Unabhängiges Magazin für Wirtschaft und Bildung

28. Juli 2024

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Starke psychische Belastung bei Kindern durch Corona-Pandemie

Starke psychische Belastung bei Kindern durch Corona-Pandemie© Pexels.com/Rednoe Productions 6003463

Angstzustände, Stress und Traumasymptome junger Menschen im Fokus einer Studie der Uniklinik Innsbruck. Aktuelle Ergebnisse der zweiten Befragung zeigen alarmierende Entwicklung. Aufruf für Teilnahme an dritter Runde in Tirol.

(red/czaak) Das psychische Wohlergehen von Kindern im Alter von 3 bis 12 Jahren ist das Thema einer umfangreichen Studie der Innsbrucker Univ.-Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik im Kindes- und Jugendalter. Ziel des auf zwei Jahre angelegten Forschungsprojekts ist die langfristige Erfassung von Angstzuständen, Stressbelastungen und Traumasymptomen sowie die generelle Lebensqualität der 3 bis 12-jährigen Kinder in Tirol. Die nunmehr vorliegenden Werte der zweiten Befragungsrunde zeigen eine zunehmend massive Belastung der Kinder und „alarmierende Ergebnisse“, so die leitenden Ärztinnen der renommierten Tiroler Uniklinik.

703 Familien und 224 Kinder nehmen an Befragung teil
Bei der von Dezember bis Ende Jänner 2021 gelaufenen zweiten Befragungsrunde haben 703 Familien aus Nord- und Südtirol teilgenommen, um 280 mehr als beim Startdurchgang. Zusätzlich wurden 224 Kinder befragt. Ein Großteil der Teilnehmer der ersten Fragerunde waren auch diesmal dabei. „Dank der sehr regen Beteiligung können wir die beiden Erhebungszeitpunkte März 2020 und Jänner 2021 gut miteinander vergleichen. Die Ergebnisse sind durchaus alarmierend“, erklärt Kathrin Sevecke, Primaria der Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie am Landeskrankenhaus (LKH) Hall und Leiterin der Studie.

Das aktuelle Bild deckt sich auch mit den Erfahrungen der Sprechstunde für stark belastete Kinder und deren Eltern an der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Hall in Tirol. „Wir sehen, dass die Anzahl der Kinder, die sich stark belastet fühlen, steigt“, sagt Sevecke. Die ersten Ergebnisse der wissenschaftlichen Studie führten zur Weiterentwicklung von Unterstützungsmaßnahmen wie etwa niederschwellige Telefonhotlines und Spezialsprechstunden für betroffene Kinder und Jugendliche sowie Angehörige (economy berichtete). Das Land Tirol fördert hier sowohl die Maßnahmen wie auch Forschungsprojekte mit Studien an den Kliniken.

Kinder zeigen deutlich mehr Angstzustände und Traumasymptome
Die Auswertung der ersten Untersuchung mit Familien aus seinerzeit stark belasteten Regionen wie Paznaun- oder Grödnertal (Anm. nach der ersten Quarantäne) zeigten damals in Bezug auf Traumatisierung und Angstempfinden noch keine signifikanten Auffälligkeiten. „Das hat sich diesmal deutlich geändert“, erklärt Gesundheitspsychologin Silvia Exenberger vom Studienteam.

Die Traumasymptome sind um rund 60 Prozent (!) gestiegen, so die Auswertungen nach Selbstauskunft der Kinder. „Mittlerweile zeigen bereits rund 15 Prozent der Kinder klinisch relevante Symptome, vor einem Jahr waren es drei Prozent“, betont Exenberger. Ebenfalls gestiegen sind Angstzustände und 45 Prozent der jungen Menschen zeigen Aufmerksamkeitsprobleme. „Aus Sicht der Eltern haben sich somatische Beschwerden wie etwa Bauchweh oder Schlafstörungen der Kinder mehr als verdoppelt“, ergänzt Exenberger.

Lebensqualität und Warnung vor erneuter Schließung von Schulen und Kindergärten
Im März 2020 hatten Kinder vor allem unter fehlenden sozialen Kontakten gelitten. Aktuell hat sich aus Sicht der Eltern das Verhältnis von Mädchen und Jungen zu Freunden wieder gebessert. Trotz gestiegener Belastungssymptome zeigen die Daten die gleiche Beurteilung der Lebensqualität im Jänner 2021 versus der Quarantänephase im März 2020. „Dazu haben die Öffnungen von Kindergärten und die leichten Lockerungen der Kontaktmöglichkeiten beigetragen“, erläutert Exenberger.

Aus diesem Grund warnt die Expertin nachdrücklich vor einer erneuten Schließung von Schulen und Kindergärten. Eine gesonderte Betrachtung betrifft auch die Unterschiede der Geschlechter. Im März 2020 hatten Mädchen ein intensiveres Bedrohungserleben geschildert und damit verbunden auch mehr Trauma- und Angstsymptome. „Dies ist so geblieben, aber die aktuellen Ergebnisse zeigen, dass sich bei Mädchen und Jungen das Rückzugsverhalten verstärkt hat. Und bei Jungen ist die Verhaltensschwierigkeit wesentlich ausgeprägter“, attestiert Exenberger.

Aufruf an Lehrer, Kindergartenpädagogen und Führungskräfte
Nachdem letzten Sommer und Herbst Kinder und Eltern befragt wurden, geht es in der nächsten Stufe des Forschungsprojektes um die Sichtweise von PädagogInnen und Führungskräfte in Bezug auf die Corona bedingten Belastungen der Kinder und deren Auswirkungen auf Schule und Kindergarten. Finale Zielsetzung ist die Entwicklung eines Instruments zur Früherkennung kindlicher Belastungssymptome (Screening) sowie eines psychologischen Leitfadens zur besseren Bewältigung von Krisen in Schule und Kindergarten.

„Wir führen dazu Online-Fokusgruppen mit jeweils rund fünf Teilnehmerinnen durch“, sagt Kathrin Sevecke, Primaria am LKH Hall und Leiterin der Studie. Sevecke und Team rufen zur Teilnahme an so einer virtuellen Fokusgruppe auf, Dauer 1,5 Stunden. „Die TeilnehmerInnen leisten einen Beitrag zur besseren Bewältigung der aktuellen und möglicher zukünftiger Krisen. Zudem ist ein ungezwungener Austausch über Erfahrungswerte in einem geschützten Rahmen möglich“, so Sevecke. Infos und Termine siehe nachfolgende eMail-Adresse und Link.

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red/czaak, Economy Ausgabe Webartikel, 26.03.2021
Unabhängiges Magazin für Wirtschaft und Bildung 28.07.2024
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Viele Deutsche Unternehmen existenziell gefährdet

Viele Deutsche Unternehmen existenziell gefährdet © Pexels.com/Maria Orlova

Knapp jedes fünfte Unternehmen ist in Deutschland durch Coronakrise bedroht. Einzelhandel und Dienstleister und Reisebranche besonders betroffen. Industrie und Freiberufler und Pharma entspannter.

(red/cc) Durch die Coronakrise sieht sich fast jedes fünfte Unternehmen in Deutschland bedroht. Das geht aus der neuesten Konjunkturumfrage des ifo Instituts hervor. Demnach waren es im Februar rund 19 Prozent, nach rund 18 Prozent im November 2020 und knapp 22 Prozent im Mai 2020.

„Besonders gefährdet unter den großen Wirtschaftszweigen fühlte sich im Februar der Einzelhandel mit 34,5 Prozent der Firmen, vor den Dienstleistern mit 26,3 Prozent“, sagt Klaus Wohlrabe, Leiter der ifo-Umfragen. Unterdurchschnittlich bedroht sehen sich der Großhandel mit rund 13 Prozent der Unternehmen, die Industrie mit 7,5 Prozent und der Bau mit 3,6 Prozent.

Industrie, Freiberufler und Pharma vergleichsweise entspannter
Die stärksten Existenzängste verspürt die Reisebranche mit knapp 84 Prozent der Firmen, Hotels (etwas über 82 Prozent) sowie Restaurants und Gaststätten mit knapp über 72 Prozent. Es folgen die Vermietung von beweglichen Sachen mit rund 33 Prozent, die Getränkeherstellung mit rund 27 Prozent sowie Werbung und Marktforschung mit rund 24 Prozent.

Vergleichsweise entspannt sind der Maschinenbau mit 5,6 Prozent, die Elektrobranche mit 4,4 Prozent, die Chemie mit knapp 4 Prozent, die Autoindustrie mit 2,3 Prozent, die Rechts- und Steuerberater mit 1,2 Prozent und die Pharmabranche mit 0,9 Prozent. „Insbesondere Unternehmen mit Liquiditätsproblemen fürchten um ihre Zukunft “, ergänzt Wohlrabe.

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red/cc, Economy Ausgabe Webartikel, 22.03.2021

Mit dem Ruderboot über den Atlantik

Mit dem Ruderboot über den Atlantik© TU Wien_Burns

Eine Studentin der TU Wien will in einem zwölfköpfigen Team über den Atlantik rudern. Ein speziell entwickeltes Messgerät wird dabei Daten über das Regenerationsvermögen in körperlichen Extremsituationen sammeln.

(red/mich) Es wird ein großes Abenteuer. Ciara Burns, Studentin an der TU Wien Biomedical Engineering, wird Ende März von Teneriffa aufbrechen, um rudernd den Atlantik zu überqueren. Als Teil eines zwölfköpfigen Teams möchte sie in 30 bis 40 Tagen die Karibikinsel Antigua erreichen. Neben der großen sportlichen Herausforderung gibt es dabei auch einen wissenschaftlichen Aspekt. In Zusammenarbeit mit Eugenijus Kaniusas vom Forschungsbereich „Biomedical Electronics“ der TU Wien wird Burns ihre Herzfrequenz elektronisch aufzeichnen und mittels spezieller Analysemethoden das Thema Regeneration in Extremsituationen erforschen. Unterstützt wird das Projekt von Bittium, einem finnischen Hersteller für EKG-Sensoren.

Extreme körperliche Belastung versus kurze Regenerationszeit
Gelingen soll die Ozeanüberquerung mit einem Spezialruderboot für zwölf Personen. Gerudert wird dabei ohne Pause: Zu jedem Zeitpunkt sollen sechs Personen rudern und sechs Personen schlafen. Gewechselt wird im zwei-Stunden-Takt. „Dieser Rhythmus hat sich schon bei vergangenen Atlantiküberquerungen bewährt“, erläutert Ciara Burns. „Natürlich ist es schwierig, nach zwei Stunden Schlaf schon wieder aufzustehen und weiter zu rudern. Aber dafür weiß man auch: Man hat keinen langen Tag vor sich, sondern muss nur zwei Stunden durchhalten.“

Dieser ungewöhnliche Rhythmus wirft auch wissenschaftliche Fragen auf: Wie geht der Körper mit dieser extremen Belastung und der kurzen Regenerationszeit um? Stimmt das subjektive Erschöpfungsgefühl mit objektiv messbaren Parametern überein? Solche Fragen untersucht Kaniusas. Ciara Burns wird zwei Herzmonitoring-Geräte mitnehmen, um ihre Herzfrequenz aufzuzeichnen. „Wir werden untersuchen, wie stark die Herzfrequenz in welchen Phasen variiert, und mit eigens entwickelten Analysemethoden messen wir, wie gut sich der Körper unter welchen Bedingungen regeneriert“, erklärt Eugenijus Kaniusas.

Überleben auf hoher See
Die körperliche Anstrengung beim Rudern ist extrem. Der Verbrauch beläuft sich etwa auf 10.000 Kalorien pro Tag, dazu 10 Liter Trinkwasser. Beim aktuellen Vorhaben wird das Trinkwasser mittels einer Osmoseanlage aus Meerwasser gewonnen und der Nahrungsbedarf mit spezieller „Astronautennahrung“ gedeckt. Trotzdem muss während der Atlantiküberquerung mit einem Gewichtsverlust von etwa 10 Kilogramm pro Person gerechnet werden.

„Wir haben elektronische Geräte mit, um navigieren oder notfalls Hilferufe absenden zu können. Alle sind mit einer Leine am Boot befestigt und tragen auch noch einen Peilsender am Körper“, so Ciara Burns zum Thema Sicherheit. Sollte das Wetter ganz besonders ungemütlich werden, kann sich das gesamte Team in die zwei kleinen Kabinen am Boot zurückziehen. Das Boot ist zudem so konstruiert, dass es nicht kentern kann, sondern sich in jeder Position von selbst aufrichtet. Der genaue Starttermin ist noch wetterabhängig, geplant ist dieser Tage. Burns wird über das Atlantik-Abenteuer laufend online berichten.

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red/mich, Economy Ausgabe Webartikel, 22.03.2021

Vermehrt negative Zinssätze bei Unternehmenseinlagen

Vermehrt negative Zinssätze bei Unternehmenseinlagen© Pexels.com/Anton Uniqueton

Coronabedingt führte die Geldpolitik des Eurosystems im Jahr 2020 zu sinkenden Geldmarktzinssätzen. Das sorgte auch bei kurzfristigen Unternehmenseinlagen für negative Zinssätze. Die Unternehmenseinlagen bei Banken stiegen trotzdem sprunghaft an.

(red/czaak) Das Kreditwachstum nichtfinanzieller Unternehmen stieg mit Ausbruch der Pandemie nicht zuletzt aufgrund von zahlreichen Hilfsmaßnahmen auf bis zu 7,2 Prozent im April 2020 und sank im weiteren Jahresverlauf bis Dezember auf exakt 5 Prozent - und damit auf das Niveau vor der Pandemie. Zusätzlich unterstützte der österreichische Bankensektor die inländischen Unternehmen mit Kreditstundungen in Milliardenhöhe, so die Österreichische Nationalbank (OeNB) in ihrer aktuellen Analyse des Geldmarktes.

Im Jahr 2020 war sowohl in Österreich als auch im Euroraum ein verstärktes Aufkommen negativer Zinssätze bei Unternehmenseinlagen zu beobachten. Im Dezember 2020 lag der kapitalgewichtete Durchschnittszinssatz für täglich fällige Unternehmenseinlagen erstmals in Österreich mit minus 0,002 Prozent im negativen Bereich. Der Zinssatz für kurzfristig neu veranlagte Einlagen mit einer Laufzeit von bis zu einem Jahr war bereits in der Vergangenheit negativ und wies im Dezember 2020 einen Wert von minus 0,14 Prozent auf.

Negative Zinssätze erstmals auch bei privaten Haushalten
Das Phänomen negativer Einlagenzinssätze war im Euroraum insgesamt weit verbreitet. Der Durchschnittszinssatz täglich fälliger Unternehmenseinlagen lag hier bei minus 0,01 Prozent, jener von Einlagen mit vereinbarter Laufzeit bei minus 0,2. In Deutschland schlugen sich negative Zinssätze bei kurzfristig neu vergebenen Einlagen mit vereinbarter Laufzeit von bis zu einem Jahr nicht nur bei Unternehmen (- 0,42 Prozent), sondern erstmals auch bei privaten Haushalten (- 0,01) auf den Durchschnittszinssatz durch. Trotz stärkerer Verbreitung der negativen Zinssätze stiegen Unternehmenseinlagen bei Banken im Jahr 2020 sowohl in Österreich (19,7 Prozent) als auch im Euroraum (19,4) sprunghaft an, wofür nicht zuletzt aufgeschobene Investitionen ein maßgeblicher Grund sein dürfte.

In Österreich sind negative Einlagenzinssätze auf Spareinlagen privater Haushalte aufgrund eines OGH-Urteils nicht möglich. Der Zinssatz für neue Einlagen mit vereinbarter Laufzeit von bis zu einem Jahr wies im Dezember 2020 einen Wert von 0,23 Prozent auf, der Euroraum-Vergleichswert lag bei 0,16. „Ob und in welchem Ausmaß sich aktuelle Marktentwicklungen (Rückzug aus dem Privatkundengeschäft einer großen Direktbank) in den Aggregaten niederschlagen, werden die Daten für März zeigen“, so die OeNB in einer Aussendung.

Höhere Dynamik im Euroraum
Die Kreditentwicklung nichtfinanzieller Unternehmen wurde im Jahr 2020 deutlich vom Ausbruch der COVID-19-Pandemie und den daraus folgenden Unterstützungsmaßnahmen beeinflusst. Sowohl in Österreich als auch im Euroraum kam es dadurch zu einer deutlichen Ausweitung des Kreditwachstums bei Unternehmen. Dieses erreichte in Österreich im April 2020 7,2 Prozent, nachdem es im Februar 2020 noch bei 5,4 gelegen war. In weiterer Folge sank das Kreditwachstum in Österreich im Dezember 2020 auf 5,0 Prozent - und damit auf das Niveau vor der Pandemie.

Im Euroraum hingegen war die Dynamik, die das Kreditwachstum durch die Pandemie bekommen hat, noch höher. Das entsprechende Kreditwachstum stieg – getrieben vor allem durch die Entwicklungen in Spanien, Italien und Frankreich – von 3,0 Prozent (Februar 2020) auf 7,4 im Mai 2020 und blieb auch in den Folgemonaten auf diesem Niveau bestehen (Dezember 2020: 7,1 Prozent). Die Abschwächung des Kreditwachstums in Österreich war insbesondere auf geringere Neukreditvergaben bei kurzfristigen Großkrediten über eine Million Euro zurückzuführen.

Hilfsmaßnahmen unterstützen Kreditwachstum bei Unternehmen
Dass die staatlichen Unterstützungsmaßnahmen bei den Unternehmen angekommen sind, zeigte sich an den im Vergleich zu 2020 deutlich höheren Neukreditvergaben bis 1 Mio. Euro. Speziell in der Kategorie mit einer Laufzeit von ein bis fünf Jahren waren die Neukreditvergaben mit fast 3 Mrd. besonders hoch. In diese Kategorie fallen Kredite mit staatlichen Überbrückungsgarantien bis 500 Tsd. und einer Laufzeit von maximal fünf Jahren und einem Zinssatz von 0,0 Prozent. In Summe wickelten österreichische Banken im Jahr 2020 Kredite mit Garantien in Höhe von 6,8 Mrd. Euro ab. 2019 waren es noch 1,4 Mrd. Euro.

Neben der Mitwirkung an den staatlichen Garantieprogrammen stundete der österreichische Bankensektor Unternehmen und Haushalten Kredite in Milliardenhöhe. Der Anteil der im Zuge der Pandemie gestundeten Kredite am gesamten aushaftenden Kreditvolumen privater Haushalte und nichtfinanzieller Unternehmen erreichte im Juni 2020 seinen Höchstwert bei rund 9 Prozent. Dabei wurden rund 206.000 Kredite von österreichischen Banken mit einem Kreditvolumen von rund 30,6 Mrd. Euro gestundet. Bis Jahresende ging das gestundete Kreditvolumen auf 14,1 Mrd. Euro zurück. Davon entfielen 5,6 Mrd. Euro auf Kredite an den Unternehmenssektor und 8,5 Mrd. Euro auf Kredite an private Haushalte (alle Angaben laut Berechnungen der Österreichischen Nationalbank).

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red/czaak, Economy Ausgabe Webartikel, 22.03.2021

Künstliche Intelligenz im internationalen Wirtschaftsrecht

Künstliche Intelligenz im internationalen Wirtschaftsrecht© Pexels.com/Pixabay 260024

Kanzlei DLA Piper setzt auf technologiegestützte Innovation im Bereich Compliance. Juristische Erfahrung und neue KI-Software sollen in Unternehmen insbesondere Kartellrisiken aufdecken.

(red/czaak) Kartellaktivitäten wie Preisabsprachen, Marktaufteilungen, Angebotsabsprachen, Informationsaustausch und kollektive Boykotte sind ein wachsender Risikobereich für Unternehmen quer durch alle Branchen. Seit 2000 verhängten allein die Wettbewerbsbehörden von EU, Großbritannien und den USA Bußgelder von über 43 Milliarden Euro an mehr als 1.100 Unternehmen. Technologische Entwicklungen, die zunehmenden Realitäten einer virtuellen Welt und der aktuelle Druck einer globalen Pandemie sind nun zusätzliche Fakten, die eine kontinuierliche regulatorische Aufmerksamkeit noch verstärken werden.

Das Risiko einer Verwicklung in Kartellaktivitäten
Viele Unternehmen verfügen über Compliance-Systeme, trotzdem besteht ein ständiges Risiko, dass Konzerne oder Tochtergesellschaften in Kartellaktivitäten verwickelt werden können. Die internationale Wirtschaftsrechtskanzlei DLA Piper kündigt nun den Einsatz von Aiscension an, ein auf künstlicher Intelligenz gestütztes Service zur Aufdeckung derartiger Kartellrisiken. Die Anwendung basiert auf einer vom Anbieter Reveal entwickelten speziellen Software (Anm. E-Discovery-Software1) und soll schnellere und genauere Ergebnisse als bei herkömmlichen Prüfungen ermöglichen. Final sollen Kartellbildungen erkannt oder verhindert werden – und damit die Compliance-Bemühungen eines Unternehmens entsprechend verbessert werden.

Automatisierte Analyse großer Datenmengen zu kartellrelevanten Themen
Operativ arbeitet Aiscension mit einem KI-Modell, das von den DLA Piper-Anwälten trainiert und in Zusammenarbeit mit Datenwissenschaftlern von Reveal optimiert wurde. Der primäre Fokus liegt dabei auf Untersuchung und Identifikation der elektronischen Kommunikation von Unternehmen, die auf Kartellverfahren hindeuten könnte. Im Wesentlichen geht es um die automatisierte Analyse großer Datenmengen, die für viele Formen von Kartellaktivitäten relevant sind – und eben Themen wie Absprache von Preisen oder Angeboten, Marktaufteilungen und kollektive Boykotte beinhalten. DLA Piper wird den Aiscension-Service als Teil seiner juristischen Dienstleistungen anbieten.

Dauerhafte Schädigung von Image und Ruf einer Firma
"Ein kartellrechtlicher Verstoß kann hohe Geldstrafen, strafrechtliche Sanktionen und eine dauerhafte Schädigung von Image und Ruf einer Firma bedeuten. Allein eine Untersuchung kann schwerwiegende Folgen haben, daher ist Vorsorge besser als Nachsorge“, sagt Claudine Vartian, Country Managing Partnerin und Kartellrechtsexpertin im Wiener Büro von DLA Piper. „Aiscension bietet unseren Klienten die frühzeitige Erkenntnis, ob sie Gefahr laufen, in potenziell illegale Aktivitäten verwickelt zu werden“, so Vartian. "Wir bauen kontinuierlich auf die Einführung mutiger und innovativer Produkte und Dienstleistungen durch unser erweitertes Rechtsangebot Law& und Aiscension ist ein weiteres Beispiel dafür“, unterstreicht Simon Levine, stv. CEO von DLA Piper International.

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red/czaak, Economy Ausgabe Webartikel, 22.03.2021

Weitere Gelder für Neustart im Krisenmodus

Weitere Gelder für Neustart im Krisenmodus© Pexels.com/Max DeRoin

Nahezu 8 Millionen Euro für neue Qualifizierungsoffensive. Wirtschaftsministerium startet fokussiertes Förderprogramm mit Schwerpunkt Digitalisierung für KMU. FFG verantwortet operative Umsetzung.

(red/cc) Die Corona-Pandemie hat nicht nur viele Unternehmen, sondern ganze Branchen zum Umdenken gezwungen. Parallel hat der Krisenmodus die digitale Transformation massiv beschleunigt. Prozessketten und Logistikabläufe mussten gesichert und verändert werden, ganze Geschäftsmodelle adaptiert und neue Vertriebswege erschlossen werden - bis hin zur Neudefinition kompletter Arbeitsmodelle.

Mitarbeiter und der hohe Grad der Digitalisierung
„Damit sich Unternehmen und Mitarbeiter an den hohen Grad der Digitalisierung rasch anpassen können, braucht es neue Kompetenzen und exakt hier setzt die Qualifizierungsoffensive als weitere Unterstützungsmaßnahme an“, so Margarete Schramböck, BMin für Digitalisierung und Wirtschaft. Die Bundesregierung stellt über das Wirtschaftsministerium dafür (weitere) 7,6 Millionen Euro zur Verfügung und betraut die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) mit der Abwicklung.

Innovationscamps und Digital Skills
Mit 2,6 Millionen Euro werden dabei auch sogenannte „Digital Skills Schecks“ zur beruflichen Kompetenzerhöhung von MitarbeiterInnen vergeben. Rund 5 Millionen Euro stehen für „Innovationscamps“ zur Verfügung. Dieses Format soll passgenaue anwendungsorientierte Qualifizierungsmaßnahmen im Bereich Technologie, Innovation und praxisnahe Forschungen ermöglichen. Der primäre Fokus richtet sich an KMU, die damit auch einen Zugang zu wissenschaftlichen Partnern und ihrem Know-how bekommen sollen.

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red/cc, Economy Ausgabe Webartikel, 19.03.2021

Massive Kritik an Neuregelung im Insolvenzwesen

Massive Kritik an Neuregelung im Insolvenzwesen© Pexels.com/Cottonbro 3943745

Gläubigerverbände wie der KSV kritisieren neues Restrukturierungs- und Insolvenz-Umsetzungsgesetz. Im Fokus steht dabei der Passus „geheimes Verfahren“ ohne Akteneinsicht. Verband fordert aktive Einbindung in Gesetzesgestaltung.

(red/czaak) Das Justizministerium hat einen Entwurf zum Restrukturierungs- und Insolvenz-Richtlinie-Umsetzungsgesetz (RIRL-UG) vorgelegt, der nach Begutachtung von Gläubigerschutzverbanden und Angaben erfahrener Insolvenzexperten zufolge, zahlreiche Stolpersteine beinhaltet. Als größten Kritikpunkt erkennt der KSV1870 die Konzeption der Restrukturierungsordnung (ReO) als „geheimes Verfahren“, wo Gläubigerschutzverbände durch die nun gestrichene Akteneinsicht „zu einem zahnlosen Instrument degradiert werden“.

Aktive Einbindung in Gestaltung der EU-Novelle
Dieser Umstand sei nicht nachvollziehbar, zumal sich die Bevorrechtung der Gläubigerschutzverbände als ein internationales Erfolgsmodell etabliert hat. Und: „Gläubigerschützer müssen auch nach der Neuregelung des Insolvenzwesens eine aktive Rolle einnehmen können, damit diese nicht zum Flop wird und Gläubiger nicht auf ihren Forderungen sitzen bleiben“, so der KSV in einer ersten Reaktion.

Weiters ist im Privatkonkurs geplant, den Betrachtungszeitraum der Einkommenslage von Schuldnern zur Festlegung von Zahlungsquoten auf zwei Jahre zu reduzieren – und das sei „zu kurz“. Vielmehr sollte dieser „auf zumindest drei Jahre angesetzt werden, da erfahrungsgemäß Schuldner erst ab dem dritten Jahr zu spürbar höheren Leistungen fähig sind.“ Die praxiserfahrenen Experten wollen nun den zuständigen Behörden ein „Fairness-Paket“ vorlegen und sich in die Ausgestaltung der EU-Novelle aktiv einbringen.

Erfolgreiche Sanierung von Unternehmen im Fokus
„Wenn die Politik ein Interesse daran hat, dass die ReO nicht baden geht, dann ist es essenziell, bevorrechtete Gläubigerschützer wie den KSV1870 ins Boot zu holen und ihnen auch eine aktive Rolle zuzuschreiben“, unterstreicht Ricardo-José Vybiral, CEO der KSV1870 Holding AG. In Österreich gelingt rund einem Drittel aller insolventen Unternehmen mit professioneller Unterstützung der bevorrechteten Gläubigerschutzverbände eine erfolgreiche Sanierung, bei EinPersonenUnternehmen (EPU) sind es sogar 40 Prozent. Diese Werte liegen auch international im Spitzenfeld.

„Es ist somit in keinster Weise nachvollziehbar, in einem „vorinsolvenzlichen“ Restrukturierungsverfahren von diesem Erfolgsmodell abzuweichen. Für uns steht die erfolgreiche Sanierung von Unternehmen im Fokus“, betont Vybiral. „Eine aktive Involvierung der bevorrechteten Gläubigerschützer stärkt die ReO. Es ist kontraproduktiv dieses als „geheimes Verfahren“ zu konzipieren und den Gläubigerschützern von der Akteneinsicht im Restrukturierungsverfahren auszunehmen“.

Fragwürdige Entschuldungsdauer von drei Jahren für Privatpersonen
Als weiteren Kritikpunkt am vorliegenden Gesetzesentwurf sieht der KSV1870 die Gleichstellung von gescheiterten Unternehmern und Verbrauchern – wenn auch nur auf fünf Jahre befristet, wie aus dem Gesetzesentwurf hervorgeht. Dabei sorgt insbesondere die neuerliche Verkürzung der Entschuldungsdauer von Privatpersonen auf drei Jahre für Unverständnis. Vor allem deshalb, weil diese erst 2017 von sieben auf fünf Jahre reduziert wurde und eine weitere Reduktion auf objektiven und vollständigen Erkenntnissen fußen sollte.

Schon jetzt zeigt sich jedoch, dass durch die Abschaffung der Mindestquote im Abschöpfungsverfahren, die durchschnittliche Rückzahlungsquote „vermutlich weit unter 10 Prozent liegen wird“, so der KSV. „Durch die neuerliche Verkürzung werden viele Schuldner keinen Antrieb mehr haben, überhaupt Zahlungsplanquoten anzubieten und den Gläubigern lediglich einen „Nullzahlungsplan“ vorlegen. Dies, obwohl sie durchaus über die finanziellen Mittel verfügen würden, einen Teil ihrer Schulden zurückzuzahlen“.

Zwei Jahre für Zahlungsplanquote zu kurz
Völlig inakzeptabel für die KSV-Experten ist die Tatsache, dass der Schuldner zukünftig den Gläubigern „lediglich eine Quote anbieten muss, welche seiner Einkommenslage in den folgenden zwei anstatt der bisher fünf Jahre entspricht“. Die Anzahl erfolgreich abgeschlossener Zahlungspläne werden damit „erheblich zurückgehen“ und zudem wird es zu „deutlichen Quotenreduktionen insbesondere bei den nicht besicherten Gläubigern kommen“.

Die praxisbewährte Subsidiarität der Abschöpfung erst nach Ablehnung eines zulässigen Zahlungsplans als wesentliches Erfolgsgeheimnis des österreichischen Insolvenzverfahrens, würde dadurch faktisch ausgehebelt. Der KSV1870 plädiert für eine Anhebung des Betrachtungszeitraumes auf drei Jahre und für eine zeitliche Gleichsetzung mit der künftigen Entschuldungsdauer.
„Schuldner sind erst ab dem dritten Jahr zu spürbar höheren Leistungen fähig und somit folgt erst dann ein deutlicher Anstieg der Rückzahlungsbeträge“.

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Unabhängiges Magazin für Wirtschaft und Bildung 28.07.2024
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Metall und die Stimmigkeit physikalischer Theorien

Metall und die Stimmigkeit physikalischer Theorien © Pexels.com/Yender Foseca

Wie wird ein gutes Metall schlecht und warum werden manchmal bestimmte Regularien nicht eingehalten als Fragestellung und Ausgangsbasis für ein neues Projekt an der TU Wien.

(red/mich/cc) Der Begriff Metall ist hinlänglich bekannt, jede/r kann sich etwas vorstellen – beispielsweise feste, unzerbrechliche Objekte, die elektrischen Strom leiten und einen typischen metallischen Glanz zeigen. Auch wissenschaftlich lässt sich das Verhalten klassischer Metalle mit gut erprobten physikalischen Theorien erklären, etwa ihre elektrische Leitfähigkeit. Es gibt jedoch auch exotischere metallische Verbindungen, die Rätsel aufgeben. Manche Legierungen sind hart und spröde, spezielle Metalloxide können durchsichtig sein.

Und dann gibt es sogar Materialien genau an der Grenze zwischen Metall und Isolator, wo nur winzige Änderungen der chemischen Zusammensetzung entscheidend sind ob das Metall zum Isolator wird – oder umgekehrt. Dabei treten metallische Zustände mit extrem schlechter elektrischer Leitfähigkeit auf, sogenannte „schlechte Metalle“. Neue Messungen zeigen nun, dass diese Metalle gar nicht so „schlecht“ sind und ihr Verhalten durchaus zu dem passt, was schon bisher über Metalle bekannt war.

Kleine Änderungen ergeben großen Unterschied
Andrej Pustogow forscht mit seiner Arbeitsgruppe am Institut für Festkörperphysik der TU Wien an speziellen metallischen Materialien wie kleine, speziell im Labor gezüchtete Kristalle. „Diese Kristalle können die Eigenschaften eines Metalls annehmen, doch wird die Zusammensetzung minimal variiert, so haben wir es plötzlich mit einem Isolator zu tun, der keinen Strom mehr leitet und bei bestimmten Frequenzen durchsichtig ist wie Glas“, erläutert Pustogow.

Der Schlüssel zur Lösung dieses Rätsels ist, dass die Materialeigenschaften frequenzabhängig sind. „Wird der elektrische Widerstand bloß mittels Gleichspannung gemessen, ergibt das nur eine einzige Zahl – den Widerstand für die Frequenz 0. Wir haben hingegen optische Messungen durchgeführt und dafür Lichtwellen mit ganz unterschiedlichen Frequenzen verwendet“, so Andrej Pustogow.

Die Wanderungen der Elektronen bei Gleichspannung und Wechselstrom
Dabei zeigte sich, dass die „schlechten Metalle“ so „schlecht“ gar nicht sind: Bei niedrigen Frequenzen leiten sie zwar kaum Strom, aber bei höheren Frequenzen verhalten sie sich erwartungsgerecht. Mögliche Ursache sind winzige Mengen an Verunreinigungen oder Fehlstellen im Material und dadurch leiten manche Bereiche des Kristalls keinen Strom mehr. Die Elektronen bleiben an einem bestimmten Ort lokalisiert anstatt sich weiterzubewegen.

Bei Gleichspannung können jedoch die Elektronen von einer Seite des Kristalls zur anderen wandern und dann trifft praktisch jedes Elektron irgendwann eine solche isolierende Region - und Strom kann kaum fließen. Bei hoher Wechselstromfrequenz hingegen bewegt sich jedes Elektron ununterbrochen hin und her, es legt im Kristall keinen weiten Weg zurück, weil es immer wieder die Richtung ändert – und damit kommen viele Elektronen gar nicht in Kontakt mit einer der isolierenden Regionen im Kristall.

Ein Fundament für die Theorie und weitere Forschungen.
„Viele Beobachtungen, für die man bisher glaubte, exotische, neuartige Modelle entwickeln zu müssen, könnten sich sehr wohl mit bekannten Theorien erklären lassen, wenn man diese adäquat ergänzt. Unsere Messmethode zeigt, wo die Ergänzungen notwendig sind“, betont Pustogow. Der Forscher konnte mit internationalen Kollegen bereits in früheren Studien mittels spektroskopischer Methoden wichtige Einblicke in den Grenzbereich zwischen Metall und Isolator schaffen.

Die Wissenschaftler schaffen damit auch ein Fundament für die Theorie und weitere Forschungen. Das metallische Verhalten von Materialien, in denen starke Korrelationen zwischen den Elektronen herrschen, ist auch besonders relevant für die sogenannte „unkonventionelle Supraleitung“ – ein Phänomen, das vor einem halben Jahrhundert entdeckt wurde, aber bis heute nicht vollständig verstanden ist.

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red/mich/cc, Economy Ausgabe Webartikel, 15.03.2021

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