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26. Juli 2024

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„Was kann man da schon viel bewegen?“

„Was kann man da schon viel bewegen?“Andreas Urban

Die Gesundheitsreform ist im Herbst gescheitert. Der neue Gesundheitsminister Alois Stöger hat sich zudem mit der Pharma-Industrie angelegt. Pharmig-Präsident Hubert Dreßler gibt im economy-Interview Kontra.

Mit gesundheitspolitischen Themen kann man keine Wahl gewinnen, sehr wohl aber eine verlieren, ist eine alte politische Weisheit. Wohl mit ein Grund, warum bei der letzten Wahl das Thema Gesundheitsreform ausgespart wurde. Der neue Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ), ehemals Obmann der nicht defizitären oberösterreichischen Gebietskrankenkasse, soll nun Gesundheitswesen und marode Kassen reformieren.
Zur Entschuldung der Kassen (derzeitiges Minus von rund 1,2 Mrd. Euro) wurde noch im Dezember ein Vertrag unterzeichnet, in dem sich die Pharma-Industrie freiwillig verpflichtet, für die Jahre 2008 bis 2010 einen Beitrag von 180 Mio. Euro bereitzustellen. In einem Interview Ende 2008 bezeichnet Stöger diesen Betrag als „zu wenig“ mit einem Verweis auf zu hohe Medikamentenkosten: „Steigerungen bei den Medikamenten, die über dem Bruttoinlandsprodukt liegen, sind nicht akzeptabel.“ Der Verband der Pharma-Industrie, die Pharmig, war darüber erzürnt.
Ebenfalls Ärger bei der Pharmig löste Stögers Aussage aus, die Pharma-Industrie würde zu viel Geld für Werbung und zu wenig für Forschung ausgeben.

economy: Herr Dreßler, wie stehen Sie denn aktuell zum neuen Gesundheitsminister Alois Stöger?
Hubert Dreßler: Der Mann kommt aus dem Krankenkassenbereich. Dort werden Medikamente als einziger Bereich angesehen, in dem Kosten eingespart werden können. Der Vertrag mit den 180 Mio. Euro ist ausverhandelt und wird von der Pharma-Industrie sicher nicht erhöht – auch wenn der Minister das gerne hätte. Tatsächlich machen die Medikamente nur einen kleinen Teil der Gesamtkosten aus. Minister Stöger kann in Wahrheit wenig bewegen. Sein Ministerium hat das geringste Budget von allen Ministerien. Davon sind 97 Prozent festgelegt. Er hat einen Spielraum von rund 40 Mio. Euro – wenn er so viel bekommt wie die ehemalige Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky. Was kann man da schon viel bewegen?

Trotzdem soll sich Stöger jetzt mit der Gesundheitsreform befassen. Gibt es im Jahr 2009 Reformchancen?
Die Gesundheitsreform ist nicht erste Priorität der Regierung. Durch die Finanz- und Wirtschaftskrise ist alles wieder in den Hintergrund gerückt. Mein Vorschlag lautet: Weg mit dem Föderalismus. Alles, was das Gesundheitssystem betrifft, auch die Spitäler, soll in einer Hand sein, etwa im Ministerium oder einer eigenen Behörde. Nicht so gerne in der Hand des Hauptverbandes. Realistisch betrachtet wird es heuer aufgrund der Rezession leider wenig Veränderungen geben. Spätestens bis zum Finanzausgleich (des Bundes mit den Bundesländern, Anm. d. Red.) 2012 muss ein vernünftiges Modell her.

Wie soll man denn eine Gesundheitsreform Ihrer Meinung nach angehen?
Ich glaube, dazu sollte eine Experten-Elefantenrunde einberufen werden. Zuerst muss aber die Politik sagen, was sie will, das ist eine gesellschaftspolitische Entscheidung. Danach können die Experten eine Struktur entwerfen, um das gewünschte Ziel zu erreichen.

Ein großer Brocken ist wohl die Sanierung der „kranken“ Kassen. Das hat die Regierung ja auch bereits festgestellt.
Das muss heuer noch dringend begonnen werden. Ich sage es ganz pragmatisch: Ich denke, wir brauchen keine 23 Kassen. Ein Anachronismus ist jedenfalls die Tatsache, dass ein Hauptverband, der eigentlich der Dachverband sein sollte, kein Durchgriffsrecht auf die einzelnen Krankenkassen hat. Entweder es gibt lauter Einzelspieler, oder ich habe ein einheitliches System. Gleiche Beiträge, aber unterschiedliche Leistungen von Bundesland zu Bundesland, das kann nicht sein.

Was sind denn die Ziele der Pharmig in diesem Szenario?
Wir werden nach wie vor darauf drängen, dass Innovationen von den Krankenkassen stärker angenommen werden – und breiter, wo es nötig ist. Weiters, wie wir es schaffen, automatisch bei Verhandlungen mit dabei zu sein. Vor fünf Jahren hätte kein Journalist bei uns in Sachen Pharma-Industrie angerufen. Das hat sich geändert. Auch den Sozialpartnern wäre es früher nicht eingefallen, uns zu fragen, wie wir zu einer Gesetzesänderung stehen. Wir sind heute sicher geeinter in der Branche. Aber wir hätten zum Beispiel gerne einen Sitz in der Bundesgesundheitskommission.

Themenwechsel: Die Rezeptgebühr ist wieder angehoben worden. Konsumenten klagen über teure Medikamente.
Man muss zwischen Medikamenten unterscheiden, wo die Kassen zahlen und nur die Rezeptgebühr eingehoben wird, und jenen, die die Kasse nicht bezahlt. Und die sind durch die Mehrwertsteuersenkung günstiger geworden. Die Preise sind im europäischen Vergleich relativ nieder. Außerdem ist schon fast ein Viertel der Bevölkerung von Rezeptgebühren befreit, was dazu geführt hat, dass es dort im Vergleich zu Leuten, die Rezeptgebühren zahlen, 
einen fünffach höheren Medikamentenverbrauch gibt.

Stichwort Medikamentenverbrauch: Was sagen Sie zum Verkauf via Internet?
Ich halte nichts davon, weil ich denke, dass es wichtig ist, dass es eine Letztkontrolle gibt. Viele Leute betreiben zudem heute „Arzt-Hopping“. Und die unterschiedlichen Ärzte wissen nicht, was bereits alles verschrieben worden ist. Wir hätten das Problem nur dann im Griff, wenn via E-Card-System vermerkt wird, wo und welche Medikamente der Patient gekauft hat. Allerdings gibt es da Widerstände, vor allem von Seiten der Datenschützer. Österreich liegt im Medikamentenverbrauch übrigens weit unter dem EU-Schnitt, derzeit geben wir knapp unter 200 Euro pro Kopf im Jahr aus. Zum Vergleich: Frank-reich hat einen Pro-Kopf-Verbrauch von über 300 Euro pro Jahr. Allerdings steigt der Verbrauch hierzulande, da die Bevölkerung immer älter wird. Zurzeit sind das drei bis vier Prozent pro Jahr.

Bei Medikamenten gibt es zunehmend mehr Generika.
Ja, laut Statistik derzeit in etwa ein Viertel an Wert und 40 Prozent an Menge.

Wird es immer mehr Generika (nachgebaute, wirkstoff-idente Präparate, Anm. d. Red.) 
geben? Oder anders gesagt: Fehlt der Pharma-Branche die Innovationskraft?
Der Generika-Markt wird meiner Meinung nach noch zwei bis drei Jahre gut gehen. Einer der Hauptgründe dafür ist, dass die Volkskrankheiten wie Bluthochdruck und Diabetes bereits ausreichend mit Medikamenten, Generika, versorgt sind. Was nachkommt, sind nur Nischenprodukte für kleine Patientengruppen. Das lohnt sich für Generika nicht. Momentan ist es schwierig, neue Medikamente auf den Markt zu bringen. Der Markt ist praktisch gesättigt. Die Pharma-Branche ist im Umbruch. Es gibt drei Auswege: erstens die Produktion von Generika. Zweitens den Umbau und die Ausrichtung auf Nischenproduktion. Hier passiert auch einiges an Forschung, und es wird investiert. Dieser Weg ist der chancenreichste. Drittens bleiben noch Umstrukturierung und Personalabbau.

Wie sehen Sie Ihre Zukunft als Präsident der Pharmig?
Ich bleibe noch bis April 2010 Pharmig-Präsident. Sechs Jahre sind genug. Außerdem ist zurzeit ein Generationswechsel in der Branche im Gange. Es gibt viele neue junge Geschäftsführer. Einer aus diesem Kreise wird das Rennen machen.

Economy Ausgabe 69-02-2009, 15.01.2009

Lebenswissenschaft für die Zukunft

Lebenswissenschaft für die Zukunft

Das Tiroler Forschungsdienstleistungszentrum Cemit, 2007 gegründet, hat die Fäden zu zukunftsorientierter Medizin und IT-Forschung in der Hand: Oncotyrol befasst sich mit personalisierter Krebsforschung, Age Tyrol mit Gesundheits- und Altersforschung. Auch die Medizininformatik spielt für die künftige Entwicklung eine große Rolle

„Wir machen nicht Wald-und Wiesen-, sondern Life-Science-Projekte“, gibt sich Philipp Unterholzner, einer der zwei Cemit-Geschäftsführer, selbstbewusst und glaubt daran, dass die aktuelle Finanzkrise der Medizin-Forschung nur wenig anhaben kann. Noch dazu, wenn sie von der FFG (Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft) bereits für die nächsten vier Jahre fix budgetiert ist.
Das Tiroler Cemit (Center for Excellence in Medicine and IT), das im April 2007 aus dem Zusammenschluss der bereits 2002 gegründeten Kompetenzzentren KMT (Kompetenzzentrum Medizin Tirol) und Hitt (Health Information Technologies Tyrol) fusioniert wurde, versteht sich nicht nur als Dienstleister und Projektabwickler für Forscher, sondern als „Inkubator, aber auch administrativer Partner für große und größte Forschungsprojekte und -zentren“, betont Unterholzner.

Das Cemit hat zurzeit 21 Mitarbeiter, das Budget aller betreuten Forschungsprojekte beträgt insgesamt rund 78 Mio. Euro. Flaggschiff der betreuten Forschungsaktivitäten ist Oncotyrol, das im Zuge des Comet-Programms (Competence Center of Excellent Technologies: das neue Kompetenzzentren-Programm des Bunds, abgewickelt durch die FFG) als K1-Zentrum bewilligt worden ist.
Comet fördert Forschungsleistungen, getragen von Wissenschaft und Wirtschaft. Die höchste Stufe sind K2-Zentren, gefolgt von den K1-Zentren wie Oncotyrol und drittens den K-Projekten. Oncotyrol bündelt die Tiroler Forschungsaktivitäten in der Krebsforschung. Erstmals arbeiten Forscher aller drei Tiroler Unis (Med-Uni Innsbruck, Ludwig-Franzens-Uni, Privat-Uni Umit) zusammen. Oncotyrol fokussiert auf die drei Bereiche chronische Leukämie, Prostata- und Brustkrebs und zielt auf personalisierte Krebsforschung ab.
Im Konsortium von Oncotyrol finden sich neben den drei Unis, dem Land Tirol (Tiroler Zukunftsstiftung), der Tilak (Tiroler Landeskrankenhäuser) und der Cemit auch noch zahlreiche Pharma-Unternehmen.

Oncotyrol: Kampf dem Krebs
Im Vorfeld der Gründung von Oncotyrol, das über vier Jahre über ein Budget von 24 Mio. Euro verfügt, hatte es Probleme gegeben: Ursprünglich war es als K2-Zentrum geplant. Davon waren aber nur drei vorgesehen. Da die Tiroler auf dem vierten Platz landeten, drohte das Scheitern. Schließlich wurde daraus ein K1-Zentrum. Seit vergangenen Sommer wird gearbeitet, mit mehrmonatiger Verspätung wurde die Oncotyrol GmbH dann Anfang 
Oktober 2008 gegründet. Aus dem beabsichtigten Folge-antrag für eine Umstellung auf ein K2-Zentrum wird jedoch nichts. Gründe dafür waren Wirren an der Medizin-Uni, die dazu führten, „dass ein Teil der Oncotyrol-Projekte nicht so reibungslos starten konnte wie geplant“, wie Unterholzner eingestand.
Dafür freut man sich beim Cemit jetzt über erste Ergebnisse: Gottfried Baier von der Sektion für Humangenetik der Medizinischen Universität Inns-bruck, der auch Leiter eines Forschungsbereichs bei Oncotyrol ist, hat ein Patent und eine Publikation eingereicht, die sich mit einer Immunzelltherapie gegen Krebs befassen. „Bis zum Sommer sollen alle 27 Projekte bei Oncotyrol gestartet sein“, hofft Unterholzner. Zweites Großprojekt ist Age Tyrol, das darauf abzielt, die Gesundheit älterer Menschen möglichst lange zu erhalten. Dafür wurde von der Cemit im Zuge der zweiten Comet-Ausschreibung ein Antrag als K1-Zentrum bei der FFG eingebracht. Die Entscheidung über Age Tyrol (Budget: 18 Mio. Euro) fällt im Frühjahr. Läuft alles nach Plan, so kann das neue Zentrum für Altersforschung 2010 die Arbeit aufnehmen. Auch im Bereich Medizin-Informatik ist das Cemit aktiv. So wurde im Projekt Health@net ein Prototyp für eine IT-Vernetzung von Spitälern und niedergelassenen Ärzten entwickelt. Künftig sollen Befunde elektronisch übermittelt werden. Noch im ersten Quartal wird mit der Implementierung gestartet.

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Economy Ausgabe 69-02-2009, 15.01.2009

Das Wissen der Welt bewahren

Das Wissen der Welt bewahren

Dietrich Schüller: „Es müssen gerade im digitalen Zeitalter wesentlich höhere Anstrengungen als bisher unternommen werden, um die Bewahrung des Wissens als Grundlage des kulturellen und zivilisatorischen Fortschritts zu gewährleisten“, erklärt der ehemalige Direktor des Phonogrammarchis der ÖAW.

economy: Worin besteht Ihre persönliche Motivation, sich für das Unesco-Projekt „Memory of the World“ (siehe Artikel auf Seite 8) zu engagieren?
Dietrich Schüller: Wenngleich ägyptische Papyri Jahrtausende und mittelalterliche Pergamente Jahrhunderte überlebt haben, so wird die Frage der Stabilität von Dokumenten immer prekärer. Saures Papier zerfällt, die Lebensdauer audiovisueller Dokumente kann bestenfalls mit einigen Jahrzehnten angenommen werden, elektronische Dokumente werden ohne spezielle Obsorge oft schon nach wenigen Jahren unlesbar. Es müssen gerade im digitalen Zeitalter wesentlich höhere Anstrengungen als bisher unternommen werden, um die Bewahrung des Wissens als Grundlage des kulturellen und zivilisatorischen Fortschritts zu gewährleisten.
Wir müssen einerseits danach trachten, das traditionelle, noch analog vorliegende Wissen digital verfügbar zu machen, damit es nicht vergessen wird, und andererseits auch bereit sein, digitale Information – seien es nun Digitalisate von traditionellen Dokumenten oder die quantitativ ungemein rasch wachsende Menge von „Born-digital Documents“ – langfristig verfügbar zu halten. Das kostet erheblich mehr, als wir bisher für Wissensbewahrung ausgegeben haben. Der Lohn für diese Anstrengungen ist der wirk-lich demokratische Zugang zu Kultur und Wissen in einem noch niemals erfahrenen Ausmaß. Die Unesco ist das zuständige internationale Forum, in dem die mit diesen Chancen, aber auch Gefahren verbundene Entwicklung politisch diskutiert werden können. Meine persönliche Motivation als Anthropologe gründet sich auf den Umstand, dass die oral tradierte sprachliche und kulturelle Vielfalt der Menschheit in besonders gefährdeten audiovisuel-len Dokumenten festgehalten ist. Als ehemaliger Leiter eines international an-erkannten und vernetzten wissenschaftlichen audiovisuellen Archivs, das nicht unwesentlich zur Entwicklung der audiovisuellen Archivwissenschaft beigetragen hat, ist die Unesco eine besonders geeignete Plattform, Initiativen zur Bewahrung der Dokumente der sprachlichen und kulturellen Vielfalt an die Ursprungsländer heranzutragen.

Was bedeutet es für Österreich, an diesem Projekt beteiligt zu sein?
Österreich ist besonders reich an bedeutenden Dokumenten. Es ist aber nicht unsere Absicht, unbedingt unter den „Weltmeis-tern“ zu rangieren. Vielmehr ist gerade dieser Reichtum ein guter Anknüpfungspunkt, um unsere Politiker und Entscheidungsträger, aber auch eine breite Öffentlichkeit darauf aufmerksam zu machen, dass gerade im digitalen Zeitalter eine Vervielfachung der Anstrengungen notwendig ist, das Wissen, das alte wie das täglich hinzukommende, als Zivilisationsgrundlage zu bewahren. Das kostet mehr, als wir bisher für die klassischen Repositorien des Wissens – Archive und Bibliotheken – ausgegeben haben. Der Gewinn ist aber gerade durch die digitale Technik der Verbreitung unverhältnismäßig größer als der, den wir bisher mit den klassischen Institutio-nen und ihren Benützungsmöglichkeiten erreichen konnten.

Nach welchen Kriterien wurden Österreichs Beiträge ausgewählt?
Es wurde versucht, Dokumente beziehungsweise Sammlungen zu nominieren, die den recht komplexen Kriterien des Programms entsprechen. Im Wesentlichen handelt es sich hierbei um die „Universal Significance“ solcher Nominierungen, die im Einzelnen gut argumentiert werden müssen, was uns im Wesentlichen auch gelungen ist.

Wird aus Österreich in absehbarer Zeit ein neuer Beitrag dazukommen?
Die Regeln des Programms erlauben pro Staat alle zwei Jahre zwei Nominierungen. 
Österreich hat – zusammen mit Deutschland – mit zehn Nominierungen die höchste Anzahl im internationalen Register. Weil dies aber nicht als sportliches Wettrennen missverstanden werden soll, hat Österreich bei der letzten Runde bewusst auf eine weitere Nominierung in der letzten Runde verzichtet. Es ist derzeit noch nicht klar, ob sich Österreich an der nächsten Runde zurückhalten oder wieder beteiligen wird.

Welche Länder „fehlen“ noch im Unesco-„Memory“?
„Memory of the World“ ist im Vergleich etwa zum Weltkulturerbe-Programm noch relativ jung. Die erste Nominierungsrunde fand 1997 statt. Bisher gibt es 158 Eintragungen von 67 Ländern, einer internationalen Organisation und einer privaten Stiftung, das heißt, es fehlen noch knapp zwei Drittel aller Länder. Da sich eine Nominierung immer auf Dokumente von „Universal Significance“ bezieht, ist es für viele kleine und junge Staaten oft schwer, geeignete Nominierungen zu machen. Dies stellt auch einen Kritikpunkt am Programm dar. Viele dieser Staaten konnten sich aber bisher erfolgreich im Programm „Intangible Cultural Heritage“, also des immateriellen Kulturgutes, behaupten.

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Economy Ausgabe 69-02-2009, 15.01.2009

Zeugen der Vergangenheit

Zeugen der Vergangenheit Fotolia.com

Das „Memory of the World“-Programm ist ein Langzeitprojekt der Unesco, das sich zum Ziel gesetzt hat, das Gedächtnis der Menschheit zu erhalten. Entstehen soll ein globales Register der historisch bedeutendsten Dokumente wie wertvolle Buchbestände, Handschriften, Partituren, Unikate, Bild-, Ton- und Filmdokumente.

Wer entscheidet heute, woran wir uns morgen noch erinnern werden? Welche Geschichte erzählen überlieferte Sammlungen über die wichtigen kulturellen Wendepunkte der Menschheit, und welchen zeitgeschichtlichen Spiegel halten sie uns vor? Mit diesen und ähnlichen Fragen beschäftigt sich das 1992 von der Weltbildungsorganisation Unesco ins Leben gerufene Programm „Memory of the World“. Festgehalten in einem Weltregister, stellt es ein globales digitales Netzwerk mit ausgewählten, herausragenden Dokumenten der Geschichte dar – darunter wertvolle Buchbestände, Handschriften, Partituren, Unikate sowie eine Vielzahl von Bild-, Ton- und Filmdokumenten. Eine Erweiterung fand „Memory of the World“ mit der „Charta zum Erhalt des digitalen Kulturerbes“ aus dem Jahr 2003. Diese umfasst fachliche und kulturpolitische Maßnahmen zur Frage der Langzeitarchivierung von digitalisierten Dokumenten sowie ausschließlich digital vorhandenen Materialien. Dabei geht es auch darum, dass nicht nur die Digitalisierung von Dokumenten, sondern auch der langfristige Zugang zu diesen und somit die Erhaltung des dokumentarischen Erbes gesichert sein muss.
Aktuell umfasst das Register 158 Beiträge aus aller Welt, darunter die 21 Thesen der Solidarnosc, die Kolonialarchive Be-nins, Senegals und Tansanias, der Azteken-Kodex in Mexiko, die Archive des Warschauer Ghettos, das älteste noch erhaltene Manuskript des Korans „Mushaf von Othman“ aus Us-bekistan sowie als erste Zeugnisse des Buchdrucks die Göttinger Gutenberg-Bibel und der koreanische Frühdruck Jikji (eine Anthologie der Zen-Lehre).

Österreich aktiv beteiligt
Österreich ist mit neun Beiträgen und einer Gemeinschafts-eintragung im „Memory of the World“-Register vertreten (siehe Kasten). Die Österreichische Unesco-Kommis-sion widmet sich darüber hinaus aber auch der Frage, wie Langzeitarchivierung im digitalen Zeitalter grundsätzlich auszusehen hat beziehungsweise welche Risiken und Hindernisse diese birgt. Mittlerweile ist das Bewusstsein für die Problematik deutlich gestiegen. Zahlreiche Studien zum Thema und permanente Arbeitsgruppen tragen dafür Sorge, dass dabei auch der Unesco-Charta zur Bewahrung des digitalen Kulturerbes Rechnung getragen wird – so etwa hat die Österreichische Computer-Gesellschaft einen Arbeitskreis „Digital Preservation“ eingerichtet.
Vereinfacht ausgedrückt dient das „Memory of the World“-Programm der Unesco dem Erhalt des dokumentarischen Welterbes. Zum einen soll das „Gedächtnis der Menschheit“ vor Zerstörung durch Umwelteinflüsse, schlechte Lagerbedingungen sowie zeitbedingte Zersetzung des Materials bewahrt werden. Zum anderen aber soll so auch der weltweite Zugang zu kulturell bedeutenden und historisch wichtigen Dokumenten auf neuen informationstechnischen Wegen sichergestellt sein. Der Eintrag in das Unesco-Weltregister gilt als internationale Auszeichnung.

Nationale Nominierungen
Die Herkunftsländer verpflichten sich dazu, die Erhaltung und Verfügbarkeit des jeweiligen dokumentarischen Erbes zu gewährleisten. Die nationalen Nominierungskomitees können Dokumente von internationaler Bedeutung, die den Unesco-Kriterien entsprechen, für die Nominierung vorschlagen. Über die endgültige Aufnahme entscheidet in weiterer Folge ein internationales Berater-komitee.

Österreichs Einträge im „Memory of the World“-Register
• Das Wiener Dioscurides-Manuskript, Österreichische Nationalbibliothek
• Das Schlussdokument des Wiener Kongresses 1815, Österreichisches Staatsarchiv
• Die historischen Sammlun-gen (1899–1950) des Phonogrammarchivs der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
• Die Papyrussammlung (Col-lection Erzherzog Rainer), 
Österreichische National-bibliothek
• Schubertsammlung, Wiener Stadt- und Landesbibliothek
• Atlas Blaeu-Van der Hem, Österreichische National-bibliothek
• Brahms-Sammlung, Gesellschaft der Musikfreunde
• Gotische Baurisse, Kupferstichkabinett der Akademie der bildenden Künste
• Bibliotheca Corviniana, 
Österreichische Nationalbibliothek (mit Ungarn, Belgien, Deutschland, Frankreich und Italien nominiert)
• Tabula Peutingeriana, Österreichische Nationalbib-liothek

Economy Ausgabe 69-02-2009, 15.01.2009

Performative Wissenschaft

Performative WissenschaftAndreas Urban

Performative Wissenschaft ist keine kleinlöchrige Sache, der man sich durch kurzes, heftiges Reißen entledigt. Es handelt sich dabei um einen bunt schillernden Kosmos zwischen Kunst und Erkenntnis.

Nicht nur Kommunikationswissenschaftler, Soziologen und Informatiker und vor allem Medienmogule befassen sich mit den Neuen Medien. Zunehmend erregen diese auch die Aufmerksamkeit der Philosophen.
Ein ganz schlauer unter ihnen, Odo Marquard nämlich, beschrieb einmal recht filmreif – er selbst prägte den Ausdruck „Transzendentalbelletristik“ – seine eigene Zunft: „Der Philosoph ist nicht der Experte, sondern der Stuntman des Experten: sein Double fürs Gefährliche. Ein Stuntman, der nicht halsbrecherisch agiert, ist nichts wert.“ Man muss dem Denker ein wenig recht geben.

Brückenbauer
Auf der Besetzungsliste ganz oben rangiert Hans H. Diebner, Leiter des Instituts für Neue Medien in Frankfurt am Main, der sich schwerpunktmäßig den Forschungsgebieten performative Wissenschaft und operationale Hermeneutik widmet. Merkmal der performativen Wissenschaft ist der „Wille zur Verhandlung zwischen Kunst und Wissenschaft“, so Diebner. Der Begriff performative Wissenschaft habe sich trotz der möglichen falschen Gewichtung in vielerlei Hinsicht bewährt, vor allem, weil er der zunehmenden Anerkennung von Performativität in den Naturwissenschaften und in der Kybernetik Rechnung trage. Ähnlich der Kybernetik, das heißt der Wissenschaft von der Funktion komplexer Systeme, möchte der Wissenschaftler mittels seiner Methodik neue Erkenntniswege in einer Vielfalt von Erfahrungsbereichen eröffnen.
Diebners Forschungsinteressen kreisen um das Thema Komplexität in einem weiteren Sinne. Die einzelnen Schwerpunkte umfassen die Modellierung und Simulation von nichtlinearen Systemen, künstliche Intelligenz, Gehirndynamik sowie philosophische Probleme im Zusammenhang mit der Komplexitätsforschung. „Durch mein Engagement in den Umweltsystemwissenschaften an der Universität Graz stehen ökologische Systeme oft im Mittelpunkt meines Interesses. Wegen der zunehmenden Vi-realität (Kopplung substanzieller und virtueller Realitäten, Anm. d. Red.) unseres Lebens betrachte ich auch das Internet als Teil der Umwelt, was neue ökologische Konzepte nach sich zieht, um beispielsweise auch den Wechselwirkungen mit künstlich intelligenten „Knowbots“ (unabhängige, selbst agierende Software-Programme, die im Internet nach Informationen suchen, Anm. d. Red.) im virtuellen Raum Rechnung zu tragen.“

L’art pour l’art
In Kunst und Wissenschaft wird das Thema im 21. Jahrhundert erneut virulent. Dass die beiden Kulturwelten in der griechischen Philosophie und in der Renaissance, im Speziellen bei Leonardo da Vinci, quasi als eins gedacht wurden, hat nicht ihre Spaltung verhindern können.
Vor allem aus der sogenannten Medienkunst heraus haben sich jedoch nun zahlreiche Künstler dem Thema Kunst und Wissenschaft verschrieben. Es gibt sogar neue Fachbereiche an Kunsthochschulen, die durch ihre Namensgebung wie „Kunst als Forschung“ oder „Interface-Cultures“ ihre Nähe zur Wissenschaft ausdrücken. Umgekehrt glauben Wissenschaftler, nicht nur aufgrund ihrer kreativen Vorgehensweisen, sondern auch durch den Einsatz sinnlicher Darstellungen (Bild, Ton Haptik und anderen) eine Ästhetik zu pflegen, die Kunstcharakter hat.
„Performative Wissenschaft, wie sie am Institut für Neue Medien in Frankfurt erforscht und umgesetzt wird, möchte nicht den unmöglichen Versuch unternehmen, Kunst und Wissenschaft zu vereinigen. Vielmehr geht es darum, die Komplementarität der beiden Kulturen fruchtbar zu nutzen, indem gewissermaßen ein Oszillieren zwischen den Disziplinen erlaubt und gefördert wird. Organisationswissenschaften, Wissensmanagement oder Forschungsbereiche, die sich Kompetenzforschung nennen, gesellen sich heute zur schon fast traditionellen Zukunftsforschung, deren erklärtes Ziel es – unter anderen – ist, Regeln für eine innovative Umgebung zu schaffen.“

Mensch und Modell
Natürlich geht die performative Wissenschaft über die Forderung hinaus, Künstler in wissenschaftliche, ökonomische, politische und weitere Projekte einzubinden, quasi als Partner, die sich besonders auf den Perspektivenwechsel verstehen. Es wird ganz konkret an einem Interface-Design gearbeitet, das in einem möglichst geringen Umfang von Benutzermodellen ausgeht und stattdessen Freiheitsgrade für einen Prozess ermöglicht. Viele der heute im elektronischen Raum in die Software integrierte und auf dem eigenen Computer oder im Internet im Einsatz befindlichen intelligenten Algorithmen, sogenannte Bots, würden aufgrund eines individuell erstellten Benutzerprofils dessen Kreativität einzuschränken versuchen, so Diebner.
Neben den erwähnten Navigationswerkzeugen im Datenraum werden auch konkrete Konzepte für wissenschaftliche Forschung im Bereich der Erforschung komplexer Systeme, insbesondere kognitiver Vorgänge, erstellt. Das Wesentliche hierbei ist die Einbindung des kreativ handelnden Menschen in das Modell. Hier sind künstlerische Ansätze gefragt, wie sie in der interaktiven Medienkunst anzutreffen sind.
Es verwundert daher nicht, dass zusammen mit Künstlern Museumsinstallationen entworfen werden und das Museum quasi als Genius Loci gesehen wird, um wissenschaftliche Feldstudien, gepaart mit dem über eine bloße Didaktik hinausgehenden Angebot an die Museumsbesucher für die Auseinandersetzung mit wissenschaftlichen Konzepten, durchzuführen.

Installation und Performance
Entscheidend für die performative Wissenschaft sei „die körperliche Involviertheit des Forschers“, resümiert Diebner. Eine gänzliche Abgrenzung von einer Aufführung sei deshalb auch gar nicht intendiert, da sich konsequenterweise für die performative Wissenschaft auch der Publikationsstil ändern muss, der Kunstinstallationen oder Performances beinhalten kann. Außerdem spielen Performances als experimentelles Design eine wesentliche Rolle.

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Economy Ausgabe 69-02-2009, 15.01.2009

„Und in Wien auch noch dazu“

„Und in Wien auch noch dazu“Andreas Urban

Europäische Erfahrungen aus der Telekom-Liberalisierung, das Fehlen neuer „Killer-Applikationen“, der Forschungsstandort Wien, Ressourcenprobleme von kleinen Unternehmen für Forschungspartnerschaften und die Liebe zu Büchern: Wolrad Rommel, neuer Chef des Forschungszentrums Telekommunikation Wien, im Gespräch.

Die österreichische Forschungslandschaft befindet sich in einer Neustrukturierungsphase. Das Förderprogramm Comet des Bundes sowie neue Strategien der Stadt Wien beziehen entsprechend auch das 1998 gegründete Wiener Forschungszentrum FTW ein. Internationale Exzellenz ist die neue Vorgabe. Gleichzeitig kürzt die neue Bundesregierung die Forschungsbudgets, und die Situation in der Wirtschaft ist nicht einfacher geworden. Wolrad Rommel ist neuer Chef des FTW. Der studierte Jurist und Rechtswissenschaftler gilt als profunder internationaler Experte für Informations- und Telekommunikationstechnologien.

economy: Was bringt einen Juristen in die Telekommunikationsbranche?
Wolrad Rommel: Es gab eine Ausschreibung des Forschungsinstituts des damaligen deutschen Postministeriums, wo ein juristischer Berater zum Thema Liberalisierung gesucht wurde.

Und was bringt einen renommierten internationalen Experten nach Österreich?
Ich habe gezielt eine Position im Ausland gesucht. Das FTW hat international einen guten Namen, und in Wien liegt es auch noch dazu.

Sie haben viele internationale Regierungen, etwa die von Deutschland, Russland und Brasilien, im Zuge der Telekom-Liberalisierung beraten. Wenn Sie zurückblicken, ist alles gut gelaufen mit der Liberalisierung in Europa?
Beginnen wir mit Deutschland. Es gab erste Erfahrungen aus Großbritannien und aus den USA, wo gerade der erste große Monopolist (AT&T, Anm. d. Red.) zerschlagen wurde. Naiv, wie wir waren, dachten wir an alternative Infrastrukturen über Wettbewerber aus dem Energiebereich oder aus dem Bahnbereich mit vorhandenen Netzen. So steigt man ein, die Entwicklung läuft aber dann ganz anders.

Was insbesondere für den Mobilfunkbereich gilt, auch aufgrund unterschiedlicher Technologien?
Richtig. Zusätzlich sind das auch unterschiedliche Märkte mit unterschiedlichen Gesetzmäßigkeiten.

Österreich gilt international bei der Preisderegulierung im Mobilfunkbereich als Vorzeigemarkt. Die Preiskämpfe wirken sich entsprechend negativ auf die Ertragskraft bei den Anbietern aus. Sehen Sie noch weiteren Regulierungsbedarf, und wo sehen Sie neue Ertragsquellen für die Industrie?
(lacht) Deregulierungspotenzial gibt es immer. Die Frage ist nur, ob es volkswirtschaftlich sinnvoll ist. Man muss die richtige Balance finden, sodass für die Anbieter ein langfristig profitables Geschäftsmodell bleibt. Thema Breitband: Wenn man einen weiteren Ausbau der Infrastruktur machen will, dann erfordert das ein erhebliches Investment. Und es erfordert entsprechende Anreize für die Anbieter. Da es hier um sehr langfristige Engagements geht, ist das gerade jetzt ein schwieriger Überzeugungsprozess bei den Banken. In Deutschland redet die Telekom nunmehr auch mit anderen Anbietern für ein gemeinsames Engagement. Das wäre vor nicht allzu langer Zeit noch undenkbar gewesen.

Sind neue „Killer-Applikationen“ in Sicht – wie seinerzeit SMS?
Wenn, dann wäre das schon auf dem Markt. Ich glaube nicht, dass es nochmals so etwas wie SMS geben wird. Ergeben können sich neue netzübergreifende Dienstleistungen. Grundsätzlich muss man zwischen Nischen- und Massengeschäft unterscheiden. Das alte klassische Massengeschäft ist aber nicht mehr möglich. Die nächste Schwierigkeit für die alten traditionellen Anbieter sind Personalstrukturen, die eigentlich zur künftigen Welt nicht mehr passen. Das muss man an dieser Stelle ganz deutlich sagen. Man muss diese Diskussion jetzt führen und Lösungen finden. Dann kann auch das Festnetz ein lukratives Geschäft sein.

Wie sehen Sie die österreichische Forschungs- und Entwicklungslandschaft und die internationale Rolle von 
Österreich?
Gut. Ich finde, Österreich beschreitet einen guten Weg. Insbesondere beim Comet-Programm, weil es hier um die Zusammenarbeit von angewandter Forschung und Wirtschaft geht. Das gibt es in dieser Form in Deutschland nicht. Ein Ansatz, aus dem man viel machen kann. Dazu kommt, dass in den letzten Jahren in Österreich auch wissenschaftlich gute Arbeit geleistet wurde.

Teilen Sie die von der Forschungs- und Entwicklungspolitik anvisierte Excellence-Strategie?
Das Wort Spitzenforschung gefällt mir besser. Dazu brauche ich aber eine breitere Basis zum Aufsetzen. Da geht es bei notwendiger empirischer Forschung, bei Forschungsnetzwerken und -verbünden los. Ein kleiner Standort wie Österreich kann nur erfolgreich sein, wenn er sich auf seine Stärken konzentriert und überlegt, auf welchen Gebieten er gut ist.

Welche Gebiete sind das?
Ich bin jetzt noch nicht so lange hier, aber die Bereiche Telekommunikation und Informationstechnologien können das durchaus sein, und hier wiederum insbesondere Kommunikationstechnologien.

Kann man nicht auch in kleineren Nischen gute und ökonomisch sinnvolle Forschung und Entwicklung betreiben?
Nein. Da haben sich einfach die Rahmenbedingungen zu sehr geändert. Bei Spitzenforschung arbeitet man mittlerweile in Clustern zusammen, sie müssen auf Kongressen präsent sein, in den Journalen und so weiter. Als kleine Einheit finden sie nicht das nötige Gehör. Spitzenforschung setzt eine bestimmte Größe voraus.

Im Zuge der neuen Regierungsbildung sind plötzlich 90 Prozent des bereits fixierten Forschungs- und Entwicklungsbudgets verschwunden. Wäre so etwas in Deutschland denkbar?
(lacht) So etwas kann überall in der Welt passieren. Das ist halt Politik.

Überaus beruhigend.
Wir müssen kämpfen. Und das machen wir ja alle. Wir sind in einer Zeit, wo man klug in die Zukunft investieren muss, und da gehören Bildung und Wissenschaft einfach dazu. Ich nehme die Ankündigungen der Regierung ernst und denke, sie werden diese Richtung halten.

Peter Takacs von der AWS (Austria Wirtschaftsservice, Anm. d. Red.) hat im economy-Interview einen neuen Fonds zur Schaffung von Venture/Risiko-Kapital für die Forschung angekündigt. Was halten Sie davon?
Ich halte das sogar für sehr sinnvoll! Statt sich wo zu verspekulieren, sollte man das Geld in Innovation stecken. Wir sind auch am FTW schon oft beim Thema Risikofinanzierung gestanden. Es braucht aber dann auch die richtigen Unternehmer. Die meisten Gründungen scheitern nach der Entwicklung an der Vermarktung.

Es gibt aber leider auch keine entsprechende Bewusstmachung seitens der Forschungs- und Entwicklungspolitik im Hinblick auf dieses Manko. Förderungen und Ressourcen gibt es für die Entwicklung, für den Marktauftritt aber nicht.
Da kommen wir zu den Grenzen des EU-Förderrechts. Aber es gibt ja auch andere intelligente Lösungen, etwa über die Förderung von Kow-how-Aufbau oder ähnlichen externen Ressourcen.

Es gibt aktuell mit A:NET ein Förderprogramm des Bundes zum Thema Breitband. Kritiker monieren, dass Bandbreiten das eine sind und das Problem eher die Inhalte sind. Wie sehen Sie das?
Das ist in der Tat eine große Herausforderung. Meine Idee wäre, man macht Modellstädte, wo man gemeinsam mit den Nutzern überlegt und testet, was nachgefragt wird: welche Inhalte, welche Services, welche technischen Dinge. Die Ideen sollten primär von der Anwenderseite kommen.

Kommen wir zum FTW: Welche Rolle hat es in der österreichischen Forschungs- und Entwicklungslandschaft?
Programme wie Comet oder die CD-Labors (Christian Doppler-Labors, Anm. d. Red.) sollen weiter geführt werden. Das sind auch international erfolgreiche Modelle. Wichtig ist eine langfristige Kontinuität und die Kombination von Forschung und Wirtschaft. Auch beim FTW. Es gab seitens der Politik einmal die Idee, dass sich Forschungszentren langfristig ohne öffentliche Mittel finanzieren können. Das halte ich für eine Illusion. Im Wissenschaftsbereich braucht man immer eine Art Grundfinanzierung. Am FTW haben wir jetzt über Comet eine Förderung über die nächsten sieben Jahre, und ich baue meine Strategie über diesen Zeitraum hinaus auf.

Das FTW hat viele junge, internationale Forscher. Ist es so attraktiv?
Die Antwort ist Reputation und Anerkennung. Und das zweite: selbstverständlich der Standort Wien.

Im Zuge des neuen Förderprogramms Comet des Bundes über die FFG (Forschungsförderungsgesellschaft, Anm. d. Red.) waren die letzten zwei Jahre von einiger Unsicherheit bei den zukünftigen Fördermitteln geprägt. Speziell für das FTW war auch die Strategie der Stadt Wien unklar. Wie geht es aktuell mit den öffentlichen Fördergebern?
Ich kann nicht mehr klagen (lacht). Der Programmrahmen steht. Jetzt liegt der Ball bei uns, dass wir das Fördervolumen ausschöpfen können und auch das, was uns die Stadt Wien zugesichert hat. Hier möchte ich mich nochmals ausdrücklich bedanken, dass der ursprüngliche Rahmen nun eingehalten wurde. Wir müssen jetzt neue Industriepartner gewinnen, zusätzlich zu den bestehenden.

Und wie geht es dem FTW aktuell mit der Bereitschaft der Wirtschaft, sich an Forschungs- und Entwicklungs-projekten zu beteiligen?
Ich habe Wirtschaftspartner, die absolut hinter uns stehen und schätzen, was wir tun. Mir geht es wie Airbus: Gut gefüllte Auftragsbücher, und was wir realisieren, wird sich am Ende des Jahres herausstellen.

Das Verfahren vom Antrag bis zur Entscheidung bei großen Förderprogrammen dauert über ein Jahr, der Ausgang ist offen. Wie halten Sie über einen so langen Zeitraum Ihre Wirtschaftspartner und Ihre Mitarbeiter bei der Stange?
Wie immer hilft auch hier nur eine Vorwärtsstrategie. Ziel ist es, zu wachsen und parallel Abhängigkeiten zu minimieren. Falls ein Partner oder eine Förderschiene ausfällt, darf uns das nicht mehr in Gefahr bringen. Insbesondere bei den Förderungen, das ist auch eine Erfahrung der letzten zwei Jahre. Unter den jetzigen Rahmenbedingungen ist das nicht einfach, aber es ist auch eine Chance, weil Unternehmen vielleicht gerade jetzt gezielter in die Zukunft investieren werden.

Förderanträge beim Comet-Programm haben bis zu 600 Seiten pro Antrag. Die Evaluatoren der Anträge, die letztendlich über Erfolg oder Misserfolg entscheiden, sollen in kurzer Zeit mehrere solcher Anträge lesen, verstehen und bewerten. Wie man an der letzten Comet-Runde gesehen hat, kann das systemimmanent nicht ordentlich funktionieren. Wie könnte man das optimieren, ohne die nötige Sorgfalt bei der Vergabe von Steuergeldern zu minimieren?
Ich sehe das leidenschaftslos. Wichtig ist, dass es eine Bereitschaft zum offenen Austausch und zum Lernen bei allen involvierten Institutionen gibt. In Deutschland können Antragsverfahren noch aufwendiger sein. Natürlich ist es ein großer Aufwand, der viele Ressourcen bindet, aber am Ende hat man auch einen großen Vorteil. Das FTW ist nun evaluiert, wir wissen, es passt, und müssen keine neuen Einzelanträge stellen. Aber auch die fördergebenden Stellen müssen auf der sicheren Seite sein, Stichwort EU-Vorgaben, und wissenschaftliche Qualität muss gegeben sein. Ich bin aber sofort dabei, wenn es um Vereinheitlichung und um Entbürokratisierung geht.

Bei Ihren Wirtschaftspartnern finden sich überwiegend große Industriepartner. Warum ist Forschung bei Klein- und mittleren Unternehmen (KMU) viel zu wenig Thema?
Weil die kleinen aus ihrem operativen Geschäft innovativ getrieben sind und für Strategie keine Zeit bleibt. Und weil sich große Unternehmen das leichter leisten können.

Was für mich aber genau der Widerspruch ist. Ein Forschungs- und Entwicklungszentrum könnte genau deswegen die ausgelagerte Abteilung eines KMU sein und nicht ein großes bedienen, das ohnehin schon eine eigene Forschungsabteilung hat.
Das stimmt grundsätzlich. In der Praxis braucht es aber einen finanziellen Rahmen und personelle Ressourcen. Genau da fehlt es bei KMU. Wir werden überlegen, wie wir Innovation bei KMU gezielt unterstützen können.

Wo liegen die Schwerpunkte bei den FTW-Projekten?
Es geht um die Möglichkeiten künftiger Vernetzung und um neue intelligente Anwendungen. Wir möchten den Anwender in den Mittelpunkt stellen und dazu die benötigte Technik kreieren. Telekommunikation und neu die Verkehrstelematik und der Energiebereich sind Schwerpunkte. Primär geht es um kooperative Forschungsprojekte entlang der Wertschöpfungskette. Etwa ein Infrastrukturbetreiber wie Mobilkom oder Asfinag zusammen mit Herstellern auf der einen und Anwendern auf der anderen Seite.

Was funktioniert nicht gut?
Projekte mit Unternehmen im direkten Wettbewerbsverhältnis. Wir werden kaum alle Mobilfunker an einen Tisch bringen. Nur wo gemeinsame Interessen an Forschungsentwicklungen da sind, geht das.

Auf der FTW-Website findet man viele wissenschaftliche Publikationen. Wie sehen Sie die Wertigkeit und Rolle von Publikationen als Maßstab für die Qualität von Forschung?
Das muss man pragmatisch sehen. Man kann trefflich darüber streiten, was valide ist, ob das überhaupt etwas über Forschungsqualität aussagt. Man kann sich aber hier nicht ausnehmen. Es gibt genügend harte Indikatoren, über die man diskutieren kann. Ich möchte mit meinen Forschern ständig im Dialog sein: Was sind die Forschungsziele, wie ist das messbar, wie kann man sich darüber austauschen? Dafür sind Publikationen ein guter Ansatzpunkt. Auch für das FTW generell, damit sind wir präsent, in Journalen und auch in der Außenwirkung am Markt und bei den Forschern.

Welche Medien nutzen Sie, privat und geschäftlich?
Immer mehr das Internet, aber auch noch Zeitungen und Bücher. Persönlich bin ich von Büchern geprägt. Und das wird immer so sein.

Economy Ausgabe 69-02-2009, 15.01.2009

Der digitale Überdruss

Der digitale Überdrussphotos.com

Zukunftsforscher Matthias Horx schreibt im Trend-Report 2009, dass immer mehr Menschen zumindest zeitweise auf E-Mails und soziale Netzwerke verzichten, um ihre Lebensqualität in der „realen“ Welt zu steigern.

Es war ein spannungsreiches Praktikum im deutschen Bundesministerium für Post und Telekommunikation in Bad Godesberg gegen Ende des Jahres 1989. Hatte man ohnehin nicht schon genügend damit zu tun, sich sittsam selbst zu zerschlagen, musste unseligerweise auch noch die Mauer fallen. So waren die rheinischen Frohnaturen gefordert, der nicht müde werdenden, gierenden Journaille flugs den Unterschied zwischen west- und ostdeutschem Telekommunikationsnetz zu erklären.
Wozu mir, als Schildknappe Sancho Panza assistierend, auf meinem Esel am Ende eines langen, anstrengenden Beamtentages in das gleißende Abendrot reitend, folgendes Bonmot einfiel: „Es ist so, wie wenn eine sechsspurige Autobahn in einen Feldweg mündet.“ Weiters geisterten vier ominöse Buchstaben durch die Flure: ISDN. „Ist-so-was-denn-nötig?“, kolportierte jeder, der ein Scherzbold sein wollte.
Solcher Humor blieb Tim Berners-Lee erspart. Seine Erfindung, das Internet, gilt laut Wikipedia – und ach, da nutzen wir es ja auch schon – „bei vielen Experten als eine der größten Veränderungen des Informationswesens seit der Erfindung des Buchdrucks mit großen Auswirkungen auf diverse Bereiche des alltäglichen Lebens.“ Eher lapidar wird formuliert: „Ein Zusammenbruch des Internets oder einzelner Teile hätte weitreichende Folgen.“ Wohl wahr: Das Medienverhalten auf diesem Planeten hat sich mit unglaublicher Geschwindigkeit geändert, es wurde technisch elaborierter, funktional komplexer und beschleunigt.

Teekochen mit Google
Ist es nicht erschreckend? Das Web produziere längst mehr CO2 als die Luftfahrtindustrie, heißt es. Die angesehene britische Times rechnete die ökologischen Auswirkungen von Google-Suchen vor und behauptete, dass man mit zwei Google-Recherchen einen Teekessel Wasser heizen könnte.
Informations-Overload oder doch schon -Overkill? Die Revolution frisst ihre in Foren, Rooms und Communitys ach so schön selbst dargestellten Kinder, Entschuldigung, „User“. Schleusen wurden geöffnet, reizüberflutend dringen virtuelle Welten in Wolkenkratzer und machen auch vor der Almhütte nicht halt.
Auch wenn die Zahl der Nicht-Internet-Nutzer unvermindert abnimmt – keine Bewerbung, keine Steuererklärung ist fast schon ohne sie denkbar – hat sich parallel dazu eine Boheme formiert, die einen digitalen Backslash setzt. Frohlockte AOL-Testimonial Boris Becker noch, als er „drin“ war, (gemeint ist nicht die Besenkammer), gilt heute: In ist, wer „nicht drin“ ist oder permanent drin sein muss – und sich dabei, denkt man etwa an Charlie Chaplins Modern Times, nur wenig vom Hamster im Laufrad unterscheidet.
Zwei Drittel der Deutschen sind Onliner, so die von ARD und ZDF durchgeführte Online-Studie und der (N)Onliner Atlas der Initiative D21 – in Österreich dürfte es nicht anders sein – und verbringen fast eine Stunde täglich im World Wide Web. Für die 14- bis 19-Jährigen in Deutschland ist das Web zum täglichen Begleiter geworden. Sie sind fast geschlossen online vertreten (96,3 Prozent). Wer keinen Internet-Anschluss hat, ist im Nachteil.
Weniger Infos, weniger Sonderangebote und auch der Zugang zu Ebay, Wikipedia und Billigfliegern, zu Online-Banking und EM-Tickets bleibt verschlossen. Das ist schlimm, sagen deutsche Akademiker und legitimieren ihr berufliches Dasein mit fragwürdigen Studien über Info-Eliten und digital Unterprivilegierte.
Wer mit dem Medium arbeitet, öffnet gar 50-mal am Tag seinen E-Mail-Account, verschickt 77 Instant Messages und besucht 40 Webseiten (Rescue Time). Immer breiter wird, wie immer von Intellektuellen oder zumindest jenen Dandys, die sich dafür halten, die Phalanx der Anti-Digitalisten angeführt, jener wertorientierten Trendsetter, die sich nebst Downshifting und Slow-Mo-Mentalität hinsichtlich Living, Food und Tech genüsslich den Luxus oder besser die Dekadenz des Offline-Hide-aways erlauben, in gleicher Manier, wie sie sich die Kugel von Rocher geben.
Die Nicht-User werden in fünf Typen eingeteilt: Desinteressierte, Ablehnende, Distanzierte, Nutzungsplaner sowie Erfahrene, die Ex-Onliner. „Offlinern“ ist en vogue. Briefeschreiben und die Rückkehr zur Vinyl-Platte übrigens auch. Das Sich-Erholen in einer Kontrastwelt. Rund 2,6 Mio. Deutsche tun es bereits. Eskapismus oder Sturzflug ins Biedermeier?
economy sprach mit Anja Kirig, Mitarbeiterin des renommierten Zukunftsinstituts von Matthias Horx.

economy: Ist der konstatierte Offline-Trend von Dauer oder nur eine Modeerscheinung?
Anja Kirig: Es ist heute ein Bedürfnis, zu sagen: „Ich brauche eine Auszeit, um mit neuer Energie wieder an den Alltag ranzugehen.“ Es ist sicher auch eine gewisse Form des Luxus, zu sagen: „Ich kann es mir leisten, meine E-Mails zwei Tage nicht zu checken.“ Aber gleichzeitig ist es eine neue Form der Selbstfindung. Das Wichtige am Offline-Trend ist, dass er nicht eine generelle Anti-Haltung gegenüber den neuen Kommunikationsmedien, sondern einen neuen, bewussteren Umgang mit ihnen darstellt. Das Internet wird sinnvoll und in Maßen eingesetzt. Es gibt diese Bewegung, die vom Internet generell Abstand nimmt, aber was diesen Offline-Trend ausmacht, ist die „Sowohl-als-auch-Kultur“.

Wer kann sich denn in unserer Informationsgesellschaft „off-linern“ erlauben?
Jeder Mensch kann entscheiden, ob er im Urlaub das Mobiltelefon ausschaltet und nicht erreichbar sein möchte. Auf der beruflichen Ebene stellen Unternehmen sogar fest, dass sich die Produktivität erhöht, wenn sie e-Mail-freie Tage einrichten.

Wie viel Kommunikation braucht der Mensch?
Für den Studenten, der die ganze Zeit Informationen schluckt, ist es wichtig, diese zu verarbeiten. Die kreative Klasse, die ja davon lebt, dass sie sich immer wieder neu erfindet und neue Projekte generieren muss, braucht Momente, in denen sie zur Ruhe kommen kann. Gerade die gleichzeitig konstatierte Rückkehr zu Büchern oder Vinyl-Schallplatten dokumentiert die Sehnsucht der Menschen nach Haptik, nach Begreifbarem. Sie wollen ganz bewusst diese „alten“ Medien wieder in ihren Alltag 
integrieren.

Echt ansteckend
Es wäre wohl besser gewesen, ich hätte diesen Artikel auf meiner guten, alten DDR-Reiseschreibmaschine „Erika“ getippt. Ein echtes Schätzchen, ohne Zicken. Denn ich hab’s mir überlegt. Ich bin gerade dabei, den Stecker herauszuziehen. Nur noch diesen einen Satz. Ich glaube, ich bin infiz...

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Economy Ausgabe 69-02-2009, 15.01.2009

Die Trägheit des Papiers

Die Trägheit des Papiers

Zeitungen, die auch in Zukunft auf traditionelles Publizieren 
setzen, laufen Gefahr, im digitalen Zeitalter ausgesiebt zu werden. Doch Verleger träumen weiterhin vom Papierrascheln.

Traditionalismus versus digitale Ökonomie plus Werbekrise – das ist die Formel, mit der man die aktuelle Situation auf dem Zeitungsmarkt auf einen Nenner bringen kann. An der schwierigen Vereinbarkeit jenes Gegensatzpaars, das der unablässige Strom der Nachrichten aus dem Internet und die raschelnde, mit Artikeln, Hintergründen und Analysen bedruckte Print-Zeitung bilden, beißen sich die Verleger nun schon seit Jahren die Zähne aus.
Nach wie vor fehlt es aber an den Basiskonzepten, wie man eine digitale Ökonomie aus dem traditionellen Zeitungswesen heraus erschaffen kann. Genau genommen gibt es bisher weltweit nur einige wenige überzeugenden Schritte, als Zeitung auf die Herausforderung des Internets zu reagieren. Die Fantasie der zumeist unzureichend technikaffinen Medienmanager hat dafür gereicht, Print-Inhalte ins Internet zu stellen, rundherum ein paar Schlagworte wie „Online First“ und „multimediale Redaktion“ zu kreieren und dazu ein paar Features wie Digital Paper, Newsletter oder RSS-Feed zu platzieren.
Alles alte Hüte, Web 2.0 in den Kinderschuhen. Ein Trial-and-Error-Prinzip mit unzureichenden Business-Modellen. Es fehlt an der Strategie, weil die Unsicherheit groß ist. Und daher fehlt auch der Mut.

Verlage im Abseits
Der mittlerweile verstorbene Medientheoretiker Peter Glotz hat bereits in seinen viel beachteten Spiegel-Kolumnen im Jahr 2000 darauf hingewiesen, dass die Zeitungsverleger keine Antworten auf die New Economy haben. Heute, neun Jahre später, sieht es nicht anders aus. In der Hoffnung, das Feuilleton, der „Text“, fundierte, vielfältige Inhalte und der Magazinjournalismus kämen zurück, erhalten Zeitschriften wie Datum einen Innovationspreis. Und Standard-Chefredakteurin Alexandra Föderl-Schmid stellt fest, dass Journalisten „keine Content-Manager“ sind und sein sollen. Gratis-, Fast-Gratis- und Bezirksblätter würden massenhaft bedrucktes Altpapier in den öffentlichen Verkehrsmitteln verteilen.
Die internetaffine Jugend wird aber in zehn Jahren erwachsen und daran gewöhnt sein, dass Nachrichten gratis und aus dem Web – auf welches Endgerät auch immer – kommen. Die Tageszeitungen werden sich umorientieren müssen – die Zukunft heißt „Zeitung on Demand“, „User-generated Content“, Channel-Services rund um die Uhr und so weiter.
Zeitungen, die einfach so weitermachen wie bisher und auf das Gewohnheitsrecht ihres publizistischen Wirkens pochen, könnten bald sehr alt aussehen.

Economy Ausgabe 69-02-2009, 15.01.2009

Einsparungspotential in schwierigen Zeiten

Einsparungspotential in schwierigen ZeitenKonica Minolta

Flexiblen Angebote und punktgenaue Beratung für Unternehmen.

Trotz der schwierigen wirtschaftlichen Lage, die das Jahr 2008 bestimmt hat, ist Johannes Bischof, Geschäftsführer von Konica Minolta Business Solutions Austria, mit der Performance des Unternehmens zufrieden. Durch den Ausbau der Produktpalette und der Verbesserung des Services sieht er es auch für das nächste Jahr gut aufgestellt: „In wirtschaftlich angespannten Zeiten ist für Unternehmen Effizienz ganz besonders wichtig. Nur wer mit bestehenden oder sogar reduzierten Möglichkeiten produktiver arbeitet, kann sich auf dem Markt behaupten.
Bei Dokumenten-Management ist es heute nicht mehr eine Frage des Ob, sondern nur noch, wann und wie man solche Technologien einsetzt. Dafür gibt es mehrere wirtschaftliche Argumente: Zum einen kann man neue Angebote schneller in den Markt bringen, zum anderen unternehmensinterne Abläufe effizienter machen. Konica Minolta bietet hier Produktivi-tätstools, die in Unternehmen jeder Größenordnung die Grundlage für effizientes Arbeiten mit elektronischen Dokumenten schaffen.“

Beratung wird wichtig
Aus Sicht von Konica Minolta wird es verstärkt darum gehen, wie Unternehmen rund um ihre Dokumente professioneller agieren – also ihre Dokumente optimal drucken, scannen, verwalten, ablegen, wiederfinden und archivieren. Hier sieht Bischof enormes Potenzial: „Bislang werden in einer durchschnittlichen Büroabteilung 50 bis 80 Prozent der Arbeitszeit für Informationsbeschaffung aufgewendet. Ein heimischer Manager wartet im Schnitt bis zu vier Wochen im Jahr auf benötigte Dokumente. Das muss und das wird sich ändern.“
Dazu will Konica Minolta trotz Wirtschaftskrise beitragen, wie Bischof feststellt: „Unternehmen verlangen gerade in wirtschaftlich angespannten Zeiten besonders flexible Angebote. Mit dem Start von ‚Klix‘, dem ersten All-in-One-Tarif für Drucker, haben wir bereits dieses Jahr Pionierarbeit geleistet. Auch der Aspekt der Green IT bietet großes Poten-zial an Ressourceneinsparungen und an Kostensenkungen. Ich bin daher optimistisch, dass wir unsere Position auch 2009 halten können.“
Rund um die optimale Integration von Drucksystemen in den Unternehmens-Workflow besteht laut Bischof große Nachfrage; deshalb bietet Konica Minolta auch die Beratungsdienstleistung Intelligent Document Consulting (iDOC). Dabei handelt es sich um ein umfassendes ganzheitliches Beratungskonzept, bei dem neben der idealen Anzahl und Art der Geräte auch die Menge des Druckaufkommens erhoben wird. Auf dieser Basis kann für Unternehmen jeder Größe eine maßgeschneiderte Druck-Lösung entworfen werden.

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Economy Ausgabe 68-01-2009, 01.01.2009

Neue Perspektiven für die APA

Neue Perspektiven für die APAAPA

Peter Kropsch: „Die wesentlichsten Trends sehe ich in der Migration von traditionellen Plattformen in die digitalen Welten. Die Anforderungen unserer Medienkunden werden komplexer werden und in Zukunft weit über die Inhalte hinausgehen; darauf müssen wir unsere Services ausrichten“, erklärt der neue APA-Geschäftsführer.

economy: Mit 1. Jänner 2009 beginnt offiziell Ihre Tätigkeit als APA-Geschäftsführer. Welche Veränderungen planen Sie?
Peter Kropsch: An den Grund-pfeilern der Strategie wird sich nichts ändern. Der Nachrichtendienst ist das klare Kernprodukt. Die Diversifika-tion in verschiedene Produkte und Märkte hat sich bewährt, die APA hat sich damit ein gewisses Maß an Sicherheit gegenüber kurzfristigen Schwankungen erarbeitet. In den nächsten fünf Jahren werden wir aber jede Menge an Veränderungen erleben. Die wesentlichsten Trends sehe ich in der Migration von traditionellen Plattformen in die digitalen Welten. Die Anforderungen unserer Medienkunden werden komplexer werden und in Zukunft weit über die Inhalte hinausgehen; darauf müssen wir unsere Services ausrichten.

In welchen Bereichen sehen Sie bei APA-IT und APA-De-facto Entwicklungspotenzial?
Bei schwächerer Konjunktur steigt traditionellerweise die Neigung zum Outsourcing in den redaktionellen Bereichen. Wir rechnen insbesondere bei APA-IT mit Wachstum im Hos-ting-Bereich durch die weiterhin steigende Nutzung von Online-Medien und durch stärkere Verbreitung von Video-Inhalten. Bei APA-Defacto geht der Trend eindeutig in Richtung integrierte Kommunikationslösungen; die Services müssen maßgeschneidert sein und die Bedürfnisse unterschiedlicher Benutzergruppen im Unternehmen befriedigen. Gerade in wirtschaftlich schwierigeren Zeiten ist es für Unternehmen von großer Bedeutung, Trends, Risiken und Chancen so früh wie möglich zu erkennen, um die richtigen Entscheidungen treffen zu können.

Welche Trends sehen Sie für die nahe Zukunft?
Für APA-IT werden sie in der stärkeren Verbreitung von Virtualisierung im Rechenzen-trum, der immer bedeutsameren Rolle von multimedialen intelligenten Suchtechnologien und professionellen Content--Mana-gement-Lösungen durch immer größere Mengen an digital verfügbaren Inhalten liegen. Für APA-De-facto wird es im Zeitalter von Web 2.0 oder besser Web 3.0 immer wichtiger, auch die „Informationsbewegungen“ im Netz zu dokumentieren. Daher liegt unser Schwerpunkt im nächsten Jahr auf einer effizienten Beobachtung dieser mit herkömmlichen Methoden schwer fassbaren Inhalte.

Welche sonstigen Geschäftsthemen haben für Sie wesentliche Bedeutung?
Wir haben seit 2008 insbeson-dere das Thema crossmediale Redaktion in den Vordergrund gestellt. Wir wollen konsequent und effizient für alle Plattformen produzieren – die gesamte Redaktion wird auf einem einzigen multimedialen Redaktionssys-tem, also mit Text, Bild, Audio und Video, arbeiten. Ebenfalls ein wichtiges Thema ist die audio-visuelle Kommunikation; dazu gehört das Bild und vor allem auch Video. Bei Video haben wir jetzt mehr als zwei Jahre Erfahrung, und der Markt entwickelt sich weiter; hier werden wir als Anbieter für die Kommunika-tionsbranche eine zentrale Rolle spielen.

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Economy Ausgabe 68-01-2009, 01.01.2009

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