantworliche Sprayer gefasst wird. Für den Fahrgast in der U- oder S-Bahn können die oft fantasievoll gestalteten Schriftzüge und Figuren eine willkommene Abwechslung zwischen den grauen Häuserwänden und den trostlos hässlichen Bahnanlagen bieten, die auf der Fahrt in den Alltag am Fenster vorbeiziehen.
Strafrechtlich gesehen werden Graffiti – unbefugtes Bemalen von Wänden, Fensterscheiben, Zügen und anderen Objekten – als Sachbeschädigung eingestuft. Auch sind sie so manchem als Schmierereien ein Dorn im Auge, ganz besonders die kurzen „Tags“ (Unterschriftskürzel). Wer beim illegalen Sprühen, Taggen oder Zerkratzen von Scheiben erwischt wird, muss damit rechnen, zu Schadenersatz verurteilt zu werden.
Letztendlich wird es über Graffiti immer geteilte Meinungen geben. Die Gesellschaft wird wohl weiterhin mit dem Phänomen leben müssen, da man Dosen nicht verbieten und von Sprayern nicht forden kann, dass sie die Kunst, für die sie leben, von einem auf den anderen Tag aufgeben.

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Economy Ausgabe 73-05-2009, 29.05.2009

Wieso darf Google Content stehlen?

Wieso darf Google Content stehlen?

Man kann Rupert Murdoch für einen skrupellosen Medienmogul halten und ihn deshalb nicht mögen, aber mit einer seiner Aussagen hat er kürzlich eine wichtige Frage aufgeworfen, die auch über die Medien­industrie hinaus dringend diskussionsbedürftig ist: „Sollen wir es Google erlauben, alle unsere Copyrights zu stehlen? Die Antwort sollte lauten: Nein, aber sicher nicht.“ Darin sind sich die meisten Autoren und Journalisten seltenerweise mit Murdoch einig: Google scannt zum Beispiel seit 2004 Bücher aus den Bibliotheken der Welt ein und hat bereits sieben Mio. Titel ins Netz gestellt, ohne irgendjemanden zu fragen. Kein Zweifel, Google Books stellt eine grobe Ver­letzung von Urheberrechten in großem Stil dar. Google verdient zwar nichts an den eingescannten Büchern selbst, aber mit viel Werbung und Suchmaschinenbrimborium drum­herum. Diese Praxis erzwingt geradezu ein globales Urheber­recht. Leider gibt es keine weltumspannende Organisation mit Schlagkraft, um dem Suchmaschinenkonzern auf die Finger zu klopfen. Bald wird sich die Frage stellen: Wenn alle Bücher nach Erscheinen sofort gratis im Netz stehen, wer wird sie dann noch kommerziell verlegen? Wenn es aber keine Verlage mehr gibt, wo sollen dann Bücher herkommen? Denn Google selbst produziert keinen Content. So einfach – und traurig – ist das.

Economy Ausgabe 73-05-2009, 29.05.2009

Durchblick in der Krise

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Business Intelligence hilft dabei, die Ausgaben unter Kontrolle und den Markt unter Beobachtung zu halten.

Darüber, was man unter Business Intelligence (BI) konkret zu verstehen hat, lässt sich streiten. Dietmar Kotras von T-Systems hat darauf eine einfache Antwort: „Business Intelligence ist keine Technologie als solche. Es ist ein Instrumentarium, das bei Entscheidungen hilft, die richtigen zu treffen. In Unternehmen geht es doch die meiste Zeit darum, Kosten einzusparen und Wachstum zu erzielen – kurzum: die Performance zu optimieren.“

Unbegrenztes Einsatzgebiet
An sich ist alles bereits da. Datenbanken enthalten aktuelle Informationen über das operative Geschäft eines Unternehmens. Über das sogenannte Data-Warehouse können „historische“ Informationen aufgerufen werden. Darauf lassen sich „Data-Marts“ aufbauen. Das sind spezielle Datenbereiche, auf die man separat gezielt zugreifen kann. Und schließlich lassen sich via „Data-Mining“ werkzeuggestützt Zusammenhänge, Muster und Cluster innerhalb bestimmter Bereiche sichtbar machen. Der Vorteil der Methode liegt auf der Hand: Business Intelligence schließt den Informationszyklus. Neue Erkenntnisse werden in laufende Geschäftsprozesse eingebracht – die Informationsverarbeitung erfolgt breiter und tiefer.
Dass gerade zu konjunkturellen Krisenzeiten wie diesen verstärkt zu BI gegriffen wird, kann Kotras aus der Praxis bestätigen: „Natürlich ist es gerade in angespannten Situationen sehr wichtig, Kostenpositionen und Marktpotenziale schnell zu identifizieren. Aber ganz generell gilt: Egal ob die See rau oder ruhig ist, ein analytischer Blick auf die Unternehmenskennzahlen und - prozesse ist immer anzuraten.“ Traditionellerweise gut verankert ist Business Intelligence im Finanzdienstleistungsumfeld, also etwa bei Banken und Versicherungen. Aber auch in der industriellen Fertigung und im Gesundheitssektor möchten viele mittlerweile nicht mehr auf die Vorteile von BI verzichten.

Neue Schwerpunkte

Ebenso ist feststellbar, dass Business Intelligence längst nicht mehr nur Sache von Big Playern ist. Kotras: „Die Größe eines Unternehmens spielt bei BI keine Rolle. Natürlich ist die Komplexität eine andere, aber grundsätzlich bietet BI auch kleinen und mittleren Unternehmen alle Möglichkeiten.“
Noch ein Trend kristallisiert sich für den BI-Experten von T-Systems langsam heraus. „Business Intelligence verlagert sich in den einzelnen Unternehmen zusehends von den klassischen Bereichen hin zu den operativen Fachabteilungen. Auch hier wird es immer wichtiger, stabilere Systemlandschaften zu haben.“

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