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28. Juli 2024

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„Selbst große Unternehmen können das nicht mehr allein bewältigen.“

„Selbst große Unternehmen können das nicht mehr allein bewältigen.“© economy

Peter Lenz, Managing Director T-Systems Alpine, im zweiten Teil des economy-Gesprächs über gut gemachte und trotzdem bösartige Cyber-Angriffe, lieb gewonnene Freiheiten und ein neues Corona-Dashboard für die Tirol-Werbung.

Economy: Peter Lenz, Managing Director T-Systems Alpine, Verantwortung Österreich und Schweiz, neueste Entwicklungen und Trends in der Business-IT.
Thema Sicherheit. T-Systems hat hier über viele Jahre große Kompetenz aufgebaut, ein eigenes Security-Operations-Center. Wie hat sich dieses Thema entwickelt?

Peter Lenz: Wir hatten Monate, da gab es jedes Wochenende bösartigste Verschlüsselungsattacken, gut gemacht, über Verteilserver in Unternehmen, wo dann diese Bedrohungsszenarien gespielt wurden. Die enden dann nahezu immer in Forderungen von Krypto-Währungen. Entweder es wird bezahlt, um zu entschlüsseln oder, mit viel Aufwand und professioneller Hilfe von Partnern wie einer T-Systems entschlüsselt bzw. recovern, um den Regelbetrieb wieder in Gang zu bringen. Hier ganz wichtig, die Endpoint-Protection. D.h. ich weiß, was quasi lokal passiert und hole mir nicht über die Mitarbeiter im Home-Office irgendwelche Malware ins Haus, die mir dann meine eigenen IT-Systeme korrumpiert.

Also eine klare Empfehlung sozusagen, die IT auszulagern.

Gerade was die Security bzw. die Cyber-Security angeht, sollte wirklich mit einem umfassenden Konzept gearbeitet werden. Das umfasst den Client (Anm. Endnutzer), das umfasst aber auch ein Security-Operations Center, wo man rechtzeitig erkennen kann, was bei mir in meinem Unternehmens-Netz oder auf meinen Servern gerade passiert. Und dann mit einem sogenannten Security Incident- und Emergency-Response Management (SIEM) darauf reagieren zu können. Selbst große Unternehmen, können das nicht mehr alles allein bewältigen. Da ist es gut und wichtig einen professionellen Partner zu haben. Wir haben in dem Bereich in Österreich und der Schweiz über 120 KollegInnen, die rein auf Cyber-Security spezialisiert sind. Und bei der Deutschen Telekom nochmal über 1.700.

Weiteres aktuelles Thema, Sie haben es vorhin kurz erwähnt im Kontext mit Cyber-Security, der Gesundheitsbereich. Auch hier hat T-Systems langjährige Erfahrung und entsprechende Kompetenz mit eigenen IT-Systemen. Was gibt es hier für neue Entwicklungen?

Heute reist man mit einem Stapel an Zetteln, wenn man überhaupt noch reisen kann, mit denen man den letztgültigen PCR-Test, das Pre-Travel-Clearance-Formular und die Dienstgeber-Bestätigung nachweisen muss. Ich denke, in ein paar Wochen oder Monaten wird man dann mit Hilfe eines sogenannten Grünen-Passes und einer Handy-App zeigen können, was ist mein Antigen oder Impfstatus und habe ich die Legitimation auf Konzerte oder Veranstaltungen zu gehen oder ein Flugzeug zu besteigen. All diese Dinge werden das also wesentlich vereinfachen und auch helfen, all diejenigen, die dort waren, zu identifizieren falls hier etwas passieren sollte.

Zum Thema „Grüner-Pass“ gibt es auch auf EU-Ebene ganz aktuelle Neuigkeiten…

… Ja. T-Systems und SAP wurden von der Europäischen Kommission mit den Vorarbeiten für den EU-Corona-Impfpass bzw. konkret das „Grüne digitale Zertifikat“ beauftragt. Da geht es um die technologischen Grundlagen für jene digitale Schaltstelle, mittels derer ab Juni die Impf-Zertifikate der Mitgliedsstaaten grenzüberschreitend einsetzbar sein sollen. Ich glaube, hier können wir uns intelligente, gut gemachte IT zum Nutzen machen, damit wir alle wieder ein Stück mehr diese Freiheiten bekommen, die wir früher doch sehr lieb gewonnen hatten.

Das passt zum Thema Mobilität, Mobility. Gibt es hier neue Referenzen?

Ja, da gibt‘s einiges. Auch in Österreich waren wir nicht untätig und haben zum Beispiel für die Tirol Werbung ein Corona-Dashboard entwickelt.
Hier können Touristen und Reisende in Echtzeit sehen, wie ist die aktuelle Lage, Infektionsstatus, was muss ich beachten.
Das wird dann auch für die kommende Wiedereröffnung im Tourismus ganz wesentlich sein, dass ich in Echtzeit informiert sein kann, was ist gerade in dem Bereich los.

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red/czaak, Economy Ausgabe Webartikel, 26.04.2021

Vermehrter Einsatz digitaler Werkzeuge gegen Corona-Pandemie

Vermehrter Einsatz digitaler Werkzeuge gegen Corona-Pandemie© Pexels.com/Julia M Cameron

Mehrheit der Deutschen wünscht sich stärkere Verwendung digitaler Tools zur Bekämpfung der Corona-Pandemie, so eine aktuelle Studie vom Verband der deutschen Internetwirtschaft eco.

(red/mich) Digitale Technologien und Anwendungen unterstützen Wirtschaft und Gesellschaft in Zeiten der Corona-Krise seit nunmehr über einem Jahr und stoßen in der Bevölkerung auf große Akzeptanz. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag von eco als Verband der deutschen Internetwirtschaft. Besonders sinnvoll bei der Corona-Bekämpfung halten die Deutschen die digital unterstützte Arbeit im Homeoffice (63 Prozent), Apps zur Kontaktnachverfolgung (53), die Einführung eines digitalen Impfausweises (47) sowie die Möglichkeit Distanzunterricht über digitale Lernplattformen stattfinden zu lassen, das sogenannte Homeschooling (42 Prozent).

Rund 70 Prozent der Bevölkerung will digitale Tools für Öffnungsschritte nutzen
Deutlich weniger sinnvoll halten die Menschen den aktuell verstärkt diskutierten Einsatz digitaler Check-In-Lösungen für Restaurantbesuche (34 Prozent) oder für Veranstaltungen (29 Prozent). Umgekehrt allerdings wäre ein Großteil der Deutschen bereit, verstärkt digitale Anwendungen zu nutzen, wenn diese zu weiteren Corona-Öffnungsschritten beitragen. Knapp 70 Prozent der Befragten gaben an, hierfür entsprechende digitale Tools auch nutzen zu wollen. Die hohe Nutzungsbereitschaft für digitale Lösungen zeigt sich durchweg in allen Altersgruppen. Bei den 18- bis 29-Jährigen ist die Zustimmung mit rund 74 Prozent am höchsten, gefolgt von der Altersgruppe 65+ mit knapp 71 Prozent.

„Ohne digitale Tools und Lösungen wäre unser Arbeits- und Sozialleben im Corona-Jahr zum Totalausfall geworden“, sagt Oliver Süme, Vorstandsvorsitzender von eco. „Auch in Zukunft bildet die Digitalisierung einen wichtigen Baustein, um die Pandemie zu bekämpfen. Das weiß ein Großteil unserer Gesellschaft und will aktiv daran mitwirken – ein eindeutig positives Signal“, betont Süme. Weniger optimistisch schätzen die Deutschen jedoch ein mögliches Ende der Corona-Einschränkungen ein. Zwar ist knapp die Hälfte der Befragten der Ansicht, dass diese durch die flächendeckende Nutzung digitaler Technologien verkürzt werden könnten. Die Skepsis bei vielen BürgerInnen ist hier jedoch weiterhin hoch.

Appell an Politik
Oliver Süme appelliert darum an die Politik, sich „nicht im Klein-Klein zu verlieren, sondern im engen Schulterschluss mit der IT-Wirtschaft eine bundesweit geltende Strategie für den sinnvollen Einsatz digitaler Lösungen zu entwickeln“. Nur so könnten weitere Folgen der Corona-Einschränkungen für Wirtschaft und Gesellschaft abgefedert sowie mögliche Öffnungsschritte realistisch geplant werden.

„Die hierfür benötigten Technologien sind längst vorhanden – jetzt liegt es an der Politik diese digitalen Lösungen gezielt einzusetzen“, unterstreicht Süme. Das Meinungsforschungsunternehmen Civey hat im Auftrag von eco Anfang April rund 2.500 Personen befragt. Die Ergebnisse sind entsprechend repräsentativ.

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red/mich, Economy Ausgabe Webartikel, 21.04.2021

Wirtschaftliche Krisenfolgen treffen Städte stärker als Landregionen

Wirtschaftliche Krisenfolgen treffen Städte stärker als Landregionen© Pexels.com/Andrea Piacquadio

Neue ifo-Studie untersucht wirtschaftspolitische Auswirkungen der Corona-Pandemie in Deutschland. In Städten mehr Arbeitslosigkeit und schlechtere Geschäftslage als in ländlichen Gebieten. Privater Konsum und Industrie spielen relevante Rolle.

(red/cc) Die Städte sind von der Coronakrise wirtschaftlich am stärksten betroffen. Die Arbeitslosigkeit stieg dort deutlicher und die Geschäftslage der Unternehmen verschlechterte sich mehr als in den übrigen Regionen Deutschlands. Beim Anstieg der Kurzarbeit trifft es den industriestarken Südwesten am härtesten. Das sind die zentralen Ergebnisse einer Studie des Münchner ifo Instituts.

„Der soziale Konsum spielt in den Städten eine größere Rolle. Hier wirken sich die Auswirkungen der Pandemie besonders aus. Weil in Städten weniger Industrie angesiedelt ist, haben sie zudem weniger von der Erholung des verarbeitenden Sektors in der zweiten Jahreshälfte 2020 profitiert“, erläutert Andreas Peichl, Leiter des ifo Zentrums für Makroökonomik und Befragungen das Ergebnis.

Vier Regionencluster als Basis für Untersuchung
Die Forscher untersuchten vier Regionencluster, die jeweils ähnliche demografische strukturelle und infektionsbezogene Merkmale aufweisen. Am deutlichsten zeigt sich die Wirkung der Pandemie bei der Entwicklung der Arbeitslosenquote: Zwischen Januar 2020 und August 2020 ist sie im Städtecluster um knapp 1,5 Prozentpunkte gestiegen. Bei den anderen Clustern lag dieser Anstieg bei moderaten 0,3 bis 0,8 Prozentpunkten.

Diese Entwicklung verschärft regionale Ungleichheiten, denn die absolute Zahl der Arbeitslosenquote ist in Städten mit 8,2 Prozent im August 2020 ebenfalls am höchsten (Norddeutschland: 5,9 Prozent, Süd-Westdeutschland: 4,3 Prozent, Ostdeutschland: 6,6 Prozent). Auch bei der Geschäftslage sieht man ab Frühjahr 2020 einen um etwa 5 bis 10 Prozentpunkte größeren Einbruch bei den Unternehmen im Städtecluster. Zudem ist auffällig, dass die Geschäftslage der Unternehmen im ostdeutschen Cluster (insbesondere Sachsen und Thüringen) seit Herbst 2020 stärker gefallen ist als in den anderen Regionen.

Die Frage der Nachholeffekte
Die ifo-Wissenschaftler vermuten, dass diese Entwicklung mit dem dort sehr hohen Infektionsgeschehen in der zweiten Welle zusammenhängt. Bei der Kurzarbeit weist das wirtschaftlich starke süd-westdeutsche Cluster den größten Anteil auf: rund 15 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Dies hänge wohl mit „der hohen Bedeutung von Industrieunternehmen in diesem Cluster zusammen, welche vom Instrument Kurzarbeit stärker Gebrauch machen“, so die ifo-Experten.

„Ob diese Effekte nachhaltig sind, ist derzeit schwer zu beurteilen. Städte könnten von Nachholeffekten nach der Krise überdurchschnittlich profitieren. Andererseits ist es möglich, dass Homeoffice und Digitalisierung ländliche Regionen langfristig begünstigen,“ ergänzt Andreas Peichl, vom ifo Zentrum für Makroökonomik und Befragungen.

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red/cc, Economy Ausgabe Webartikel, 21.04.2021
Unabhängiges Magazin für Wirtschaft und Bildung 28.07.2024
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Arbeitsplätze und Wertschöpfung durch gesellschaftliches Engagement

Arbeitsplätze und Wertschöpfung durch gesellschaftliches Engagement© Pexels.com/Alena Koval

Erste Studie zu Social Entrepreneurship in Österreich belegt Wachstum bei Unternehmen mit Fokus auf Nachhaltigkeit und gesellschaftliche Verantwortung. Innovation, Digitalisierung und Frauen weitere Merkmale der Social Businesses.

(red/czaak) Die Themen nachhaltiges Wirtschaften und gesellschaftliche Verantwortung des Einzelnen motivieren junge Menschen heute viel mehr als noch vor 20 Jahren. Mit dem „Social Entrepreneurship Monitor Österreich 2020“, der im Auftrag des Wirtschaftsministeriums von Social Entrepreneurship Network Austria erstellt wurde, liegt nun erstmals eine fundierte Datengrundlage für Österreich vor. Die Untersuchung der Bedürfnisse von Social Entrepreneurs sollen dabei auch Basis für Maßnahmen zu deren Weiterentwicklung sein.

Unter Social Entrepreneurship versteht man gesellschaftliches Unternehmertum, das sich der Lösung gesellschaftlicher oder ökologischer Probleme verschrieben hat. Dieses Segment wächst national wie international. „Die Corona-Krise zeigt uns deutlich, dass neue Modelle des Wirtschaftens gefragt sind. Im Zentrum stehen Communities und neue Formen der Zusammenarbeit und Unterstützung, viele davon digitalisiert. Hier sind die Social Entrepreneurs Vorreiter“, sagt Margarete Schramböck, Bundesministerin für Wirtschaft und Digitalisierung.

Agile Social Entrepreneurship-Landschaft mit rund 2.300 Social Businesses
Österreich verfügt mit rund 2.300 Social Businesses über eine agile Social Entrepreneurship-Landschaft, die in etwa gleich groß wie die StartUp-Szene ist. Die Studie zeigt für diese Unternehmen einen Innovationsgrad von über 70 Prozent und einen Digitalisierungsgrad von fast fünf Prozent. 56 Prozent der Social Businesses sind nach Eigendefinition auch Start-Ups und fast die Hälfte der Entrepreneure in diesem Feld Frauen, so weitere Ergebnisse des nun vorliegenden Social Entrepreneurship Monitors. „Social Enterprises/Businesses schaffen Arbeitsplätze und Wertschöpfung, sie bieten zudem innovative Lösungen für gesellschaftliche und ökologische Herausforderungen“, unterstreicht Schramböck.

Es gibt aber auch Herausforderungen. „Die Social Entrepreneurs haben nicht nur mit mangelnder öffentlicher Sichtbarkeit und Kenntnis ihres Konzepts zu kämpfen, sondern oft auch mit großen Finanzierungsproblemen“, sagt Constanze Stockhammer, die Studienautorin. „Es fehlt der Zugang zu klassischen Geldquellen, aber auch Impact Investoren und Stiftungsmitteln. Letzteres ist in Deutschland beispielsweise ganz anders“, betont Stockhammer. Zur Erhöhung von Sichtbarkeit und Abgrenzung der Zielgruppe sei auch ein öffentlich wirksames rechtliches Konstrukt erforderlich. „Das könnte ein eigenes Register für Social Enterprises sein, wie es in Dänemark der Fall ist“, so Stockhammer.

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red/czaak, Economy Ausgabe Webartikel, 19.04.2021

Achtzig Prozent der Österreicher wollen weiter mobil arbeiten

Achtzig Prozent der Österreicher wollen weiter mobil arbeiten© Kapsch BusinessCom

Michael Bartz vom IMC der FH Krems dritter Gast beim neuen Podcastformat „Coffee, Tea, Technology“ von Kapsch BusinessCom. Digitalisierung der Geschäfts- und Arbeitswelten als aktuelles Schwerpunktthema.

(red/cc) Nach Rafael Laguna von Sprind, der deutschen Bundesagentur für Sprunginnovation zum Start und Carolina Aguilar von Inbrain Neuroelectronics beim zweiten Durchgang, war nun Michael Bartz vom International Management Center (IMC) der Fachhochschule Krems Gesprächspartner beim dritten Termin von „Coffee, Tea, Technology“ als neue Podcast-Reihe von Kapsch BusinessCom.

Im Gespräch mit Jochen Borenich, Mitglied des Vorstands bei Kapsch BusinessCom, ging es primär um die Zukunft des hybriden Arbeitens, überarbeitete Büropläne und warum bei der Digitalisierung das Homeoffice nur die Spitze des Eisbergs ist. Bartz ist Professor am IMC in Krems und Experte für die Veränderungen, welche die Digitalisierung in unsere Geschäfts- und Arbeitswelten bringt.

Ein gesunder Mix zwischen Homeoffice und Büro
Nach aktuellen Studien wollen bis zu 80 Prozent der aktuell rund 700.000 im Büro tätigen ÖsterreicherInnen auch nach Corona am mobilen Arbeiten festhalten. Den meisten gehe es dabei um eine ausbalancierte Form des hybriden Arbeitens. „Einen gesunden Mix zwischen Homeoffice und Büro anzubieten wird künftig notwendig sein, wenn man als attraktiver Arbeitgeber für Schlüsselkräfte gelten will“, so Jochen Borenich, der auch Auswirkungen auf Büropläne und Führungskultur erwartet.

Bartz beschreibt die durch Corona ausgelösten Veränderungen u.a. als „kollektives on-the-job-Training, das einen Sprung von zirka 10 Jahren ausgelöst hat“. Für Borenich nur der Beginn einer Entwicklung: „Homeoffice ist die derzeit besonders sichtbare Spitze des Eisbergs. Die Digitalisierung verändert aber auch alle anderen Unternehmensbereiche, insbesondere Produktion, Kundenservice oder Logistik.“

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red/cc, Economy Ausgabe Webartikel, 19.04.2021

Unternehmen setzen zunehmend auf Mixed Reality

Unternehmen setzen zunehmend auf Mixed Reality© FH St. Pölten_NicoleBilek

Mechatronic Cluster von Niederösterreichischer EcoPlus entwickelt mit FH St. Pölten und Industriebetrieben neue Anwendungen im Bereich Virtual Reality und Augmented Reality.

(red/mich) Augmented- und Virtual-Reality (AR/VR), zusammengefasst unter Mixed Reality (MR), bieten neue Möglichkeiten im Bereich Datenvisualisierung, interaktive Kommunikation und Ausbildung. 25 Unternehmen primär aus der Industrie entwickelten in den zwei letzten Jahren zusammen mit Hochschulen im gemeinsamen Projekt „Mixed Reality Based Collaboration 4 Industry“ mehrere praxisorientierte Anwendungen.

Geleitet wurde das Projekt vom EcoPlus Mechatronik-Cluster Niederösterreich. Unterschiedliche Industrieunternehmen brachten konkrete Anwendungsfälle für den Einsatz von MR ein und entwickelten diese gemeinsam mit der Fachhochschule St. Pölten sowie anderen Hochschulen und Forschungseinrichtungen weiter.

Rettungsgroßeinsatz virtuell trainieren
Die MR-Anwendungen stammten aus vier Themenbereichen: der Unterstützung der Produktion direkt an der Maschine, dem Remote Support für ortsunabhängige Anlagen-Services, Schulung und Training, etwa in der modernen Lehrlingsausbildung sowie der Präsentation von Produkten in virtuellen Schauräumen. „Das Projekt hat gezeigt, dass der konkrete Mehrwert für die Unternehmen beim Remote Support sowie bei der Schulung am größten ist“, sagt Thomas Moser, Projektleiter und Chef der Forschungsgruppe „Digital Technologies“ an der FH St. Pölten.

Auch das Rote Kreuz Niederösterreich nutzte im Projekt Virtual Reality und simulierte dabei Einsatzszenarien bei Großunfällen. Im virtuellen Raum wird man selbst EinsatzleiterIn und erlebt real, welche Herausforderungen hier dann auf einen zukommen. Einsätze mit mehreren Verletzten erfordern von den Einsatzkräften zusätzlich zu den sanitätstechnischen Maßnahmen auch vielfältige organisatorische Fähigkeiten. Bisher wurden diese Szenarien immer aufwändig mit Schauspielern und Kulissen dargestellt. Nun sind auch ein realitätskonformes Erleben und Üben mittels Virtual Reality (VR) möglich.

Virtuelle Pinnadeln im Werk
In einem weiteren Projekt wurden gemeinsam mit dem Kartonproduzent Mayr-Melnhof Einsatzmöglichkeiten für MR-Endgeräte (z. B. Smartphones oder Headsets) entwickelt, mit denen Mitarbeiter die Instandhaltungsdokumentation und Hilfestellungen eingeblendet bekommen, ohne den Ort der Wartung verlassen zu müssen. Dadurch wird die Zeit für Instandhaltungsaufgaben verkürzt.

Durch eine zusätzliche Verbindung zur Materialbeschaffung können Instandhalter dann auch leicht über das Lager Material bestellen. Mit „virtuellen Pinnadeln“ werden Informationen in Form von Texten oder Bildern an realen Objekten angebracht. So können in einer industriellen Produktionsanlage alle Mitarbeiter Wartungsbedarf oder Auffälligkeiten an einer Maschine sehr einfach und berührungslos mit ihrem Smartphone markieren.

Hardware und Software und Innovation
Die beteiligten Firmen und Forschungseinrichtungen haben vor allem Software für verschiedene Anwendungen entwickelt und evaluiert. Am Markt verfügbare Hardware wie etwa verschiedene Datenbrillen oder MR-Headsets wurde getestet und genutzt. Die Rechte für die entwickelte Software bleibt bei den Firmen, falls die Software firmenspezifisch ist. Software, die auch für andere Unternehmen interessant sein kann, wird in rund einem halben Jahr als Open Source zur Verfügung gestellt.

„Dadurch erhalten die Firmen, die im Projekt beteiligt waren, einen gewissen zeitlichen Vorsprung durch ihre Projektbeteiligung“, erklärt Thomas Moser von der FH St. Pölten. Das Projekt wird im Rahmen der Programmlinie „Collective Research“ von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) gefördert. Die Unternehmen bringen Geld für die Anwendungsfälle ein. Partner im Projekt sind ecoplus NOe, FOTEC Forschungs- und Technologietransfer GmbH, IMC FH Krems, FH Oberösterreich Campus Steyr und TU Wien.

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red/mich, Economy Ausgabe Webartikel, 19.04.2021

„Letztes Jahr war eine Sternstunde der IT“

„Letztes Jahr war eine Sternstunde der IT“© Economy

Peter Lenz, Managing Director T-Systems Alpine Österreich & Schweiz, im Gespräch mit economy über Sternstunden der IT, Unternehmen mit dem Rücken zur Wand und die neue Smart Factory an der TU-Graz.

Economy: Peter Lenz, Managing Director T-Systems Alpine, Österreich und Schweiz. Wie haben Sie denn dieses letzte Jahr erlebt?

Peter Lenz: Man könnte sagen, für den IT-Markt war Corona gut. Es war eine Sternstunde der IT, die letztes Jahr stattgefunden hat, auch pandemiebedingt.
Viele Unternehmen, viele Organisationen haben erkannt, wie wichtig eine funktionierende IT für ihr Geschäftsmodell ist, aber auch für ihr Überleben.
Und nicht zuletzt hat sich auch bestätigt, dass ein verlässlicher und erfahrener Partner gerade für die Umsetzung kurzfristiger Anforderungen unerlässlich ist.

Was waren denn so die Schwerpunktthemen?

Zuerst ging es ganz stark um die Netze, die Datenleitungen, die Bandbreiten, dann verlagerte sich das Geschehen eher auf den Client, also das Notebook zu Hause bei/m MitarbeiterIn.
Dann ging es weiter mit Security-Themen, die schnell aktuell wurden, weil sich sehr viel Cyber-Crime auch auf das Home-Office fokussierte.
Gesonderte Beachtung braucht hier dann das Thema Firewall, die genau zwischen Firmennetzwerk, Internet und Heimarbeitsplatz stehen.

Lässt sich der Zeitfaktor eingrenzen, zwischen Reaktionsphase versus Aktionsphase bei den Unternehmen?

Viele sind gut durchgekommen, gerade in unserem Kundensegment, und konzentrieren sich jetzt auf die Zukunft. Da bewegen wir uns auch stark im Bereich SAP-S/4Hana und hier von der Konzeption bis zur Umsetzung einer durchgängigen Digitalisierung der Wertschöpfungsketten.
Es wird ganz viel wieder in die Zukunft geschaut und auch in die IT investiert.

Was waren die kritischen Erfolgsfaktoren?

Unternehmen, welche sich bereits im Vorfeld mit Krisen oder Notfällen auseinandergesetzt haben, die sind nicht mit dem Rücken zur Wand gestanden.
Aber bei den anderen, die sich weniger Gedanken gemacht haben, war es eine echte Krise. Zum Teil wurden Stand-PCs in die Home-Offices transportiert und durch die fehlende Netzwerkanbindung wusste man erst mal gar nicht, wie es weiter geht.

Wo sollten Betriebe bei Planung und Umsetzung generell ansetzen?

Wichtig sind einmal die Dimensionen. Ist es ein internationaler Betrieb mit entsprechend verteilten Standorten und Mitarbeitern oder agiert der Kunde eher regional.
Davon ausgehend die Frage, welche IT-Services und Applikationen die Mitarbeiter nutzen, etwaig mit einem speziellen Fokus auf Cloud-Services.
All das muss bei Dimension und Varianten von Firewalls und VPN-Einwahlknoten beachtet werden, bis hin zu benötigten Bandbreiten und Redundanzen.

Bleiben wir kurz beim Thema Auslagern, Outsourcing. Sie haben vorhin SAP-S/4Hana erwähnt, welche Umstellungen stehen an?

Es ist jetzt wichtig die Umstellung zu machen, um das immer größer werdende Feature-Set von SAP-S/4Hana zu nutzen, das wirklich im Wochen- und Monatstakt umfangreicher wird.
Wenn ich jetzt umstelle, kann ich diese Reise als Unternehmen, als Organisation mitmachen.

Cloud-Thematik, also eine flexible, bedarfsorientierte Nutzung von vielen IT-Services. Wie ist hier Entwicklung?

Da haben wir nun alle Spielarten, nehme ich eine Hybrid-Cloud, Datenhaltung teilweise lokal oder teilweise auch in einem Public-Bereich.
Oder nutze ich eine Private-Cloud, die mir ein Provider wie eine T-Systems unter Europäischen Datenschutzregeln zur Verfügung stellt.
Oder gehe ich auf die sogenannten HyperScaler (Anm. Azure, Amazon Web Services, die auch Sinn machen können.
Wichtig für die Kunden der T-Systems ist hier, dass wir all diese verschiedenen Szenarien kombinieren und spielen können und dabei immer die individuellen Compliance- und Datenschutzanforderungen des jeweiligen Kunden erfüllen.

Generell Thema Datenmanagement, auch im Kontext Business Intelligence, welche Trends oder Erfahrungswerte gibt es hier?

Im Business-Kontext sehen wir natürlich viel, gerade wenn es um Auswertungen geht, um große Datensätze oder wenn es um die Verarbeitung von Bild-Signalen geht.
Da sind wir dann schon in der Produktion, etwa beim Thema Qualitätssicherung und überall hier kann ich Artificial Intelligence einsetzen.
Das Thema Massen-Daten (Big Data) spielt für größere Unternehmen aber auch in einem anderen Kontext eine große Rolle, Stichwort Process Mining. Statt über Interviews und Papier-Analysen werden hier Metadaten aus den Software-unterstützten Unternehmensprozessen genutzt, um die Prozessabläufe zu optimieren.
Die Deutsche Telekom hat damit im zweistelligen Millionenbereich Kostenoptimierungen realisieren können, u.a. durch einfache Maßnahmen wie Zahlungsstrom-Verbesserung und Priorisierungen.

Das Thema verbunden mit Daten ist KI. Was gibt es hier an erwähnenswerten Trends?

KI/AI hat sich sehr schnell in der Breite etabliert - intuitive, einfache Bedienungen auch von komplexen Anwendungen ist eines der Ergebnisse, Stichwort etwa Handy-Kamera und Bildbearbeitung. Und diese Anwendungen aus dem Consumer-Bereich werden nun zunehmend auch in Unternehmen eingesetzt. Wartungsmitarbeiter, die durch Virtual- oder Augmented-Reality flexibel und ortsunabhängig arbeiten können. Ärzte, die mit interaktiver Sprachkommunikation auf zusätzliche Daten zugreifen können oder bei der Dokumentation unterstützt werden.
Wir unterstützen beispielsweise die Automobilindustrie in verschiedenen Bereichen bei automatisierten Qualitätskontrollen, etwa mittels KI-gestützter Bildverarbeitung, die selbständig Fehler erkennt und das in Relation mit Produktionsparametern setzt. (Anm. d. Red. „Predictive Quality“).

Zu diesem Themenbereich gehört auch Sensorik, IoT oder Industrie 4.0 bis hin zu Smart Manufacturing, Smarte Fabriken. Was gibt es hier Neues zu berichten?

Da freut mich besonders das Projekt der Smart Factory an der TU Graz, das wir nun auch der Öffentlichkeit vorstellen und wo wir federführend dabei sind.
Dabei geht es um ein 5G-Campus Netz von unseren Kollegen von Magenta, um Cyber-Security in der Operation-Technology, also in Produktions- oder auch Logistik-Umgebungen als auch in der klassischen IT. Es geht viel um Sensorik, um Edge-Computing, also all die Themen in einer modernen Fabrik, wo man große Datenmengen verarbeiten möchte. Und das zeigen wir nicht nur auf Power-Point, sondern wirklich in Installationen, die man angreifen und besuchen kann. Auch das Beispiel Hörmann passt dazu, wo auf IoT-Basis Industrietore vorausschauend gewartet werden.

Also bis hin auch zu einzelnen Robotern, Automatisation?

Genau. Das können zum Beispiel diese autonomen, fahrerlosen Vehikel sein, die in einer Fabrik selbst denkend und lenkend den besten Weg finden, dabei Staus oder Engpässe vermeiden und etwa auch Produktionsprozesse und die Logistik mit einbinden. Als Beispiel das schon länger im realen Einsatz befindliche Campus-Netzwerk bei Osram, eine Smart Factory mit autonomen, mobilen Einheiten im Bereich Produktion und Logistik. Dem Werkstück werden dabei parallel auch die entsprechenden Qualitäts- und Produktionsdaten mitgegeben. Das alles wächst jetzt zusammen, es wächst die Produktions-IT mit dem ERP-System der Warenwirtschaft zusammen und mit dem Datennetz.

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red/czaak, Economy Ausgabe Webartikel, 19.04.2021

Prüfung der Rehamethoden bei Schlaganfällen

Prüfung der Rehamethoden bei Schlaganfällen© Bilderbox.com

Austrian Institute for Health Technology Assessment analysiert Nutzen neuer Methoden zur Ergänzung von Standardtherapien. Im Fokus stand die technologische Unterstützung durch Roboter und funktionelle Elektrostimulation.

(red/czaak) Jährlich erleiden allein in Österreich 25.000 Personen einen Schlaganfall - und zahlreiche von ihnen haben anschließend Lähmungen der unteren oder oberen Extremitäten. Zeitnahe Rehabilitationsmaßnahmen helfen oftmals die Beweglichkeit zurückzuerlangen, wobei Gehen und Alltagsaktivitäten primäre Ziele sind. Gute Rehabilitationsprogramme sind ressourcenintensiv und große Hoffnung wird daher auch in deren Ergänzung durch Roboter oder durch die funktionelle Elektrostimulationen der Muskeln gesetzt.

Inwieweit diese Maßnahmen aber einen wirklichen klinischen Zusatznutzen erzielen, hat nun das Austrian Institute for Health Technology Assessment (AIHTA) gemeinsam mit der Arbeitsgruppe ReMoS (Rehabilitation der Mobilität nach Schlaganfall) der deutschen Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften untersucht. Basis der umfassenden evidenzbasierenden AIHTA-Studie waren in Summe 53 (!) randomisierte klinische Studien und ein Cochrane Review.

Nur teilweise erfüllte Erwartungen
Alle diese Studien untersuchten den konkreten Einsatz roboterassistierter Rehabilitation (RAR) sowie funktioneller Elektrostimulation (FES) in verschiedenen Therapiesituationen. „Roboter können als Ergänzung einer Standardtherapie einen klinischen Zusatznutzen schaffen. Für die funktionelle elektrische Stimulation einzelner Muskeln oder Muskelgruppen als andere Methode, kann ein solcher Zusatznutzen nicht nachgewiesen werden“, so das Ergebnis des AIHTA – mit der Empfehlung „nun in jedem Fall eine gesundheitsökonomische Evaluation vor dem Einsatz dieser Therapieergänzungen zu tätigen.“

„Die Bandbreite der zur Verfügung stehenden Geräte ist sowohl für die RAR als auch die FES ausgesprochen groß“, sagt Claudia Wild, Direktorin des AIHTA. „Entsprechend groß sind auch die Erwartungen, die aber leider nur teilweise erfüllt werden. In unserer Studie konnten wir zwar für manche Interventionen der RAR in Kombination mit einer Standardtherapie einen Zusatznutzen im Vergleich zur Standardtherapie ohne RAR feststellen, für die FES aber nicht“, so Wild.

Die roboterassistierte Rehabilitation (RAR)
Tatsächlich können manche Arten der RAR den Therapieverlauf, insbesondere beim Einsatz der RAR bei der Armrehabilitation von Schlaganfallpatienten im subakuten Stadium, begünstigen. Der Nachweis eines Zusatznutzens der RAR als Unterstützung zum Gangtraining ist jedoch schwächer. Ursächlich für diese Verbesserungen vermutet man ein intensiveres und häufigeres Training der Patienten, das dabei ohne zusätzlichen Aufwand für Physiotherapeuten erreicht wird.

„Der Einsatz der RAR kann durchaus sinnvoll sein“, erläutert Wild. „Er kann die Therapieergebnisse verbessern und womöglich sogar dazu beitragen, PhysiotherapeutInnen zeitlich und körperlich zu entlasten. Doch empfehlen wir, den Einsatz gesundheitsökonomisch zu evaluieren, weil der Zusatznutzen nicht für alle Roboter nachgewiesen werden konnte und eine gewisse Heterogenität der Produkte zu verzeichnen ist. Bei dieser Analyse sollte zusätzlich der Schweregrad des Schlaganfalls sowie die therapeutischen Rahmenbedingungen mit in die Evaluierung einfließen“, ergänzt die Expertin.

Die funktionelle Elektrostimulation (FES)
Die FES hingegen enttäuschte die Erwartungen an einen zusätzlichen Nutzen. Diese Erwartungen betreffen vor allem eine Stärkung der von Lähmungen betroffenen Muskeln mittels externer elektrischer Stimulation sowie eine verbesserte Durchblutung bzw. einen besseren Blutfluss. Für die Untersuchung des Nutzens der FES wurden vom AIHTA und den deutschen Kollegen insgesamt 26 klinische Studien ausgewertet.

Dabei zeigte sich, dass die Begleitung einer Standardtherapie mit Elektrostimulation kaum zusätzlichen Nutzen ergab. Es gibt jedoch eine naheliegende Evidenz, dass eine Subintervention der FES (FES mit Oberflächenelektroden beim Gehen) einer herkömmlichen Fußgelenksorthese nicht unterlegen ist. „Eine gesundheitsökonomische Evaluierung könnte auch in diesem Fall sinnvoll sein“, resümiert Claudia Wild, Direktorin des Austrian Institute for Health Technology Assessment (AIHTA).

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red/czaak, Economy Ausgabe Webartikel, 15.04.2021

„Dann ist die verheerende Krankheit gestoppt!“

„Dann ist die verheerende Krankheit gestoppt!“© Bilderbox.com

SPRIND, die Deutsche Bundesagentur für Sprunginnovation fördert drei neue Projekte. Mikroplastik-Entfernung aus Gewässern, Analogcomputer auf Chipgröße und der Kampf gegen Alzheimer spiegeln allesamt aktuelle gesellschaftspolitische Herausforderungen.

(Christian Czaak) In Österreich wurde „SPRIND“ als neue Förderstelle für radikale Innovationsprojekte einer interessierten Öffentlichkeit erstmals nach dem Auftritt bei der (ebenso neuen) Kapsch-Podcastreihe „Coffee, Tea, Technology“ bekannt. Letzten Jänner war Sprind-Boss Rafael Laguna Gast bei Kapsch BusinessCom-Vorstand Jochen Borenich und sprach über Hintergründe und Pläne dieser neuen deutschen Bundeseinrichtung als (neue) Heimat für radikale Neudenker (economy berichtete). Vorab dotiert mit einer Milliarde Euro (!), sollen primär disruptive Geschäftsmodelle unterstützt werden.

Laguna erörtere dabei die mitunter schwierige Gratwanderung zwischen: „Wie viel Verrücktheit darf man auf Staatskosten zulassen und wann ist eine Idee zu ausgefallen?“ – versus: „Gerade diese Ausgefallenheit hat Chancen eine neue Nische erfolgreich zu besetzen oder gar neu zu definieren“. Aktuell wurden nun drei neue Projekte ausgewählt. Alle drei spiegeln große aktuelle gesellschaftspolitische Herausforderungen, sie beschäftigen sich mit den Themen Umwelt, Digitalisierung und Gesundheit.

Eine Antwort innerhalb eines Tages
Das erste Sprind-Projekt mit der Beschreibung „Eine Makrolösung für das Mikroplastik-Problem“ behandelt primär die mittlerweile enormen Belastungen von Plastikabfällen in den Gewässern sowie die daraus folgenden und ebenso enormen Auswirkungen auf Mensch und Tier. Roland Damann, der Innovator des Projekts, gilt als Erfinder und Weltreisender in Sachen Wasserqualität. Bereits in den 1980er Jahren erfand Damann den sogenannten Aquatector®, ein System, das Aquakultur und Fischzucht global revolutionierte.

Mittels Anwendung der sogenannten Mikroflotation avancierte der Forscher zum Spezialisten für die Behandlung von Schmutzwasser. Dabei werden hydrophobe Partikel an Gasblasen gebunden und von den aufsteigenden Gasen an die Oberfläche transportiert. Das Verfahren ist an sich schon aus dem Mittelalter bekannt, Damann hat es weiterentwickelt, perfektioniert und globalisiert. Mikroflotation gilt als internationaler Standard, es gibt aktuell über 300 Referenzen in über 50 Ländern. Der Forscher erhielt dafür u.a. den Innovationspreis des Landes Nordrhein-Westfalen (NRW).

Anlass für Damanns Meldung bei Sprind war der Podcast „Start-Up-DNA“. „Ich fand das gut, neu und ziemlich inspirierend und hab‘ mich gleich mit meinem Projekt bei Sprind gemeldet. Irre war dann, dass ich gleich am nächsten Tag eine Antwort erhalten habe“, so Roland Damann zu Kontakt und Entstehung der Zusammenarbeit mit der Innovationsagentur. „Wir müssen Mikroflotation noch intelligenter machen“, unterstreicht der Forscher seinen Antrieb für die nächste Projektstufe.

„Digital ist nicht menschlich genug“
Im zweiten Sprind-Projekt mit der Beschreibung „Analogcomputer-On-A-Chip“ geht es um die Entwicklung eines Analogrechners auf einem Chip von der Kleingröße weniger Quadratmillimeter. Innovator Bernd Ulmann nennt als Vergleich Digitalrechner auf einem Chip. Allerdings: „Digital ist unterkomplex und auch nicht menschlich genug. Es kann nur analog geben!“, betont Ulmann. Sein Projekt wäre ein Sprung, der „die Signalverarbeitung in Handys oder medizinischen Implantaten wie etwa Hirnschrittmacher revolutionieren würde“.

Bernd Ulmann selbst gilt als Passionsdenker. Analogrechner faszinieren den Professor für Wirtschaftsinformatik an der Uni Frankfurt seit Teenagerzeiten, sein Haus ist Werkstatt und Museum zugleich und randvoll mit zum Teil riesigen Analogrechnern. Ulmann, auch der Vaxman (nach dem Computer VAX) genannt, erläutert: „Ein normaler digitaler Computer arbeitet programmgesteuert in einzelnen Schritten. Ein Analogrechner kennt keine Schritt-für-Schritt-Ausführung, alle Rechenelemente arbeiten hier parallel“.

Der promovierte Mathematiker und Philosoph (Unis Mainz und Hamburg; Doktorarbeit „Faszination Analogrechnen - Geschichte und Grundlagen elektronischer Analogrechner“) vergleicht analoge Rechner auch gerne mit dem menschlichen Gehirn: „Im Prinzip ist es so wie ein Nervensystem, wie das menschliche Gehirn, ganz biologisch. Nichts in der Biologie kann es sich leisten, sequenziell zu rechnen. Die Zukunft sind deshalb Analogrechner“, unterstreicht Ulmann.
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Der Mensch verliert alles, was seine Menschlichkeit ausmacht
Im dritten Sprind-Projekt widmet sich der auch international überaus renommierte Strukturbiologe Dieter Willbold der Alzheimer-Krankheit - eine Plage, die Gehirne und in Folge das Leben von Menschen zerstört. Der promovierte Biochemiker beschreibt einen Zerstörungsprozess in perfider Unaufhaltsamkeit. „Da gibt es ungefährliche Einzelproteine (Monomere) im Gehirn, die Abeta-Moleküle. Diese ballen sich zusammen und schaffen es toxisch zu werden. Und diese toxischen Knäuel (Oligomere) vermehren sich selbst auf Kosten der Monomere und lassen immer mehr Neuronen im Gehirn sterben“, so der Forscher.

Willbold unterstreicht: „Die Hirnmasse nimmt ab, der Mensch verliert nach und nach alles, was seine Menschlichkeit ausmacht.“ Im Kampf gegen Alzheimer verfolgt der Experte nun den Ansatz der kreativen und final heilsamen Zerstörung dieser toxischen Verbünde. In jahrelanger Forschung hat er einen Wirkstoff und insbesondere einen exakt abgestimmten Anwendungsprozess entwickelt. Das sogenannte PRI-002 ist ein All-D-peptid, Angaben zufolge günstig herstellbar und es wird einfach oral und nicht intravenös injiziert verabreicht. Willbolds Wirkstoff geht aktuell nun bereits in die klinische Testphase II, die wichtige Phase-I Studie an gesunden Probanden zur Prüfung der Verträglichkeit ist erfolgreich absolviert.

Für die Umsetzung seiner Prion-Forschungen und die Entwicklung seines Wirkstoffs PRI-002 hat der Alzheimer-Experte sein Unternehmen Priavoid gegründet. Zusammen mit SPRIND wird Willbold das Therapeutikum jetzt weiterentwickeln. „Der Wirkstoff ist wichtig, die Sprunginnovation liegt aber im Prozess. Dieser ist das Bahnbrechende: das Zerlegen neurotoxischer Protein-Verbünde in harmlose Monomer-Bausteine“, betont Dieter Willbold. Und: „Sind die toxischen Strukturen beseitigt, kann man die verheerende Krankheit stoppen!“

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red/Christian Czaak, Economy Ausgabe Webartikel, 15.04.2021

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