Computer ohne Emotion holt die Rendite
APA/Roland Schlager Fondsmanager Helmut Spitzer: „Ein Computer kennt diese Gier – man will über Nacht reich werden – nicht.“
Wer an den Schaufenstern von Superfund am Wiener Morzinplatz vorbeigeht und einen Blick auf die dort angebrachten Plakate wirft, kann sich in diesen Börsenschmelze-Zeiten nur wundern. Der ATX verlor 2008 61 Prozent, zeigt ein roter Balken auf einem Plakat. Drei grüne Balken stellen dem ATX die wundersamen Ergebnisse der Superfund-Produkte gegenüber. Wer auf A setzte, erzielte 2008 ein Plus von 35 Prozent, wer B wählte, holte 54 Prozent Rendite, C gar 68 Prozent. Skirennläufer Bode Miller verkündet per Poster, in Superfund zu investieren, weil er „auch gewinnen möchte, wenn es steil bergab geht“.
Hedgefonds gelten gemeinhin als Kriegsgewinnler, wenn auch nicht als Auslöser der weltweiten Finanzkrise. Doch der vom Österreicher Christian Baha gegründete Superfund, der seine Finanzprodukte von Singapur bis Grenada in 18 Ländern anbietet, dürfe nicht mit Hedgefonds verwechselt werden, erläutert Superfund-Österreich-Geschäftsführer Helmut Spitzer.
economy: Wie konnten Sie 68 Prozent Rendite erzielen in einem Jahr, in dem alles zusammenkrachte?
Helmut Spitzer: Indem wir einiges anders machen als die breite Masse. Wir haben ein vollautomatisches Handelssystem, das die Chance hat, auf vielen verschiedenen Märkten zu reüssieren. Wenn man von Markt spricht, denkt man oft nur an den Aktienmarkt. Doch der ist nur ein Segment in unserem Portfolio. Wir handeln genauso auf Zinsmärkten, Währungsmärkten, Rohstoffmärkten bis hin zu kleineren Märkten wie Kaffee oder Baumwolle. Wir investieren nicht in einzelne Aktien, sondern in Aktienindizes, etwa den deutschen Aktienindex DAX oder den Dow Jones. Als Trendfolger profitieren wir von Preisbewegungen am Markt – egal ob die Kurse nach oben oder nach unten gehen. Für uns ist ein Aufwärtstrend genauso gut wie ein Abwärtstrend.
Ist ein Computer besser als die Analysen und das Bauchgefühl von Händlern?
Der Computer ist anders. Er schaltet menschliche Schwächen aus. Das beginnt bei der Angst und der Gier, die in der Finanzwelt immer eine Rolle spielen. Ein Computer kennt diese Gier – man will über Nacht reich werden – nicht. Er hat ein striktes Risikobegrenzungslimit einprogrammiert. Bei der A-Strategie wird bei der Eröffnung einer neuen Position maximal ein Prozent riskiert. Das ist ein überschaubares Investment.
Er riskiert nur ein Prozent? Können Sie das erläutern?
Wir haben drei Strategien in unseren Produkten: die A-, B- und C-Strategie. In der A-Strategie wird bei der Eröffnung einer neuen Position maximal ein Prozent des Fondskapitals riskiert, in der C-Kategorie maximal zwei Prozent. Ein Computer kann im Unterschied zu einem Fondsmanager rund um die Uhr arbeiten. Ein Computer wird nicht müde, nicht krank. Er kann große Datenmengen bewältigen. Sobald eine Position eingegangen wird, gibt es automatisch auch ein Stopp-Loss-Limit. So werden Verluste begrenzt. Auch Flugzeuge haben technische Unterstützung, sie haben einen Autopiloten.
Doch bei gravierenden Problemen schaltet der Pilot den Autopiloten aus.
Auch bei uns überwachen Mitarbeiter die Computer.
Wie oft wird das System umprogrammiert?
Gar nicht. Es läuft seit Anfang an sehr stabil. Im Jahresdurchschnitt haben wir seit 1996 für unsere Investoren eine Rendite von 18 Prozent erzielt.
Unter welchen Umständen könnte das System scheitern?
Ich wüsste keinen Grund, warum es scheitern sollte.
Andere Hedgefonds sind katastrophal gescheitert, wie etwa LTCM, Long Term Capital Management, im Jahr 1998.
Wir sind ein Trendfolgefonds, ein Managed Futures Fonds. International werden wir nicht als Hedgefonds gesehen. In Europa wirft man alles, was nicht klassisches Investment ist, umgangssprachlich in denselben Topf. LTCM hatte mit einer zigfachen Menge seines Kapitals gehandelt und über immense Kredite sein Volumen so vergrößert, dass es ein hohes Risiko einging. Wir brauchen kein Fremdkapital. Wir nutzen auch keine Leerverkäufe in Einzelaktien. Wenn Regierungen weiter Leerverkäufe auf Einzelaktien verbieten, betrifft uns das nicht. Viele Hedgefonds hatten letztes Jahr ein Liquiditätsproblem. Wir agieren auf sehr liquiden Märkten, den Terminmärkten. Die sind weltweit streng reguliert.
Neue Finanzmarktregeln werden angedacht. Welche Regulierungen befürworten Sie?
Wir befürworten mehr Transparenz und gleiche Marktbedingungen für alle Marktteilnehmer. Wir befürworten aber nicht, einem Fondsmanager zu sagen, was er zu tun hat. Bei Hedgefonds gibt es in einigen Ländern kaum Regulierungen, da muss man sicherlich eingreifen. Das muss dann aber auch für Banken gelten, die gewisse Geschäfte nicht in der Bilanz darstellen müssen.
Welchen Argumenten von Attac würden Sie zustimmen?
Es ist unbestritten, dass wir weltweit ein großes Umverteilungsproblem haben. Da muss man etwas tun. Deswegen kann man aber nicht Hedgefonds oder die Finanzwelt generell
attackieren.
Sind durch den Kapitalmarkt nicht viele Blasen entstanden?
Vieles hat nichts mit dem Kapitalmarkt zu tun. Wenn etwa riesige Agrarunternehmen Weizen vernichten, um den Preis auf einem bestimmten Niveau zu belassen. Da sind nicht Finanzspekulanten daran schuld, wenn der Weizenpreis steigt.
Befürworten Sie Finanztransaktionssteuern?
Nein. Damit würde keine Umverteilung stattfinden.
Eine Idee ist, mit so einer Steuer die UNO und ähnliche Organisationen zu finanzieren.
Um Umverteilungsprobleme zu regeln, muss man viel breiter ansetzen. Warum nur die Finanzindustrie? Warum beispielsweise nicht Industrieunternehmen, die letztlich auch von der Finanzindustrie abhängen? Warum mit einer Steuer den Kapitalmarkt blockieren? Man könnte genauso gut eine Vermögenssteuer einführen und einen Teil karitativen Einrichtungen übergeben.
Economy Ausgabe 72-04-2009, 24.04.2009