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26. Juli 2024

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Welt unter Spannung

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Den Menschheitsträumen der Gegenwart von der Abschaffung von Krankheit, Elend und Hunger, der Besiedelung des Weltraums und der Welt als Dorf mittels Internet stehen auch apokalyptische Visionen gegenüber.

Noch nie in seiner Geschichte konnte der Mensch so nachdrücklich in die sogenannte Schöpfung eingreifen wie heute. Die revolutionären Möglichkeiten vor allem der Gentechnik, der Atomforschung, der Quantenmechanik, der Pharmakologie, der Bio- sowie der Nanotechnologie erlauben, das ewige Prinzip von Ursache und Wirkung besser zu verstehen und auch immer stärker zu beeinflussen.
Der britische Physiker Stephen Hawking fasst die zukünftigen Alternativen, aber auch Bedrohungen der Menschheitsentwicklung in seinen – manchmal etwas zu populärwissenschaftlichen – Visionen wie folgt zusammen: Der Lebensraum für den Menschen wird im Laufe des nächsten Jahrtausends zu klein werden, wodurch er gezwungen sein werde, ins All auszuweichen. Über die technischen Mittel, andere Planeten zu bevölkern, werde die Menschheit in Zukunft verfügen, da sowohl die Raumfahrt als auch die Biotechnologie so weit sein werden, den Menschen lange Reisen durch das All zu erlauben. Die größte Bedrohung seien auch in Zukunft nicht etwa atomare Kriege, sondern Krankheit und Seuchen, meint Hawking, hervorgerufen vor allem durch die enormen Menschenmassen auf der Erde.
Grundsätzlich gibt die Statistik Hawking recht, wenn es um die drohende Überbevölkerung der Erde und daraus resultierende Probleme geht. Laut Statistiken des World Population-Prospect-Projekts der UNO wird die Einwohnerzahl der Erde in den kommenden 40 Jahren nahezu exponentiell zunehmen – von derzeit 6,5 auf fast zehn Milliarden im Jahr 2050. Zurzeit nimmt die Weltbevölkerung alle 14 Jahre um eine Milliarde zu, während sie zwischen den Jahren 1800 und 1900 nur von einer auf zwei Milliarden anstieg.
Das Wachstum rührt fast ausschließlich aus den Entwicklungs- und Schwellenländern her, während die Bevölkerung in den Industrieländern stagniert oder schrumpft. Die UNO begründet dies mit dem steigenden Wohlstand aufstrebender Schwellenstaaten, allen voran China und Indien, mit relativ verbesserter Gesundheitsversorgung, vor allem aber auch mit dem Phänomen einer „Verjüngung“ der Gesellschaft (1,3 Milliarden der Weltbevölkerung sind unter 19 Jahre alt), was den Prozentsatz der Personen im zeugungsfähigen Alter weiter vergrößert und biologisch-statistisch gesehen zu einem weiteren Bevölkerungsanstieg führen muss.

Grenzen der Möglichkeiten
Die gewaltige mittelfristige Explosion der Erdbevölkerung wird besonders aufgrund des Umstands, dass diese ernährt, gesund erhalten und mobil sein will, die Grenzen der Möglichkeiten bald sprengen. Allein die Klimaproblematik stellt die Wissenschaft vor eine enorme Herausforderung: Solange noch fossile Energieträger verheizt werden – und das dürfte absehbar noch 50 Jahre lang der Fall sein – wird sich die Wissenschaft Methoden einfallen lassen müssen, um CO2 zu speichern, der Atmosphäre zu entziehen und irgendwo einzulagern.
Als Endlagerstätten für CO2 kommen etwa leer gepumpte Öllagerstätten oder die Tiefsee in Frage. Doch der positive Effekt auf das Klima könnte nur von kurzer Dauer sein: Experten rechnen damit, dass CO2 aus unterirdischen Lagerstätten über kurz der lang wieder entweicht und so das Problem nur vorübergehend gelöst ist. Bei einer Endlagerung im Meer könnte dort wiederum der ökologische Kreislauf massiv durcheinanderkommen, mit weiteren negativen Folgen für die Erde.
Daher ist also eine der dringlichsten Fragen der Zukunft die Bereitstellung umweltfreundlicherer oder gar umweltneu-traler Energie: Solarenergie, Biomasse, Kernfusion haben neben Vorteilen auch Nachteile, die bei Solarenergie (und Windenergie) in den höheren Kosten und der in Summe nicht unpro-blematischen ökologischen Bilanz besteht. Ebenso bei der Bio-masse: Wie schnell der Traum vom Ökobenzin ausgeträumt war, hat man bemerkt, womit klar hinterfragt werden muss, ob eine Substitution fossiler Brennstoffe durch Biomasse tatsächlich nicht ebenfalls problematische Umwelteingriffe verursacht, besonders aus dem Spannungsverhältnis zwischen Energiebedarf und Ernährung.
Die Kernfusion brächte letztlich die möglicherweise kostengünstige Variante nahezu unbeschränkter Energieversorgung mit sich, muss aber wie die Atomkraft mit dem enormen Risiko radioaktiver Störfälle erkauft werden, über deren Wirkung im Gegensatz zum „herkömmlichen“ Atomunfall noch keine gültigen Erkenntnisse vorliegen. Außerdem fällt auch hier radioaktiver Müll an.
Ein großes Thema der Zukunft wird natürlich auch der Kampf gegen Krankheiten sein, und dies vor allem auf Basis der Gentechnologie. So scheint es, dass die Forschung über kurz oder lang doch Durchbrüche in der Abwehr zum Beispiel von Diabetes oder HIV erzielen dürfte.
Gleichzeitig wird es wohl unausweichlich dazu kommen, dass die Nahrungsversorgung der Menschheit mithilfe der Genmanipulation verbessert werden kann. Dies wird vor dem Hintergrund der Bevölkerungsexplosion auch kaum vermeidbar sein. Befürworter der Gentechnologie argumentieren vor allem damit, dass die landwirtschaftlich nutzbare Fläche der Erde durch Erosion, Versalzung und Verwüstung weiter abnehmen wird. Die Fläche, die zur Ernährung eines einzelnen Menschen zur Verfügung steht, wird daher durch diese Faktoren weiter schrumpfen. Die Gegner der Nahrungsmittel-Gentechnik wiederum fürchten gesundheitliche Beeinträchtigungen und die Dominanz großer Agrar- und Lebensmittelkonzerne bei gleichzeitigem Sterben der biologischen Landwirtschaft.
Während hier also zwei Denkwelten aufeinanderprallen, sind die Fortschritte der Gentechnologie in der Medizin dagegen weniger umstritten. Die Zahl der gentechnisch hergestellten Medikamente nimmt deutlich zu, auch aus der Diagnostik ist Gentechnik nicht mehr wegzudenken. Zudem ist die Behandlung von Erbkrankheiten und Gendefekten durch Gentherapie sicherlich ausbaufähig.
Ein weiteres großes Problemfeld der Zukunft wird die Wasserversorgung sein. Laut UNO dürften bis zum Jahr 2050 sieben Mrd. Menschen in 60 Ländern mit Wasserknappheit konfrontiert sein. Selbst in Ländern mit ausreichender Wasserversorgung durch genug Regen kommt es durch steigenden Bedarf zu einem Sinken des Grundwasserspiegels, und die Verschmutzung sowie der Ener-gieaufwand zur Reinigung von Abwasser tun ihr Übriges. In Ländern mit extremer Wasserarmut wie in Afrika ist das Problem vorwiegend ein hygienisches – und in den trockenen Golfstaaten ein ökonomisches: Riesige Meerwasserentsalzungsanlagen produzieren dort mit hohem Energieaufwand und enormem CO2-Ausstoß Trinkwasser, was zu seltsamen Resultaten führt, etwa dass in Dubai der Liter Wasser teurer ist als Benzin. Dies stützt auch die Prognose von EU-Umweltkommissar Stavros Dimas: „Wasser wird ein ähnlich knapper und kostbarer Rohstoff wie Öl werden.“
Maßnahmen, um den Wasserverbrauch auf der Erde zu senken, betreffen die Verbesserung der Wasserverteilungsinfrastruktur (Austausch von lecken Leitungen) sowie neue, ausgeklügelte Methoden von Mikrobewässerung in der Landwirtschaft sowie verbessertes Wasserrecycling.

Teures Wasser
Von manchen Experten wird verlangt, Wasser generell zu verteuern, um den Konsumenten den Wert der Ressource klarzumachen. Kein Wunder also, dass der Rohstoff auch schon für die Börse interessant geworden ist. Die Zahl der Fonds mit sogenannten „Wasseraktien“ (vor allem Versorger) ist im Steigen begriffen.
Von der nachhaltigen Wasserversorgung spannt sich der Bogen auch zur Stadtplanung der Zukunft. Vor dem Hintergrund, dass sich das Bevölkerungswachstum in den nächsten Jahrzehnten in Megametropolen niederschlagen wird, und das vor allem in Schwellenländern, rauchen bei Stadt- und Raum- und nicht zuletzt bei Sozialpolitikern die Köpfe über neuen Lebenskonzepten für die Großstadtmoloche der Zukunft. Die Metropolen der nächsten Jahrzehnte müssen einen komplizierten Spagat zwischen Ökologie, technischer und sozialer Innovation sowie leistungsfähiger Infrastruktur machen.
Und hier gibt es bereits einige Vorschläge für das Miteinander von Menschenmassen in Städten, die eigentlich schon als „Regionen“ zu sehen sind, wie etwa die Großräume von Tokio, São Paulo, Mexico City, Mumbai, Shanghai, Lagos und nicht wenige andere.
Zum ersten Mal in der Geschichte wird in diesem Jahrhundert mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung in Städten leben. Im Jahr 2025 wird der Anteil bereits auf 60 Prozent prognostiziert. Eine große Herausforderung für die Ökologie, noch mehr aber zunächst einmal für die Infrastruktur.

Recycling gefragt
Ein paar Ideen: Urbanitätsforscher schlagen vor, den Energie- und Ressourcenverbrauch der Städte nach Möglichkeit in geschlossene Recycling-Kreisläufe einzubringen: Energieerzeugung, Abfallwirtschaft, Regenwassernutzung, Baumaterialien und anderes soll einen eigenen Öko-Kreislauf beschreiben.
Und schließlich bleibt der Verkehr in den Großstädten die größte Herausforderung. Hier kreisen die Ideen um Fahrzeuge mit elektromagnetischen Antrieben, Skyautos oder gar eine Verlagerung einer autofreien Wohn- und Lebens- unter die Erdoberfläche, wobei hier Tageslicht mit sogenannten „Lightpipes“ (riesige Röhren mit reflektierenden Prismenfolien) in den Untergrund übertragen werden könnte.
Derzeit gibt es weltweit Projekte für insgesamt fünf „grüne Städte“, das sind solche, die auf fossilen Treibstoff verzichten oder ihn zumindest streng minimieren, eine nachhaltige Baupraxis vorschreiben, viel Grünräume und hohe Luftqualität bieten, energieeffizienten und eng vernetzten öffentlichen Verkehr einsetzen, die öffentlichen Räume fußgängergerecht gestalten und gut organisierte urbane Distrikte bauen, die Leben, Arbeiten und Einkaufen in unmittelbarer Umgebung ermöglichen.
Nach solchem Muster werden derzeit Treasure Island in der San Francisco Bay, Victoria in British Columbia, Kanada, Sherford in Großbritannien, Dongtan in China und Masdar City in den Vereinigten Arabischen Emiraten gestaltet. „Masdar City ist eine ökologische Inspiration“, sagt Projektleiter Sultan Al Jaber. „Den Energieproblemen der Zukunft kann man nur mit einem Portfolio an Lösungen begegnen.“
Ein zweischneidiges Schwert ist die Rolle, die das Internet künftig für den Menschen spielen wird. Einerseits hat es die Informationsgesellschaft revolutioniert (und wird dies noch weiter tun), das Leben erleichtert und den sozialen Umgang miteinander verändert. Andererseits eröffnen die Möglichkeiten der weltweiten Vernetzung, Datenbanken und Überwachungstechnologie auch den gläsernen Menschen. In welche Richtung diese Politik geht, wird auch am demokratischen Korrektiv der Datenschutzgesetzgebung zu messen sein.
Ob die Menschheit ihre Zukunft in den Griff bekommen oder langsam, aber sicher in ihr Verderben laufen wird, darüber wird gemutmaßt, solange die Überlieferungen zurückreichen. Die Apokalypse wird in bildlichen Visionen meist durch Krieg, Hungersnöte, Seuchen und den darauf folgenden Tod symbolisiert. Allerdings bedeutet die Apokalypse nicht nur Weltuntergang, Ende der Geschichte oder Gottesgericht, sondern auch „Zeitenwende“.

Economy Ausgabe 68-01-2009, 01.01.2009

Sozialkapital reloaded

Sozialkapital reloaded

Der Begriff „Sozialkapital“ reiht sich nahtlos an jenen vom „Humankapital“. Ob die drohende weltweite Rezession seine „Karriere“ stutzen oder ihm Flügel verleihen wird, bleibt eine spannende Frage.

Sozialkapital ist ein schillernder, durchaus nicht unumstrittener Modebegriff, der als Platzhalter verwendet wird, in den alle soziokulturellen Faktoren hineinprojiziert werden, die wirtschaftlich relevant sein könnten. Bei Sozialkapital handele es sich, so der US-Sozialwissenschaftler Francis Fuku-yama „um informelle Normen, die die Kooperation zwischen zwei oder mehr Individuen befördern. Die gesellschaftlichen Normen, die das Social Capital ausmachen, beinhalten das Verhaltensprinzip der Gegenseitigkeit zwischen zwei Freunden bis zu den komplexen und elaboriert ausformulierten Dok-trinen des Christentums oder des Konfuzianismus.“
Sozialkapital offenbart sich also darin, wie viel Vertrauen Menschen anderen, ihnen fremden Personen entgegenbringen, in welchem Maße sie in der Lage sind, private, zwischenmenschliche Netzwerke zu knüpfen und zu pflegen und wie stark sie sich als Bürger in Vereinen, Clubs, Parteien, Verbänden, Kirchen und sonstigen Glaubensgemeinschaften engagieren. Ernst Gehmacher, OECD-Beauftragter für Sozialkapital und wissenschaftlicher Leiter des Büros für angewandte Sozialforschung (BOAS) in Wien, sieht im Sozialkapital eine neue Technik und Antwort der Demokratie auf die Krise der modernen Welt. Das Instrument diene dazu, die aktive Gesellschaft in ihrer eigenen Entwicklung zu stärken und besser auf realistische Ziele auszurichten. Für ihn ist das von Grenzgängern zwischen Soziologie und Ökonomie geprägte Mischwort ein Begriff der Vermittlung: „Kitt der Gesellschaft“ nennt er es.

Kitt der Gesellschaft
Das Wort selbst sei nur ein neuer Name für etwas Uraltes: die Kraft der Gemeinschaft. Diese Naturkraft hat unzählige Erscheinungsformen und Bezeichnungen: Liebe, Treue, Verbundenheit, Freundschaft, Beziehung, Begeisterung, Glaube, Solidarität – immer steht dahinter die Gefühlsbindung zu Menschen, zu Gemeinschaften, zu Idealen.
„Die Kraft dieser sozialen Gefühle und Ideen bewegt Menschen stärker als Geld, motiviert sie zu Leistung und Opfer, macht sie gesund oder krank“, so Gehmacher. Die derzeitige Modernisierung und Globalisierung wertet er als „eine Phase der kulturellen Evolution“, die „in ihrer Dynamik und Bedeutung dem Übergang von den Sammler- und Jägerkulturen zu Ackerbau und Viehzucht und damit zu den hierarchischen Standeskulturen vergleichbar ist“ – 
oder auch „dem Durchbruch der europäischen Bürgerkultur aus der feudalen Standesordnung zur weltweiten Dominanz von Marktwirtschaft und Demokratie“ gleiche.
Die Anerkennung der Nachhaltigkeit, auch dieser Begriff ist mit 19,3 Mio. Treffern bei Google ein echter Hit, als „alles überwölbendes Prinzip“ sei Voraussetzung für einen „evolutionären Quantensprung in der menschlichen Zivilisation“.
Eine neue Nachhaltigkeitskultur müsste vor allem auf Verkehr und Mobilität, Wohnen, Bildung, Lebensqualität, Umwelt, Gesundheit, Fitness und Wellness ausgerichtet sein. Zur Erreichung dieser Nachhaltigkeitskultur gehört die Wirkkraft der Gemeinschaft, das Sozialkapital. Die Parameter, mit denen man Sozialkapital misst, mögen umstritten sein, das OECD-Projekt „Measuring Social Capital“ ergab für Österreich jedenfalls ein ernüchterndes Ergebnis: Vor 20 Jahren war der Kitt der Gesellschaft noch intakt, derzeit bröckelt er schon – und die Auflösung geht weiter.
Die Antwort auf die Frage nach den Chancen einer globalen Ethik liegt also bei jedem von uns. Wir sind nicht nur verantwortlich für das, was wir tun, sondern auch für das, was wir nicht tun – mit der Konsequenz, ob wir ein Teil des Problems sein wollen oder ein Teil der Lösung.

Economy Ausgabe 68-01-2009, 01.01.2009

Gesucht: Technik, die unterstützt

Gesucht: Technik, die unterstützt

Seit Jahren produzieren große IT-Unter-nehmen dieser Welt kleine Image-Videos, welche die nicht ferne Zukunft der Menschheit im Kontext mit unterstützender Technologie darstellen.

Das Lieblingsobjekt darin sind handgroße Geräte, mit denen man natürlich telefonieren, aber daneben noch Tausende andere Dinge erledigen kann. Man weiß automatisch, wie viel Milch im Kühlschrank ist und ob noch genügend Medika-mente vorrätig sind, um das kommende lange Wochenende zu überstehen. Es werden automatisch Termine mit dem Projektteam des Arbeitgebers ausgemacht, und man hat die ständige Kontrolle über seine Kinder, da man jederzeit nachvollziehen kann, wo sie gerade stecken. Zweitliebstes Thema der Hightech-Industrie ist das intelligente Eigenheim. Es weiß, wann keiner mehr zu Hause ist, um die Alarmanlage zu aktivieren, im Winter energie-sparend die Temperatur zu senken oder automatisch den Herd abzudrehen, wenn man es vergessen hat. Solche Visio-nen sind schön und betreffen die jungen Generationen. Doch was ist mit unseren Eltern und Großeltern? Diese Generatio-nen warten noch immer auf einfachste Technik. Viele kennen das Dauerthema Technik. Kein Besuch in der Heimat vergeht, wo nicht ein schier unlösbares Handy-Problem zum x-ten Mal durchdiskutiert wird oder die Funktionen des mittlerweile fünf Jahre alten DVD-Players auf ein Neues erklärt werden müssen. Da helfen keine hektisch angefertigten Notizen. Wenn man es vor fünf Jahren nicht verstanden hat, wieso heute? Doch schön langsam bröckeln die Ergonomiemauern: Handys werden speziell getrimmt, Fernseher zu Schaltzentralen für das Smart Home für Senioren. So können sich nicht nur Kinder und Enkel zurücklehnen.

Economy Ausgabe 68-01-2009, 01.01.2009

Kein Gemüse aus dem Container

Kein Gemüse aus dem Container

Mal Hand aufs Herz: Woher beziehen Sie Ihr Gemüse? Vom Supermarkt oder Diskonter, frisch oder aus der Tiefkühltruhe, vom Markt oder direkt beim Biobauern? Oder haben Sie gar ein kleines Gemüsebeet?

Ganz klar: Je frischer geerntet, umso höher der Vitamingehalt des Gemüses, das zum Verzehr auf dem Esstisch landet. Dabei stellt sich allerdings die Frage: Wie oft wird heute noch im heimischen Durchschnittshaushalt tatsächlich frisches Gemüse gekocht und gegessen? Dabei sind Karotten, Tomaten, Fisolen, Lauch, Zucchini, Sellerie, aber auch Salate aller Art – um nur einige Sorten zu nennen – absolut wichtige Bestand-teile unserer Ernährung. Meldungen von schadstoffbelastetem Gemüse vermiesen uns aber den Appetit. Abhilfe schafft der von Lior Hessel erfundene Container, wo hermetisch abgeschirmt absolut schadstofffreier Gemüseanbau voll automatisiert und mit sehr hohem Ertrag möglich ist. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht: Mich beschleicht ein leises Unbehagen bei dem Gedanken, dass mein Salat und die Karotten künftig aus dem Container stammen könnten. 
Obwohl der Container-Anbau für Länder in Afrika oder im hohen Norden sicher eine Lösung im Hinblick auf tägliches, frisches Gemüse darstellen würde, die allerdings auch erst einmal finanziert werden muss; obwohl die gleiche Lösung im Glashaus recht vernünftig klingt – auch wenn mir der Faktor der „Entmenschlichung“ nicht sonderlich sympathisch ist; obwohl klar ist, dass dies wirtschaftlich gesehen eine sinnvolle Alternative für den Gemüseanbau der Zukunft darstellt: Ich will kein Container-Gemüse. Ich bin ein Fan des saisonal angebauten, frischen Gemüses aus Österreich. Am liebsten aus ökologischem Anbau und vom Markt.

Economy Ausgabe 68-01-2009, 01.01.2009

Freigeld: Keine Zinsen, keine Krise

Freigeld: Keine Zinsen, keine Krise

Angesichts der globalen Finanzmisere wird das Konzept des umlaufgesicherten Geldes wiederentdeckt.

Mackie Messer, Brechts schwarzer Charakter in der Dreigroschenoper, hat die denkwürdige Sentenz geprägt: „Was ist ein Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank?“ Auch wenn ein Banküberfall eine mit Sanktionen bedrohte Straftat ist, haben wohl nicht wenige Menschen – vor allem die, die auf Anraten ihres Bankberaters ihr Geld in „mündelsichere“ Aktien oder „ertragsorientierte“ Fonds investierten –, ihr Geldinstitut wohl in Gedanken bereits überfallen, um sich für die hohen Verluste zu rächen, die ihnen ihre Anlage gebracht hat.
Was macht eine Bank? Sie sammelt Geld von Sparern ein, verzinst es und verleiht es zu höheren Zinsen an jene, die es brauchen. Damit wird der Geldkreislauf, die Wirtschaft, der Wohlstand erzeugt und aufrechterhalten, heißt es. Rund um dieses einfache Zinsprinzip hat sich im Laufe der Bankengeschichte eine enorme Zahl an begleitenden Investment-Produkten angesammelt, die nun mit dem Credit Crunch den Bach runtergehen.
Zinswirtschaft ist das eherne Gesetz des Kapitalismus. Kann Kapital ohne Zinsen nicht arbeiten? Doch, sagen die Verfechter der Freigeld-Theorie. Die Grundübel des „normalen“ Geldes seien die Spekula-tion durch Horten von Geld und der stetige Zwang zum Mehrwert, der Wachstumszwang. Jener, der Geld besitzt, sei damit automatisch mächtiger als jener, der nur die Ware besitzt und dafür Geld verlangt oder es ausborgen will, um die Waren zu erzeugen. Dieses System funktioniere nur durch das Prinzip von Zins und Zinseszins und generiere mehr leistungsloses Einkommen (von Spekulanten, Investoren, Brokern, Bankern) als leistungsgebundenes Einkommen.

Volkswirtschaftlicher Kreislauf
Die Freigeldtheorie setzt dem – vereinfacht gesagt – entgegen, dass Geld „umlaufgesichert“ sein müsse. Wenn es innerhalb einer bestimmten Zeitspanne nicht gegen Waren getauscht wird, verliert es einen bestimmten Prozentsatz an Wert. Damit bleibe das Geld ständig in einem produktiven volkswirtschaftlichen Kreislauf, und der Anreiz, es zu horten, verschwindet. Damit würde auch die Zinswirtschaft obsolet, es käme zu einem beständigen Wirtschaftskreislauf ohne Renditezwang, Inflation oder Finanzkrisen.
In der Praxis hat sich Freigeld bis jetzt in verschiedenen Nischenmärkten mehr oder weniger bewährt, gerade in der Zeit der gro-ßen Wirtschaftskrise zu Beginn der 1930er Jahre. Das bekannteste Experiment mit Freigeld ist das 1932 gestartete entsprechende Projekt von Wörgl in Tirol. Dort wurde eine eigene Freigeldwährung mit einer einprozentigen Abwertung im Monat als Umlaufsicherung eingeführt – mit dem Ergebnis, dass sich die Wörgler Wirtschaft rapide wiederbelebte, während der Rest Österreichs weiter an der Krise litt. Die Österreichische Nationalbank macht der Wörgler Parallelwährung allerdings bald ein Ende, das Freigeld wurde abgeschafft.
Gegenwärtig wird aber europaweit in verschiedenen Regionen nach wie vor mit sogenanntem „Regiogeld“ experimentiert, in Österreich etwa im Waldviertel, in Tirol und in der Steiermark. In der Krisenregion um den Erzberg beispielsweise gibt es seit mehreren Jahren den „Erzi“ als regionale Münzwährung, der mit dem Ziel ausgegeben wurde, die regionale Wirtschaft zu beleben. Der „Waldviertler“ wiederum ist Papiergeld mit einer Umlaufsicherung von zwei Prozent im Quartal; wird er in dieser Zeitspanne nicht ausgegeben, muss eine Gebührenmarke aufgeklebt werden, um den Wert des „Waldviertlers“ zu erhalten.
Derzeit sind knapp 30.000 Waldviertler im Umlauf, der Startwert beträgt einen Euro pro Schein. Heini Staudinger, Mitbegründer des Waldviertlers: „Wir wollen regionale Kreisläufe schaffen.“ Es gehe dabei nicht um „billiger“, sondern einfach darum, dass die Kaufkraft in der Region bleibe und nicht abwandere. Freigeldkritiker gibt es natürlich viele, vor allem jene, die es als „wirtschaftlichen Rückschritt“, „Rückfall in den Tauschhandel“ und „ökonomische Libertinage“ sehen. Doch die Finanzkrise hat deutlich andere Zeichen gesetzt.

Economy Ausgabe 68-01-2009, 01.01.2009

Demografische Zeitbombe tickt

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Sinkende Fertilitätsraten und ein prognostizierter Zusammenbruch der Alterspyramide in westlichen Industriestaaten lassen die Experten erschauern. Japan gilt heute bereits als Extrembeispiel. Bei der Wirtschaft schrillen die Alarmglocken. Doch der überlaute Ruf nach Zuwanderung stößt nicht nur in Asien auf Ablehnung.

„Spätestens im Jahr 2040 wird der Altersquotient der Bevölkerung von Deutschland, Österreich und der Schweiz im Bereich zwischen 52,6 bis 54,8 liegen“, stellte Bert Rürup, der Vorsitzende der deutschen Kommission zur Nachhaltigkeit in der Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme, einst schon zur Millenniumswende warnend fest. „Wahrscheinlich sind diese Zahlen sogar zu konservativ angesetzt, denn die Fertilitätsrate sinkt und die Alterserwartung steigt weiter an.“
Der Mann und seine internationalen Expertenkollegen haben zum Thema Zusammenbruch der Alterspyramide beziehungsweise Überalterung sichtlich recht behalten. Denn in der Tat sind die aktuell verfügbaren Zahlen für das soziale Gefüge, den Generationenvertrag und die Wirtschaftsleistung besorgniserregend. So weist die aktuelle Studie der Statistik Austria für das Jahr 2007 eine heimische Fertilitätsrate (Anzahl der Kinder, die eine Frau zwischen 15 und 45 Jahren gebärt) von 1,38 Kindern aus, eine Zahl, die laut Experten in den nächsten zehn Jahren mit einigen wenigen Schwankungen und in Anbetracht der aktuell drohenden Wirtschaftskrise sogar auf rund 1,15 fallen könnte.
Wenn man bedenkt, dass der „gesunde“ Wert für eine konstante Bevölkerungszahl eines Landes (ohne Berücksichtigung von etwaiger Zu- oder Abwanderung) heute bei circa 2,1 bis 2,2 liegt, kommen nicht nur Gelehrte ins Grübeln. EU-Länder wie Griechenland, Spanien, Deutschland oder das sichtlich fälschlich als „kinderlieb“ eingestufte Italien liegen derzeit höchstens im heimischen Schnitt oder sogar bereits unter unserer Indexzahl.

Horrorindexzahl 1,0
Besonders aber die überregional unglaublich wichtige Wirtschaftsmacht Japan bewegt sich mit Riesenschritten auf die als „ultimative Horrorindexzahl“ gehandelten 1,0 zu. Dort reagiert man seit jeher auf jede negative wirtschaftliche Veränderung mit dem Verzicht auf Geburten. 2008 und 2009 könnte die Zahl, die derzeit bei rund 1,21 dahinvegetiert, sogar erstmals in der Geschichte unterschritten werden. Dabei kommt erschwerend hinzu, dass Japan traditionell eine gegenüber anderen Industriestaaten eine weit höhere Lebenserwartung der Bevölkerung aufweist und die Überalterung dort bereits jetzt Politiker und Demografen in die pure Verzweiflung treibt.
Gleichzeitig beginnt in Asien mit der neu erstarkten Wirtschaftsmacht China ein weiterer Gigant demografisch zu wanken. Staatlich befohlene Kinderpolitik und ein Geburtenverhältnis von 119 Buben zu 100 Mädchen lassen dort die Indexzahl bereits unter die notwendigen 2,38 rutschen. Eine bedenkliche Abwanderung jüngerer Jahrgänge sowie große Kindersterblichkeit könnten für die kommenden Generationen zu einem echten Problem werden. Für die Wirtschaft, das künftige Pensionssystem und die soziale Absicherung einer ständig älter werdenden Bevölkerung in den westlich definierten Industrienationen sowie einigen Schwellenländern ist es laut übereinstimmender Analysen und Warnungen von Experten unbedingt notwendig, den sinkenden Geburtenraten durch Migration entgegenzuwirken. Vor allem Wirtschaftskreise fordern Zuwanderung und die Öffnung der Grenzen für qualifizierte ausländische Arbeitskräfte. Allein die Politik, verbunden mit einer allgemeinen Induktion von Angst, negativen Ressentiments und sozialen Spannungen, sowie ein weltweit existierender Mangel an Topklasse-Zuwanderern nivellieren und untergraben jeden dieser verzweifelten Rufe.
„Die EU-Staaten sichten ein Riesenproblem. Die Zuwanderung funktioniert ja derzeit noch im Großen und Ganzen, und der EU-Raum wird 2035 über 520 Millionen Menschen beherbergen, wobei England und Frankreich die Ausfälle anderer Staaten überkompensieren und weiterwachsen werden. Aber dann beginnt ein Bevölkerungsschwund, der 2050 einen Wert von zirka 505 Millionen EU-Bürgern ergeben wird“, so Mike Murphy von der London School of Economics. „Länder wie etwa Deutschland werden zehn bis 15 Prozent an Bevölkerung verlieren. Generell wird es dann so sein, dass auf jeden Pensionisten im gesamten EU-Raum nur mehr zwei Werktätige kommen. Das wird für die soziale Sicherung, die Kaufkraft, die Märkte und die weitere Zukunft zu einer Nagelprobe.“

60 Prozent Pensionisten
Japans Demografieexperte Rikiya Matsukura von der Kobe University verleiht seiner Besorgnis noch stärker Ausdruck: „Der Altersquotient (Relation der 65-Jährigen und Älteren zur Bevölkerung im Erwerbsalter zwischen 15 und 64 Jahren, Anm. d. Red.) unserer Bevölkerung ist ja bereits jetzt eine von unseren Politikern vernachlässigte wirtschaftliche und sozialpolitische Tragödie. Wenn der Trend so weitergeht, werden wir 2050 unter die 100-Millionen-Einwohnergrenze fallen. Davon werden dann rund 60 Prozent Pensionisten sein. Allein das sinkende Steueraufkommen oder die fehlende Wirtschaftsleistung der Jungen wird kaum zu kompensieren sein. Aber von rasch greifenden Maßnahmen sind wir weit entfernt. Im Gegenteil“, so Matsukura, „unsere kapitalistische Ideologie orientiert sich weiterhin ob der künftig zu erwartenden höheren Gehälter und sinkenden Zahlen von Werktätigen nur eindimensional an der Steigerung von Produktivität und der Ankurbelung des Pro-Kopf-Konsums, um unsere Wirtschaft zu unterstützen. Stattdessen sollten wir unsere Tore ganz weit für einwanderungswillige Migranten öffnen, unsere traditionelle Scheu gegenüber Fremden ablegen und darauf hoffen, dass endlich auch in Japan eine Quote von Ausländern im arbeitsfähigen Alter weit über den derzeit dürftigen 1,85 Prozent zugelassen wird.“
Davon ist man aber sowohl in Japan als auch in unseren Breiten noch weit entfernt. Das Umdenken wird Generationen dauern, doch – darin sind die Experten ebenfalls ziemlich einig – diese Zeit zum Gedankenwandel haben wir wohl nicht.

Economy Ausgabe 68-01-2009, 01.01.2009

Hightech-Attacke mit allen Mitteln

Hightech-Attacke mit allen Mittelnepa

Biotech, Quantencomputer, Brainwashing, smarte Drohnen, Mikrowellenwaffen im Kriegseinsatz der Zukunft.

Die kürzlich abgehaltene Konferenz amerikanischer Armeewissenschaftler (26th Army Science Conference in Orlando, Florida, www.asc2008.com) hat bereits im Vorfeld zu aufsehenerregenden Berichten geführt. Wie John Parmentola, der Chef des Research-Departments der US-Army, erklärte, werde die Kriegsführung der Zukunft von einer Reihe von neuen Methoden bestimmt sein, „die Science-Fiction Wirklichkeit werden lassen“.
Kein Wunder, wenn man berücksichtigt, dass die USA laut Verteidigungsbudget 2009 knapp 80 Mrd. Dollar in Forschung und Entwicklung stecken und zusätzliche 3,7 Mrd. in „Future Combat Systems“. So sprach Parmentola unter anderem von selbsttätig nachwachsenden Soldatengliedmaßen. Seine Forscher hätten Methoden gefunden, menschliche Zellen zum Nachwachsen verlorener Körperteile zu animieren, und haben sich die – nicht näher definierte – Methode von bestimmten Reptilienarten abgeschaut.
Oder die Befehlsübertragung durch Gedanken: Dabei werde die elektrische Spannung eines Gehirnimpulses eines Soldaten an der Schädeldecke durch einen Transponder gemessen, in einen entsprechenden Befehl übertragen und an einen anderen Soldaten oder eine Maschine geschickt. Es funktioniere, wenn der Soldat darauf trainiert sei, „besonders intensiv an einen bestimmten Befehl zu denken“, erklärt Parmentola.
Letzten Endes habe seine Forschertruppe einen Weg gefunden, wie man unter Zuhilfenahme von Quantencomputern und Artificial-Intelligence-Systemen „künstliche Soldaten“ erzeugen könne, die dann mittels eines Holografieverfahrens aufs Schlachtfeld projiziert werden, um den Feind zu demoralisieren. Diese Geistersoldaten werden derzeit gerade ins Online-Game World of Warcraft eingeschleust, um zu sehen, ob sich „echte“ Spieler von den Fake-Truppen täuschen lassen – das heißt, annehmen, dass sich hinter ihnen statt einer künstlichen Intelligenz ein echter Spieler verbirgt.

Aus dem Frankenstein-Labor
Eine weitere Erfindung aus Parmentolas Frankenstein-Labor ist die Möglichkeit, traumatische Erinnerungen bei Soldaten zu unterdrücken. Seine Forscher haben im Tierversuch herausgefunden, an welchen Regionen im Gehirn man mit elektrischen Impulsen ansetzen muss, um posttraumatische Stresssymptome oder „schreckliche Erinnerungen“ einfach zu tilgen.
Die Amerikaner haben ihre Hightech-Kriegsmethoden seit dem Irak-Krieg, der diesbezüglich auch als groß angelegter „Testeinsatz“ für neue Systeme betrachtet werden kann, stetig verbessert. Kein Wunder bei dem riesigen Verteidigungsetat, den die Bush-Regierung dem militärisch-industriellen Komplex in den Rachen geschoben hat. Für 2009 beträgt dieses rund 650 Mrd. Dollar. Und so haben die großen Rüstungsunternehmen in den USA wie Raytheon, Lockheed Martin, General Dynamics oder Northrop Grumman ihr Arsenal an topmodernen Waffen in Aktion präsentieren können. Darunter finden sich Drohnen, Mikrowellenbomben zur Zerstörung gegnerischer Computernetze, computergesteuerte Kampfhubschrauber, die ein Dutzend Parallelangriffe gleichzeitig fliegen können, Lenkbomben mit GPS-Hilfen an Bord oder Gleitgranaten mit Wärmesensoren, die ihr Zielgebiet selbsttätig abtasten.
Eine besonders futuristische Erfindung stellen auch die sogenannten „intelligenten Fallkörper“ dar: Behälter, die über einem Zielgebiet abgeworfen werden, geben während des Falls Munitionsträger frei, die an Fallschirmen herabschweben. Entdecken die Munitionsträger feindliche Ziele am Boden, schießen sie noch im Fall Sprengkörper darauf ab.
Die nächste Generation von Hightech-Waffen sind Laser mit kilometerlanger Reichweite, genmanipulierte Mikroorganismen, die Stahl zersetzen können, Akustik-Blaster und selektive Narkosegase. Im nächsten Krieg dann.

Economy Ausgabe 68-01-2009, 01.01.2009

Biogemüse aus der Aludose

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Der Salat von morgen kommt aus dem Container und wird per 
Robotsystem vollautomatisch kultiviert. Ob in der Sahara oder in Alaska: Das Gemüse kann überall und jederzeit angebaut werden.

Frisches Obst und Gemüse an jedem Tag im Jahr – daran sind die Konsumenten der Industrie-länder längst gewöhnt. Mit einer ungewöhnlichen Idee hat Lior Hessel aus Israel in Kooperation mit dem renommierten Weizmann-Institut in Rehovot die Vision von frischem Gemüse aus unmittelbarer Nähe an 365 Tagen im Jahr realisiert. Kern der Innovation ist ein etwa zehn Tonnen schwerer Aluminium-Container mit einer Standfläche von 2,4 mal zwölf Metern. Ein vollautomatisches Robotsystem, Sensoren, Monitoren und intelligente Steuerungssysteme erledigen die Gärtnerarbeit – vom Pflanzen bis zum Ernten.
„Mit unserem System kann man überall Gemüse anbauen, von der Sahara bis nach Alaska. Wir ersetzen den Import“, unterstreicht Lior Hessel die Vorteile seiner Erfindung. Um seine Idee zu vertreiben, hat er das Unternehmen Organitech gegründet. Weitere große Vorteile sind null Schadstoffbelastung – es werden keine Pestizide eingesetzt, und die Pflanzen sind frei von Umweltbelastung – sowie ein sehr hoher Ertrag: Die Pflanzen wachsen auf mehreren Ebenen dicht nebeneinander. „Der Ertrag ist so groß wie auf 6500 Quadratmetern Ackerland“, sagt Hessel.

Glashaus statt Container
Die Kehrseite der Medaille stellt die Finanzierung dar: Der Container allein beläuft sich auf rund 200.000 Euro, hinzu kommen Kosten für Strom und Wasser. „Die Kosten haben sich nach wenigen Jahren amortisiert“, meint Hessel. Trotzdem lehnen die Bauern den Anbau im Container bislang noch ab. Hessel hat daher sein System unter dem Namen „Growtech 2500“ auch zum Einbau im Glashaus entwickelt. Es wurde bislang in Israel, Russland und Spanien verkauft, in Deutschland gibt es bereits einige Teststellungen.
Das System arbeitet genauso wie im Container: Erde ist überflüssig, die Aussaat erfolgt mittels einer speziellen Nährstoffpaste, die maschinell direkt in die Styropor-Pflanzenschalen gefüllt wird. Wenn die Pflanzen etwas gewachsen sind, übernimmt ein Roboterarm die notwendige „Umtopfung“. Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Beleuchtung werden vollautomatisch von einem Minicomputer gesteuert. Auch das mit Nährstoffen angereicherte Wasserbad wird so genau auf die Bedürfnisse der Pflanzen abgestimmt geregelt. „Der Gemüseanbau der Zukunft beschreitet zur Zeit zwei Wege: einerseits die Hydrokultur wie bei Organitech, andererseits den bio-logischen Feldanbau“, erklärt Karoline Jezek, Leiterin des Departments für Angewandte Pflanzenwissenschaften an der Wiener Uni für Bodenkultur.
Gegenüber Organitech ist Jezek allerdings skeptisch: „Der Name allein deutet auf biologischen Anbau hin, das ist allerdings nicht der Fall.“ Der Container-Anbau werde in Zukunft wohl keinen Siegeszug feiern, dafür aber die automatisierte Hydrokultur im Glashaus. „Unsere Forschung läuft eindeutig in diese Richtung, wir haben bereits gute Erfolge mit Tomaten erzielt“, berichtet Jezek.
Der Grund liegt auf der Hand und wird vom Markt vehement eingefordert: Entweder die Bauern schaffen es, im Glashaus etwa mit der neuartigen Hydrokultur auch in der kalten Jahreszeit frisches Gemüse zu produzieren, oder es muss teuer importiert werden.
Neben der Forcierung von neuen Methoden für den Anbau im Glashaus besitzt insbesondere in Österreich der biologische Landbau einen hohen Stellenwert. Der Anteil der biologisch bewirtschafteten Fläche an der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche betrug in Österreich 2007 genau 15,76 Prozent (371.251 Hektar) – ein Spitzenwert innerhalb der EU. Der biologische Gemüseanbau genießt allerdings noch ein Nischendasein. Rund 250 Betriebe bewirtschafteten 2007 eine Fläche von 1500 Hektar. Zu den Hauptkulturen zählen Karotten und Zwiebeln, gefolgt von Speisekürbis, Erbsen, Spargel, Spinat und Roten Rüben. Nur ein Viertel der Nachfrage des Handels wird derzeit durch den heimischen Biogemüse-Anbau gedeckt. Biogemüse-Bauern werden gesucht.

Biolebensmittel-Boom
Die Nachfrage nach heimischen Bioprodukten ist stark gestiegen: 2007 wurden in Österreich rund 860 Mio. Euro mit Biolebensmitteln umgesetzt. 2005 gab es mit 400 Mio. Euro knapp halb so viel an Umsatz. Auch organisatorisch hat sich in den letzten Jahren viel bewegt. Bio Austria wurde als Dach-organisation österreichischer Biobauern 2005 gegründet und hat damit den Bio Ernte Aus-tria-Bundesverband und die beiden Vorgänger-Dachverbände Arge Biolandbau und ÖIG integriert.
Bio Austria gehören etwa 14.000 Mitglieder an. „Bis 2010 soll die biologisch bewirtschaftete Anbaufläche auf 20 Prozent gesteigert werden“, sieht das Bio-Aktionsprogramm des Lebensministeriums vor. „Biolandwirtschaft und Gentechnikfreiheit sind auch im neuen Regierungsprogramm verankert“, freut sich Rudi Vierbauch, Obmann von Bio Austria.

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Economy Ausgabe 68-01-2009, 01.01.2009

Das böse Erwachen im Morgenland

Das böse Erwachen im Morgenlandapa

Die mit Öleinnahmen überfluteten Golfstaaten lernen plötzlich, was ein weltweiter Credit Crunch bedeutet. Der Boom in einzelnen Regionen am Persischen Golf lässt spürbar nach. Wie tief die Krise noch reichen wird, steht derzeit in den Sternen.

Bis vor Kurzem vertraten die Regierungen der Golfstaaten im Hinblick auf die laufende Weltwirtschaftskrise eine recht simple Position: Der Markt der GCC-Staaten (Golf Cooperation Council, bestehend aus VAE, Saudi-Arabien, Bah-rain, Qatar, Oman, Kuwait) stehe isoliert und gesund da und floriere wie eh und je. Die beschwichtigenden Botschaften der herrschenden Scheichs wurden in der Öffentlichkeit mit Genugtuung aufgenommen. Was soll auch groß passieren, mit den ganzen Ölmilliarden im Hintergrund?
Das erste Signal, dass die Finanzkrise aber auch um die Golfstaaten keinen Bogen macht, spürte man in Dubai unmittelbar nach dem Zusammenbruch von Lehman Brothers. Plötzlich standen 60 Angestellte von Lehman Middle East auf der Straße, weil sie über Nacht ihren Job verloren hatten. Eine Überraschung auch für Omar Bin Sulayman, Direktor des Dubai International Financial Center (DIFC), wo Lehman sein Büro hatte. Er sicherte den konsternierten Mitarbeitern finanzielle Unterstützung zu, ein in Dubai ungewöhnlicher Schritt. Normalerweise muss man die VAE verlassen, wenn man seinen Job verliert und nicht schnell wieder einen findet. Sulayman in einer ersten Reaktion: „Kein Mitarbeiter von Lehman wird des Landes verwiesen.“

Bluechips zu Pennystocks
Diesem deutlichen Signal, dass die Krise das mondäne Dubai, die Finanz- und Immobilienmetropole der Golfstaaten, erreicht hat, folgten weitere. Im Zuge des weltweiten Börsen-crashs zogen Investoren innerhalb weniger Tage rund 50 Mrd. Dollar an Kapital ab, die Dubaier Börse crashte und verwandelte die Papiere von Bluechips wie den riesigen Immobilienholdings Emaar oder Dubai Properties in Pennystocks.
Dann flüchteten die Währungsspekulanten, die auf eine weitere Abwertung des an den Dollar gebundenen VAE-Dirham gesetzt hatten. Schließlich mussten die zahlreichen Property Deve-loper – deren Bautätigkeit mehr als 30 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) der VAE beiträgt, feststellen, dass nahezu die gesamte Liquidität auf dem Bankenmarkt verdampft war. Das Resultat: keine gewerblichen Kredite mehr für Bau- und Projektentwicklung, nahezu keine privaten Wohnungskredite mehr, sogar Autokredite sind kaum mehr zu bekommen. Große Immobilienmakler wie Better Homes oder Sherwood Properties beklagen, im Oktober und November fast keine Abschlüsse mehr gemacht zu haben.
Die Zeiten, wo sich Spekulanten bei Immobilien-Projektlaunchs um Kaufverträge geprügelt hatten, sind endgültig vorbei. Kaufverträge für Wohnungen oder Villen, die nur auf dem Papier existierten und deren Fertigstellungstermin erst Jahre später zu erwarten war, wurden den Projektentwicklern früher aus den Händen gerissen und meist innerhalb von Wochen oder sogar Tagen mit enormen Gewinnen weiterverkauft. Nun liegt dieser Off-Plan-Immobilienmarkt komplett am Boden. „Der gesamte Off-Plan-Markt verschwindet“, urteilt Ali Al-Shihabi, Chef des Finanzhauses Rasmala Investments. „Die rapiden Preiszuwächse bei Papierprojekten sind Geschichte, und der spekulative Markt ist tot.“

Richtige Probleme
Was Residents in Dubai als Erleichterung angesichts der absurd hohen Kauf- und Mietpreise sehen mögen, ist allerdings ein zweischneidiges Schwert. Zwar fallen die Wohnungspreise seit einigen Wochen, trotzdem vergeben die Banken nahezu keine Hypothekarkredite mehr oder heben die Zinsen so massiv an, dass auch die früher beliebten Buy-to-let-Modelle (Kaufen, um zu vermieten, ein wesentlicher Treiber des Immomarktes) unattraktiv werden.
„Damit fangen die richtigen Probleme an“, warnt Chris Dommet, Chef der Dubaier Niederlassung des Kreditbrokers John Charcoal. „Wenn die Immo-Preise fallen und die Kreditzinsen steigen, kommt es gleich doppelt schlimm für den Markt.“
Langsam machen sich auch Kreditausfälle bemerkbar, und das Negative-Equity-Phänomen, das die Subprime-Krise in den USA und die Housing-Krise in Großbritannien ausgelöst hat, wird spürbar. Dazu kommt noch ein Sonderphänomen in den Emiraten: Viele Kreditsünder, die nicht mehr zahlen können oder wollen, verfolgen eine „Hit and Run“-Strategie: Sie pfeifen auf die offenen Kreditraten und auf ihr Investment, hocken sich einfach ins nächste Flugzeug und sind auf und davon. Die Immo-Banken bleiben auf Wohnungen und Villen sitzen, die manchmal nur mehr halb so viel wert sind wie zum Kaufzeitpunkt.
Die beiden größten Wohnungsfinanzierer der VAE, Tamweel und Amlak, mussten kürzlich im Zuge einer Notaktion fusioniert werden und stehen nun unter Einfluss der staatlichen Real Estate Bank von Abu Dhabi. Als zudem ruchbar wurde, dass bei privaten Immobilien-Developern und Maklerfirmen Hunderte von Jobs abgebaut werden müssen, entschloss sich die Regierung von Dubai zur Offensive.
In bisher nicht gekannter Deutlichkeit legte Mohammad Al Abbar, Chef des Dubaier Ministeriums für ökonomische Entwicklung, kürzlich die Finanzlage des Emirats offen: Es sei so, dass Dubai insgesamt mit rund 80 Mrd. Dollar bei den internationalen Finanzmärkten in der Kreide stehe.
Das sind 148 Prozent des Dubai-BIP. Zum Vergleich: Der EU-Stabilitätspakt sieht vor, dass die EU-Staaten eine Staatsverschuldung von 60 Prozent des BIP nicht überschreiten dürfen. Dubai hilft, dass das reiche Nachbaremirat Abu Dhabi mit Liquiditätsspritzen einspringt, sich dabei aber mehr Einfluss sichert, sehr zum Verdruss der stolzen Herrscherfamilie von Dubai, den Al Maktoums.
Bleibt noch der sinkende Ölpreis: Die Benchmark einer wirtschaftlichen Ölförderung beträgt im Falle der VAE rund 30 Dollar pro Barrel, darunter bringt der Ölexport Verluste. Tritt dieser Fall ein, wäre die Abwärtsspirale kaum mehr aufzuhalten und der Dubai-Boom endgültig Geschichte. Wenn die Stadt wieder im Sand versinkt, würde sie sich höchstens noch als Kulisse für einen Mad Max-Film eignen, meinen Zyniker.

Economy Ausgabe 68-01-2009, 01.01.2009

Intelligentes Wohnen ermöglicht Barrierefreiheit

Intelligentes Wohnen ermöglicht Barrierefreiheit

Normalerweise werden Smart Homes mit Technologie der allerneuesten Ausprägung mit jungen Familien in Verbindung gebracht. Senioren hingegen wollen weniger, aber unterstützende Technik.

Der Wunsch nach „intelligentem und barrierefreiem Wohnen“ trifft auf alle Generationen zu. Um in einem ersten Schritt vor allem der Generation 60 plus den Alltag in den eigenen vier Wänden zu erleichtern, startete 2007 Beko Engineering und Informatik mit Unterstützung der Stadt Linz und des Landes Ober-österreich ein Pilotprojekt unter dem Namen „Smart Home“.
Das Ziel dabei war, zu demonstrieren, wie durch die Unterstützung von Technik und Informationstechnologie die Selbstständigkeit sowie Sicherheit älterer Menschen in den eigenen vier Wänden auch längerfristig gewährleistet werden kann. Die Ergebnisse der sozialwissenschaftlichen Begleitforschung sind allen Personenkreisen rund um barrierefreies Wohnen dienlich. Dabei drängen sich ein paar Fragen auf: Wie können Versorgungsleistungen möglichst einfach und kostengünstig organisiert werden? Wie können erhöhte Sicherheitsrisiken im Haushalt, etwa durch zunehmende Vergesslichkeit, ausgeschaltet werden?
Der weit verbreitete und bisher immer mit absolutem Hightech verbundene Begriff „Smart Home Solutions“ wird von Beko nun mit dem Homebutler auf den Punkt gebracht. Hier dient Technologie nicht als Zauberlehrling, sondern ist ein nützlicher „Mitbewohner“ in dienender Funktion. Technologie als gutes Personal, das man angeblich heute so schwer bekommt und mehr ist als Butler „James“, der nur für Waschmaschinen zuständig ist.

Ältere wollen Technik
Die laufende Entwicklung endete in einer Studie, welche die hohe Zustimmung aufzeigt. Von April bis Juli 2008 haben 100 Interessenten die Schauwohnung in Linz besucht und die darin installierte Technologie in ihren verschiedenen Funktionen ausgiebig getestet. Die Besucher wurden anschließend unter der Leitung von Markus Lehner aus dem Fachbereich Sozial- und Verwaltungsmanagement an der Fachhochschule Oberösterreich zu ihren Eindrücken und Anregungen befragt. Die älteste Besucherin war 90 Jahre alt, die jüngste 54 Jahre.
Quer durch alle Altersgruppen stieß die neue Technologie bei den Testpersonen auf große Resonanz und wurde vielfach (auch unabhängig vom persönlichen Bedarf) als zukunftsweisend gesehen. Der Homebutler erscheint insbesondere jenen Testern als interessant, die nicht auf die Unterstützung von Angehörigen zurückgreifen können. 44 Prozent derer, die nie Unterstützung von Angehörigen haben, möchten die Lösung „auf jeden Fall“ nützen, weitere 
50 Prozent unter bestimmten Bedingungen. Nur sechs Prozent von ihnen fanden es „nicht wirklich überzeugend“, und keiner der Befragten schloss die Nutzung des Systems absolut aus.
Aufgrund der ersten eher spontanen Reaktionen wurde klar, dass die Tester der Schauwohnung als kritische Konsumenten sichtbar wurden. Sie wollen technische Lösungen, die auf ihren individuellen Bedarf zugeschnitten sind. Im Blick auf die Sozialpolitik wird deutlich, dass es einen Bedarf an Gesamtlösungen für altersgerechtes Wohnen gibt: drinnen in der Ausstattung der Wohnung und draußen im Funktionieren unterschiedlicher Versorgungsnetzwerke.
Der Homebutler selbst besteht aus drei unterschiedlichen Komponenten: den vitalen Systemen, die vor allem Sicherheit gewährleisten, den unterstützenden Systemen (über Fernsehschirm), die hauptsächlich Unterhaltung, Information und Komfort bieten, und den Servicefunktionen wie zum Beispiel die Bestellung von Essen auf Rädern oder die Termin- und Medikamentenerinnerung.
Den Vitalfunktionen wird von den Senioren das höchste Gewicht beigemessen, außerdem benötigen sie kein besonderes Know-how zur Bedienung. Zur Stornierung des Alarms muss lediglich ein beliebiger Lichtschalter gedrückt werden. Als besonders wichtig wird hier der Brandschutz beim Herd betrachtet.
Die zweite Kategorie an Funktionen stellen die unterstützenden Systeme dar, die von neuen Kommunikationsmöglichkeiten wie Bildtelefonie bis hin zu Erleichterungen bei kleinen Alltagsproblemen wie dem Verlieren von Schlüsseln reichen. Der „Hit“ unter den unterstützenden Systemen war eindeutig der Schlüsselfinder.

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Economy Ausgabe 68-01-2009, 01.01.2009

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