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28. Juli 2024

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Klassische Finanzdienstleistung plus digitale Innovation

Klassische Finanzdienstleistung plus digitale Innovation© Pexels.com/Andrea Piacquadio

Wiener Städtische Versicherung startet Kooperation mit InsurTech Finabro. Digitale Vertriebsplattform für betriebliche Altersvorsorge soll Angebotspalette und Services zur finanziellen Absicherung verstärken.

(red/czaak) Die Wiener Städtische ist mit einem Marktanteil von über 30 Prozent der größte Anbieter betrieblicher Versicherungslösungen in Österreich, so aktuelle Angaben des internationalen Konzerns. Auf der Suche nach neuem Innovationspotenzial ist der Finanzdienstleister bereits zahlreiche Kooperationen Start-Ups eingegangen. Jetzt soll eine neue Kooperation mit dem InsurTech Finabro das Angebot im Bereich der betrieblichen Altersvorsorge (bAV) digital noch weiter verstärken.

Marktführer bei betrieblicher Altersvorsorge
„Mit Finabro können wir den nächsten Schritt in Richtung digitaler Vorsorgelösungen setzen. Als Marktführer im Bereich der betrieblichen Altersvorsorge ist uns die kontinuierliche Weiterentwicklung in diesem Segment ein wichtiges Anliegen“, so Sonja Steßl, Vorstandsdirektorin der Wiener Städtischen zur Kooperation mit dem InsurTech.

Die Wiener Städtische ist in der Start-Up Szene bereits seit Jahren aktiv. Ein Meilenstein war die Gründung der viesure innovation center GmbH, die schon innovative Lösungen wie etwa die „losleben“-App auf den Markt gebracht hat. „Die Zusammenarbeit mit erfolgsversprechenden Start-Ups ist eine wichtige Säule unserer Innovationsstrategie. Es hat uns beeindruckt, mit welch hoher Geschwindigkeit Finabro Innovationen im Bereich der betrieblichen Altersvorsorge umgesetzt hat“, betont Steßl.

Zahlreiche Österreicher können von ertragreicher Vorsorge profitieren
Die Lebenserwartung der Menschen steigt laufend und für einen entsprechenden Lebensstandard im Alter braucht finanzielle Absicherung. Eine attraktive und bisher wenig genutzte Vorsorgelösungen ist das sogenannte „300 Euro-Modell“ in der bAV, eine auch gesetzlich geregelte steuerfreie Zukunftssicherung (Anm. § 3/1/15 EStG). Hier können Arbeitnehmer 300 Euro ihres Gehalts „brutto für netto“ in eine Vorsorge umwandeln und sich so auch die Lohnsteuer sparen. „Dank diesem Steuervorteil lassen sich auch mit einer klassischen Lebensversicherung attraktive Renditen erzielen“, erläutert Steßl.

„Jedes Unternehmen sollte das 300 Euro-Modell als Standard-Mitarbeiter-Benefit einführen“, bestätigt auch Søren Obling, Gründer und Geschäftsführer von Finabro. „Unternehmen können so ihren MitarbeiterInnen Gutes tun und das auch ohne finanziellen Aufwand. Bis zu zwei Millionen Österreicher können vom neuen gemeinsamen digitalen betrieblichen Vorsorgemodell von Wiener Städtische und Finabro profitieren“, unterstreicht Obling.

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red/czaak, Economy Ausgabe Webartikel, 03.05.2021

Weiterer Schulterschluss von Techriesen

Weiterer Schulterschluss von Techriesen© Pexels.com/Savvas Stavrinos

Siemens und Google Cloud kooperieren beim Einsatz KI-basierter Lösungen in der Fertigung. Im Fokus steht die bedarfsorientierte Nutzung skalierbarer Digitalservices zur intelligenten Optimierung der industriellen Produktion.

(red/czaak) Die Siemens-Bereiche Automatisierung und Industrie-Software kooperieren mit Google-Cloud, um mittels KI-basierter Lösungen Fertigungsprozesse zu optimieren und die Produktivität zu verbessern. Siemens will dabei nun die Google-Cloud-Technologie für Daten und künstliche Intelligenz bzw. maschinelles Lernen (KI/ML) in seine Lösungen für die Fabrikautomatisierung integrieren. Unternehmen sollen damit Innovationen direkt bei Produktion, Fertigung und Logistik ermöglicht werden, bis hin zu einer automatisierten Wartung der Maschinen zur Reduktion von Ausfällen.

Datengetriebene Industrieprozesse
Die industriellen Prozesse werden generell zunehmend datengetrieben. In der Fertigungsindustrie kommen jedoch durch langjährig gewachsene Systeme (Anm. Maschinen und IT) häufig ältere und unterschiedliche Software-Anwendungen für die Analyse von Anlagendaten zum Einsatz. Das ist ressourcenintensiv und erfordert oft manuelle Aktualisierungen, um Qualitätskriterien zu sichern. Zudem werden KI-Projekte von vielen Unternehmen als „Insellösung“ in der Fertigung eingesetzt und dann haben Produktionsbetriebe Schwierigkeiten, KI-Lösungen in großem Umfang in ihren oftmals international verteilten Betrieben zu implementieren.

Siemens steht seit vielen Jahrzehnten für Entwicklung und Einsatz neuer Technologien, ein großer Teil davon betrifft auch die Fertigung. Durch die Kombination der Daten-Cloud und der KI/ML-Funktionen von Google Cloud mit dem Siemens-Portfolio für die Fabrikautomatisierung, sollen Industrieproduktionen nun ihre Fabrikdaten leichter vereinheitlichen können. Auf Basis dieser Daten können dann diese cloudbasierten KI/ML-Modelle maschinennahe eingesetzt werden. Dies ermöglicht Anwendungen wie etwa die visuelle Qualitätskontrolle von Produkten oder die vorrauschauende Wartung von Anlagen und Fertigungslinien.

Verbesserte Qualität von Produktion und Produkten
Künstliche Intelligenz und Automatisierung in der Produktion mit der dazugehörigen Netzwerk-Integration ist komplrx und erfordert spezifisches Know-how und moderne Technologien. Ziel der neuen Kooperation ist, Einsatz und Skalierbarkeit von KI im Betrieb in Verbindung mit Industrial Edge und dessen Management zu erleichtern, die Mitarbeiter bei alltäglichen Aufgaben in der Fabrik zu unterstützen, hier auch zu automatisieren und letztendlich die Qualität von Produktion und Produkten zu verbessern. Edge-Computing bedeutet dabei etwa kleinere vernetzte IT-Einheiten wie Sensoren an mehreren Orten der Produktionsketten, die entsprechend schneller in Datenerfassung und -Weiterleitung an zentrale Einheiten arbeiten.

"Das Potenzial von künstlicher Intelligenz, den Fertigungsbereich radikal zu verändern, ist noch längst nicht ausgeschöpft. Viele Hersteller stecken bis heute in KI-Pilotprojekten fest und das wollen wir ändern", sagt Axel Lorenz, VP Control bei Siemens Digital Industries, Factory Automation. "Siemens ist führend bei der Weiterentwicklung der industriellen Automatisierung und Software, und Google Cloud ist führend bei Datenanalyse und KI/ML. Diese Kooperation wird das Beste aus beiden Welten vereinen und KI/ML im großen Maßstab in die Fertigungsindustrie bringen", ergänzt Dominik Wee, Managing Director Manufacturing & Industrial bei Google Cloud.

Bezüglich „führend“ sei erwähnt, dass auch IT-Dienstleister wie Deutsche Telekom und T-Systems, Kapsch BusinessCom, Atos oder A1-Digital der Österreichischen Telekom schon lange im Bereich intelligente Industrieproduktionen (Anm. Smart Manufacturing) tätig sind und dabei auch schon umfangreiche Praxiserfahrung haben. Beispiele sind das Campus-Netzwerk von Osram und T-Systems, IoT-Projekte von Kapsch mit Zoerkler Gears und BHDT oder IoT-Netze von A1 mit anderen österreichischen Industriebetrieben. Bei T-Systems und Kapsch gibt es ebenso Kooperationen mit der Google Cloud, so wie mit den anderen sogenannten „Hyper Scalern“ Microsoft Azure oder Amazon Cloud von AWS.

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red/czaak, Economy Ausgabe Webartikel, 03.05.2021

„Als Nutzer und Produzenten haben wir alle eine Verantwortung“

„Als Nutzer und Produzenten haben wir alle eine Verantwortung“© Economy_Bilderbox

Prominent besetztes Symposium der FH St. Pölten erörtert Entwicklungen zum Thema Medienethik in Zeiten von Verschwörungstheorien. Medien, Forscher und mediale Institutionen diskutieren Ursachen, Maßnahmen und Verantwortung.

(red/mich) Das jährliche Symposium Medienethik der Fachhochschule (FH) St. Pölten fand heuer unter dem Titel „Verschwörungstheorien – Herausforderung für Medien, Nutzer und Demokratie“ statt. Diskutiert wurden dabei gesellschaftliche, ethische und persönliche Implikationen rund um aktuelle Verschwörungstheorien. Die Experten unterschiedlicher Institutionen warnten vor Radikalisierung und Spaltung, sehen Verschwörungstheorien als schwer zu bekämpfen an und gaben Tipps zum Umgang im persönlichen Umfeld.

Verschwörungstheorien gibt es an sich schon lange und in unterschiedlichen Ausformungen. Q-Anon, die Kritik an der „Lügenpresse“, Corona- und Klimawandel-Leugnung scheinen jedoch neue Quantitäten und Qualitäten dieser Theorien zu sein, vor allem, weil sie mittels Social Media blitzschnell immer mehr Leute erreichen, so eine zentrale Botschaft rund um die aktuelle Corona-Pandemie und entsprechende Erörterungen in den neuen, sogenannten Sozialen Medien.

NoHateSpeech-Koordinatorin, derStandard.at, Mimikama, Presserat und FH St. Pölten
Das Symposium Medienethik 2021 behandelte nun das Wesen dieser Verschwörungstheorien. Wie entstehen sie, warum sind sie so erfolgreich, wer treibt sie an, wie erkennt man sie und wie kann man verantwortungsvoll mit Falschinformationen umgehen? Am Podium diskutierten Verena Fabris (Leiterin der Beratungsstelle Extremismus und nationale „No Hate Speech“-Koordinatorin), Markus Sulzbacher (Ressortleiter Webstandard/Netbusiness), Andre Wolf (Pressesprecher der Aufdeckerplattform Mimikama), Alexander Warzilek (Geschäftsführer des österreichischen Presserats) und Michael Litschka, Dozent und Symposiumsorganisator der FH St. Pölten.

„Wir alle haben als sogenannte ProduserInnen, also als Menschen, die in Zeiten von digitalen Plattformen und Social Media, Inhalte sowohl nutzen als auch erstellen, eine ethische Verantwortung“, so die zentrale Botschaft von Michael Litschka. „Verschwörungserzählungen können als Katalysator für Radikalisierungsprozesse wirken. Durch die Einteilung der Welt in ‚Gut‘ und ‚Böse‘ werden Gruppengrenzen und Spaltungen verstärkt“, erläutert Verena Fabris. Und: „Es wird ein dualistisches Weltbild vermittelt, das sich einer Überprüfung durch Fakten und Gegenargumente widersetzt. Gefährlich wird es, wenn bestimmte Gruppen abgewertet werden und Gewalt als legitimes Mittel gesehen wird, sich gegen die vermeintliche Verschwörung zur Wehr zu setzen“, so Fabris.

Impfgegner und Rechtsextreme sprechen nicht für Mehrheit der Menschen
Wenn Angehörige oder Freunde an Verschwörungsmythen glauben, rät Fabris dazu, in Kontakt zu bleiben und die Beziehung aufrecht zu erhalten. Man solle Vater, Ehefrau oder Schwester als Person ernst nehmen, Interesse zeigen, nachfragen, emphatisch sein und gleichzeitig klar Position beziehen, wenn es um rassistische, antisemitische, sexistische oder andere abwertende Einstellungen geht. „Man kann nur kleine Zweifel säen und dazu muss man einen langen Atem haben“, sagt Vabris.

Für Markus Sulzbacher vom Standard-Watchblog hat die Coronapandemie dafür gesorgt, dass Verschwörungsmythen Hochkonjunktur feiern und viele Menschen wissenschaftliche Erkenntnisse ignorieren. Besonders beunruhigend findet er die Zunahme des Antisemitismus und das Auftreten von Neonazis bei sogenannten Corona-Demos. „Nur weil Impfgegner und Rechtsextreme im Netz und auf den Demos lautstark auftreten, heißt es nicht, dass sie für die Mehrheit der in Österreich lebenden Menschen sprechen“, sagt Sulzbacher. „Sie machen das auch nicht!“ Und: „Es ist zu hinterfragen, ob man Impfgegnern oder Verschwörern in Medien überhaupt eine Bühne geben soll.“

Fakten gegen Fakenews, Verschwörungsmythen hingegen schwer zu widerlegen
„Vor wenigen Jahren noch hätten wir hier gesessen und über die Gefahren von Fakenews gesprochen. Darüber sind wir jedoch hinaus und diskutieren nun über Verschwörungserzählungen. Fakenews können wir recht unproblematisch mit Fakten widerlegen. Verschwörungserzählungen hingegen bieten ein Erzähluniversum, dass Fakten ignoriert oder sie sogar in ihre Immunitätsmechanismen integriert", sagt Andre Wolf. Wolf sieht eine Renaissance uralter Verschwörungsmythen, die in ein neues, dynamisches Gewand gekleidet werden - und somit funktionieren.

„Verschwörungserzählungen bauen Feindbilder auf und vereinen dadurch Menschen. Sie bieten einfache Lösungen für komplexe Probleme und bieten ein Ventil für Aggressionen“, so Wolf. Ähnlich sieht es Alexander Warzilek: „Die Crux der Verschwörungstheorien ist, dass ihre Anhänger nicht auf den Wahrheitsgehalt achten. Damit kann man alles abblocken, was ethischen Standards entspricht. Deshalb ist es so schwierig, gegen Verschwörungstheorien anzukämpfen.“ Die Medienexperten diskutierten vor Ort an der FH St. Pölten. Die Live-Podiumsdiskussion wurde gestreamt. Ein Mitschnitt des Symposiums ist auf Youtube verfügbar, siehe Link.

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red/mich, Economy Ausgabe Webartikel, 03.05.2021

„Innovation schafft Wettbewerbsvorteile“

„Innovation schafft Wettbewerbsvorteile“© Jochen Borenich_KapschBusinessCom

Die digitale Transformation bestimmt den betrieblichen Alltag. Jochen Borenich, Mitglied des Vorstands bei Kapsch BusinessCom, zum aktuellen IT-Bedarf von Unternehmen und Verwaltung und zur erfolgreichen Bewährungsprobe digitaler Dienste in der Corona-Pandemie.

Economy: Wie haben Sie das letzte Jahr im Markt erlebt?

Jochen Borenich: Vielen Unternehmen wurde bewusst, wo es beim Thema Innovation Aufholbedarf gibt. Überraschend war, was alles möglich ist, wenn nötig. Unternehmen treiben sich gegenseitig an, Digitalisierung schafft Wettbewerbsvorteile.

Gibt es gesondert erwähnenswerte Bereiche?

Neben Betrieben und Verwaltung besonders der Bildungsbereich mit einem regelrechten Digitalisierungsschub. Für uns bedeutet das, Schulen und Unis ein Portfolio anzubieten, das von multimedialer Zusammenarbeit über Videokonferenz-Hardware bis hin zu sicheren Netzwerken alles abdeckt. Am Beispiel der TU Graz musste das System über 1.000 Videokonferenzen pro Tag standhalten!

Welche IT-Dienste sind besonders gefragt?

Weiter Home-Office und damit auch Sicherheit, von E-Mail Security bis zum richtigen Verhalten bei Phishing-Attacken. Dann Cloud-Dienste, die gerade jetzt durch flexible, bedarfsorientierte Nutzungsmöglichkeiten punkten. Durch die Pandemie starteten viele Innovationen und jetzt passiert die Weiterentwicklung nach dem Motto: „Wenn wir das schon geschafft haben, gehen wir auch den nächsten Schritt“.

Was sollten Betriebe bei der Umsetzung beachten?

Exakte Planung, klare Definition der Kundenbedürfnisse. Kleinere Projekte nach einander umzusetzen ist sinnvoller als EIN Riesenprojekt. Manchmal muss es aber auch einfach schnell gehen, wie bei der Home Office Umrüstung der Notrufzentrale des ÖAMTC und das betraf auch die Themen Sicherheit und Netzwerkstabilität.

Zwei aktuelle Stichworte. Unternehmensnetzwerke wurden durch Corona noch größere Angriffsflächen. Besondere Vorsicht gilt auch mobilen Endgeräten und eben E-Mail Phishing-Attacken. Neben technischen Maßnahmen braucht es hier Schulung der Mitarbeiter.

Ein anderes aktuelles Thema lautet Sensorik. Sensorik ist bei Kapsch BusinessCom in allen Bereichen gegenwärtig, besonders im Smart Manufacturing, etwa Produktionsüberwachung und Qualitätsmanagement. Aber auch beim Thema „Smart Spaces“ wird Sensorik eingesetzt. Daten sind für die Gestaltung von Büros eine wichtige Entscheidungsbasis.

Gibt es ein Praxisbeispiel?

Mit dem Management-Tool Se:connect und Sensorik in den Büromöbeln lässt sich in Echtzeit messen, welche Plätze eines „Smart Office“ genutzt werden und welche nicht. Die Daten dienen als Entscheidungsgrundlage zur Planung der Büroflächen und das reicht von Gestaltung und Belegung über Buchung und Findung mittels Apps bis zur Info, wo Kollegen oder Teams sind.

Das könnte auch im Corona-Kontext sinnvoll sein …

… ja, weil damit auch das Zutritts-Management geregelt werden kann und zudem verbundene Luftreiniger für frische Raumluft nach jedem Meeting. „Smart Air“ sozusagen. Das gilt generell für Eintrittsbereiche von Gebäuden oder betriebliche Arbeitsumgebungen. Ein Bestandteil der Smart Spaces sind auch „Hybrid Rooms“, die fließende Übergänge vom lockeren Beisammensein zu multimedialen Workshops erlauben, kabellose Kommunikation inklusive.

Kapsch entwickelt für Kunden vermehrt Innovationen für neue Geschäftsfelder, etwa virtuelle Servicedienste für Adler Lacke. Gibt es weitere Beispiele?

Ja, sogenannte Smart Identity & Signature Lösungen für unseren Kunden KSV1870. Dabei geht es um einen komplett digitalisierten und sicheren InfoPass für verschiedene Einsätze und Zielgruppen, etwa Finanzdienstleister, Behörden, Vermieter oder allgemeine Bewerbungen.

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red/czaak, Economy Ausgabe Webartikel, 03.05.2021

Digitale Transformation des Kunstmarktes nimmt Fahrt auf

Digitale Transformation des Kunstmarktes nimmt Fahrt auf© GalerieC_Alfred Kornberger

Corona-Pandemie beschert Internet-Kunsthandel neue Rekordumsätze. Künstler und jüngere Sammler vernetzen sich über Social Media und machen sich unabhängiger von Galerien und Auktionshäusern. Digitale Kryptokunst etabliert sich zunehmend.

(Christian Czaak) Im Jahr 2019 wechselten Kunstwerke im Wert von 64 Mrd. US$ den Besitzer, für das Pandemiejahr 2020 wird ein Betrag von 50 Mrd. US$ ausgewiesen, trotz Wegfall wichtiger Kunstmessen wie Art Basel & Co.. Der Kunstmarkt ist schon lange zu einem globalen Geschäft geworden, wo neben den bis dato führenden Metropolen New York, London und punktuell Paris nun zunehmend auch Märkte in Asien (Hong Kong, Peking, Tokyo), einigen Arabischen Ländern sowie punktuell Russland und Brasilien relevant werden. Auf die USA, das Vereinigte Königreich (GB) und China entfallen 80 Prozent Marktanteil.

Zwei Häuser dominieren mit fünfzig Prozent des Auktionsgeschäfts
Bei Handel und Verkauf von Kunstwerken machen Auktionen einen großen Anteil aus. 2020 wurden hier im Segment Kunst und Antiquitäten knapp 18 Mrd. US$ umgesetzt (minus 30 Prozent ggü. 2019). Dazu kommt für 2020 der mit konservativ auf 4 Mrd. US$ geschätzte Bereich „Private Sales“, ein generell zunehmend wichtiger werdendes Segment für die Auktionshäuser. Auf die beiden größten Auktionshäuser Christie’s (Umsatz 2019: rund 4 Mrd.) und Sotheby’s (3,6 Mrd. 2019) entfällt ein Anteil von fast 50 Prozent am Auktionsmarkt.

Zeitgenössische und Modern Art boomt
Bei den Sparten war 2020 die Zeitgenössische und Moderne Kunst (Post War & Modern) mit einem Anteil von rund 15 Mrd. US$ oder 81 Prozent am Gesamtumsatz das einträglichste Segment. Die Impressionisten (in Österreich weitgehend die sog. Klassische Moderne von rund 1890 bis 1940) erlebten mit minus 50 Prozent einen weiteren massiven Rückgang - nachdem sie in den 1990er Jahren noch das wichtigste Segment war/en. Diese neuerliche Reduktion spiegelt einmal mehr auch einen Generationenwechsel bei den Kunstkäufern wider, wo bei jüngeren Zielgruppen eben nun Zeitgenössische und (immer mehr auch) Moderne Kunst angesagt ist. Digitale Kunstformen erhalten dabei eine immer größere Bedeutung.

Verdoppelung des Umsatzes und Verdreifachung des Anteils
Zu einem Höhenflug setzte 2020 der Kunsthandel im Internet an: Mit über 12 Mrd. US$ verdoppelte der Onlinehandel den Umsatz gegenüber 2019. Hier wurden noch rund 9 Prozent des Gesamtumsatzes generiert, 2020 waren es bereits 25 Prozent, also nahezu eine Verdreifachung. Allein im Segment der bildenden Kunst wurden rund 22 Prozent der Verkäufe online abgewickelt, eine Verdoppelung gegenüber 2019. Eine immer wichtigere Rolle spielen dabei die Sozialen Netzwerke und hier besonders Instagram, das bereits von einem Drittel der Sammler genutzt wird. Der Online-Handel betrifft überwiegend niederpreisigere Werke, Verkäufe über eine Million US$ machen nur 6 Prozent aus. Hochpreisige Werke werden weiter abseits des Internets gehandelt.

Vermögende Sammler kaufen immer öfter über das Internet
Noch. Umfragen bei Kunstsammlern mit einem Millionen-Vermögen zeigen, dass 50 Prozent von ihnen bereits Kunst im Internet gekauft haben. Knapp 70 Prozent davon allerdings „nur ungern“, sie bevorzugen primär den physischen Kontakt. Im Jahr 2020 haben in Summe 90 Prozent (!) der vermögenden Sammler einen Online-Verkaufsraum einer Kunstmesse oder Galerie besucht und 45 Prozent davon kauften auch. 72 Prozent wünschen sich dabei übrigens eine transparentere Auspreisung der angebotenen Kunstwerke.

Wenige Player dominieren globalen Kunstmarkt
In Relation zu den enormen Handelssummen (und Ertragsspannen) teilen sich diesen Markt nur wenige Player auf. Es sind ein paar Auktionshäuser wie Sotheby‘s, Christie‘s und punktuell Bonhams, ein paar Spitzengalerien wie der Österreicher Thaddaeus Ropac, der deutschstämmige David Zwirner (New York), Sprüth Magers (Berlin), Larry „Gogo“ Gagosian (New York), White Cube (London) oder Hauser Wirth (Zürich) und weltweit etwa 2.000 vermögende Sammler.

Hochpreisige Ware
Galerien, Top-Sammler und punktuell Museumseinkäufer (mit ihren zunehmend schwindenden Ankaufsbudgets) treffen sich dann noch auf Kunstmessen wie der Art Basel mit ihren Filialen in Miami und Hong Kong, wo nach strengen Auswahlkriterien maximal 500 Galerien aus der ganzen Welt zugelassen sind. Der erlauchte Kreis handelt sodann nahezu ausschließlich Künstler mit Werkpreisen ab allermindestens 250.000,- US$ aufwärts. Andere Kunstmessen wie etwa eine Art Cologne in Köln, eine Art Karlsruhe oder gar Österreichische Messeformate spielen bei hochpreisigen (und weitgehend auch bei internationalen) Kunstwerken nahezu keine Rolle.

Kunstdatenbanken listen 800.000 Künstler mit Auktionsergebnissen
In Kunstdatenbanken wie ArtPrice oder ArtNet sind 800.000 Künstler gelistet. Nur rund 1.000 Künstler davon erreichen bei Auktionen mehr als 500.000 je Werk. Das entspricht etwas mehr als 0,1 Prozent. Der Toppreis für einen Arnulf Rainer liegt vergleichsweise bei 209.000, sein Gesamtumsatz bei Auktionen bei 3,3 Mio. Das teuerste versteigerte Werk von Franz West kostete 490.000 (Gesamtumsatz 3,85 Mio.), Gustav Klimt liegt bei 800.000 (Gesamt 4,3 Mio.) und Egon Schiele als bester Österreicher mit Platz 99 im Ranking bei 14,1 Mio. und 21,3 Mio. Gesamtumsatz bei Auktion. Alle Stände aus 2020 und gerundet in US$ ohne die bei Auktionen üblichen Käuferprovisionen in Höhe von bis zu 30 Prozent.

Die umsatzstärksten Künstler
In Deutschland liegt ein Martin Kippenberger bei rd. 5 Mio. für ein Einzelwerk und 13,7 Mio. Gesamtumsatz Auktionen, ein Anselm Kiefer bei 4 Mio. (13,7 Mio. Gesamt) und Gerhard Richter, der teuerste lebende Maler, bei 20,5 Mio. für ein Einzelwerk und 130 Mio. Gesamtumsatz. Die global auktionsumsatzstärksten drei Künstler sind Pablo Picasso mit rd. 55 Mio. für ein Einzelbild und einem Gesamtumsatz von 346 Mio., weiters Claude Monet mit 110 Mio. für ein Einzelwerk (298 Mio. Gesamt) sowie Andy Warhol mit 53 Mio. für eine Einzelarbeit und 228 Mio. Gesamtumsatz bei Auktionen. Alle Beträge ebenso in US$ und ohne Käuferprovision.

Die jüngeren Künstler in Auktionen
Zum Vergleich noch Ergebnisse und Ranking aus Auktionen für jüngere Künstler unter 40 Jahren: Hier führt Njideka Akunyili Crosby (geb. 1983) mit 1,93 Mio. US$ für eine Einzelarbeit über Christie’s New York vor Liang Hao (1983) mit 1,85 Mio. über Sotheby’s Hong Kong und Avery Singer (geb. 1987) mit 0,73 Mio. für ein Einzelwerk über Sotheby’s New York. Nate Lowman (geb. 1979) liegt mit 0,35 Mio. US$ für ein Einzelwerk über Sotheby’s New York auf Platz 10. Die Angaben für die jüngeren Künstler sind die letztverfügbaren Stände aus 2018, ebenso ohne Käuferprovisionen.

Der große Rest
Alle Ergebnisse bzw. Verkäufe der jüngeren Künstler wurden über Christie’s oder Sotheby’s erzielt. Die Kunstdatenbanken ArtPrice und ArtNet weisen 800.000 Künstler mit Auktionsergebnissen aus. 800.000 Künstler gibt es aber allein schon in Europa (Quelle: Statistik-Fachportal Statista) und auch das scheint ein zu geringer Wert. 203.000 Künstler sind es allein in Österreich (80.000) und Deutschland (123.000), hochgerechnet auf 47 Staaten müsste dieser Wert in die Millionen gehen. Und hochgerechnet auf die 194 Länder der Erde ergibt sich dann mit Sicherheit ein mittlerer zweistelliger Millionenbetrag.

Millionen Künstler nicht berücksichtigt
In Relation mit dem Kunstmarkt und den 800.000 ausgewiesenen KünstlerInnen mit Auktionsergebnissen bedeutet das: Millionen von Künstlern haben und finden keinen Zugang zu den klassischen Verkaufsplattformen. Bis dato. Die eingangs angeführten Entwicklungen beim massiven Zuwachs der Verkäufe über Online-Plattformen und Social Media und vor allem der über die Neuen Medien ermöglichte direkte Kontakt zwischen Produzenten bzw. Künstler und Sammler bzw. Käufer läuten einen Epochenwandel ein.

Die Oberfläche der unsichtbaren Tiefen
Experten wie Farbod Sadeghian, Gründer der Digitalen Auktionsplattform artèQ, sprechen bereits von der Demokratisierung des Kunstmarkts dank Online-Kanäle und Social Media. „Für Künstler war die Vermarktung bis jetzt eine Kunst für sich. Gatekeeper wie Kuratoren und Galeristen bestimmen, welche Künstler teilhaben und welche zusehen müssen. Sammler und Kunstliebhaber schöpften entsprechend nur an der Oberfläche der unsichtbaren Tiefen der Kunstwelt“, so Sadeghian, der selbst auch Kunstsammler ist (siehe Bericht „Nicht Gatekeeper bestimmen den Erfolg, sondern der Markt“).

Enormer Anstieg bei jungen Online-Bietern
Dem Trend zum Online-Handel und der Affinität jüngerer Zielgruppen zu den Neuen Medien beginnen auch die führenden Auktionshäuser stärker zu begegnen. 2020 setzte Sotheby’s mit 362 Onlineauktionen bereits 530 Mio. US$ um und über weitere einzelne Live-Auktionen 283 Mio. US$. Konkurrent Christie’s erzielte mit Live-Auktionen 341 Mio. US$ und erreichte damit eigenen Angaben zufolge 35 Prozent neue Käufer. Die Anzahl der Online-Bieter verdreifachte sich und dieser Anstieg betraf insbesondere jüngere Käuferschichten unter 40 Jahren, die mittlerweile einen Kundenanteil von rund 25 Prozent ausmachen.

Social Media als neuer Vertriebskanal und Digitale Kunst
Parallel zum Anstieg des Online-Handels und mit zunehmender Beliebtheit der Sozialen Medien als neuen Vertriebskanal nimmt auch die Digitalisierung der Kunst zu. Dazu gehören eigens geschaffene Digitalkunstwerke, wie das zuletzt über Christie’s und Marketplace versteigerte „Everdays“ des Digitalkünstlers Mike „Beeple“ Winkelmann, ein 21.000 x 21.000 Pixelgroßes Bild aus 5.000 sog. Tagesbildern, das um 100,- US$ aufgerufen wurde – und nach 353 Geboten um 70 Mio. US$ verkauft wurde. Bereits davor wurde die zehnsekündige Videoarbeit „Crossroads“, eine Persiflage Winkelmanns auf Trumps Wahlniederlage, über die Online-Plattform Niftey Gateway um 6,6 Mio. US$ versteigert.

Blockchain und NFTs machen ein klassisches Original
Ein zentrales Element der neuen Digital- oder auch Krypto-Kunst ist (neben Motiven und Themen) die neue Blockchaintechnologie. Sogenannte NFTs (Non-Fungible-Tokens bzw. "Nicht Austauschbare Wertmarken") machen aus dem Digitalwerk ein singuläres einmaliges Original, das weder kopierbar oder zu fälschen ist - gleich wie physische Originale klassischer Kunstwerke. Die Eigentümerschaft in der Etherium-Blockchain bleibt dauerhaft vermerkt. Und etwaige Weiterverkäufe werden dann ebenso über die Blockchain und NFTs sicher und vergleichsweise transparent eingetragen. Jede/r KäuferIn bekommt mit einem sogenannten Wallet eine Art Digitales Konto.

Die digitale Reproduktion klassisch analoger Kunst
Ein weiterer Trend in diesem Kontext ist die Digitalisierung von klassischer analoger Kunst. Die neue Plattform artèQ etwa bietet ihren Künstlern auch die professionelle digitale Reproduktion von Ölbildern an oder mittels moderner 3D-Technologien auch von Skulpturen. Hier können dann beispielsweise auch preisgünstigere digitale Editionen entstehen, die über NFTs und Blockchain bei Auflage und sonstiger Daten exakt, transparent und sicher definiert werden. Und mit diesen Editionen können dann auch jüngere Zielgruppen das digitale Abbild teurer Spitzenbilder preisgünstig(er) erwerben oder auch einzelne Anteile an Millionen-teuren Blue-Chip Werken, etwa von Picasso oder Warhol.

Für und wider bei Digitalen Marktplätzen
Sammler und artèQ-Gründer Sadeghian sieht hier insbesondere eine große Chance für Künstler, denen die Teilhabe an den klassischen Kunstverkaufskanälen bisher verwehrt geblieben ist. „NFTs sind die Brücke zwischen analoger und digitaler Kunst. Zusammen mit digitalen Auktionsplattformen schaffen sie für Künstler, Sammler oder auch Kunstinvestoren einen demokratischen und sicheren Raum zur Monetarisierung kreativer Arbeit. Nicht die Selektion durch Mittelsmänner bestimmt wer Erfolg hat, sondern der Zuspruch des Marktes“, betont Sadeghian.

Manipulativer Hype
Neben Befürwortern digitaler Kunstformen und ihrer Marktplätze gibt es auch Kritiker. Aram Bartholl, Professor für digitale Kunst in Hamburg sagt in einem Gespräch mit dem NDR: „Digitale Kunst gab es auch schon vorher, inklusive Galerie-Zertifikat. Corona hat den klassischen Kunstmarkt ausgetrocknet und nun wird dieser Hype gezielt gschürt“. Bartholl nennt die Versteigerung von „Everydays“ um 70 Mio. U$ als Beispiel. „Der Künstler Martin „Beeple“ Winkelmann ist Anteilseigner der Firma, die sein Kunstwerk gekauft hat. Das ist vergleichbar mit Damien Hirst, der sein eigenes Werk kauft, um den Preis hochzutreiben. Das ist also nichts Neues, die Manipulation der Märkte gibt es auch in der klassischen Kunst“.

Galeristen steigern im Hintergrund mit
Bartholls Manipulationsvergleich mit der klassischen Kunst stimmt nur bedingt. Es ist richtig und zumindest in der Branche bekannt, dass Galeristen in Auktionen bei Werken ihrer Künstler mitbieten und das versteckt über Mittelsmänner oder zumindest „nicht im Saal“ über kaufbeauftragte Sensalen. Damit soll das Bild nicht unverkauft „liegen bleiben“ oder eben der Marktpreis gesteigert werden – und zumeist eine für vermögende Trophäensammler relevante Preis-/Wert-Grenze erreicht werden. International gelten hier rund 1 Mio. US$, in Österreich sind es rund 100.000 Euro.

Blockchain und Tokens bringen Transparenz in Kunstmarkt
Diese manipulativen Vorgänge liefen bis dato entsprechend intransparent und schwer überprüfbar ab. Blockchain und die Non-Fungable-Tokens (NFTs) bringen hier nun aber mehr Transparenz und Sicherheit rein. Die Eigentümerschaft der Tokens ist klar (und abgesichert) in der Blockchain hinterlegt, dazu gibt es mit den Wallets der Käufer klar zuordenbare (digitale) Konten. Und dieses System gilt bei/für jeden (Weiter)Verkauf eines Kunstwerks. Und falls ein „Strohmann“ ein Digitales Konto und NFTs für einen Galeristen übernimmt, dann ist zumindest der Strohmann inklusive Daten für etwaig weitere Recherchen einsehbar.

Die ökonomische Skepsis klassischer Auktionshäuser
Klassische Auktionshäuser analoger Kunst sind (noch) skeptisch betreffend Chancen digitaler Kunst auf dem Kunstmarkt. Im Gespräch mit dem NDR sorgt sich Robert Ketterer, Chef des traditionellen Auktionshauses Ketterer in München, vor allem um den technischen Aufwand um ein Bild zum digitalen Original zu machen und es mit dem Namen seines Besitzers zu verknüpfen. Dieser sei „gigantisch“ und mit „heutiger Technik daher auch nicht für Auktionen interessant“. Ketterer sieht Transaktionskosten wie auch ökologische Belastungen „als zu hoch und das alles spricht nicht für eine Marktreife“, so der Auktionshauschef zum NDR.

Vielfältige digitale Auktionsformate und Kunstwerkformen
Mitentscheidend sei aber, ob die großen Auktionshäuser einen Markt sehen – und dann mitmachen. Diese Entscheidung ist mit der erwähnten Versteigerung von „Everydays“ über Christie’s allem Anschein nach schon gefallen. Die neuen Auktionsformate bedienen auch Künstler anderer Genres. Die kanadische Sängerin und Multimedia-Künstlerin Grimes hat kürzlich über die NFT-Auktionsplattform Nifty Gateways ihre Kollektion „War Nymphs“ mit Songs, digitalen Gemälden und animierten Clips um rund 6 Mio. US$ verkauft bzw. versteigert, so ein Bericht des Magazins t3N.de. Zu haben waren zwei Animationen in einer Gesamtauflage von 9.999 Stück zum Einzelpreis von 7.500 US$, verschiedene kleine Gemälde um jeweils 20 US$ und zwei größere Gemälde.

Digitale Transformation bringt Demokratisierung des Kunstmarktes
Angaben zufolge wurden von den Animationen jeweils 300 bis 400 Stück verkauft, von den kleinen Gemälden 100 Stück und die zwei großen wurden über eine sogenannte stille Auktion veräußert. Bei diesem Auktionsformat geben Interessenten nur ein Gebot ab und die zehn höchsten erhalten den Zuschlag für jeweils ein Kunstwerk. Angaben zufolge wurden bis zu 111.000 US$ geboten. 100 Stück kleine Gemälde um 20,- und 400 Stück Animationen um 7.500,- und 2 Stück große Gemälde um +/- 100.000,- ergeben in der Tat ein demokratisches Bild aus Kunstkäufern verschiedener Interessen und Finanzmöglichkeiten. Nach der digitalen Transformation von Medien und Musikbranche (und Handel) hat nun die digitale Transformation des Kunstmarktes begonnen. (red/czaak)

(Anm. der Redaktion zu Quellen: Ein Großteil der angeführten Zahlen und Daten stammt aus dem jährlichen Kunstmarkt-Report von Art Basel und der Schweizer Bank UBS sowie von den Kunstportalen ArtPrice und ArtNet. Die Eindrücke und Zitate von Bartholl und Ketter stammen aus einem Interview mit dem Nord-Deutschen-Rundfunk/NDR. Das Beispiel der Künstlerin Grimes kommt aus einem Bericht von t3N.de).

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red/czaak, Economy Ausgabe Webartikel, 30.04.2021

„Nicht Gatekeeper bestimmen den Erfolg, sondern der Markt“

„Nicht Gatekeeper bestimmen den Erfolg, sondern der Markt“© Farbod Sadeghian_artèQ

Neues Kunsthaus artèQ vernetzt und verkauft Digitalwerke auf allen Kanälen. Primär für Künstler und Sammler gedacht, wird von digitaler Produktion der Werke über Website und Social-Media-Auftritte bis zu Verkauf die komplette Wertschöpfungskette geboten.

(Christian Czaak) Das Jahr 2020 war (auch) für den Kunstmarkt eine Zäsur. Bedingt durch die Corona-Pandemie mit dem Wegfall wichtiger Kunstmessen reduzierte sich der globale Gesamtumsatz ggü. 2019 um über 20 Prozent auf, immer noch stolze, 50 Mrd. US$. Parallel bescherte die Pandemie künstlerischen Auftritten in Internet und Social Media enorme Zuwachsraten und die neuen Medien werden immer mehr auch zu einem realen Verkaufskanal (siehe auch Text „Digitale Transformation des Kunstmarktes nimmt Fahrt auf“).

Bis dato wird der globale Kunstmarkt von ein paar wenigen Steakholdern in einem weitegehend abgeschirmten Raum gesteuert. Die Wertschöpfungskette vom Produzenten bzw. Kunstwerk zu Sammlern und punktuell kaufwilligen Kunden im hochpreisigen klassischen Kunstsegment (Malerei, Skulptur, Medienkunst) ist fest in der Hand von maximal 300 Galerien, fünf Auktionshäusern und einer Handvoll Kunstmessen. Über diese drei Vertriebskanäle werden weltweit primär 2.000 vermögende Sammler bedient.

Der abgeschirmte Kunstmarkt versus die Demokratisierung der Kunst
Neue Galerien mit jüngeren, entsprechend noch unbekannteren KünstlerInnen hatten es bis dato extrem schwer hier mitzuspielen. Bei internationalen Auktionen gibt es zumeist hohe Mindestanforderungen bei Preis und Bekanntheit und bei Kunstmessen lassen die von den Top-Galerien oft mitbesetzten Beiräte nur ungern neue Konkurrenten beim Sammlerteich mitfischen.

Das Internet und insbesondere Social Media fördern hier nun neue Vertriebswege und da bekommen diese jungen Galerien und auch die Künstler den direkten und vergleichsweise weitaus kostengünstigeren Kontakt zu Sammlern und kunstaffinen Zielgruppen. Ein weiterer Trend sind digitale Kunstwerke oder digitale Abbilder von analogen Kunstwerken.

Von der analogen in die digitale Welt
Exakt hier setzt nun artèQ an, eine neue Plattform, die für Künstler und Galerien deren Kunstwerke mittels Blockchaintechnologie und sogenannter Non-Fungible Token (NFT) von der analogen in die digitale Welt transferiert – und primär über digitale Vertriebswege dann auch monetarisiert bzw. verkauft.

artèQ übernimmt dabei die komplette creative und technische Aufbereitung und stellt Fotografen, Restauratoren und 3D-Spezialisten (speziell für Skulpturen) für eine optimale digitale Reproduktion zur Verfügung. Die Kunstwerke werden dann vorzugsweise über die eigene Webplattform, über eigene Auktionsformate und über Social Media angeboten.

Unveränderlich und manipulationssicher
Non-Fungible Token (NFT) sind digitale Repräsentationen von Unikaten, deren Authentizität, Einzigartigkeit, Herkunft und Eigentum durch die Blockchain garantiert wird. Mit dem sogenannten “Minting” eines NFT, also der Erschaffung und virtuellen Prägung ähnlich wie bei einer Münze, wird ein digitales Kunstwerk Teil des öffentlich einsehbaren Blockchain-Registers.

Dieses ist unveränderlich und manipulationssicher und bleibt daher bis in alle Ewigkeit bestehen. Um nun Teil des artèQ-Portfolios zu werden, können Künstler ihre Arbeiten hochladen oder einfach direkt von artèQ digitalisieren und in einen NFT verwandeln lassen.

Kostenlose Services für Künstler und keine Kosten für Käufer
Einnahmen aus Verkauf oder auch Tausch der NFT-Kunstwerke sind anschließend direkt mit den Wallets (eine Art digitales Konto) der Eigentümer verknüpft. Die Künstler haben damit immer den Überblick und die Kontrolle über ihr Portfolio und ihren Umsatz. artèQ bietet alle diese Services (inklusive der aufwändigen digitalen Reproduktion) komplett kostenfrei an und erhält erst beim Verkauf eine prozentuelle Kommission von 15 Prozent, sowie von weiteren Verkäufen dann jeweils 10 Prozent.

Für den Käufer fallen bis auf Transferbeträge von max. 100 US$ keine Kosten an, bei klassischen Auktionshäusern sind das vergleichsweise bis zu 30 Prozent vom Kaufpreis des erworbenen Kunstwerks. Da viele Künstler Verträge mit Galerien haben, arbeitet artèQ auch mit diesen zusammen und bei einem Verkauf werden die Erlöse geteilt.

Plattform für analoge Kunst im digitalen Raum
„Meine Vision ist es, mit artèQ den ersten Community-Brand zu schaffen - die internationale Plattform für analoge Kunst im digitalen Raum. Neben Künstlern ebnen wir auch anderen traditionellen Kunstakteuren wie Galerien, Museen und Auktionshäusern den Weg, ihre Sammlungen ebenfalls über NFT zu lancieren“, erläutert Farbod Sadeghian, Gründer von artèQ, gegenüber economy.

Sadeghian ist Kunstmarktexperte sowie Sammler und Eigentümer mehrerer Unternehmen. Dazu gehören insbesondere Digitalunternehmen im Bereich Augmented- & Virtual Reality und Virtual Exhibition. Direkt hinter artèQ stehen seine Unternehmen ThePixelBeat und Digital First GmbH, welche auch als juristischer Träger fungiert.

Der Markt bestimmt den Erfolg
Neben der Digitalisierung und Vermarktung bietet der artèQ Crypto Art Marketplace auch wöchentliche Auktionen, um Käufer und Verkäufer zusammenzubringen. Als weiterer Bestandteil der diversen Präsentations- und Vertriebskanäle von artèQ soll die Auktionsplattform „einen demokratischen und sicheren Raum zur Monetarisierung kreativer Arbeit schaffen“, so artèQ-Gründer Sadeghian.

„Hier soll nicht die Selektion durch Gatekeeper und Mittler bestimmen wer Erfolg hat, sondern der Zuspruch des Marktes“, betont Farbod Sadeghian. Angeboten werden auch die bei Sammlern zunehmend beliebten „Private Sales“. Wie bei klassischen Auktionshäusern passiert hier Werkpräsentation und Geschäft im nicht-öffentlichen Rahmen.

NFT erlauben einfache Investitionen in Blue-Chip-Kunstwerke
Die Möglichkeiten von NFT erlauben zudem fraktioniertes Eigentum und machen so auch Blue-Chip-Kunstinvestitionen einfach zugänglich. Schon für den Preis eines günstigen Smartphones, kann man damit etwa ein Stück Warhol erwerben.

„Wir kombinieren unsere Erfahrung im Kunst-, Marketing- und Digitalbereich mit den technologischen Möglichkeiten unserer Zeit. Somit schaffen wir einen inklusiven One-Stop-Artshop, der Künstler, Sammler und Kunstliebhaber zusammenbringt sowie neue Mechanismen und Kanäle für den Verkauf, Erwerb und Tausch von Kunstwerken bietet“, so Sadeghian.

International etablierte Künstler
Aktuell werden 19 internationale KünstlerInnen auf der Website von artèQ präsentiert, darunter der Österreicher Peter Preinsberger, der Iraner Ali Akbar Sadeghi und die ungarisch-iranischstämmige Gizella Varga Sinai. In klassischen Auktionen erzielten Papierarbeiten von Preinsbreger bis zu 1.200 Euro. Diese Ergebnisse aus 2005 liegen allerdings lange zurück.

Ein Digitalwerk von Sadeghi kostet auf artèQ zwischen 8 und 9.000 Euro. Er erzielte 2005 bei klassischen Auktionen schon Preise von 180.000 Euro (inkl. Käuferprovisionen). Sinai wiederum erzielte 2016 bei Auktionen Preise von 12.000 Euro. Auf artèQ kostet ihr Digitalwerk 1.500 Euro.

Social Media Auftritt entscheidend
Gefragt nach den Auswahlkriterien für die KünstlerInnen erklärt Sadeghian, „es müsse ein sichtbares Werk und eine mehrjährige Marktpräsenz mit Ausstellungen geben“ und dazu „möglichst auch einen professionellen Webauftritt“. Autodidakten seien „genauso willkommen wie akademisch gebildete Künstler“. Interessant noch sind Sadeghians Erfahrungen und Empfehlungen beim modernen Kunstmarketing.

„Am wichtigsten ist ein professioneller Social Media Auftritt. Viele Sammler digitaler Medienkunst treffen sich etwa auf Twitter.“ Klassischen Marketingaktivitäten erteilt er eine klare Absage: „Unsere primären Zielgruppen sind die Millenials und die bewegen sich in den Sozialen Medien“. Im nächsten Schritt sollen aber auch klassische (ältere) Sammler angesprochen werden.

Eigene Galerieräumlichkeiten und eigenes Kunstmagazin
„Die Art und Weise, wie Kunst präsentiert und wahrgenommen wird, erobert genauso wie der Schaffungsprozess selbst immer mehr den digitalen Raum. NFT sind die Brücke zwischen der analogen und digitalen Kunstwelt. Wir ermöglichen hier Künstlern, Sammlern und Kunstliebhabern sowie Investoren den Markteintritt und sie profitieren dabei von den besten Marketingstrategien und umfangreichen Netzwerken von artèQ“, ergänzt Farbod Sadeghian.

Neben den digitalen Vertriebswegen und Auktionen soll es auch ein eigenes gedrucktes Magazin geben und dazu regelmäßige Open Space-Veranstaltungen in der eigenen artèQ Galerie im DESIDERIO N°1 in der Wiener Innenstadt. Die erste Informationsveranstaltung mit anschließender Vernissage passiert am Freitag, den 21.05.2021 um 11.00 Uhr in der Johannesgasse 17 in der Wiener City.

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red/czaak, Economy Ausgabe Webartikel, 30.04.2021
Unabhängiges Magazin für Wirtschaft und Bildung 28.07.2024
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Der Elfenbein-Ersatz aus dem 3D-Drucker

Der Elfenbein-Ersatz aus dem 3D-Drucker© TU Wien

TU-Wien und Uni-SpinOff Cubicure entwickeln eine neue Restaurierungsvariante für alte Kunstgegenstände und das inkludiert auch eine Alternative für Elfenbein.

(red/mich) Jahrhundertelang wurde Elfenbein gerne für die Herstellung von Kunstgegenständen verwendet. Um die Elefantenpopulationen zu schützen, wurde der Handel mit Elfenbein 1989 dann international verboten. Um Elfenbeinteile alter Kunstobjekte zu restaurieren, muss man daher auf Ersatzmaterialien zurückgreifen. Dazu gehören etwa Knochen, Muscheln oder Kunststoff. Wirklich zufriedenstellend waren alle diese Ersatzmaterialien Angaben zufolge jedoch nicht.

Die TU-Wien und das 3D-Druck-Unternehmen Cubicure als Spin-Off der TU haben nun in Kooperation mit der Kunst- und Denkmalpflege der Erzdiözese Wien und Addison Restaurierung einen Hightech-Ersatz entwickelt. Das neuartige Material „Digory“ besteht aus Kunstharz und Kalziumphosphat-Partikeln. Es wird in heißem, flüssigem Zustand verarbeitet und im 3D-Drucker mit UV-Strahlen exakt in der gewünschten Form ausgehärtet. Anschließend kann es noch poliert und farblich angepasst werden, sodass ein täuschend echt wirkender Elfenbeinersatz entsteht.

Schön und mechanisch hochwertig
„Das Forschungsprojekt begann mit einem wertvollen Schrein aus dem 17. Jahrhundert in der Kirche von Mauerbach“, sagt Jürgen Stampfl vom Institut für Werkstoffwissenschaften und Werkstofftechnologie der TU Wien. „Er ist mit kleinen Elfenbeinornamenten verziert, von denen im Lauf der Zeit einige verlorengegangen sind. Die Frage war, ob man sie mit 3D-Druck-Technologie ersetzen kann.“ „Wir mussten eine ganze Reihe von Anforderungen gleichzeitig erfüllen“, sagt Thaddäa Rath, die im Rahmen ihrer Dissertation an dem Projekt arbeitete. „Das Material soll nicht nur wie Elfenbein aussehen, auch Festigkeit und Steifigkeit müssen stimmen, das Material soll bearbeitbar sein.“

Durch zahlreiche Experimente gelang es Rath und Forschern von TU Wien und Cubicure die passende Mischung zu finden: Winzige Kalziumphosphat-Partikel wurden gemeinsam mit extrem feinem Siliziumoxidpulver in ein spezielles Harz eingebettet. Die Mischung wird dann bei großer Hitze in den 3D-Druckern von Cubicure im sogenannten Hot Lithography Verfahren verarbeitet: Schicht für Schicht wird das Material jeweils an den gewünschten Stellen mit einem UV-Laser ausgehärtet, bis das vollständige Objekt fertig ist. Auch die charakteristischen dunklen Linien im natürlichen Elfenbein lassen sich nachträglich millimetergenau aufbringen.

Nie wieder Stoßzähne!
Im Bereich der Restauration ist das ein großer Schritt nach vorne: Mit dem neuen Material „Digory“ steht nun nicht nur ein besserer, schönerer und leichter verarbeitbarer Ersatz für Elfenbein zur Verfügung als bisher, die 3D-Technologie ermöglicht auch die Reproduktion feinster Details. Anstatt sie mühsam aus Elfenbein-Ersatzmaterial herauszuschnitzen, können Objekte nun in wenigen Stunden ausgedruckt werden.

„Mit unseren eigens entwickelten 3D-Druckanlagen verarbeiten wir unterschiedliche Material-Formulierungen für ganz verschiedene Einsatzbereiche“, sagt Konstanze Seidler von Cubicure. „Das aktuelle Projekt ist ein weiterer Beweis für die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten der Stereolithographie.“ Das ganze Team hofft, dass sich das neue Material „Digory“ in Zukunft generell durchsetzen wird – als ästhetisch und mechanisch hochwertiger Elfenbeinersatz, für den garantiert kein Elefant einen Stoßzahn verliert.

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red/mich, Economy Ausgabe Webartikel, 26.04.2021

Schnelles Breitbandnetz für Stadt und Land

Schnelles Breitbandnetz für Stadt und Land© Pexels.com/Pixabay 40185

A1 meldet Versorgung von 3,8 Millionen Menschen mit neuer Mobilfunk-Generation 5G. Heuer wurden 1.000 neue 5G-Standorte in Betrieb genommen. Mit parallel 61.000 Kilometer Glasfasernetz werden die leistungsstärksten Breitband-Technologien vereint.

(red/cc) Der österreichische Telekom-Provider A1 verlautbart die Versorgung von mehr als 3,8 Millionen Menschen in ganz Österreich mit der neuen Mobilfunk-Generation 5G. Alleine seit Anfang des Jahres hat A1 1.000 neue 5G Standorte in Betrieb genommen und bringt damit schnelles mobiles Breitband sowohl in große Städte als auch in ländliche Regionen. In Kombination mit dem Angaben zufolge größten Glasfasernetz Österreichs mit mehr als 61.000 Kilometer, vereint das A1 „5Giganetz“ die aktuell leistungsstärksten Breitband-Technologien.

Innovation und Wachstum auch im ländlichen Raum
„Erst mit einem flächendeckenden und hochqualitativen Zugang zu digitalen Medien, Services und Geschäftsmodellen lässt sich das volle Potenzial der Digitalisierung in Österreich entfalten. Wir tragen als Unternehmen aktuell noch mehr Verantwortung, denn die digitale Infrastruktur mit jährlichen Investitionen von rund 450 Mio. EUR allein in Österreich ist Basis für Wachstum, Innovationskraft und neue Perspektiven auch im ländlichen Raum“, so Thomas Arnoldner CEO der A1 Gruppe.

5G ermöglicht Bandbreiten von derzeit bis zu 1 Gbit/s und in weiterer Folge soll es bis zu 10 Gbit/s gehen. Durch niedrigste Reaktionszeiten (Anm. sog. Latenzzeit) im Millisekunden-Bereich werden auch Anwendungen in Echtzeit möglich, sei es für die Steuerung von Maschinen und Produktionsprozessen, im Bereich der Mobilität, oder für Unterhaltungsanwendungen. In Kombination mit einer höheren Energieeffizienz und mehr vernetzbaren Geräten pro Zelle bildet 5G auch die Basis für das Internet der Dinge (IoT) und Anwendungen im Bereich „Smart Cities“.

Campus-Netzwerke für Industrie 4.0 Anwendungen und Echtzeitdaten
Die 5G-Breitband-Technologie gewährleistet nun aber auch eigene Netzwerk-Infrastruktur für Betriebe, sogenannte Campus-Netzwerke. Hier wird das öffentliche (Mobil)Funknetz mit einen privat-betrieblichen 5G-Netz verschränkt und passgenaue Anwendungen etwa im Bereich automatisierter Produktion, Sensorik und insbesondere Datenmanagement in Echtzeit ermöglicht. 5G Campus Netze von A1 und überregionales Network-Slicing sichern dabei die Bereitstellung dezidierter Netzwerkkapazitäten für spezifische Anwendungen. Kombiniert werden geringste Verzögerungsraten, höchste Sicherheit und Verfügbarkeit, da die genutzten Netzwerkkapazitäten für einzelne/n Anwendungsfall/e reserviert werden und eben nicht über das öffentliche Netz geteilt werden.

A1 setzt diese Technologie bereits mit mehreren Unternehmen ein, beispielsweise am Flughafen Wien, in den Smart Factories von Magna, in Supermärkten der Spar-Kette oder im Rahmen der automatisierten Zugsteuerung der ÖBB. Erst kürzlich wurde auch das ÖAMTC Fahrtechnik Zentrum Teesdorf als erste Anlage seiner Art mit 5G Mobilfunk ausgestattet. Andere Anbieter von 5G-Infrastrukturen und Services sind Kapsch BusinessCom oder T-Systems mit Magenta sowie Siemens. „A1 wird den 5G-Roll-out dieses Jahr deutlich vorantreiben, um den Versorgungsgrad in Österreich weiter zu steigern“, so A1-Boss Thomas Arnolder abschließend.

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red/cc, Economy Ausgabe Webartikel, 26.04.2021

Firmenpleiten versus Hilfsgelder und die weitere Entwicklung

Firmenpleiten versus Hilfsgelder und die weitere Entwicklung© Pexels.com/Gabby K

Die Corona-Pandemie ist für 14 Prozent der Firmeninsolvenzen in den letzten zwölf Monaten verantwortlich. Operative Ursachen sind auch weiterhin der Hauptgrund und die eigentliche Pleitewelle soll erst kommen, so eine aktuelle Analyse des Kreditschutzverbandes von 1870.

(red/czaak) Neun von zehn heimischen Unternehmen müssen sich mit den finanziellen Folgen der Pandemie beschäftigen, trotzdem ist die Corona-Krise in den vergangenen zwölf Monaten nicht zum Auslöser Nummer eins von Firmenpleiten mutiert. Mehr noch: In den vergangenen sechs Monaten wurden hierzulande um rund 60 Prozent weniger Firmenpleiten als vor der Krise gezählt. Hauptursache für rund 40 Prozent der Unternehmen sind hier weiterhin operative Gründe. Die Wirtschaftskrise selbst ist seit Beginn des ersten Lockdowns für knapp 14 Prozent aller insolventen Unternehmen verantwortlich.

Covid-19 beschleunigt finanziellen Notstand
Die Pandemie beschleunigt zum Teil auch Pleiten, deren finanzielle Miseren einen gänzlich anderen Ursprung haben. Sobald jedoch die staatlichen Fördermaßnahmen ein Ende finden und noch mehr Betriebe in gröbere finanzielle Turbulenzen geraten, wird die Pandemie als Pleitenursache steigen. Zu diesem Ergebnis gelangt eine Ursachenanalyse des KSV1870 von rund 1.300 Firmenpleiten seit Beginn des ersten Lockdowns. „Das auf den ersten Blick positive Ergebnis ist für die heimische Wirtschaft alles andere als erfreulich. Langfristig gesehen können dadurch weitaus gravierendere Probleme entstehen als dies jetzt ohnehin schon der Fall ist“, erklärt Karl-Heinz Götze, Leiter Insolvenz beim KSV1870.

Unbeeindruckt von der anhaltenden Weltwirtschaftskrise sind für 39 Prozent operative Ursachen nach wie vor der mit Abstand häufigste Auslöser einer Firmenpleite in Österreich. Dazu zählen Absatz- und Finanzierungsschwächen, eine schlechte Kostenstruktur aufgrund einer fehlerhaften Organisation, mangelndes Controlling und Fehler in der Auswahl oder Führung von Mitarbeitern. Auf Platz zwei rangieren mit 19 Prozent „Unbeherrschbare Umstände“ und zu dieser Kategorie zählt auch die Corona-Krise mit knapp 14 Prozent. Darüber hinaus tritt die Pandemie zum Teil auch als Beschleuniger von Insolvenzen in Erscheinung, deren ursächliche Gründe eigentlich andere sind.

Gesteigerte Insolvenzen versus rechtzeitige Sanierung
„Es ist zu erwarten, dass der Faktor Corona ab jenem Moment steigen wird, in dem die staatlichen Hilfsgelder ein Ende finden. Spätestens ab diesem Zeitpunkt müssen auch jene Unternehmen der finanziellen Realität ins Auge blicken, die aktuell künstlich am Leben gehalten werden“, so Götze weiter. Dann wird für viele Betriebe „der Schuldenberg nicht mehr zu stemmen sein“ und es besteht vielerorts die Gefahr „einer vollständigen Liquidation“. Das auch deshalb, weil seitens der Unternehmen häufig „zu lange mit einer Sanierung gewartet wird“ und in einem späten Stadium mitunter „nicht einmal mehr die Gerichtskosten gedeckt werden können“, so die Analyse des KSV1870.

Der Gläubigerschutzverband appelliert nun an finanziell gefährdete Unternehmen, sich frühzeitig mit einer Sanierung zu beschäftigen, um eine vollständige Liquidation der Firma tunlichst zu vermeiden und letztlich Jobs zu retten. Zusätzlich gehe es auch darum, dass nicht noch mehr Betriebe in eine finanzielle Instabilität geraten, die aktuell auf wirtschaftlich gesunden Beinen stehen. Das würde aus volkswirtschaftlicher Sicht eine weitere nachhaltige Schwächung des gesamten Wirtschaftsstandortes Österreich bedeuten. Angesprochen sind hier etwa Lieferanten von insolvenzgefährdeten Firmen, die ob der Situation ihrer Auftraggeber nichts wissen und weiter auf Rechnung liefern.

Unklare Entwicklung
Ein relevanter Faktor für Insolvenzen sind auch gravierende Gründungsfehler seitens der Unternehmer selbst. Neben fehlendem Branchen-Know-how, jeglicher Eignung als Unternehmer oder zu geringes Eigenkapital, gehört für immerhin rund 15 Prozent auch persönliches Verschulden bzw. Fahrlässigkeit dazu. Gemeint sind hier strafbare Handlungen, die Nachlässigkeit der Geschäftsführung oder zu hohe Entnahmen.

„Der österreichischen Wirtschaft geht es angesichts der anhaltenden Corona-Krise deutlich schlechter als es die aktuellen Insolvenzzahlen vermuten ließen. Dass es nach wie vor eine derart geringe Anzahl an Firmenpleiten gibt (Anm. in Quartal 2021 wurde der niedrigste Wert an Firmenpleiten seit 1977 erzielt) ist nicht zuletzt den politischen Kunstgriffen ins heimische Insolvenzsystem geschuldet“, so die finale Erkenntnis der KSV-Experten. Ein System, das seit vielen Jahrzehnten auch international ein Erfolgsmodell ist. Für die KSV-Gläubigerschützer ist es aber auch vorstellbar, dass am Ende dieses Jahres die Zahl der Firmenpleiten „nicht dramatisch höher ausfallen könnte als im Vorjahr.“

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red/czaak, Economy Ausgabe Webartikel, 26.04.2021

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