Unabhängiges Magazin für Wirtschaft und Bildung

25. Juli 2024

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Elektrische Schockbehandlung von Nahrungsmitteln

Elektrische Schockbehandlung von Nahrungsmitteln© Bilderbox.com

Ein Team der Universität für Bodenkultur Wien findet Bedingungen für eine nährstofferhaltende Inaktivierung von Listerien und weiteren Keimen mittels exakt dosierter Elektroschocks.

Bei der Weiterverarbeitung von Molkenproteinen begünstigen niedrige Temperaturen und ein saures Milieu eine wirksame Methode zur Inaktivierung von Listerien und anderen Keimen ohne wertvolle Inhaltsstoffe zu zerstören. Die Inaktivierung gesundheitsschädlicher Bakterien erfolgt dabei durch sogenannte Elektroporation.
Ein Team der Universität für Bodenkultur (BOKU) hat das in Zusammenarbeit mit einem internationalen Nahrungsmittelkonzern herausgefunden und dabei wird auch die schonende Konservierung von Molkenprotein-Lösungen ohne Nährstoffverlust ermöglicht.
Im Gegensatz zur konventionellen Haltbarmachung durch Erhitzung kommt das neue Verfahren ohne drastische Temperaturerhöhung aus und trägt somit zum verbesserten Erhalt von Nährstoffen bei.
Wenn Nahrungsmittel im Normalfall von bakteriellen Verunreinigungen befreite werden, dann bedeutet das zumeist auch die Vernichtung wertvolle Nährstoffe. Schonendere Verfahren wiederum beseitigen die Problembakterien nicht immer zur Gänze. Eine zunehmend verwendete Methode beruht auf sogenannten gepulsten elektrischen Feldern, wo deutlich geringere Temperaturen verwendet werden können.

Fruchtsäfte und andere dünnflüssige Lebensmittel
Dieses Verfahren wird bisher vor allem für Fruchtsäfte und andere dünnflüssige Lebensmittel verwendet. Ein Team der Uni für Bodenkultur Wien (BOKU) und ein weltweit tätiger Nahrungsmittelkonzerns gelang nun die sichere Abtötung von Listerien durch sogenannte gepulste elektrische Felder in dickflüssigeren Molkenprotein-Lösungen und mit gleichzeitiger Schonung wertvoller Nährstoffe.
"Die Temperatur ist bei diesem Vorgang ein entscheidender Faktor. Die durch die pulsierenden elektrischen Felder wirkende Energie führt nämlich rasch zu einer Erwärmung des Mediums, wodurch viele wertvolle Proteine Schaden nehmen", erläutert Henry Jäger, stellvertretender Leiter des Instituts für Lebensmitteltechnologie an der BOKU.
„Ein Effekt, der bei zunehmender Stärke aber wiederum eine effizientere Abtötung der Keime ermöglicht. Es kommt also auf die Balance an." Diese liegt bei der niedrigen Anfangstemperatur von ca. 20 °C bei pH4, was eine größere Intensität der elektrischen Pulse und damit eine gute Inaktivierung der Listerien ermöglicht, so die Boku-Forschungen
Insgesamt leiste die Studie einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung effizienterer und schonenderer Verfahren zur Keimbefreiung empfindlicher Produkte und zur Erhöhung der Lebensmittelsicherheit. Der Erfolg der akademisch-industriellen Zusammenarbeit war dabei insbesondere auch auf den umfassenden Gerätepark und das profunde Know-how der EQ BOKU zurückzuführen, so die BOKU in einer Aussendung.

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red/mc, Economy Ausgabe Webartikel, 02.11.2018

„Servas Oide“ - Dialekt als gelebte Sprachkultur

„Servas Oide“ - Dialekt als gelebte Sprachkultur© Bilderbox.com

Forscher der Österreichischen Akademie der Wissenschaften erkunden die Entwicklung des Dialekts. Variationen und der Wandel des Deutschen in Österreich sind dabei ebenso Bestandteil wie Trends im alltäglichen Gebrauch, in der Werbung oder Popmusik.

Fragt man Österreicher nach ihrer Muttersprache, antworten die wenigsten mit: „Deutsch“. Eher spricht man Wienerisch, Steirisch, Tirolerisch oder Kärntnerisch. Und selbst innerhalb der Regionalsprachen gibt es eine bunte Vielfalt an Mundarten. Dialekte sind gelebte Sprachkultur und sie erleben als regionales Kulturgut ein Comeback. Im Alltag, in Popmusik, Werbung oder auch in der Sprache von Politikern. Zuvor waren sie lange Zeit als „hinterwäldlerisch“ verschrien und insbesondere durch das überregionale, „hochdeutsche“ Fernsehen weitgehend ignoriert.

Die Variationslinguistin und der Soziolinguist
Vielfalt und Wandel österreichischer Variationen mit Mundarten, Umgangssprachen und Hochdeutsch interessiert auch Alexandra N. Lenz und Manfred Glauninger vom Austrian Centre for Digital Humanities der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW). Wie und warum macht man in Österreich von verschiedenen Varietäten des Deutschen Gebrauch? Welche Assoziationen und Wertungen rufen Dialekte, Umgangssprachen- und Standardvarietäten bei den Sprechern hervor?
Zu diesen Fragen forschen die Variationslinguistin Lenz und der Soziolinguist Glauninger im Spezialforschungsbereich „Deutsch in Österreich. Variation – Kontakt – Perzeption“ in einem vom Forschungsförderungsfonds für die Wissenschaftliche Forschung (FWF) finanzierten Gemeinschaftsprojekt mehrerer Universitäten und der ÖAW.

Dialekt hat in Österreich nach wie vor Prestige
„Die Befürchtung, dass Dialekte aussterben, ist eine alte Befürchtung, die uns seit Jahrhunderten begleitet. Dennoch können wir gerade in Österreich eine relative Stabilität der Dialekte feststellen, besonders in ländlichen Räumen. Diese Stabilität zeigt sich in einer großen Zahl, auch jüngerer, DialektsprecherInnen“, erläutert Alexandra N. Lenz. „Das entscheidende Moment sind sicher die Einstellungen, die gegenüber Dialekten herrschen, die Bewertungen, mit denen sie versehen sind. In Österreich hat der Dialekt nach wie vor ein relativ hohes Prestige“, so Lenz.
„Der Gebrauch des Dialekts ist mit bestimmten kommunikativen Funktionen verknüpft. Er erzeugt eine bestimmte Atmosphäre, die im Gespräch wirksam wird“, erklärt Manfred Glauninger. „Gerade dann, wenn der Dialekt in der alltäglichen Kommunikation nicht mehr durchgehend verwendet wird, kann er bedeutende andere kommunikative Funktionen erfüllen – etwa als Mittel zur Signalisierung von sozialer Nähe oder auch Ironie“, so Glauninger.

Von Bio-Lebensmittel zum Gangsta-Rap
Bestimmte Produkte in unseren Breiten lassen sich mit Dialekt-Signalen besser vermarkten, etwa Bio-Lebensmittel. Auch Tourismus-Regionen setzen auf die Klischee-Vorstellungen, die der Dialekt transportiert. Zudem gibt es aktuell erneut eine Dialekt-Welle in der österreichischen Popmusik, beispielsweise Gangsta-Rap im Dialekt und abseits ihrer Musik sprechen die Rapper oft keinen Dialekt, so weitere Erkenntnisse der Forscher.
Von zwei Forscherkollegen Barbour und Stevenson als die wahrscheinlich „vielgestaltigste Sprache Europas“ eingestuft, ist Deutsche für Alexandra Lenz „gerade in Österreich besonders facettenreich und dynamisch“. In kaum einem anderen Land gäbe es „so viele verschiedene und immer noch lebendige Varietäten innerhalb des Deutschen, wie Dialekte, Umgangssprache, „Hochdeutsch“ oder Jugendsprache.“ Diese Vielfalt sei „sprachgeschichtlich in einer historisch über Jahrhunderte weg gewachsenen Mehrsprachigkeit verankert“, so Lenz.

Langjährige Expertise in den Sprachwissenschaften
Angesprochen auf das aktuelle Internet-Zeitalter meint Glauninger, dass „noch nie zuvor in der Geschichte so viele Menschen so viel gelesen und geschrieben wie heute, vor allem junge Menschen mittels ihrer Smartphones“. Dies sei eine „explosionsartige Zunahme von schriftsprachlich basierter, global ausgreifender Kommunikation“ und sie wird „mit Sicherheit den Sprachwandel auch im deutschen Sprachraum beeinflussen“, so Glauninger.
Alexandra N. Lenz ist stellvertretende Direktorin des Austrian Centre for Digital Humanities der ÖAW, wo sie die Forschungsabteilung „Variation und Wandel des Deutschen in Österreich“ leitet. Seit 2016 leitet sie zudem das ÖAW-Langzeitprojekt „Wörterbuch der bairischen Mundarten in Österreich (WBÖ)“. Sie lehrt Germanistische Sprachwissenschaft an der Universität Wien.
Manfred Glauninger ist Soziolinguist am Austrian Centre for Digital Humanities der ÖAW und Projektleiter in der Abteilung „Variation und Wandel des Deutschen in Österreich“. Er lehrt an der Universität Wien und leitet das Projekt „Österreichische Dialektkartographie 1924–1956“, das vom ÖAW-Programm go!digital gefördert wird.

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red/mc, Economy Ausgabe Webartikel, 02.11.2018
Unabhängiges Magazin für Wirtschaft und Bildung 25.07.2024
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Die Vernetzung von Mensch und Maschine

Die Vernetzung von Mensch und Maschine© piqs.de/ashraful kadir

Geschwindigkeit und Verfügbarkeit von 5G-Technologien als Grundlage zukünftiger Arbeitswelten in Form sogenannter Connected Worker. A1 zeigt industrielles Pilotprojekt auf 5G-Basis mit Schwerpunkt auf Assisted und Augmented Reality.

Die zunehmende Digitalisierung der Wirtschaft und die Möglichkeiten von 5G werden die industrielle Arbeitswelt nachhaltig verändern. Intelligente, mit Sensoren ausgestattete Maschinen und leistungsstärkere Netze bringen für Unternehmen neue Produktionsmöglichkeiten mit sich. A1 zeigte nun gemeinsam mit Nokia und Nagarro im Technologiezentrum Arsenal erste Anwendungen für die Qualitätssicherung in der Industrie, wo das Anbringen von Schrauben auf einer Platine in Echtzeit geprüft wird. 

Moderne Industrie 4.0 Anwendungen 
Im konkreten Anwendungsfall kam eine Reihe von Technologien zum Einsatz, die für künftige Industrie 4.0-Anwendungen eine Schlüsselrolle spielen: Ein 5G-Netz stellt zuverlässig die erforderliche Bandbreite zur Verfügung, während die Verarbeitung der Daten nahe am Entstehungsort in einer sogenannten Edge Cloud geringe Latenzzeiten ermöglicht und zudem dafür sorgt, dass sensible Daten das Fabrikgelände nicht verlassen.
Parallel kommt auch Künstliche Intelligenz zur Anwendung um Abweichungen im Prozess zu identifizieren und diese Informationen werden wiederum per Augmented Reality Anwendung der Live-Videoübertragung hinzugefügt. Fehler im Produktionsprozess sollen so einfacher sichtbar und die Fertigungsqualität verbessert werden. „5G wird den nächsten Schub in der digitalen Transformation von Unternehmen bringen, durch den Menschen, Maschinen, Werkzeuge und Produkte in Echtzeit miteinander kommunizieren“, so Marcus Grausam, CEO bei A1.

Vernetztes Arbeiten
Um den Arbeitsprozess deutlich zu vereinfachen und zudem die Sicherheit von Technikern an schwer zugänglichen Orten zu erhöhen, entwickelte A1 mit Nagarro eine sogenannte Connected Worker Lösung. Der A1-Abnahmetechniker arbeitet dabei von seinem Office aus und die Verbindung mit dem Techniker am Einsatzort passiert über eine Assisted Reality Lösung. Durch die Verwendung virtueller Datenbrillen (Smart Glasses) sind beide Hände frei für die manuelle Tätigkeit, etwa Services oder Instandsetzungen von Maschinen oder Geräten. 
Das Abnahmeprotokoll wird dabei von den Technikern mittels einer eigenen Dash-Board-Anwendung Schritt für Schritt umgesetzt und so können synchron Mängel direkt vor Ort verifiziert und behoben werden, inklusive Dokumentation und Archivierung zur etwaigen Weiterleitung an Hersteller. Laut A1 ist ein hochwertiges und rechtsgültiges Abnahmeverfahren nun in einem Viertel der bisher üblichen Zeit möglich.
„Da Nagarro international bereits Erfahrung mit Assisted Reality Lösungen hat, konnten wir rasch den Proof-of-Concept umsetzen und die Vorteile für das Connected Worker Konzept belegen“, so Thomas Riedl, Geschäftsführer Nagarro Österreich. „Das gezeigte Anwendungsbeispiel ist sowohl innovativ als auch praxisrelevant und wir freuen uns, dass wir es gemeinsam mit A1 in Österreich zeigen können“, ergänzt Peter Wukowits, Geschäftsführer von Nokia Österreich.

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red/cc, Economy Ausgabe Webartikel, 30.10.2018

„Die beste Versicherung gegen Arbeitslosigkeit ist gute Bildung.“

„Die beste Versicherung gegen Arbeitslosigkeit ist gute Bildung.“© piqs.de/alex

Herausforderungen und Maßnahmen zum Thema Arbeitsmarkt als Schwerpunkte einer Agenda-Austria Veranstaltung mit AMS-Vorstand Johannes Kopf. Die Agenda-Austria übermittelte economy die wichtigsten Passagen und wir veröffentlichen diese im zur Verfügung gestellten Originalwortlaut und unterteilt nach einzelnen Themenblöcken.

(Christian Czaak) Vor wenigen Jahren glänzte Österreich mit einer der niedrigsten Arbeitslosenquoten innerhalb der EU. Aktuell belegt das Land trotz guter Konjunktur nun den zehnten Platz unter 28 EU-Ländern. Ab 2019 nutzt das Arbeits-Markt-Service Österreich (AMS) nun auch Künstliche Intelligenz in Form softwaregestützter Algorithmen zur Vermittlung von Arbeitssuchenden.
Bei der Agenda-Austria Veranstaltung erörtert Johannes Kopf Ursachen und Entwicklung der Arbeitslosenquote, ortet Qualifikation und Region als entscheidende Parameter und erläutert sowohl technologische Innovationen wie auch grundsätzliche fundamentale Probleme.

Standortspezifisches Missverhältnis
„Die Vermittlung von Geringqualifizierten ist die größte Herausforderung und dazu kommen die Langzeitarbeitlosen“, so Kopf. Aktuell gibt es in Österreich rund 141.000 Menschen, die länger als zwölf Monate beschäftigungslos sind und diese Zahl hat sich innerhalb von zehn Jahren verdoppelt. Relevant ist dabei auch ein standortspezifisches Missverhältnis, wo Unternehmen lange nach neuen Mitarbeitern mit entsprechenden Qualifikationen suchen und nicht fündig werden.
Einerseits liegen diese offenen Stellen in beschäftigungsstarken Regionen und zum anderen fehlt es Arbeitskräften an den nachgefragten Qualifikationen. „Beides trägt auch dazu bei, dass wir heute viel mehr Arbeitslose haben als noch vor der großen Krise“, so Wolfgang Nagl, Ökonom bei Agenda Austria. Nachfolgend nun die einzelnen Passagen und Themenkreise im Original-Wortlaut von AMS-Vorstand Johannes Kopf:

Fachkräftemangel und fehlende Mobilität
„Wir haben große Unterschiede nach Bundesländern. Vereinfacht gesagt: Während in Wien viele Arbeitssuchende sind, gibt es viele offene Stellen in Westösterreich. (...) Eine Methode, den Fachkräftemangel zu bekämpfen, ist überregional zu vermitteln. Tatsächlich sind die Chancen von Personen, die räumlich flexibler sind, deutlich besser.“
„So wie auch die Chancen von Jugendlichen, die bereit sind, einen anderen Lehrberuf zu lernen, höher sind. (...) Der Fachkräftemangel ist aber nur durch ein Bündel von Maßnahmen bekämpfbar, nicht durch eine singuläre Lösung. Das AMS fördert die Lehrausbildung von rund 30.000 Jugendlichen und Hilfsarbeitern pro Jahr über die überbetriebliche Lehrausbildung, die betriebliche Lehrstellenförderung, die Facharbeiterintensivausbildung und die modulare Facharbeiterausbildung.“

Die Diskriminierung älterer Arbeitskräfte
„Wir diskutieren das Thema Ältere am Arbeitsmarkt seit Jahrzehnten. Wir sprechen immer über jene, die nicht mehr können oder wollen, die krank sind, die von der Firma nicht mehr gebraucht werden. Es gehen aber jeden Tag mehr Menschen in Pension, die noch können, die noch wollen und sogar solche, die der Arbeitgeber noch will. Und die gehen in Pension, weil wir entsprechende Anreize im Pensionssystem setzen.“
„Wir schicken Leute in die Pension, obwohl es ausreichend Arbeit gibt. Und da sollten wir schon nachdenken, wie wir auch im Pensionssrecht Anreize setzen können, damit wir dieses Potenzial an Erfahrung auch nützen. Die Älteren sind nämlich eine interessante Gruppe. (...) Wenn so jemand den Job verliert, entsteht so etwas wie ein Instant Aging effect.“
„Plötzlich ist die Person alt und niemand will sie. Das ist schon ein Thema über die Diskriminierung von Älteren bei der Einstellung über das Personalabteilungen nachdenken müssen. (...) Ältere Arbeitnehmer auszuschließen ist auch für Unternehmen gefährlich. Hier selektieren viele Unternehmer zu streng.“ 

Verfehlungen des österreichischen Bildungssystems
„Je höher die Ausbildung, desto besser sind die Chancen am Arbeitsmarkt. (...) Tatsächlich ist es so, dass wir in unseren überbetrieblichen Ausbildungen sehr viel investieren und Dinge nachholen, die in der Schule nicht passiert sind. Das heißt, wir lehren den Kindern tatsächlich Lesen, Schreiben und Rechnen. Das tun wir nicht unerfolgreich, aber ich sage Ihnen, lieber täten wir das nicht.“
„Soll heißen, wenn das Bildungssystem besser funktionieren würde, hätten wir weniger zu tun. Vor allem sollte im Idealfall aus dem Bildungssystem möglichst kein Jugendlicher mehr herauskommen, der nur die Pflichtschule besucht. Die beste Versicherung gegen Arbeitslosigkeit ist nicht die Arbeitslosenversicherung, sondern eine gute Bildung.“
 
Langzeitarbeitslosigkeit
„Langzeitbeschäftigungslosigkeit ist ein großes Problem. Eigentlich ist das historisch gesehen in Österreich immer ein kleines Problem gewesen. Bei fünf Jahren steigender Arbeitslosigkeit haben wir das leider auch aufgebaut. (...) Ein Drittel unserer Arbeitssuchenden ist langzeitbeschäftigungslos, also länger als ein Jahr ohne Arbeit.“
„Warum ist das problematisch? Weil Firmen jemanden, der lang arbeitslos ist, nicht gerne nehmen. (...) Wir sind in engem Austausch mit mehreren Arbeitsmarktverwaltungen, in der Schweiz und in Deutschland. Eigentlich weiß niemand wirklich, wie man Langzeitarbeitslosigkeit bekämpft.“
„Diese eine Schlüssellösung, um Langzeitarbeitslosigkeit zu bekämpfen, die hat niemand. Ich bin der festen Überzeugung: Die beste Methode Langzeitarbeitslosigkeit zu bekämpfen ist, sie nicht entstehen zu lassen. (...) Lange Arbeitslosigkeit hat viele negativen Folgen, der schlechteren Integration, der Armutsgefährdung, der Ausgrenzung.“

Anmerkung der Redaktion: Wir danken der Agenda-Austria für die zur Verfügung gestellten Textpassagen aus der Veranstaltung.

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red/czaak, Economy Ausgabe Webartikel, 30.10.2018

Deutschland braucht die Bundesblockchain

Deutschland braucht die Bundesblockchain© piqs.de/mill8

Der deutsche Verband der Internetwirtschaft fordert von Regierungen ein neues Selbstverständnis als digitale Dienstleister. Die Blockchain-Technologie kann in der Verwaltung viele Prozesse vereinfachen sowie sicherer und transparenter machen.

Als ehemaliger CIO Estlands hat Taavi Kotka die Digitalisierung des baltischen Staates maßgeblich gestaltet. Aus seiner Sicht hat die Blockchain-Technologie das Potenzial, die Verwaltung nachhaltig zu verändern. „Volle Transparenz gewährleisten und gleichzeitig Bürgerdaten und Privatsphäre schützen, das ist mit der Blockchain nun technisch möglich“, sagte Taavi Kotka kürzlich im Rahmen einer Veranstaltung des Verbands eco.

Standortwettbewerb der Nationen
Aus seiner Sicht entkräfte das auch mögliche Ausreden von Verantwortlichen, welche die Digitalisierung der Verwaltung bislang aufgeschoben hatten. „Die Menschen nehmen staatliche Stellen immer stärker als primär serviceorientierte Dienstleister wahr“, so Kotka. Da sei kein Platz mehr für Bürokratie und es werde vermehrt zu einem Wettbewerb der Nationen kommen, beispielsweise um hochqualifizierte Fachkräfte aus dem Ausland.
„Den werden diejenigen gewinnen, die Services digital einfacher und effizienter anbieten können“, betont Kotka. Eine Modernisierung und Digitalisierung der Verwaltungsprozesse sei daher eine standortrelevante Investition in die Zukunft des Landes. „Blockchain stellt staatlichen Stellen neue Instrumente zur Verfügung, um komplexe und vertrauenswürdige Interaktionen zwischen Staat und Bürgern zu erleichtern und beschleunigen“, bestätigt auch Stephan Zimprich, Blockchain-Experte bei eco.

70 Prozent deutscher Unternehmen wollen die Bundesblockchain
Laut einer aktuellen Studie von eco und YouGov1 unter 500 betrieblichen Entscheidungsträgern wünschen sich 81 Prozent der deutschen Unternehmen mehr Möglichkeiten, Daten mit staatlichen Stellen sicher auszutauschen. Allerdings haben 44 Prozent der Unternehmensentscheider kein Vertrauen in die Datensicherheit beim elektronischen Austausch mit den staatlichen Behörden.
Abhilfe schaffen könnten hier innovative Lösungen wie die Blockchain, so 68 Prozent der befragten Unternehmer. Der Staat sollte Unternehmen entsprechende Möglichkeiten bieten, Unternehmensdaten geschützt durch Blockchain-Technologie an Behörden zu übertragen (70 Prozent).
Gerade die Stärken der Blockchain, wie etwa fälschungssichere Register zu führen und als vertrauenswürdige neutrale Instanz zu fungieren, seien schließlich zentrale Charakteristika öffentlicher Institutionen. „Jetzt ist die Zeit für öffentliche Institutionen gekommen, die Digitalisierung in die Hand zu nehmen und Projekte konkret umzusetzen“, unterstreicht Kotka.

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red/cc, Economy Ausgabe Webartikel, 30.10.2018

Von mehreren Tagen auf wenige Sekunden

Von mehreren Tagen auf wenige Sekunden© Bilderbox.com

Erste Group und Asfinag setzen erstmals in Europa Kapitalmarktemission mittels Blockchain um und binden dabei auch zahlreiche institutionelle Investoren mit ein.

Erste Group und Asfinag haben die europaweit erste komplett digital abgewickelte Emission eines Schuldscheindarlehens über eine Blockchain-Plattform erfolgreich durchgeführt. Die Emission mit einem Volumen von 20 Mio. Euro durch die Asfinag passierte auf der neu entwickelten Plattform der Erste Group.
Die Anwendung der Blockchain-Technologie bedeutet für Emittenten und Investoren erhöhte Effizienz, mehr Transparenz und weniger operationelles Risiko. Die Plattform erlaubt Schuldscheindarlehen und ähnliche Kapitalmarktprodukte sowohl für emittierende Unternehmen als auch für institutionelle Investoren leichter zugänglich und effizienter in der Abwicklung zu gestalten. Die aktuelle Emission wurde etwa von der Wiener Städtischen Versicherung, der Donau Versicherung sowie von der Hypo Vorarlberg gezeichnet.

Digitale Emissionsplattform ohne papierbasierte Prozesse
Dabei kam erstmals die von der Erste Group entwickelte digitale Emissionsplattform zur Anwendung, die auf Hyperledger Fabric – der von der Linux Foundation geschaffenen Blockchain-Lösung für Unternehmen – basiert (economy berichtete). Sämtliche mit der Emission verbundenen Abläufe wurden auf der Permissioned Blockchain-Plattform der Erste Group digital abgewickelt - ohne parallel dazu stattfindende herkömmliche Prozesse, die eine papierbasierte Dokumentation und physische Unterschriften erfordern würden.
Diese Permissioned Blockchain-Plattform ist eine nicht-öffentliche Plattform, auf der alle Benutzer und Komponenten bekannte Identitäten haben. Damit waren die Asfinag als Emittent, die Erste Group als Lead Arranger und Investoren wie die Wiener Städtische Versicherung, die DONAU Versicherung oder die Hypo Vorarlberg in der Lage, den gesamten Emissionsprozess mit Vertrieb, Zuteilung und Ausfertigung der Vereinbarung über das Schuldscheindarlehen von Anfang bis Ende digital abzuwickeln.

Beteiligte Unternehmen kommentieren erste Blockchain-Emission
„Als einer der führenden Infrastrukturanbieter Europas setzen wir natürlich bei Bau, Betrieb und Maut auch auf neue Technologien. Wir nützen die Chancen der Digitalisierung – jetzt auch bei der Finanzierung“, so die Asfinag-Vorstandsdirektoren Karin Zipperer und Klaus Schierhackl. „Wichtig bei der Blockchain-Technologie ist für uns absolute Sicherheit. Davon konnten wir uns überzeugen. Daher sind wir mit an Bord“, unterstreichen Schierhackl und Zipperer.
„Für uns ist die Transaktion ein weiterer Schritt in unserer Digitalisierungsoffensive. Wir sehen in der zukunftsweisenden Blockchain-Technologie die Möglichkeit, unsere Veranlagung noch rascher und transparenter umzusetzen“, sagt Christine Dornaus, Vorstandsdirektorin der Wiener Städtischen Versicherung. „Sehr wichtig ist uns dabei, dass die höchsten Sicherheitsstandards einhalten werden“, betont Dornaus.
 
„Als Versicherer investieren wir in solide Unternehmen, stärken damit den Standort Österreich und schaffen Mehrwert für unsere Kunden. Die fehlerfreie und reibungslose Abwicklung ist dabei besonders wichtig“, unterstreicht auch Reinhard Gojer, Vorstand der Donau Versicherung. „Wir nutzen die Digitalisierung, um Prozesse schlank und effizient zu gestalten. Die Blockchain-Technologie ist dabei zukunftsweisend“, so Gojer.
„Die Blockchain-Technologie ist ein zukunftsweisender Weg in die digitale Ökonomie mit großen Chancen für die Automatisierung, Potential zur Effizienzsteigerungen von Prozessen und Sicherheit von Geschäftsabschlüssen“, erläutert Michel Haller, Vorstandsvorsitzender der Hypo Vorarlberg. „Wir erwarten, dass in Zukunft viele Arten von Dienstleistungsgeschäften auf diese Art und Weise abgewickelt werden“, ergänzt Haller.
 
Erste setzt auf offene Struktur für weitere Banken und Plattformen
Durch Anwendung von Blockchain-Technologien können die bei der Erstellung und Ausfertigung der Transaktionsdokumente anfallenden Arbeitsschritte, deren Ausführung mit dem herkömmlichen papierbasierten Prozess bei der Emission von Schuldscheindarlehen sonst mehrere Tage in Anspruch nimmt, nun in wenigen Sekunden erledigt werden. Während der sonst übliche Verwaltungsaufwand massiv reduziert werden kann, bildet die Plattform dank Blockchain-Technologien den Emissionsprozess zur Gänze ab. Darüber hinaus hat die Erste Group die Plattform so strukturiert, dass ihre offene Architektur die zukünftige Integration von weiteren Banken und Plattformen ermöglicht.
Bei Blockchains handelt sich um eine neue Art der Speicherung von nicht mehr änderbaren Datentransaktionen auf verteilten Computern, die durch kryptographische Verfahren abgesichert werden. Zu Beginn jeder Blockchain steht ein Netzwerk, dessen Mitglieder untereinander verbunden sind und auf sichere Art Werte über das Internet austauschen. Da alle Transaktionen durch ein im Vorhinein vereinbartes Konsensverfahren bestätigt werden, ist das System darüber hinaus in allen einzelnen Schritten transparent und nachvollziehbar.
Die von der Erste Group für ihre Schuldscheindarlehen-Plattform entwickelte Blockchain-Implementierung baut auf Hyperledger Fabric der Linux Foundation auf, das für die Abwicklung von Smart Contracts („Chaincode“), welche die Applikationslogik des Systems beinhalten, eine sogenannte Container-Technologie einsetzt. Juristisch wurde die Erste Group in Zusammenhang mit den hier erstmals zum Einsatz gekommenen Blockchain-basierten Prozessen von Wolf Theiss beraten. Das Beratungsunternehmen d-fine stand der Erste Group bei der Konzeption und Implementierung der Blockchain-Plattform zur Seite.

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red/czaak, Economy Ausgabe Webartikel, 30.10.2018

Europaweite Einheit für LKW-Maut

Europaweite Einheit für LKW-Maut© Bilderbox.com

OMV und Kapsch starten einheitliche Mautlösung für LKW in ganz Europa. In Österreich und Ungarn beginnt ab November Umsetzung, weitere Länder wie Deutschland oder Frankreich folgen. Mit Smart Toll Europe bietet OMV Komplett-Service inklusive bargeldloser Abrechnung.

Unterschiedliche Mautsysteme stellen international tätige Transportunternehmen in Europa vor große Herausforderungen. Jedes Land und sogar einzelne Autobahnen betreiben unterschiedliche Mautboxen sowie unterschiedliche Zahlungsarten.
Ab sofort steht nun mit OMV Smart Toll Europe eine europaweit einheitliche Mautlösung auf Basis der EETS-Technologie (European Electronic Toll Service) zur Verfügung. Nutzer der OMV Card können sich für die neue Mautlösung entscheiden, um diverse Mautstationen, Brücken und Tunnel bargeldlos zu passieren. Die Abrechnung der angefallenen Maut- und Tunnelgebühren erfolgt zentral durch die OMV.
Die Mautbox wurde von Kapsch TrafficCom entwickelt. Der Verrechnungsservice wird über tolltickets, ein Unternehmen der Kapsch Group, abgewickelt und startet ab November in Österreich und Ungarn. Weitere europäische Länder wie etwa Deutschland, Frankreich, Spanien, Portugal, Italien oder Belgien folgen zeitnah, so die OMV in einer Aussendung.

Eine Box, eine Rechnung, ein Vertrag
Internationale Transportfirmen konnten mit der OMV Card bereits in der Vergangenheit ein komplettes Service-Angebot nutzen. Neben einem europaweiten Netz an OMV- und Routex-Tankstellen, bietet es Karteninhabern bereits heute integrierte nationale Mautlösungen für über 20 europäische Länder sowie die zentrale Abrechnung von Treibstoffen, Mauten, Schmiermitteln und Zubehör. Mit der neuen OMV Smart Toll Europe müssen sich nun Kunden nicht länger mit den lokalen Mautsystemen oder unterschiedlichen Mautboxen auseinandersetzen. Die einfache und sichere Bezahlung erfolgt bargeldlos über die OMV Card - eine Box, eine Rechnung, ein Vertrag.
„Mit OMV Smart Toll Europe bieten wir unseren Kunden eine zukunftsgerichtete und individuell abgestimmte Mautlösung für ganz Europa. Damit nehmen wir die Initiative der Europäischen Kommission für eine Harmonisierung der Mautsysteme in Europa auf und stellen eine unkomplizierte und transparente Lösung zur Verfügung“, sagt Benedikt Hans, Head of Card bei OMV. “Wir freuen uns auf den Rollout und die sukzessive Erweiterung des Einsatzgebietes und danken unserem Partner Kapsch TrafficCom für die großartige Zusammenarbeit“, unterstreicht Hans.

Branchenübergreifende Expertise aus Österreich für globale Lösungen
Kapsch TrafficCom greift bei der Entwicklung der OMV Smart Toll Europe Mautbox auf jahrelange Erfahrung und umfassendes Knowhow über elektronische Mautsysteme und Verkehrstelematik-Lösungen zurück. Mit weltweit mehr als 120 Millionen verkauften Mautboxen hat sich das Unternehmen als Global Player für elektronische Mautsysteme etabliert. Die Mautverrechnung wird durch tolltickets erbracht.
Das Unternehmen der Kapsch Group mit Sitz in Rosenheim hat im Februar 2018 die seitens der EU vorgeschriebene EETS-Akkreditierung erfolgreich abgeschlossen und bietet ein breites Serviceangebot an Mautlösungen für Privat- und Geschäftskunden an. Die Kooperation der heimischen Traditionsunternehmen OMV und Kapsch zeigt, wie über Branchengrenzen hinweg zukunftsweisende Lösungen umgesetzt werden und beweist damit auch die internationale Wettbewerbsfähigkeit österreichischer Expertise.

OMV und Kapsch und tolltickets
Die OMV fördert und vermarktet Öl und Gas, innovative Energielösungen sowie eine Vielzahl petrochemischer Produkte. Mit einem Konzernumsatz von rund 20 Mrd. Euro und knapp 21.000 MitarbeiterInnen ist die OMV AG eines der größten börsennotierten Industrieunternehmen Österreichs. Kapsch TrafficCom ist ein Anbieter von intelligenten Verkehrssystemen und Mobilitätslösungen und deckt aus einer Hand mit ganzheitlichen Lösungen komplette Wertschöpfungsketten ab.
Als Teil der Wiener Kapsch Group verfügt Kapsch TrafficCom über Tochtergesellschaften und Niederlassungen in mehr als 30 Ländern und notiert im Prime Market der Wiener Börse (Symbol: KTCG). 5.200 MitarbeiterInnen erwirtschafteten 2017/18 einen Umsatz von rund 700 Mio. Euro. Die tolltickets GmbH ist ein Kapsch-Unternehmen, führender Dienstleister im Bereich der europäischen Mautabrechnung und Bereitstellung von Mautprodukten an Privat- und Geschäftskunden sowie seit Februar 2018 zertifizierter EETS Provider.

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red/czaak, Economy Ausgabe Webartikel, 30.10.2018
Unabhängiges Magazin für Wirtschaft und Bildung 25.07.2024
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Massive Auswirkungen autonomer Mobilität

Massive Auswirkungen autonomer Mobilität© piqs.de/thomas anderson

Eine internationale Studie prognostiziert umfangreiche Folgen für öffentliche wie private Verkehrsinfrastrukturen und Lebensräume durch Zunahme selbstfahrender Autos. Die beginnende Mobilitätsrevolution erfordert rasche verkehrspolitische Rahmenbedingungen.

Dem Straßenverkehr stehen durch die steigende Anzahl autonomer Fahrzeuge massive Veränderungen bevor und die Folgewirkungen sind nicht nur positiv, so eine von der TU Wien initiierte Studie in Zusammenarbeit mit der Uni für Bodenkultur in Wien und der Uni Leeds (GB).
Rund um 2035 werden auf unseren Strassen mehr selbstfahrende Kraftfahrzeuge unterwegs sein als von Menschen gelenkt und die wahrscheinlichen Auswirkungen dieser Entwicklung werden aktuell noch unterschätzt, so die Zusammenfassung von Günter Emberger von der TU-Wien.
Die Studie zeige, dass autonome Autos unser Mobilitätsverhalten völlig verändern und die Anzahl der mit dem Auto zurückgelegten Kilometer pro Person steigen werde. Dies setzt wiederum den öffentlichen Verkehr unter Druck und fördert die Zersiedelung, so eine weitere Prognose. Die Ergebnisse wurden im September erstmals bei einem eigens dafür veranstalteten wissenschaftlichen Workshop präsentiert und stoßen nun international auf großes Interesse. Günter Emberger plant bereits weitere Kooperationen und Workshops in Asien.

Arbeit und Freizeit im autonomen Auto
„Selbstfahrende Autos haben zweifellos viele Vorteile“, so Günter Emberger vom Institut für Verkehrswissenschaften der TU Wien. „Sie könnten die Kapazität unserer Straßen erhöhen, die Gefahr von Staus senken und somit die Effizienz steigern.“ Umgekehrt wird Autofahren plötzlich für jeden zugänglich und selbst Kinder können sich im selbstfahrenden Auto zur Schule fahren lassen. Damit wird das Auto zum noch stärkeren Konkurrenten für den öffentlichen Verkehr.
Weiters kann die Fahrtzeit im autonomen Fahrzeug für Arbeit oder Freizeitaktivitäten genutzt werden und das könne zur besseren Akzeptanz längerer Pendelstrecken führen bis hin zu weit vom Arbeitsplatz befindlicher Wohnorte und das würde wiederum die problematische Zersiedelung des ländlichen Raums verstärken. Auch die selbständige Suche eines autonomen Fahrzeugs nach einem Parkplatz erfordert einen neuen Umgang mit öffentlichen wie privaten Parkflächen.

Selbstfahrende Kraftfahrzeuge verändern Umgang mit Mobilität
„Wir müssen uns bereits jetzt Gedanken darüber machen, welche Auswirkung diese bevorstehende Revolution in der Mobilität auf die verschiedenen Aspekte unseres Zusammenlebens hat. Zweifellos müssen wir politisch darauf reagieren und das nicht nur in der Verkehrsplanung, sondern auch in der Raumordnung, in der Parkraumbewirtschaftung und in Bezug auf nötige steuerliche Lenkungsmaßnahmen“, betont Verkehrsexperte Emberger.
Die betroffenen und entsprechend zusammenhängenden Bereiche wie Verfügbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel, Kosten privater Parkplätze oder Anschaffungskosten selbstfahrender Autos wurden nun in der internationalen Studie der drei Unis untersucht und von weiteren Experten wie Paul Pfaffenbichler von der Wiener Boku oder Anthony May und Simon Shepherd von der Uni Leeds begleitet. Am Beispiel der Stadt Leeds wurden die vielfältigen interdisziplinären Parameter mit den daraus entstehenden verschränkten Folgewirkungen in Computermodellen dargestellt und entsprechend realitätsnah untersucht.

Umfangreiche Änderungen in der Verkehrsnutzung
„Unsere Modelle sagen eine Zunahme der pro Person zurückgelegten Kilometer von bis zu 40 Prozent voraus“, erläutert Emberger. „Die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel sowie die zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurückgelegten Strecken gehen hingegen um bis zu 20 Prozent zurück.“ Die Daten wurden für Leeds errechnet, diese Tendenz lässt sich aber auch auf andere Städte übertragen und weitere Simulationen, etwa auch Wien betreffend sind in Arbeit.
Einen signifikanten Einfluss hat beispielsweise auch die Frage, ob in Zukunft Privatpersonen ihre eigenen autonomen Autos besitzen, oder ob die Fahrzeuge als gemeinschaftlich genutztes Mobilitätssystem allen zur Verfügung stehen, was hier dann weniger Folgewirkungen hätte. „Wir müssen jetzt nachdenken, wenn wir zukünftige Nachteile dieser Entwicklung bewältigen wollen“, resümiert Verkehrsexperte Emberger. Sein TU-Team wird nun weitere internationale Forschungen initiieren, inklusive weiterer wissenschaftlicher Workshops etwa in China und Indien.

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red/czaak, Economy Ausgabe Webartikel, 23.10.2018

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